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L37351 Jagdabgabe Burgenland;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, DDr. Jakusch, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des L in G, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 20. Oktober 1992, Zl. V/1-8607/2-1992, betreffend Zurückweisung einer Berufung in Angelegenheit der Bewilligung zum Halten von Wild und zur Rodung von Wald (mitbeteiligte Parteien: E und P in I), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Güssing vom 3. August 1992 wurde den Mitbeteiligten gemäß § 3 Abs. 2 bis 4 des burgenländischen Jagdgesetzes, LGBl. Nr. 11/1989, (JG) iVm den §§ 1 bis 7 der burgenländischen Jagdverordnung, LGBl. Nr. 24/1989, (JV) die Bewilligung zum Halten von Damwild auf den Gst. Nr. 447 bis 450, 454 bis 457 und 463 bis 465 der (insgesamt 2,1 ha) zur Fleischgewinnung im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes - unter anderem unter der Auflage, das Gehege mit einer 2 m hohen Einfriedung zu versehen - erteilt (Spruchpunkt I) sowie gemäß §§ 17 ff des Forstgesetzes 1975 die befristete Bewilligung zur Rodung einer Teilfläche des Gst. Nr. 454 KG I im Ausmaß von ca. 3000 m2 erteilt (Spruchpunkt II).
Gegen diesen Bescheid, inhaltlich jedoch nur gegen Spruchpunkt I, erhob der Beschwerdeführer als Jagdausübungsberechtigter der Genossenschaftsjagd I Berufung und beantragte die Aufhebung des Bescheides. Zur Begründung brachte er im wesentlichen vor, durch die Errichtung und Lage des Geheges würden die Interessen der Jagd wesentlich beeinträchtigt. Es werde der Nah- und Fernwechsel des Wildes unterbunden, Einstände und Lebensräume des Wildes gingen verloren. Zudem würde das Damwild im Gatter das außenstehende Rot- und Rehwild beunruhigen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unzulässig zurück. Weder aus § 3 Abs. 3 JG, welche Bestimmung die Bewilligung zum Halten von Wild regle, noch aus anderen Bestimmungen ergebe sich ein Rechtsanspruch des Jagdausübungsberechtigten auf eine bestimmte behördliche Erledigung in der Streitsache. Der Jagdausübungsberechtigte könne daher durch die einem Dritten eingeräumte Bewilligung zum Halten von Wild zur Fleischproduktion im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt sein. Die Parteistellung müsse aus den verwaltungsrechtlichen Vorschriften abgeleitet werden. Dem JG sei aber nicht zu entnehmen, daß dem Jagdausübungsberechtigten in einem Verfahren gemäß § 3 JG Parteistellung eingeräumt sei.
Gegen diesen Zurückweisungsbescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Partei sei derjenige, der einen Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse vor einer Behörde behaupte, wenn diese Behauptung zumindest "möglich" sei. Gemäß § 8 AVG sei jedenfalls derjenige als Partei anzusehen, dessen Rechtssphäre durch die zu treffenden Maßnahmen unmittelbar berührt werde, wobei es keinen Unterschied mache, ob das zu wahrende Interesse dem öffentlichen oder dem privaten Recht zugehöre. Die Bewilligung zur Errichtung des Geheges zum Halten von Damwild erschwere erheblich die jagdliche Nutzung durch den Beschwerdeführer. Der Rechtsanspruch bzw. das rechtliche Interesse des Beschwerdeführers ergebe sich auch aus § 4 der JV; nach dieser Bestimmung dürften durch die Errichtung des Geheges die Interessen der Jagd, insbesondere die jadgliche Nutzung, der vorhandene Wildwechsel, Äsungsflächen und Einstände des Wildes nicht erheblich beeinträchtigt werden. In diesem Zusammenhang sei zu beachten, daß eine Norm des objektiven Rechtes im Zweifel auch ein subjektives Recht gewähre. Schließlich sei zu beachten, daß dem Beschwerdeführer nachweislich die Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Äußerung im erstinstanzlichen Verfahren gewährt worden sei und sich schon aus diesem Grunde seine Parteistellung ergebe.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das Recht der Berufung steht gemäß § 63 Abs. 5 AVG
ausschließlich einer Partei zu.
Nach § 8 AVG sind Parteien eines Verwaltungsverfahrens Personen, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind. Der Rechtsanspruch oder das rechtliche Interesse im Sinne des § 8 AVG kann nur aus der Wirksamkeit erschlossen werden, die die den Einzelfall regelnde materielle Norm auf den interessierten Personenkreis entfaltet, es sei denn, daß der Gesetzgeber die Parteistellung autoritativ bestimmt und damit die Prüfung des Falles auf die Grundsätze des § 8 für das Verwaltungsverfahren entbehrlich macht. Das Tatbestandsmerkmal der Parteistellung in einer Verwaltungsangelegenheit bestimmt sich demnach nach dem normativen Gehalt der in der Rechtssache anzuwendenden Vorschriften (vgl. hg. Erkenntnis vom 13. Jänner 1988, 87/03/0251). Unter Rechtsanspruch ist der Anspruch auf ein bestimmtes Verhalten der Behörde in materieller Hinsicht, unter rechtlichem Interesse ist der Anspruch auf ein bestimmtes verfahrensrechtliches Verhalten der Behörde zu verstehen. Abzustellen ist auf die Möglichkeit der Rechtsverletzung, auf die mögliche unmittelbare Beeinträchtigung der Rechtssphäre der Person
(vgl. Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Seite 101). Soweit die Verwaltungsvorschriften über die Parteistellung keine ausdrückliche Regelung enthalten, ist im Wege der Auslegung zu prüfen, ob durch die maßgebenden Rechtsvorschriften nur eine Rechtspflicht der Behörde oder auch ein subjektiver Anspruch - und damit eine Parteistellung - für die Person begründet wird. Bei der Beurteilung dieser Frage kommt es wesentlich auf den Zweck der Norm an (vg. Adamovich - Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3, Seite 383f).
Gemäß § 3 Abs. 3 JG bedarf das Halten von Wild einer Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde. Eine Bewilligung ist zu erteilen, wenn das Gelände hiefür geeignet ist und tierschutzrechtliche und veterinärpolizeiliche Bedenken nicht entgegenstehen.
Gemäß § 4 JV dürfen durch die Errichtung des Geheges zum Halten von Wild zur Fleischgewinnung die Interessen der Jagd, insbesondere die jagdliche Nutzung, vorhandene Wildwechsel, Äsungsflächen und Einstände des Wildes nicht erheblich beeinträchtigt werden.
Gemäß § 3 Abs. 3 JG sind bei Erteilung der Bewilligung die öffentlichen Interessen des Tierschutzes und der Veterinärpolizei zu beachten. Auch der Zweck der Bestimmungen des § 4 JV liegt - wie sich schon aus dem Wortlaut ("Interessen DER JAGD") ergibt - in der Wahrung öffentlicher Interessen. Die Einhaltung der Vorschriften ist von der Behörde im Rahmen der Bewilligung nach § 3 Abs. 3 JG wahrzunehmen. Die genannten Bestimmungen räumen dem Jagdausübungsberechtigten aber kein subjektives Recht, somit keinen Rechtsanspruch und kein rechtliches Interesse in Bezug auf die Bewilligung nach § 3 Abs. 3 JG ein. Der Beschwerdeführer verweist zwar zu Recht darauf, daß im Zweifel anzunehmen ist, daß eine Norm des objektiven Rechts auch ein subjektives Recht gewährt (vgl. Walter - Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, Rz 119); die im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommenden Bestimmungen des JG und der JV liegen jedoch ausschließlich im öffentlichen Interesse und begründen somit kein subjektives Recht.
Es bestehen auch keine anderen materiell- oder formellrechtlichen Vorschriften, die einen Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse des Jagdausübungsberechtigten im Hinblick auf eine Bewilligung nach § 3 Abs. 3 JG einräumen. Eine derartige Rechtsstellung kann sich zwar aus dem Gesamtbereich der Rechtsordnung einschließlich der Bestimmungen des Privatrechts ergeben, dies gilt aber nur für solche Vorschriften, die in einer Beziehung zu der Angelegenheit stehen, in der die Parteistellung zu beurteilen ist (vgl. Adamovich - Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht3, Seite 383). Aus welcher konkreten Bestimmung des Privatrechtes sich ein Rechtsanspruch oder rechtliches Interesse für den Beschwerdeführer ergeben sollte, hat dieser nicht dargetan und ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich. Bloße wirtschaftliche Interessen, die durch keine Rechtsvorschriften zu rechtlichen Interessen erhoben werden, begründen aber eine Parteistellung im Verwaltungsverfahren nicht (vgl. hg. Erkenntnis vom 9. April 1981, Slg. 10.420/A).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die bei Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Seite 108 zitierte hg. Judikatur) begründet auch die Beiziehung einer Person im erstinstanzlichen Verfahren nicht deren Parteistellung.
Auf das Beschwerdevorbringen betreffend die Parteistellung bei Ermessensentscheidungen einer Behörde braucht nicht eingegangen zu werden, weil die Bewilligung nach § 3 Abs. 3 JG keine Ermessensentscheidung darstellt.
Dem angefochtenen Bescheid haftet daher keine Rechtswidrigkeit an. Deshalb war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Verfahrensrecht AVGJagdrecht und Jagdrechtsausübung WildgehegeParteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen RechtspersönlichkeitJagdrecht und Jagdrechtsausübung Verhältnis zu anderen Normen Materien VerwaltungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992030259.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
23.02.2015