TE Vwgh Erkenntnis 1994/4/18 92/03/0143

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Veröffentlicht am 18.04.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

AVG §52;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §3 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des W in A, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in C, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 22. April 1992, Zl. 2/6-1/1992, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 22. April 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe sich am 3. August 1991 um 05.15 Uhr in Hall in Tirol an einem näher bezeichneten Ort gegenüber einem von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl er zuvor ein Kraftfahrzeug in einem offensichtlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Er habe hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von S 12.000,-- (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht in der Beschwerde - wie schon im Verwaltungsstrafverfahren - geltend, daß er beim erlittenen Verkehrsunfall gegen die Windschutzscheibe geprallt sei und hiedurch eine schwere Gehirnerschütterung erlitten habe, sodaß er nach dem Unfall - und somit auch zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Atemalkoholuntersuchung - in einem Zustand der Zurechnungsunfähigkeit gewesen oder zumindest eine derartige Einschränkung der Zurechnungsfähigkeit vorgelegen sei, daß er nicht schuldhaft gehandelt habe.

Gemäß § 3 Abs. 1 VStG ist nicht strafbar, wer zur Zeit der Tat wegen Bewußtseinsstörung, wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit oder wegen Geistesschwäche unfähig war, das Unerlaubte der Tat einzusehen oder dieser Einsicht gemäß zu handeln.

Die Frage, ob der Täter zur Tatzeit im Sinne dieser Bestimmung zurechnungsfähig war, ist eine Rechtsfrage, die von der Behörde mit Hilfe eines ärztlichen Sachverständigen zu lösen ist. Dem entsprechend hat die belangte Behörde das - vom Beschwerdeführer selbst vorgelegte - Gutachten des allgemein beeideten gerichtsmedizinischen Sachverständigen

Univ. Prof. Dr. R vom 23. September 1991 verwertet. Der Verwaltungsgerichtshof kann im Rahmen der ihm zustehenden Kontrolle der Beweiswürdigung (vgl. dazu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) der belangten Behörde nicht entgegentreten, wenn sie im Zusammenhang mit der Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers nicht dessen Verantwortung, sondern den diesbezüglichen Schlußfolgerungen des genannten gerichtlichen Sachverständigen gefolgt ist. Zu berücksichtigen ist, daß die belangte Behörde - unbestritten - festgestellt hat, daß sich der Unfall, bis zu welchem der Beschwerdeführer sein Fahrzeug gelenkt hat, gegen 03.50 Uhr zugetragen hat und daß die Aufforderung zur Durchführung des Atemalkoholtests, den der Beschwerdeführer verweigerte, gegen 05.15 Uhr erfolgte. Der gerichtsmedizinische Sachverständige führte in seinem Gutachten aus, daß sich der Beschwerdeführer (bereits) um 04.30 Uhr mit Sicherheit nicht im Zustand einer Zurechnungsunfähigkeit befunden habe. Bloß für den Zeitraum von ca. einer Stunde ab dem Unfallereignis könne eine konkrete Aussage von gerichtsmedizinischer Seite verläßlicher Art nicht erfolgen; eine leichte Hirnerschütterung könne in diesem Zusammenhang mit einer Aufhebung oder Einschränkung der Diskretions- und Dispositionsfähigkeit weder ausgeschlossen noch bewiesen werden. Daraus ergibt sich, daß nicht nur von der vom Beschwerdeführer behaupteten "schweren Gehirnerschütterung" nicht die Rede sein kann, sondern auch, daß sich - trotz der klinisch diagnostizierten contusio capitis - für eine Einschränkung der Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der weit mehr als eine Stunde nach dem Unfallgeschehen erfolgten Aufforderung zur Atemalkoholuntersuchung keinerlei Anhaltspunkt ergeben hat.

Insoweit der Beschwerdeführer ins Treffen führt, daß die aktenkundig festgehaltenen deutlichen Symptome einer Alkoholisierung durch die Gendarmeriebeamten nicht ausreichen, um eine verkehrsmedizinisch relevante Alkoholbeeinflussung des Beschwerdeführers festzustellen, ist zu entgegnen, daß für die in § 5 Abs. 2 StVO 1960 festgelegte Verpflichtung des Fahrzeuglenkers, seine Atemluft auf Alkohol untersuchen zu lassen, nicht entscheidend ist, ob der Lenker tatsächlich durch Alkohol beeinträchtigt ist, sondern nur der Umstand, ob Straßenaufsichtsorgane eine Alkoholbeeinträchtigung des Lenkers vermuten konnten. Daß diese Vermutung nicht unbegründet war, zeigen die von den Straßenaufsichtsorganen festgestellten Alkoholisierungssymptome (deutlich vorhandener Alkoholgeruch in der Atemluft, Rötung der Bindehäute, unsicherer und stark schwankender Gang und undeutliche Sprache) auf, ganz abgesehen von dem Umstand, daß der Beschwerdeführer, wie sich aus dem vorliegenden Bericht des Meldungslegers ergibt, unter anderem auch die Atemalkoholuntersuchung mit der Begründung verweigerte, daß er wisse, daß er "zu viel getrunken" habe (vgl. hiezu u. a. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. August 1990, Zl. 90/02/0024, mit weiteren Judikaturhinweisen).

Da es dem Beschwerdeführer somit nicht gelungen ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Alkotest VoraussetzungSachverständiger Erfordernis der Beiziehung ArztAlkotest Straßenaufsichtsorgan

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992030143.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

24.06.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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