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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §1325;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Höß, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde des Dr. D, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 29. Juli 1992, Zl. Jv 4871-33/92, betreffend Zeugengebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Wie aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten im Zusammenhalt mit dem unbestrittenen Beschwerdevorbringen hervorgeht, wurde der Beschwerdeführer unter Verwendung eines "StPOForm. Lad 16" als Zeuge zu der für den 23. August 1991 vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien anberaumten Hauptverhandlung gegen eine namentlich genannte Beschuldigte als Zeuge geladen. Nachträglich wurde der Termin telefonisch auf 8. August 1991, 10.00 Uhr, vorverlegt.
Mit seinem an den Kostenbeamten des Landesgerichtes für Strafsachen Wien gerichteten Schriftsatz vom selben Tage machte der Beschwerdeführer an Zeugengebühr eine Entschädigung für Zeitversäumnis in Höhe von S 5.000,-- sowie Fahrkosten in Höhe von S 40,--, zusammen also einen Betrag von S 5.040,-- geltend. Er brachte hiezu im wesentlichen vor, um 10.57 Uhr habe ihm der Vorsitzende mitgeteilt, daß er nicht mehr benötigt werde. Dies ergebe eine Zeitversäumnis von einer Stunde zuzüglich Zeitversäumnis für An- und Rückreise, daher insgesamt zwei Stunden. Der Beschwerdeführer habe während dieser Zeit konkreten Verdienstentgang erlitten. Er bescheinige dies durch seine Erklärung, daß er am genannten Tage in den zur Debatte stehenden Stunden "zweifellos" den genannten Betrag ins Verdienen gebracht hätte, selbst wenn man eine praktisch nicht gegebene Ersparnis variabler Kosten berücksichtige. Als Anwalt habe er laufend entsprechende Geschäfte zu erledigen und erteile insbesondere ad hoc telefonische Auskünfte und Gutachten "sehr oft" in dringenden Fällen. Diese Verdienstmöglichkeiten seien durch den genannten Ausfall weggefallen. Der Beschwerdeführer habe tatsächlich die anwaltliche Tätigkeit durch seine Abwesenheit nicht verrichten können und es sei ihm jedenfalls der konkrete Einnahmenverlust entstanden. Dies werde auch dadurch indiziert, daß sein Jahreseinkommen aus anwaltlicher Tätigkeit 1988 (letztergangener Steuerbescheid, von dem er eine Kopie beilege) S 4,500.000,-- übersteige. Dies ergebe pro Stunde ziemlich genau einen Betrag von S 2.500,--, was sich durchaus im Rahmen der Ansätze des Rechtsanwaltstarif-Gesetzes (RATG) halte. Sollte der Kostenbeamte der Ansicht sein, daß die Tatsache des konkreten Verdienstentganges, die "tatsächlich" (richtig wohl: Tatsache) der Verrichtung einer bestimmten Tätigkeit während der Abwesenheit des Beschwerdeführers oder die Höhe des Verdienstentganges nicht ausreichend bescheinigt sei, ersuche der Beschwerdeführer um entsprechenden Vorhalt.
Mit weiterem Schriftsatz vom 25. September 1991 machte der Beschwerdeführer geltend, der zwischenzeitig zugestellte Einkommensteuerbescheid für 1989 laut beiliegender Kopie enthalte Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von rund S 7,400.000,--. Der Stundensatz belaufe sich sohin auf über S 4.000,--, weshalb der Beschwerdeführer nunmehr einen Betrag von S 4.000,-- pro Stunde anspreche. Dies halte sich im Rahmen der Ansätze des RATG, wobei durchaus realistisch ihm derartiges Einkommen während seiner zweistündigen Abwesenheit aus der Kanzlei entgangen sei. Demzufolge spreche er einen Betrag von S 8.000,-- zuzüglich Fahrkosten von S 40,--, sohin in Summe S 8.040,-- an Zeugengebühr an.
Mit Bescheid vom 12. Mai 1992 bestimmte der Anweisende Beamte des Landesgerichtes für Strafsachen Wien die Gebühren des Beschwerdeführers für die Teilnahme an der Verhandlung am 8. August 1991 mit insgesamt S 312,-- (Reisekosten S 40,--, Entschädigung für Zeitversäumnis 2 Stunden zu je S 136,-- = S 272,--). Das Mehrbegehren von S 7.728,-- wurde abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides wird im wesentlichen angeführt, der Einkommensteuerbescheid sei keine taugliche Grundlage zur Berechnung des Verdienstentganges, weil die daraus eruierten Sätze einen fiktiven und nicht einen tatsächlichen Verdienstentgang ergeben würden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab der Präsident des Landesgerichtes für Strafsachen der dagegen erhobenen Beschwerde keine Folge, "modifizierte" jedoch den Bescheid vom 12. Mai 1992 hinsichtlich seines abschlägigen Teiles dahingehend, daß es zu lauten habe:
"Das weitere Begehren des Zeugen von S 4.728,-- wird
ABGEWIESEN.
Das Begehren des Zeugen auf Zuspruch von weiteren S 3.000,-- wird ZURÜCKGEWIESEN."
Die belangte Behörde begründet ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß der Beschwerdeführer im bisherigen Verfahren - entgegen seinem Vorbringen - sein tatsächlich entgangenes Einkommen nicht zu bescheinigen vermocht habe. Dem vom Beschwerdeführer zitierten Erlaß des Bundesministers für Justiz vom 23. Juni 1983, 11.802/17-1 5/83, sei durch die gesetzliche Neuregelung des Gebührenanspruchsgesetzes im Rahmen der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1989 derogiert worden. Der Gesetzgeber habe "demnach" die Anhebung des pauschalen Entschädigungsbetrages auf S 136,-- bewußt mit der Erwartung verbunden, daß Zeugen künftig in einem erheblich geringeren Ausmaß von der Möglichkeit Gebrauch machen würden, eine höhere Gebühr nach § 18 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. verbunden mit einem komplizierten Bescheinigungsverfahren anzusprechen. Wenn der Beschwerdeführer darauf hinweise, er habe für den Fall der nicht ausreichend erachteten Bescheinigung ausdrücklich einen Vorhalt erbeten, sei ihm zu entgegnen, daß aus der Begründung des Bescheides vom 12. Mai 1992 eindeutig hervorgehe, der Einkommensteuerbescheid bilde eben keine taugliche Unterlage zur Berechnung des tatsächlichen Verdienstentganges. Es wäre dem Beschwerdeführer sohin unbenommen gewesen, gleichzeitig mit seiner Beschwerde weitere Bescheinigungsmittel (z.B. eine Bestätigung über die Notwendigkeit der Beauftragung eines Substituten für die Zeit seiner Abwesenheit in der Rechtsanwaltskanzlei) anzubieten. Eine detaillierte Bescheinigung seines konkreten Verdienstentganges habe der Beschwerdeführer jedoch nicht vorgenommen. Seine bereits im Schriftsatz vom 8. August 1991 abgegebene Erklärung, er hätte in den von ihm am selben Tage versäumten zwei Stunden zweifellos einen Betrag von S 5.000,-- ins Verdienen gebracht, weil er laufend telefonisch ad hoc Auskünfte und Gutachten erteile, stelle keine Bescheinigung eines höheren konkreten Vermögensschadens dar. Dem Beschwerdeführer sei sohin nur der pauschale Entschädigungsbetrag für Zeitversäumnis gemäß § 18 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. zuzusprechen gewesen.
Hinsichtlich des im Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 25. September 1991 darüber hinaus geltend gemachten Entschädigungsbetrages von weiteren S 3.000,-- habe ein Eingehen in die Sache unterbleiben müssen, da dieser erhöhte Gebührenanspruch vom Beschwerdeführer nicht binnen der 14-tägigen Frist des § 19 Abs. 1 leg. cit. geltend gemacht worden sei. Das ausgedehnte Begehren in Höhe von S 3.000,-- sei sohin (in "Berichtigung" des Bescheides vom 12. Mai 1992) zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach seinem Vorbringen erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Zuspruch einer seinem (tatsächlichen) Verdienstentgang entsprechenden Zeugengebühr, des weiteren (hinsichtlich eines Teilbetrages von S 3.000,--) in seinem Recht auf Sachentscheidung verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall wesentlichen Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes 1975, BGBl. Nr. 136, idF. des Art. XXXI der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1989, BGBl. Nr. 343 (GebAG 1975), lauten:
"Umfang der Gebühr
§ 3. (1) Die Gebühr des Zeugen umfaßt
1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;
2. die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet.
...
Ausmaß der Entschädigung für Zeitversäumnis
§ 18. (1) Als Entschädigung für Zeitversäumnis gebühren dem Zeugen
1. 136 S für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht,
2. anstatt der Entschädigung nach Z. 1
a) beim unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst,
b) beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen,
c) anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter,
d) die angemessenen Kosten für eine notwendigerweise beizuziehende Haushaltshilfskraft.
(2) Im Sinne des Abs. 1 Z. 1 hat der Zeuge den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z. 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen.
Geltendmachung der Gebühr
§ 19. (1) Der Zeuge hat den Anspruch auf seine Gebühr binnen 14 Tagen ... nach Abschluß seiner Vernehmung, oder nachdem er zu Gericht gekommen, aber nicht vernommen worden ist, bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich bei dem Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte, geltend zu machen ...
(2) Soweit in diesem Abschnitt nicht anderes bestimmt ist und nicht feste Gebührensätze bestehen, hat der Zeuge die Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, besonders durch Vorlage einer Bestätigung über den Verdienstentgang oder die Entlohnung eines Stellvertreters oder einer Hilfskraft ... zu bescheinigen.
(3) Auf seine Ansprüche und die allfällige Notwendigkeit des Beweises oder der Bescheinigung ist der Zeuge durch das Gericht in der Ladung aufmerksam zu machen ...
Bestimmung der Gebühr
§ 20. ...
(2) Vor der Gebührenbestimmung kann der Zeuge aufgefordert werden, sich über Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, zu äußern und, unter Setzung einer bestimmten Frist, noch fehlende Bestätigungen vorzulegen.
..."
I. Gegen den ZURÜCKWEISENDEN TEIL des angefochtenen Bescheides wendet der Beschwerdeführer ein, wie sich aus der Gegenüberstellung der Abs. 1 und 2 des § 19 GebAG ergebe, gelte die - mit Anspruchsverlust im Nichteinhaltungsfall - gesetzlich vorgesehene 14-Tage-Frist nur hinsichtlich der Geltendmachung des Anspruchs dem Grunde, nicht auch der Höhe nach. So wie die fehlenden Bescheinigungsmittel auch außerhalb der 14-Tage-Frist nachgebracht werden könnten, könne auch, nachdem der Anspruch dem Grunde nach rechtzeitig geltend gemacht worden sei, der Höhe nach bis zur Entscheidung ausgedehnt werden.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag diese Auffassung nicht zu teilen. Nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 leg. cit. hat der Zeuge den Anspruch auf SEINE Gebühr innerhalb der dort genannten Frist bei Anspruchsverlust geltend zu machen. Insbesondere aus dem Gebrauch des besitzanzeigenden Fürworts "seine" - d.h. offenbar: "die ihm (seiner Meinung nach) zustehende" - Gebühr geht hervor, daß sich die Geltendmachung der Gebühr nicht nur auf den Grund des Anspruches zu beschränken hat. Auch dem Wortlaut des Gesetzes ist eine solche Einschränkung nicht zu entnehmen; andernfalls hätte der Gesetzgeber etwa die Formulierung "Der Zeuge hat binnen 14 Tagen bekanntzugeben, ob er eine Gebühr beansprucht" o.ä. wählen können.
Damit stimmt auch die Absicht des historischen Gesetzgebers überein. In der Regierungsvorlage zum GebAG 1975, 1336 Blg.
NR 13. GP, heißt es hiezu:
"Dieser Zeitraum ist für die Beschaffung von Bestätigungen über seine Auslagen oder über die Höhe eines entgangenen Verdienstes oder Einkommensentgangs sowie für die Kosten des Stellvertreters oder einer Hilfskraft (Abs. 2) ausreichend. Der an die Nichteinhaltung dieser Frist geknüpfte Verlust des Anspruchs ist daher, BESONDERS WEIL ER ZUR VERFAHRENSSTRAFFUNG ERFORDERLICH IST, gerechtfertigt."
Diese Ausführungen wären unverständlich, wäre der Gesetzgeber von der Auffassung ausgegangen, der Zeuge könne noch nach Ablauf der Frist die Höhe der von ihm begehrten Entschädigung für Zeitversäumnis beliebig (und damit wohl auch beliebig oft) ausdehnen. Daß im Einzelfall (wie hier) die Bestimmung der Gebühr einen längeren Zeitraum in Anspruch nimmt, vermag daran nichts zu ändern. Ebensowenig stellt es ein Argument für die Rechtsansicht des Beschwerdeführers dar, daß die fehlenden Bescheinigungsmittel nach einer in der Literatur vertretenen Auffassung (Krammer-Schmidt, MGA 182, 119, Anmerkung 15) auch über die 14-tägige Geltendmachungsfrist hinaus nachgebracht werden können. Denn die Beibringung von Bescheinigungsmitteln hat nichts mit der Verfristung der Geltendmachung der Gebühr an sich zu tun.
Wenn der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang darauf hinweist, daß im Zeitpunkt der ursprünglichen Antragstellung der Einkommensteuerbescheid für 1988 der letzte ihm zugängliche Einkommensteuerbescheid gewesen und erst im Zuge des Verfahrens dem Beschwerdeführer der Einkommensteuerbescheid für 1989 zugekommen sei, so vermag auch dieses Vorbringen seiner Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil dieser Umstand gleichfalls die Möglichkeit der BESCHEINIGUNG und nicht die GELTENDMACHUNG der Gebühr selbst betrifft. Nur der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang bemerkt, daß - wie weiter unten noch auszuführen sein wird - unter "tatsächlich entgangenem" Einkommen im Sinne des § 18 Abs. 1 Z. 2 lit. b leg. cit. nicht ein fiktiv nach Durchschnittssätzen errechnetes (und daher aus den Einkommensteuerbescheiden zu ermittelndes) Einkommen zu verstehen ist.
Nicht zielführend ist schließlich auch das Vorbringen, der Beschwerdeführer sei zur Hauptverhandlung vom 8. August 1991 telefonisch geladen worden, weshalb die im § 19 Abs. 3 GebAG zwingend vorgesehene Belehrung für diesen Termin nicht erfolgt sei. Der Beschwerdeführer hat selbst im Verwaltungsverfahren eine Ablichtung der ihm zunächst für den 23. August 1991 zugekommenen schriftlichen Zeugenladung zur Hauptverhandlung nach StPOForm. Lad 16 vorgelegt. Dieses Formular enthält jedoch auf der Rückseite unter anderem die Belehrung, daß der "Zeuge den Anspruch auf seine Gebühren BINNEN VIERZEHN TAGEN NACH DER VERNEHMUNG (dem Gerichtstermin) bei sonstigem Verlust mündlich oder schriftlich bei diesem Gericht geltend zu machen" habe. Bereits in seinem Erkenntnis von 14. März 1986, Zl. 85/17/0165, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß die mit dem Zeugenladungsformular StPOForm. (Lad) 16 erfolgte Belehrung nach § 19 Abs. 3 GebAG 1975 richtig und vollständig ist. Eine neuerliche Belehrung des (im übrigen rechtskundigen) Beschwerdeführers anläßlich der telefonischen Vorverlegung des Termines war entbehrlich.
Die belangte Behörde hat daher in nicht rechtswidriger Weise das Begehren des Beschwerdeführers auf Zuspruch von weiteren S 3.000,-- zurückgewiesen.
II. Was nun die ABWEISUNG eines weiteren Teilbegehrens von
S 4.728,-- anlangt, ist grundsätzlich festzuhalten, daß nach der (nach seinem Vorbringen auch dem Beschwerdeführer bekannten) ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter "tatsächlich entgangenem" Einkommen im Sinne des § 18 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebAG 1975 nicht ein fiktiv nach Durchschnittssätzen errechnetes Einkommen zu verstehen ist. Daß der Zeuge seinen Einkommensentgang nur zu bescheinigen, nicht aber nachzuweisen hat, ändert nichts an der Verpflichtung, den KONKRETEN Verdienstentgang zunächst einmal unter entsprechender Aufgliederung zu behaupten. Von einem tatsächlichen Einkommensentgang kann hiebei beim selbständig Erwerbstätigen nur dann gesprochen werden, wenn während der durch die Erfüllung der Zeugenpflicht versäumten Zeit Tätigkeiten angefallen wären, die dem Zeugen Einkommen gebracht hätten, welches verloren ging (vgl. hiezu etwa das Erkenntnis vom 17. Dezember 1993, Zl. 92/17/0184, und die dort angeführte weitere Rechtsprechung). Diese Tätigkeiten können in der Regel bezeichnet, beschrieben und erforderlichenfalls durch Urkunden oder Aussagen bescheinigt werden. Auf Grund der für diese Tätigkeiten üblichen Entgelte und der dem Selbständigen bei Erfüllung der versäumten Tätigkeit erwachsenden variablen Auslagen wird sich in der Regel auch das tatsächlich entgangene Einkommen errechnen und bescheinigen lassen, wobei der Schätzungsweg durch die §§ 18, 19 Abs. 2 GebAG keineswegs verschlossen ist. Die Schätzung des tatsächlichen Einkommensentganges, der durch eine bestimmte Zeitversäumnis verursacht wird, ist jedoch der Ermittlung eines fiktiven Einkommens nach Durchschnittssätzen keineswegs gleichzuhalten, muß doch Ausgangspunkt auch der Schätzung stets eine KONKRETE, dem selbständig Erwerbstätigen ein Einkommen vermittelnde Tätigkeit während des Zeitraumes der Verhinderung sein (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. Februar 1986, Zl. 86/17/0023, und vom 27. März 1987, Zl. 86/17/0257). Jedenfalls ist der selbständig Erwerbstätige für die Erfüllung seiner Zeugenpflicht nicht nach den für ihn sonst geltenden Honorarsätzen oder in Anlehnung an sein sonstiges Einkommen zu ENTLOHNEN, sondern lediglich für einen konkreten Einkommensentgang zu ENTSCHÄDIGEN (vgl. Krammer, Neuerungen im Gebührenanspruchsrecht, Der Sachverständige 1989, Heft 3, Seite 4).
Dem Beschwerdeführer ist zunächst dahin beizupflichten, daß aus der in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend die Erweiterte Wertgrenzen-Novelle 1989 (888 Blg. NR 17. GP, S. 28) zum Ausdruck kommenden Erwartung, daß die Zeugen künftig in einem erheblich geringeren Ausmaß von der Möglichkeit Gebrauch machen würden, eine höhere Gebühr nach § 18 Abs. 1 Z. 2 anzusprechen, für die Rechtsanwendung nichts zu gewinnen ist. Immerhin heißt es aber auch dort (Seite 27), aus dem zweiten Halbsatz der Neufassung des § 18 Abs. 1 Z. 2 GebAG 1975 folge, daß eine Entschädigung für eine Zeitversäumnis wiederum nur zustehen solle, wenn der Zeuge durch die Befolgung seiner Zeugenpflicht sonst tatsächlich einen Vermögensnachteil erlitte.
Wenn der Beschwerdeführer weiters auf die Materialien zur Stammfassung des GebAG 1975 verweist, wonach nach der Absicht des Gesetzgebers die mit der Erfüllung der Zeugenpflicht verbundenen "finanziellen Einbußen möglichst ausgeglichen" werden sollten, so spricht auch dies nicht für den Standpunkt des Beschwerdeführers in dem von ihm gewünschten Sinne. Tatsächlich bietet ja das Gesetz durchaus die Möglichkeit, diese "finanziellen Einbußen möglichst auszugleichen", falls der Zeuge die Anspruchsvoraussetzungen hiefür erfüllt. Dazu gehört aber insbesondere, daß er einen KONKRETEN Einkommensverlust behauptet und bescheinigt. Dabei handelt es sich keineswegs um "unerfüllbare Bedingungen", die, wie der Beschwerdeführer meint, den Grund des Anspruchs in Frage stellen könnten.
Richtig ist, daß der Anspruch des Beschwerdeführers DEM GRUNDE NACH "außer Streit steht", das heißt im Sinne des § 18 Abs. 2 leg. cit. bescheinigt ist. Dies ändert jedoch nichts daran, daß der Beschwerdeführer bei Geltendmachung einer Gebühr nach Abs. 1 Z. 2 dieser Gesetzesstelle auch dessen HÖHE zu bescheinigen hatte. Der belangten Behörde ist darin beizupflichten, daß dies der Beschwerdeführer auf Verwaltungsebene NICHT getan hat. Denn er hat in seinem Schriftsatz vom 8. August 1991 (vgl. insbesondere die Formulierung "zweifellos") lediglich Vermutungen über ihm allenfalls entgangene Verdienstmöglichkeiten geäußert, zumal er nur ganz allgemein vorbrachte, er habe als Anwalt laufend entsprechende Geschäfte zu erledigen und erteile insbesondere ad hoc telefonische Auskünfte und Gutachten "sehr oft" in dringenden Fällen. Daß sich solche Fälle gerade in der Zeit seiner Abwesenheit von seiner Kanzlei am 8. August 1991 ereignet hätten, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet, geschweige denn bescheinigt.
Zufolge anders gearteter gesetzlicher Grundlagen geht auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Bestimmungen der §§ 273 ZPO, 1325 ABGB oder 38 Abs. 1 HGG fehl. Jedoch wird auch bei der konkreten Berechnung des Verdienstentganges nach § 1325 ABGB festgestellt, welche Einkommensverringerung infolge der Körperverletzung KONKRET eingetreten ist; es wird also ebenso wie hier die WIRKLICHE Vermögenseinbuße berücksichtigt (vgl. MGA ABGB33 E. 61a. zu § 1325; Reischauer in Rummel2, Kommentar zum ABGB, Rz. 36 zu § 1325). Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte zivilgerichtliche Rechtsprechung betrifft entweder UNSELBSTÄNDIG Erwerbstätige (JBl. 1963, 39; ZVR 1964/254) oder enthält keine Aussagen im gewünschten Sinne (SZ 54/70). Der Erlaß des Bundesministers für Justiz vom 23. Juni 1983, Zl. 11.802/17-1 5/83, wiederum stellt nach der - dem Beschwerdeführer gleichfalls bekannten - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. auch hiezu das Erkenntnis vom 14. Februar 1986, Zl. 86/17/0023) mangels gesetzmäßiger Kundmachung keine allgemein verbindliche Rechtsvorschrift dar. Ob die Auffassung Krammers (aaO), wonach dem genannten Erlaß durch die mit der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1989 erfolgte Neufassung des GebAG 1975 derogiert wurde, zutrifft oder nicht, braucht daher nicht untersucht zu werden.
Wenn der Beschwerdeführer meint, daraus, daß sich der Gesetzgeber mit einer Bescheinigung der Höhe des entgangenen Einkommens begnüge, sei zu folgern, daß entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine ziffernmäßige Aufgliederung desselben nicht erforderlich sei, so ist ihm zu erwidern, daß im Sinne der oben dargelegten, ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Frage der BESCHEINIGUNG von jener der BEHAUPTUNG eines konkreten Vermögensschadens unterschieden werden muß. Es ist jedenfalls zu fordern, daß der selbständig erwerbstätige Zeuge KONKRET den Entgang einer oder mehrerer Verdienstmöglichkeiten behauptet, was in vielen Fällen durchaus eine Aufgliederung erforderlich machen wird. Lediglich für die DARTUUNG eines solcherart KONKRET behaupteten Vermögensschadens begnügt sich das Gesetz mit einer Bescheinigung (Glaubhaftmachung); das heißt, daß der über den Anspruch entscheidende Organwalter von der Richtigkeit des Anspruches nicht überzeugt zu sein braucht, sondern ihn lediglich für wahrscheinlich halten muß. Ob hiefür die bloßen Behauptungen des Antragstellers genügen, ist von Fall zu Fall zu prüfen, im Beschwerdefall aber mangels konkreten Vorbringens nicht von Bedeutung.
Im Recht ist der Beschwerdeführer, wenn er darauf verweist, daß - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - die Frage der Beauftragung eines Substituten für die Zeit der Abwesenheit des Beschwerdeführers von der Kanzlei ohne Relevanz war, weil der Beschwerdeführer Kosten eines Stellvertreters nach § 18 Abs. 1 Z. 2 lit. c GebAG 1975 nicht begehrt hat. Am Ergebnis ändert dies jedoch nichts.
Dem Beschwerdeführer ist auch insofern Recht zu geben, als sein Ersuchen im Schriftsatz vom 8. August 1991 um Erteilung eines Vorhaltes, falls der Kostenbeamte die Tatsache des konkreten Verdienstentganges etc. nicht für bescheinigt halte, die Einleitung des Verbesserungsverfahrens nach § 20 Abs. 2 hätte nach sich ziehen müssen. Die Relevanz des darin gelegenen Verfahrensmangels wird jedoch vom Beschwerdeführer - entgegen seiner Ansicht - auch in der Beschwerde nicht dargetan. Er bringt nämlich vor, er hätte auf eine solche Anfrage geantwortet,
a) daß er in aller Regel keine Causa mit unter S 120.000,-- liegender Bemessungsgrundlage bearbeite,
b) daß er in der Zeit von 10.00 bis 12.00 Uhr werktags, wenn er in der Kanzlei sei, durchschnittlich zehn Telefonate, davon solche, die länger als zehn Minuten dauerten, allenfalls entsprechende Konferenzen führe,
c) daß in rund einem Viertel der Fälle die Tatsache, daß der Beschwerdeführer telefonisch nicht erreichbar sei, dazu führe, daß sich ein Rückruf erübrige, weil wegen der Dringlichkeit des Falles ein anderer Anwalt beauftragt werde oder die Entscheidung ohne anwaltliche Beratung getroffen werde,
d) wobei sich dann der Verdienstentgang nicht nur auf die Kosten dieses Telefongesprächs, sondern auf das Honorar der gesamten Causa (abzüglich Eigenersparnis) beziehe.
Auch mit diesem Vorbringen macht der Beschwerdeführer nicht geltend, daß und welche Verdienstmöglichkeiten ihm konkret am 8. August 1991 in der Zeit zwischen ca. 9.30 Uhr und 11.30 Uhr entgangen wären. Vielmehr beschränkt sich der Beschwerdeführer abermals auf die allgemeine Wiedergabe von Erfahrenstatsachen.
Schließlich vermag der Beschwerdeführer auch mit seinem Hinweis auf eine in STRAFSACHEN ergangene, an der behaupteten Fundstelle übrigens NICHT veröffentlichte Entscheidung des OGH für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen; daß der Wille des historischen Gesetzgebers eine unter mehreren Quellen der Auslegung darstellt, darf als Allgemeingut gelten.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Aussspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7Verwaltungsrecht allgemein Rechtsquellen VwRallg1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992170231.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
21.01.2010