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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Stmk 1968 §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der X-Gesellschaft m.b.H. in G, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 4. November 1993, Zl. A 17-K-9.282/1993-3, betreffend Versagung einer Baubewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 4. Oktober 1990 war der Beschwerdeführerin die Bewilligung zum Umbau und zur Sanierung bzw. Wiederherstellung eines Wohnhauses auf den Grundstücken Nr. 1918 und 1921, K-Straße 30, erteilt worden. Nach den einen Bescheidbestandteil bildenden Plänen war dabei im Erdgeschoß, im Südosten vor zwei Wohnräumen mit 19,20 m2, bzw. 17,10 m2, ein 2 m breiter durch Säulen abgeschlossener Platz vorgesehen, über dem ein ebenso breiter, über die gesamte südöstliche Gebäudelänge verlaufender Balkon errichtet werden sollte. Mit einem weiteren Bescheid vom 13. September 1991 wurde eine Planänderung betreffend die Dachform bewilligt. Mit einem am 20. November 1992 bei der Behörde erster Instanz eingelangten Ansuchen beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung der Planänderung für die Balkonverglasung und den Dachgeschoßausbau. Die aufgrund eines Verbesserungsauftrages am 30. März 1993 vorgelegten Pläne weisen im Erdgeschoß an der Stelle des von Säulen umschlossenen Platzes zwei Wintergärten im Ausmaß von 11,70 m2 und 10,40 m2 auf, zwischen den Säulen, die ihrerseits vergrößert werden sollten, sollten Glaswände errichtet werden. Anstelle des Balkones im Bereich des Obergeschoßes war ebenfalls die Errichtung von zwei Wintergärten im Ausmaß von 11,80 m2 und 10,02 m2 geplant.
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 3. Mai 1993 wurde das Ansuchen gemäß § 61 Abs. 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei der Prüfung der eingereichten Baupläne habe festgestellt werden müssen, daß es sich bei der beantragten Planänderung um einen zweigeschoßigen Zubau nach Südosten handle, der gemäß § 4 Abs. 1 (der Steiermärkischen Bauordnung) einen Mindestabstand von 4 m zur südwestlichen Grundgrenze einzuhalten habe. Da der Mindestabstand den eingereichten Plänen zufolge nicht eingehalten werde, sei das Ansuchen gemäß § 61 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung abzuweisen gewesen.
In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung führte die Beschwerdeführerin im wesentlichen aus, wie sich bereits aus einem im Akt erliegenden Lichtbild ergebe, handle es sich bei dem Umbau des zweigeschoßigen Zubaues nach Südosten um einen vorhandenen und bewilligten Altbestand. Eine Verlängerung des Wohnhauses in Richtung Südosten trete nicht auf, es sei daher davon auszugehen, daß ebenso wie beim Wohnhaus der von der Behörde geforderte Mindestabstand nicht zur Anwendung gelange. Selbst wenn man aber vom ursprünglichen Bestand absehe und zu der vom Standpunkt der Beschwerdeführerin aus unrichtigen Ansicht gelangen sollte, daß nunmehr erst ein Mindestabstand im Sinne des § 4 der Steiermärkischen Bauordnung einzuhalten sei, so hätte die Behörde gemäß § 4 Abs. 2 leg. cit. auch geringere Abstände festsetzen können.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 4. November 1993 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Stadtsenates vom 3. Mai 1993 abgewiesen. Der erstinstanzliche Bescheidspruch wurde dahingehend ergänzt, daß sich die Abweisung des Bauansuchens auch auf das Fehlen einer Widmungsbewilligung zu stützen habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, es handle sich bei der geplanten "Balkonverglasung", wie das Bauvorhaben genannt wird, um keinen Zubau, sondern um einen Altbestand, ist entgegenzuhalten, daß im Plan zur Baubewilligung vom 4. Oktober 1990 im Bereich des Erdgeschoßes südöstlich der zwei Wohnräume ein 2 m tiefer, unbezeichneter Platz liegt, der im Südosten durch grün gefärbelte (nach der Legende: Bestand) Säulen begrenzt ist, die durch farblose Striche (Glas?) miteinander verbunden sind. In der Mitte dieses "Vorplatzes" verläuft eine 2 m tiefe als Bestand ausgewiesene Mauer, im nordöstlichen Bereich wird eine neue (rot gefärbte) ebenfalls 2 m tiefe Mauer sowohl im Erdgeschoß als auch im Bereich des Dachgeschoßes errichtet. Wenn aufgrund der Darstellung im bewilligten Einreichplan für den Bereich des Erdgeschoßes nicht ausgeschlossen werden kann, daß es sich auch im Bereich des "Vorplatzes" um einen umbauten Raum handelte, wofür insbesondere die in der Baubeschreibung angegebene verbaute Fläche von 115 m2 spricht, die nur unter Einschluß des ca. 21 m2 großen "Vorplatzes" erreicht werden kann, so ist doch für den Bereich des Dachgeschoßes klar ersichtlich, daß der Balkon nur im Nordosten durch die neubewilligte Mauer abgeschlossen ist, jedoch im Südwesten und im Südosten offen ist. Nach den nunmehr vorliegenden Plänen sollen im Bereich des Erdgeschoßes an der Stelle, an der der "Vorplatz" war, zwei Wintergärten im Ausmaß von je ca. 11 m2 errichtet werden. Da der Bereich der Wintergärten im Bereich des Ergeschoßes gegenüber dem der Baubewilligung vom 4. Oktober 1990 zugrundeliegenden Plan nicht vergrößert, sondern sogar im nordöstlichen Eckbereich geringfügig verkleinert wurde, kann in bezug auf das Erdgeschoß nicht davon ausgegangen werden, daß ein Zubau vorliegt. Im Bereich des Dachgeschoßes soll der vormals laut Baubewilligung vom 4. Oktober 1990 zumindest zum Teil offene Balkon allseitig verschlossen werden, dort sollen ebenfalls zwei Wintergärten im Ausmaß von 10,02 m2 und 11,40 m2 errichtet werden.
Mit der Definition des Begriffes Zubau im Sinne des § 57 Abs. 1 lit. b BO hat sich der Verwaltungsgerichtshof wiederholt auseinandergesetzt. So hat er in seinem Erkenntnis vom 6. Dezember 1990, Zl. 90/06/0113, ausgeführt, die zitierte Bestimmung biete keinen Anhaltspunkt, daß ein Zubau nur dann vorliege, wenn eine Vergrößerung des Bauvolumens erfolge; im Gegensatz zu anderen Bauordnungen liege nämlich nach der Steiermärkischen Bauordnung ein Zubau auch dann vor, wenn damit keine raumbildende Anlage errichtet wurde. In weiteren Erkenntnissen, so vom 11. April 1991, Zl. 90/06/0206, hat der Verwaltungsgerichtshof diese Rechtsansicht aufrechterhalten. Das Beschwerdevorbringen enthält keine Ausführungen, die den Verwaltungsgerichtshof veranlassen könnten, von seiner bisherigen Rechtsprechung vom Begriff des Zubaues im Sinne des § 57 Abs. 1 lit. b BO abzugehen. Im Beschwerdefall, in dem, wie bereits ausgeführt, zumindest im Bereich des Dachgeschoßes durch allseitige Umbauung eines bis dahin teilweise offenen Balkons sogar eine raumbildende Vergrößerung erfolgt, kann es daher keinem Zweifel unterliegen, daß durch die Umschließung des Balkons ein Zubau im Sinne des § 57 Abs. 1 lit. b BO beantragt wurde.
Bei der Ermittlung des erforderlichen Seitenabstandes ist die belangte Behörde der Begründung ihres Bescheides zufolge zwar zu Unrecht davon ausgegangen, daß der Zubau sowohl im Bereich des Erdgeschoßes als auch im Bereich des Dachgeschoßes vorliege. Zu entscheiden ist demnach die Frage, wie der Seitenabstand eines Gebäudes, das im Bereich des Erdgeschoßes durch einen als konsentiert anzusehenden Gebäudeteil in den gemäß § 4 Abs. 1 BO erforderlichen Seitenabstand hineinragt, für einen allfälligen Zubau im Obergeschoß zu berechnen ist. Durch Verschließung des südöstlichen Teiles des Balkones wird jedenfalls die Gebäudefront in diesem Bereich vergrößert. § 4 Abs. 1 BO über den Seitenabstand ist eine Bestimmung, die unter dem Blickwinkel des Gesichtspunktes der Belichtung und Belüftung auch von Nachbargrundstücken zu beurteilen ist (vgl. das hg. Erkenntis vom 13. Mai 1993, Zl. 93/06/0031). Diesbezüglich würde eine allfällige Bewilligung einer Aufstockung über einem - zwar mit der bestehenden Baurechtsordnung nicht in Einklang stehenden aber als rechtskräftig bewilligt anzusehenden - Altbestand zu einer weiteren Verschlechterung der Situation von Nachbarn führen.
Auch ein solcher Zubau ist daher - im Sinne der dargelegten Zwecke von Abstandsbestimmungen - nur zulässig, wenn der Seitenabstand eingehalten wird oder ein im Gesetz vorgesehener Ausnahmefall vorliegt.
Eine Ausnahme gemäß § 4 Abs. 2 BO kam im Beschwerdefall schon deshalb nicht in Betracht, weil der geplante Zubau kein vom übrigen Gebäude getrenntes Kleingebäude ist, sondern mit dem ursprünglichen Gebäude eine untrennbare Einheit bildet und die Bestimmung des § 4 Abs. 2 BO nur auf selbständige Bauten angewendet werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. November 1989, Zl. 87/06/0084). Da das vergrößerte Gebäude weder unmittelbar an die Grundgrenze angebaut ist, noch den gemäß § 4 Abs. 1 BO erforderliche Abstand von 4 m einhält, ist die Behörde zu Recht davon ausgegangen, daß das bewilligte Vorhaben schon wegen Widerspruchs zu § 4 BO nicht bewilligt werden konnte. Die beantragte Baubewilligung wurde daher im Ergebnis zutreffend unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Seitenabstandes versagt.
Gemäß § 58 Abs. 1 lit. a BO sind dem Ansuchen um Bewilligung der Nachweis der Widmungsbewilligung oder, wenn gleichzeitig um die Widmungsbewilligung angesucht wird, die hiezu erforderlichen Unterlagen anzuschließen. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung entfällt die Pflicht zum Nachweis der Widmung bei Bauführungen nach § 57 Abs. 1 lit. c bis h, bei allen Bauten vorübergehenden Bestandes (§ 62 Abs. 4), für Gartenhäuser, Kleingewächshäuser, Gerätehütten, Holzlagen, Wartehäuser, Plakattafeln, elektrische Verteilungsanlagen und kleinere sakrale Bauten. Da § 57 Abs. 1 lit. b im Abs. 2 des § 58 BO nicht angeführt ist, ist ein Baubewilligungsansuchen, das die Errichtung von Zubauten zum Inhalt hat, mit einer entsprechenden Widmungsbewilligung oder mit den für die Erteilung einer Widmungs-(änderungs)bewilligung erforderlichen Unterlagen zu belegen. Unbestritten ist, daß zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides eine rechtskräftige Widmungsbewilligung nicht vorlag. Auch der Hinweis in der Beschwerde, mit Bescheid der belangten Behörde vom 18. November 1993 sei ein Bescheid vom 31. August 1993, mit dem das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Widmungsbewilligung abgewiesen wurde, aufgehoben und die Angelegenheit zur Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen worden, belegt den Umstand, daß zum Zeitpunkt der Erlassung des nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheides keine rechtskräftige Widmungsbewilligung vorlag.
Die Versagung der beantragten Baubewilligung erfolgte daher auch wegen Fehlens der erforderlichen Widmungsbewilligung in Entsprechung des § 61 Abs. 2 lit. a BO zu Recht.
Durch die Versagung der beantragten Baubewilligung ist somit die Beschwerdeführerin in keinen Rechten verletzt worden, es war daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993060259.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
22.09.2008