TE Vwgh Erkenntnis 1994/4/14 94/18/0134

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Veröffentlicht am 14.04.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §6 Abs1;
AsylG 1991 §6 Abs2 idF 1992/838;
AsylG 1991 §7 Abs1;
FrG 1993 §15 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs2 Z6;
FrG 1993 §17;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §37;
FrG 1993 §54 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der E in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 25. November 1993, Zl. Fr 2595/93, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 25. November 1993 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Ghana, gemäß § 17 Abs. 2 Z. 6 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, die Ausweisung verfügt.

Die Beschwerdeführerin sei am 2. Oktober 1993 ohne Sichtvermerk unter Umgehung der Grenzkontrolle aus Ungarn kommend in Österreich eingereist. Ihr am 11. Oktober 1993 gestellter Asylantrag sei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. Oktober 1993 abgewiesen worden. Da keine direkte Einreise gemäß § 6 des Asylgesetzes 1991 vorliege, sei die Beschwerdeführerin auch nicht nach § 7 Abs. 1 leg. cit. vorläufig aufenthaltsberechtigt. Demnach seien auf die Beschwerdeführerin die Bestimmungen des Fremdengesetzes anzuwenden. Der rechtskräftige Abschluß des Asylverfahrens sei für die Zuständigkeit der Fremdenpolizeibehörde nicht erforderlich. Da sämtliche Tatbestandsmerkmale des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG erfüllt seien, sei gegen die Beschwerdeführerin mit Ausweisung vorzugehen gewesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

II

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG können Fremde im Interesse der öffentlichen Ordnung mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie unter Mißachtung der Bestimmungen des 2. Teiles oder unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sind und binnen einem Monat betreten werden.

2. Die Beschwerdeführerin, die ihre Einreise nach Österreich unter Umgehung der Grenzkontrolle nicht in Abrede stellt, vertritt die Ansicht, daß § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG "auf meinen Fall nicht anzuwenden gewesen wäre" und diese Norm zudem von der belangten Behörde "unrichtig ausgelegt (wurde)".

Nicht anzuwenden gewesen sei diese Bestimmung deshalb, weil die Beschwerdeführerin gemäß § 37 FrG nicht in ihren Heimatstaat zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden dürfe. § 37 FrG bzw. Art. 33 Z. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention stellten einen "Ausnahmetatbestand zum § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG dar, welche Vorschrift nur dann anwendbar ist, wenn der Ab- oder Zurückzuschiebende bzw. Zurückzuweisende keiner Verfolgung in seinem Herkunftsstaat ausgesetzt ist". § 6 Abs. 2 des Asylgesetzes 1991 stütze diese Ansicht. Danach hätte die Beschwerdeführerin "völlig legal und formlos" in das Bundesgebiet einreisen können, und es hätte ihr aufgrund dessen nach § 7 des Asylgesetzes 1991 eine "vorläufige Aufenthaltsberechtigung ausgestellt werden müssen".

Unrichtig ausgelegt habe die belangte Behörde § 17 Abs.2 Z. 6 FrG insofern, als die Beschwerdeführerin nicht "betreten" worden sei. Vielmehr habe sie sich selbst und aus eigenem Antrieb bei der Asylbehörde gemeldet, sich damit sozusagen selbst gestellt. Wenn sich aber der illegal eingereiste Fremde selbst stelle, mithin evident sei, daß die Einreise nicht erfolgt sei, um verdeckt in Österreich Aufenthalt zu nehmen, komme eine Anwendung des § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG nicht in Betracht.

3.1. Was das auf § 37 FrG Bezug nehmende Vorbringen anlangt, so verkennt die Beschwerde, daß im Rahmen des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung von der Behörde nicht auf eine allfällige Gefährdungs- und/oder Bedrohungssituation des Fremden i.S. des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG Bedacht zu nehmen ist. Zur Prüfung der Frage, ob eine derartige Situation vorliegt, steht vielmehr ein eigenes Verfahren zur Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat zur Verfügung; dieses Verfahren ist auf Antrag des Fremden (und nicht von Amts wegen), der während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung, und zwar bis zum Vorliegen der rechtskräftigen Entscheidung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. November 1993, Zl. 93/18/0472), eingebracht werden kann (§ 54 Abs. 2 FrG), durchzuführen.

Eine erfolgreiche Berufung der Beschwerdeführerin auf § 6 Abs. 2 des Asylgesetzes 1991 idF des Art. II Z.1

BGBl. Nr. 838/1992 und damit auf das Vorliegen einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991 scheitert daran, daß zum einen die Beschwerdeführerin keine Asylwerberin nach § 6 Abs. 1 leg. cit. ist, zum anderen kein Anhaltspunkt dafür gegeben ist (von der Beschwerde auch nicht behauptet wird), sie hätte wegen Vorliegens der im § 37 FrG genannten Gründe nicht in den Staat, aus dem sie direkt einreiste (Ungarn), zurückgewiesen werden dürfen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/18/0575).

3.2. Die Auffassung der Beschwerdeführerin, § 17 Abs. 2 Z. 6 dürfe nicht herangezogen werden, wenn die Einreise unter Umgehung der Grenzkontrolle nicht den Zweck verfolge, in Österreich "verdeckt" Aufenthalt zu nehmen, findet im Gesetz keine Deckung. Die Formulierung der Z. 6 des § 17 Abs. 2 FrG läßt vielmehr keinen Zweifel daran, daß dieser Ausweisungstatbestand in allen Fällen verwirklicht ist, in denen ein Fremder - aus welchen Motiven und mit welchem Ziel auch immer - unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet gelangt und im Zustand des unrechtmäßigen Aufenthaltes (§ 15 Abs. 1 FrG) innerhalb eines Monates nach einer solchen Einreise entdeckt wird, wobei dem Anlaß des Entdecktwerdens mangels jeglichen diesbezüglichen Hinweises im Gesetz keine rechtliche Relevanz zukommt (vgl. auch die Erläuterungen zur RV 692 BlgNR 18.GP,37).

4. Der Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe in bezug auf das behauptete Vorliegen der Gründe des § 37 FrG den maßgeblichen Sachverhalt nicht ermittelt, ist im Hinblick auf die Ausführungen oben II. 3.1. der Boden entzogen.

5. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

6. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein gesonderter Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994180134.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

16.04.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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