TE Vwgh Erkenntnis 1994/4/14 93/18/0607

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.04.1994
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §56;
AVG §64 Abs2;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §86 Abs1;
FrG 1993 §86 Abs3;
FrG 1993 §88 Abs1;
FrPolG 1954;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 93/18/0608 93/18/0609 93/18/0610

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerden des

1. E, 2. U, 3. B und 4. X, sämtliche vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 30. Dezember 1992, Zlen. Fr-662/92, Fr-660/92, Fr-661/92 und Fr-663/92, jeweils betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

A. Die angefochtenen Bescheide werden jeweils im Umfang der Bestätigung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

B. Die Beschwerden werden jeweils insoweit, als sie sich gegen die Bestätigung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung einer allenfalls gegen die Erlassung des Aufenthaltsverbotes erhobenen Berufung richten, als unbegründet abgewiesen.

C. Der Bund hat den Beschwerdeführern jeweils Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I

1. Mit Bescheiden vom 29. Oktober 1992 (Spruchpunkte I) hatte die Bundespolizeidirektion Eisenstadt gegen die Beschwerdeführer, Staatsangehörige von Nigeria, jeweils gemäß "§ 3 Abs. 1 und 2 Ziff. 7 und Abs. 3 iVm § 4 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 75/1954 idgF" ein mit 31. Oktober 1997 befristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet erlassen und allfälligen Berufungen die aufschiebende Wirkung aberkannt. (Die Spruchpunkte II, mit denen über die Beschwerdeführer die Schubhaft verhängt worden war, sind hier ohne Belang.)

2. Mit Bescheiden vom 30. Dezember 1992 wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland (die belangte Behörde) die dagegen eingebrachten Berufungen der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ab und bestätigte die erstinstanzlichen Bescheide "vollinhaltlich".

3. Gegen die vorgenannten Bescheide der belangten Behörde erhoben die Beschwerdeführer zunächst jeweils Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser trat die Beschwerden nach Ablehnung von deren Behandlung (Beschlüsse vom 4. Oktober 1993, B 249/93-7, B 250/93-7, B 251/93-7, B 252/93-7) dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschlüsse vom 17. Dezember 1993, B 249/93-9, B 250/93-9, B 251/93-9,

B 252/93-9).

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erachten sich die Beschwerdeführer jeweils in ihrem Recht, "daß entgegen den gesetzlichen Voraussetzungen" über sie "kein Aufenthaltsverbot verhängt werde und entgegen der Bestimmung des § 64 Abs. 2 AVG einer Berufung die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt wird", verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend und begehren deshalb die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Bescheide.

4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in den von ihr erstatteten Gegenschriften die Abweisung der Beschwerden als unbegründet.

II

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

1. Nach den Beschwerdebehauptungen, die mit den in den vorgelegten Akten erliegenden Rückscheinen übereinstimmen, wurden die mit dem Datum 30. Dezember 1992 versehenen angefochtenen Bescheide den Beschwerdeführern (z.H. ihres ausgewiesenen Vertreters) jeweils am 8. Jänner 1993 durch Hinterlegung zugestellt. (Erst) Mit diesem Datum waren die Bescheide erlassen.

2. Die bekämpften Bescheide stützen die Erlassung der Aufenthaltsverbote - im Wege der "vollinhaltlichen" Bestätigung der erstinstanzlichen Bescheide - ausdrücklich auf die Bestimmungen des § 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 7, Abs. 3 und § 4 des Fremdenpolizeigesetzes.

3. Mit 1. Jänner 1993 ist das Fremdengesetz-FrG (BGBl. Nr. 838/1992) - von den hier nicht interessierenden §§ 75 und 76 abgesehen - in Kraft getreten, mit Ablauf des 31. Dezember 1992 das Fremdenpolizeigesetz außer Kraft getreten (§ 86 Abs. 1 und 3 FrG). Zufolge der Übergangsbestimmung des § 88 Abs. 1 FrG sind Verfahren zur Erlassung u.a. eines Aufenthaltsverbotes, die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anhängig sind - was in den Beschwerdefällen zutrifft -, nach dessen Bestimmungen weiterzuführen.

4. Die belangte Behörde hat somit ihre, über die Beschwerdeführer jeweils ein Aufenthaltsverbot verhängenden Entscheidungen auf nicht (mehr) anzuwendende Vorschriften gestützt. Schon deshalb leiden die in Beschwerde gezogenen Bescheide im Umfang der Bestätigung der Aufenthaltsverbote an inhaltlicher Rechtswidrigkeit, die vom Verwaltungsgerichtshof - da vom Beschwerdepunkt (oben I.3.) umfaßt - von Amts wegen aufzugreifen war (vgl. das Erkenntnis des verst. Senates vom 19. September 1984, Slg. 11.525/A).

5. Was hingegen die in den Beschwerden gleichfalls bekämpfte Aufrechterhaltung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung allfälliger Berufungen gegen die Erlassung der Aufenthaltsverbote durch die belangte Behörde anlangt, so ist der Gerichtshof auf dem Boden des insoweit als maßgeblich festgestellten und unwidersprochen gebliebenen Sachverhaltes, wonach die Beschwerdeführer über keine Reisedokumente und auch über keine Mittel zur Bestreitung ihres Unterhaltes verfügten, der Ansicht, daß die vorzeitige Vollstreckung der Aufenthaltsverbote im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten war (§ 64 Abs. 2 AVG).

6. Die bekämpften Bescheide waren demnach insoweit, als mit ihnen die Erlassung der Aufenthaltsverbote bestätigt wurden, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 3. Juni 1993, Zl. 93/18/0068, und vom 28. Oktober 1993, Zl. 93/18/0274). Hingegen waren die Beschwerden insoweit, als sie sich gegen die Bestätigung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung allfälliger Berufungen richten, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der Rechtswirkungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993180607.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten