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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ABGB §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in Wien, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 29. April 1991, Zl. Vd-3825/2 (in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 15. Mai 1991), betreffend Formalversicherung in der Krankenversicherung nach § 14 GSVG (mitbeteiligte Partei: A in M, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 23. März 1990 stellte die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt fest, daß der Mitbeteiligte vom 23. Jänner 1987 bis 31. März 1990 gemäß § 14 GSVG in der Krankenversicherung formalversichert sei. Nach der Begründung sei der Mitbeteiligte gemäß § 2 Abs. 1 Z. 3 GSVG in der Krankenversicherung der gewerblichen Wirtschaft pflichtversichert gewesen. Diese Pflichtversicherung habe sich auf sein Gesellschaftsverhältnis als geschäftsführender Gesellschafter der der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol als Mitglied angehörenden Firma "Zur G-GmbH" gegründet. Da die Gewerbeberechtigung der genannten Gesellschaft, auf der die Kammermitgliedschaft beruhe, aber ab 23. Jänner 1987 ruhend gemeldet worden sei, sei der Mitbeteiligte mit 23. Jänner 1987 aus der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung ausgeschieden. Dieser Umstand sei erst am 8. Februar 1990 dem Versicherungsträger bekannt geworden; dieser habe die Beiträge für drei Kalendermonate unbeanstandet entgegengenommen.
Der Mitbeteiligte erhob Einspruch, wobei er im wesentlichen die Auffassung vertrat, aus § 14 Abs. 1 GSVG sei zu entnehmen, daß Versicherungsbeiträge vom Versicherungsträger "unbeanstandet" entgegengenommen werden müßten. Daraus ergebe sich, daß der vermeintlich Pflichtversicherte freiwillige Zahlungen geleistet haben müsse. Diese Voraussetzung sei im Beschwerdefall allerdings nicht gegeben. Der Mitbeteiligte habe nie freiwillig Zahlungen geleistet, diese seien vielmehr ständig vom Versicherungsträger auf der Grundlage des Österreichisch-deutschen Abkommens über Soziale Sicherheit durch die Allgemeine Ortskrankenkasse München eingetrieben worden. Die Voraussetzung der "unbeanstandeten Entgegennahme" der Beiträge liege daher nicht vor.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Einspruch Folge gegeben und festgestellt, daß der Mitbeteiligte vom 23. Jänner 1987 bis 31. März 1990 nicht gemäß § 14 GSVG in der Krankenversicherung formalversichert sei. Die belangte Behörde vertrat dabei im wesentlichen die Auffassung, daß im Beschwerdefall die Beiträge jeweils mittels vollstreckbarer Rückstandsausweise eingetrieben worden seien. Der Rückstandsausweis sei ein Exekutionstitel im Sinne der Exekutionsordnung. Würden Beiträge im Exekutionswege eingetrieben, könne von einer "Annahme" keine Rede sein. Das Vorliegen einer Formalversicherung für den im Spruch genannten Zeitraum sei daher zu verneinen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, daß der Mitbeteiligte seit 23. Jänner 1987 geschäftsführender Gesellschafter der der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol als Mitglied angehörenden G-GmbH war.
Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 3 GSVG sind die zu Geschäftsführern bestellten Gesellschafter einer Gesellschaft m.b.H. u.a. in der Krankenversicherung versichert, sofern diese Gesellschaft Mitglied einer Kammer der gewerblichen Wirtschaft ist und diese Personen nicht bereits aufgrund ihrer Beschäftigung als Geschäftsführer der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG unterliegen.
Gemäß § 6 Abs. 1 Z. 3 GSVG beginnt die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung bei den im § 2 Abs. 1 Z. 3 genannten Gesellschaftern mit dem Tag der Erlangung einer die Pflichtversicherung begründenden Berechtigung durch die Gesellschaft, bei Bestellung des Gesellschafters einer Gesellschaft m.b.H. zum Geschäftsführer mit dem Tag der Antragstellung auf Eintragung des Geschäftsführers in das Handelsregister, bei Eintritt eines Geschäftsführers in die Gesellschaft mit dem Tag des Eintrittes.
Nach Lage der Verwaltungsakten hat der Mitbeteiligte der
beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt mit Schreiben
vom 26. Jänner 1990 mitgeteilt, daß er das Gewerbe "rückwirkend
zum 23. Jänner 1987" bei der Handelskammer als ruhend gemeldet
habe. Mit Schreiben vom gleichen Tag hat der Mitbeteiligte bei
der Handelskammer Kitzbühel sein Gewerbe rückwirkend zum
23. Jänner 1987 ruhend gemeldet. In den Verwaltungsakten findet
sich ferner ein Schreiben der Kammer der gewerblichen
Wirtschaft für Tirol, Bezirksstelle Kitzbühel, vom
7. Februar 1990, wonach der Mitbeteiligte "heute ... das Ruhen
seines Gewerbebetriebes ... mit Wirkung vom 23. Jänner 1987
angezeigt" habe (vgl. OZl. 46 des Beitragsaktes). Eine Ruhendmeldung gegenüber der Handelskammer ist somit keinesfalls vor dem 26. Jänner 1990 erfolgt.
Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 GSVG sind von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung Personen ausgenommen, die das Ruhen ihres Gewerbebetriebes bzw. ihrer Befugnis zur Ausübung der die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung begründenden Erwerbstätigkeit angezeigt haben, und zwar für die Dauer des Ruhens.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist u. a. § 4 Abs. 1 Z. 1 GSVG analog auf einen geschäftsführenden Gesellschafter einer Gesellschaft m.b.H. anzuwenden, die das Ruhen ihres Gewerbebetriebes angezeigt hat (vgl. das Erkenntnis vom 13. Oktober 1983, Zl. 81/08/0029).
Die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung endet gemäß § 7 Abs. 1 Z. 7 GSVG bei Eintritt eines Ausnahmegrundes mit dem Letzten des Kalendermonates, in dem der Ausnahmegrund eintritt.
Gemäß § 93 der Gewerbeordnung 1973 muß der Gewerbetreibende das Ruhen der Gewerbeausübung binnen drei Wochen der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft anzeigen.
Aus dem Umstand, daß das Ruhen der Gewerbeausübung BINNEN DREI WOCHEN zu melden ist, muß nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes abgeleitet werden, daß eine über diese Frist hinausgehende rückwirkende Ruhendmeldung nicht zulässig ist. Dafür spricht auch der zweite Satz des § 93 der Gewerbeordnung, wonach die Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft bei Gewerbeberechtigungen, die gemäß § 89 Abs. 2 wegen Nichtausübung seit mindestens einem Jahr zu entziehen sind, die Behörde von diesen Anzeigen in Kenntnis zu setzen hat. Für den Beschwerdefall folgt daraus, daß für den Mitbeteiligten aufgrund seiner Anzeige des Ruhens der Gewerbeausübung frühestens am 26. Jänner 1990 bis 31. Jänner 1990 keine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung gegeben war.
Bis 31. März 1990 konnte Formalversicherung im Sinne des § 14 GSVG schon deshalb nicht eintreten, da es an der Voraussetzung der ununterbrochenen Annahme von Beiträgen für DREI MONATE fehlt.
§ 14 Abs. 1 GSVG sieht nämlich vor, daß eine Formalversicherung ab dem Kalendermonat, für den erstmals die Beiträge entrichtet worden sind, besteht, wenn der Versicherungsträger bei einer nicht der Pflichtversicherung nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz unterliegenden Person den Bestand der Pflichtversicherung als gegeben angesehen und für den vermeintlich Pflichtversicherten
a) in der Krankenversicherung für drei Monate ununterbrochen die Beiträge unbeanstandet angenommen hat.
Der Ausspruch der belangten Behörde, daß für den Mitbeteiligten für die Zeit vom 23. Jänner 1987 bis 31. März 1990 keine Formalversicherung besteht, erweist sich daher im Ergebnis als zutreffend. Der Begründung eines Bescheides kommt im allgemeinen keine normative Kraft zu; eine unrichtige Begründung kann daher einen Bescheid, dessen Spruch rechtmäßig ist, nicht rechtswidrig machen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 12. Mai 1951, VwSlg. 2087/A).
Aufgrund dieser Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1991080090.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
24.09.2012