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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §34 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hnatek, Dr. Karger, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Hutter, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 26. November 1993, Zl. 40.131-4/93, betreffend Aufhebung eines Bescheides des Finanzamtes über den Jahresausgleich 1992 gemäß § 299 Abs 2 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer mußte auf Grund eines wegen Einsturzgefahr erlassenen baubehördlichen Räumungsbescheides seine von ihm bewohnte Eigentumswohnung verlassen und Unterkunft in einer Mietwohnung suchen. Die Kosten für die Ausweichwohnung machte er im Jahresausgleichsantrag als außergewöhnliche Belastung geltend, die vom Finanzamt anerkannt wurde.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid behob die belangte Behörde im Aufsichtsweg den Bescheid des Finanzamtes wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes mit der Begründung, zwar sei die Zwangsläufigkeit nicht bestritten, es fehle aber an dem von § 34 Abs 1 Z 1 und Abs 2 geforderten Merkmal der Außergewöhnlichkeit, weil eine Belastung durch Aufwendungen für die tatsächlich bewohnte Wohnung der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwachse. Die Darlehensrückzahlungen für die Eigentumswohnung seien aber Sonderausgaben gemäß § 18 Abs 2 Z 3 EStG 1988 und schon deshalb gemäß § 34 Abs 1 letzter Satz EStG 1988 keine außergewöhnliche Belastung.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diesen Bescheid in seinem Recht aus der Bestandskraft des die außergewöhnliche Belastung anerkennenden Bescheides des Finanzamtes verletzt, behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit und beantragt deshalb Bescheidaufhebung.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der von der belangten Behörde in der Gegenschrift erwähnte Umstand, daß eine Eigentumswohnung ein Vermögensobjekt darstelle, ändert nichts daran, daß es bisher an jedem Anhaltspunkt dafür fehlt, daß der Beschwerdeführer 1992 seine Eigentumswohnung nicht selbst bewohnt hätte, wäre die Räumung wegen Einsturzgefahr nicht erfolgt. Er hätte seinen Bedarf nach Wohnraum daher durch Benützung der Eigentumswohnung gedeckt und somit lediglich Aufwendungen für diese gehabt, die üblicherweise nicht nur in Darlehensrückzahlungen, sondern auch in Betriebskosten einschließlich der Kosten der Verwaltung, öffentlichen Abgaben und Kosten der laufenden Erhaltung bestehen. Daß eine Eigentumswohnung auch auf andere Weise als durch Bewohnen durch den Eigentümer genutzt werden kann, ist für den Beschwerdefall ohne Bedeutung, weil hier ein solcher Sachverhalt von der belangten Behörde nicht festgestellt wurde.
Zutreffend rügt der Beschwerdeführer die Rechtsansicht der belangten Behörde, Aufwendungen, die einem Wohnungseigentümer, der seine Eigentumswohnung selbst bewohnt, für eine wegen Einsturzgefahr der Eigentumswohnung notwendig gewordene Ersatzwohnung entstünden, fehle das Merkmal der Außergewöhnlichkeit. Die Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse, die ihre Eigentumswohnung selbst bewohnt - dabei handelt es sich um ein Merkmal gleicher Vermögensverhältnisse -, trifft nämlich nicht wegen Einsturzgefahr dieser Wohnung eine Belastung durch eine Ersatzwohnung. Sollte sich der Steuerpflichtige durch die Unbenützbarkeit seiner Eigentumswohnung Aufwendungen für diese, die er bei ihrer Bewohnung gehabt hätte, ersparen, würde dies allerdings die außergewöhnliche Belastung durch die Ersatzwohnung entsprechend mindern. Dergleichen hat die belangte Behörde aber nicht festgestellt.
Auf deren neues Tatsachenvorbringen in der Gegenschrift zum Merkmal der Zwangsläufigkeit, mit dem sie sich - abgesehen von der Bemerkung, die Zwangsläufigkeit sei unbestritten - im angefochtenen Bescheid nicht befaßt hat, war wegen dessen Unzulässigkeit gemäß § 41 VwGG nicht einzugehen. Aus Zweckmäßigkeitsgründen wird hiezu jedoch angemerkt, daß von einem, die Aufwendungen ausgleichenden und damit eine Belastung ausschließenden Anspruch auf Ersatz des Ausmietungsschadens des Beschwerdeführers gegenüber dem Bauunternehmer unter anderem nur dann ausgegangen werden könnte, wenn die für einen solchen Anspruch auf Ersatz von Mangelfolgeschäden wesentlichen Tatsachen unter Berücksichtigung der Beweislastverteilung (etwa § 1298 ABGB) festgestellt werden. Nur dann hätte der Beschwerdeführer auch von einem, ihm im Hinblick auf die Prozeßaussichten zumutbaren Rechtsstreit gegen den Bauunternehmer abgesehen (auf einen solchen verzichtet).
Da die belangte Behörde somit durch Verkennung der Rechtslage den Beschwerdeführer im Rahmen des Beschwerdepunktes in seinen Rechten verletzt hat, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufgehoben werden.
Die Entscheidung über Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994140011.X00Im RIS seit
20.11.2000