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L81705 Baulärm Salzburg;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der R in H, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 2. November 1993, Zl. 1/02-33.335/7-1993, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. C-GmbH in X, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in X, 2. E in H, 3. Stadtgemeinde H, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 21. April 1992 wurde den erst- und zweitmitbeteiligten Parteien dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die beantragte baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer 12. Wohneinheit westlich anschließend an den Bauteil "C" auf Grundstück Nr. n1, KG T, erteilt. Die von der Beschwerdeführerin und ihrem Ehemann eingebrachte Berufung hat die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Stadtgemeinde abgewiesen. Aufgrund der gegen diesen Bescheid eingebrachten Vorstellung der Beschwerdeführerin hat die Salzburger Landesregierung mit Bescheid vom 5. Februar 1993 den Bescheid der Gemeindevertretung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadtgemeinde zurückverwiesen. Die Aufhebung gründete sich im wesentlichen auf einen Widerspruch der Baubewilligung mit dem Inhalt des für diesen Bereich maßgeblichen Bebauungsplanes und der Bauplatzerklärung, weil die westliche Gebäudefront nicht parallel zur östlichen Grundstücksgrenze verlaufe. In der Folge änderten die Erst- und Zweitmitbeteiligten das eingereichte Bauvorhaben ab; mit Bescheid der Gemeindevertretung vom 22. Juni 1993 wurde dem abgeänderten Bauvorhaben die Bewilligung erteilt. Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Vorstellung der Beschwerdeführerin gab die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 2. November 1993 keine Folge. Zur Begründung wurde im wesentlichen nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens ausgeführt, durch das gegenständliche Bauvorhaben würden subjektiv-öffentliche Nachbarrechte nicht verletzt, insbesondere würden die gesetzlichen Nachbarabstände eingehalten, die Höhenfestlegungen seien entsprechend dem Bebauungsplan bzw. der Bauplatzerklärung erfolgt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Unzuständigkeit der Berufungsbehörde, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und wie auch die erstmitbeteiligte Partei die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die drittmitbeteiligte Partei beantragte die Abweisung der Beschwerde, ohne ein Kostenbegehren zu stellen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Unzuständigkeit der Behörde erblickt die Beschwerdeführerin in dem Umstand, daß nach Behebung des Bescheides der Gemeindevertretung durch die Aufsichtsbehörde und der daraufhin erfolgten Abänderung des Bauvorhabens wieder die Gemeindevertretung der Stadtgemeinde H entschieden habe, obwohl das Bauvorhaben so abgeändert worden sei, daß es sich um ein "aliud" handle, über das die Baubehörde erster Instanz zur Entscheidung zuständig gewesen wäre.
Ein Vergleich des Bauvorhabens, das dem aufsichtsbehördlichen Bescheid vom 5. Februar 1993 zugrundelag mit dem verfahrensgegenständlichen Bauvorhaben zeigt, daß dem ursprünglichen Bauvorhaben ein Projekt zugrundelag, dessen westliche Gebäudeflucht nicht parallel zur östlichen Grenze des Grundstückes n1, KG T, verlief. Im Untergeschoß sah es eine Diele, einen Abstellraum und einen Keller vor, im Erdgeschoß eine 18,22 m2 große Küche, einen 31,53 m2 großen Wohnraum, der im Bereich der südwestlichen Ecke durch einen Erker erweitert war; weiters waren ein WC und eine Diele vorgesehen. Im Obergeschoß war die Errichtung eines Baderaumes im Ausmaß von 11,28 m2 geplant, über dem Wohnraum sollte ein Schlafraum sowie ein Kinderzimmer mit 13,44 m2 und eine Diele errichtet werden. Schließlich sah das zweite Obergeschoß einen Dachraum mit 16,17 m2 vor, einen Luftschacht über der Diele und ein Kinderzimmer mit den Ausmaßen von 17,76 m2. Infolge der Aufhebung durch die Aufsichtsbehörde wurde das Bauvorhaben insofern modifiziert, als die westliche Gebäudefront parallel zur östlichen Grundstücksgrenze verlaufend angelegt wurde. Insgesamt wurde dadurch das Bauvorhaben verkleinert, da die Parallelführung durch ein Zurückrücken der ursprünglichen Gebäudefront erreicht wurde. Weiters wurde der ursprünglich im südwestlichen Eckbereich des Gebäudes angeordnete Erker ca. in die Mitte der westlichen Gebäudefront verlegt, die Raumgröße aufgrund der Reduzierung des Bauvorhabens verringert, und im Erdgeschoß auch das Verhältnis zwischen Wohnraum und Küche insofern geändert, als die Küche nur mehr 9,56 m2 beträgt, der Wohnraum 29,54 m2. Im ersten Obergeschoß ist ein nunmehr 7,99 m2 großes Bad vorgesehen, weiters ein Kinderzimmer mit 12,02 m2 einschließlich eines Erkers und ein weiterer Schlafraum mit 13,49 m2. Das Dachgeschoß weist ein Kinderzimmer von 14,41 m2 auf.
Die Beschwerdeführerin ist Miteigentümerin der Grundstücke Nr. n2 und n3, die westlich des zu bebauenden Grundstückes liegen. Durch die Herstellung einer parallel zur östlichen Grundstücksgrenze verlaufenden Front wurde somit das gegenständliche Bauvorhaben insgesamt von den Grundstücken der Beschwerdeführerin weiter abgerückt. Entscheidungswesentlich ist nun, ob infolge der Änderung des Bauvorhabens eine derartige Modifikation vorlag, daß das Projekt nicht mehr als dieselbe Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG anzusehen wäre. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner langjährigen Rechtsprechung den Begriff "Sache" im Rahmen eines baubehördlichen Bewilligungsverfahrens nicht so eng ausgelegt, daß dem Bauwerber jede Projektsänderung im Zuge des Berufungsverfahrens verwehrt wäre. Nach dem Erkenntnis vom 5. Oktober 1964, Slg. N.F. Nr. 6.449/A, ist die Berufungsbehörde sogar verpflichtet, den Bauwerber zu einer Änderung seines Vorhabens aufzufordern, wenn ein Versagungsgrund durch eine Modifikation des Bauansuchens beseitigt werden kann, ja die Berufungsbehörde darf nur dann das ganze Vorhaben ablehnen, wenn sich der Bauwerber weigert, eine entsprechende Änderung seines Projektes vorzunehmen. Im Erkenntnis vom 18. März 1980, Zl. 2.841/79, hat der Gerichtshof ausgeführt, daß ein in den Bauplänen dargestelltes konkretes Projekt dann nicht als ein anderes (aliud) zu beurteilen ist, wenn im Zuge des Berufungsverfahrens Modifikationen erfolgen, welche - nach Art und Ausmaß geringfügig - dem Zweck dienen, das Projekt zur Gänze den gesetzlich festgelgten Bewilligungsvoraussetzungen anzupassen. Im damaligen Beschwerdefall handelte es sich um eine Reduktion des Antrages durch Verringerung der Größe des Erdgeschoßes im Hinblick auf die Vorschriften des § 84 Abs. 2 der Bauordnung für Wien. Im vorliegenden Fall wurde das Bauvorhaben insgesamt gesehen reduziert, durch die Verschiebung des Erkers und die etwas geänderte Inneneinteilung erreichen aber die Änderungen des ursprünglichen Bauvorhabens insgesamt betrachtet kein Ausmaß, daß das Bauvorhaben als ein anderes erscheinen ließe. Durch die vorgenommene Modifikation wurde das Wesen (der Charakter) des Vorhabens nicht betroffen (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 10. September 1979, Slg. 10.5526/A, sowie vom 8. März 1994, Zl. 93/05/0117). Aufgrund dieser im Berufungsverfahren zulässigen Änderung des Bauvorhabens war somit die Berufungsbehörde zur inhaltlichen Entscheidung über das modifizierte Bauvorhaben zuständig.
Dem Beschwerdevorbringen, das Bauvorhaben stehe im Widerspruch zum Flächenwidmungsplan und zur Bauplatzerklärung, weil ein Viertelkreis, der 76 m2 umfasse und nicht bebaut werden dürfe, nicht berücksichtigt worden sei, ist entgegenzuhalten, daß dieser Viertelkreis, wie ein Einblick in die Pläne zeigt, vom Bauvorhaben nicht berührt wird.
Eine weitere Rechtswidrigkeit erblickt die Beschwerdeführerin in dem Umstand, daß die westseitige Gebäudefront durch eine "Gebäudeerweiterung von 3,5 m Länge und 1,5 m Breite" nicht mehr parallel zur östlichen Gebäudeflucht ausgeführt sei. Diese Planung könne nicht mehr als untergeordneter Gebäudeteil im Sinne eines Erkers gemäß § 8 Abs. 1 lit. b des Bautechnikgesetzes angesehen werden, sondern sei planlich als eigene Gebäudefront dargestellt, die sich vom Erdgeschoß bis zum Dachgeschoß dahinziehe.
Den vorgelegten Ansichten, insbesondere der Nordwest- und der Südwestansicht ist dazu zu entnehmen, daß die "Gebäudeerweiterung", der die Beschwerdeführerin den Charakter eines Erkers abspricht, infolge des vorliegenden kupierten Geländes, nicht an das anschließende Gelände heranreicht. Vielmehr springt es über dem teilweise freiliegenden Kellergeschoß in einer Höhe von 0,70 bis 1,70 m über dem anschließenden Gelände hervor. Der Vorsprung ragt maximal 85 cm vor die Gebäudefront, er weist eine innere Breite von 2,90 m auf, infolge der Schrägstellung der beiden Seiten beträgt die Vorderansicht dieser sogenannten Gebäudeerweiterung 1,20 m. Gemäß § 8 Abs. 1 lit. b des Bautechnikgesetzes, LGBl. Nr. 75/1976, in der Fassung LGBl. Nr. 2/1991 dürfen über die Baulinie oder Baufluchtlinie Balkone, Erker u.dgl. höchstens 1,50 m, dies jedoch nur in einer solchen Anzahl und in einem solchen Ausmaß, daß sie nicht selbst den Eindruck einer Front des Baues erwecken, hervortreten. All diesen Erfordernissen entspricht das eingereichte Bauvorhaben mit seinem Erker; er ist mit einer Auskragung von 85 cm weit unter 1,50 m; im Verhältnis zur gesamten Länge der Gebäudefront von 11,24 m erweckt der in der Erkertiefe 2,90 m, an der Front nur 1,20 m breite Erker, der auch nicht unmittelbar über dem gewachsenen Gelände beginnt, nicht selbst den Eindruck einer Front des Baues.
Schließlich ist dem Beschwerdevorbringen, die Baubehörde zweiter Instanz habe der Rechtsansicht der Vorstellungsbehörde nicht Rechnung getragen, zu entgegnen, daß gerade durch die von der Beschwerdeführerin gerügte Modifizierung des Bauvorhabens und das Zurückrücken der vormals nicht parallel zur Ostgrenze verlaufenden westlichen Gebäudefront der Rechtsansicht der Vorstellungsbehörde entsprochen wurde.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991 im Rahmen des Kostenbegehrens.
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Auswechslung behördlicher Aufträge und Maßnahmen Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Änderung von Anträgen und Ansuchen im BerufungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993060256.X00Im RIS seit
03.05.2001