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L65008 Jagd Wild Vorarlberg;Norm
AVG §64 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, DDr. Jakusch, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des
A in Z, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 18. September 1992, Zl. Va-229-1/1992, betreffend Entziehung der Jagdkarte, Widerruf der Genehmigung zur Bestellung zum Jagdschutzorgan sowie Ausschluß der aufschiebenden Wirkung einer Berufung
1. zu Recht erkannt:
Spruch
Spruchtpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
2. den Beschluß gefaßt:
Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen den Ausschluß der aufschiebenden Wirkung der Berufung richtet (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides), als unzulässig zurückgewiesen.
Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 24. Juli 1992 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 5 des Vorarlberger Jagdgesetzes, LGBl. Nr. 32/1988, (JG) die Jagdkarte für das Land Vorarlberg bis zum Ende des Jagdjahres 1993/94 entzogen (Spruchpunkt I) sowie gemäß § 51 Abs. 3 JG die bescheidmäßig erteilte Genehmigung zur Jagdaufsichtstätigkeit in der Eigenjagd A widerrufen (Spruchpunkt II). Weiters wurde ausgesprochen, daß die aufschiebende Wirkung einer Berufung gegen diesen Bescheid gemäß § 64 Abs. 2 AVG 1991 ausgeschlossen werde (Spruchpunkt III).
In der Begründung des Bescheides wird ausgeführt, nach einem schriftlichen Bericht von M., Jagdaufseher für die Genossenschaftsjagd L, vom 20. November 1991 sei der Beschwerdeführer am 7. Oktober 1991 mit R. im Gebiet dieser Genossenschaftsjagd unterwegs gewesen. Nachdem M. beide angehalten habe, habe sich herausgestellt, daß R. im Rucksack eine zerlegte Waffe mitführe. Der Beschwerdeführer habe daraufhin zugegeben, daß er während des gemeinsamen Aufenthaltes in der Genossenschaftsjagd von dieser Waffe im Rucksack der R. erfahren habe. Dennoch habe er das Jagdgebiet nicht sofort verlassen. Nach den weiteren Angaben von M. habe sich bei einer in der Folge vom Jagdleiter vorgenommenen Einvernahme ergeben, daß R. mit der mitgeführten Waffe in Begleitung des Beschwerdeführers auf die Jagd gegangen sei. Dieses Vorbringen des M. habe der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am 25. Mai 1992 nicht entkräften können, offensichtlich seien er und R. durch das hereinbrechende Schlechtwetter an der vorgesehenen Jagdausübung gehindert worden. In Anbetracht dieses Vorfalles müsse angenommen werden, daß es dem Beschwerdeführer an der jagdlichen Verläßlichkeit und an der charakterlichen Eignung zur Erfüllung der Aufgaben eines Jagdaufsehers mangle. Erschwerend komme noch hinzu, daß einem Bericht des Waldaufsehers T. vom 13. Juli 1992 zu entnehmen sei, dieser habe am 21. Mai 1992 im Bereich der Eigenjagd A eine Rotwildfütterung festgestellt, die nicht ganzjährig beschickt werden könne und daher gegen § 34 Abs. 3 der Verordnung LGBl. Nr. 39/1988 verstoße. Trotz Aufforderung durch die Forstbehörde bzw. durch den Jagdpächter B. habe der Beschwerdeführer diese Rotwildfütterung bis zum 16. Juli 1992 nicht abgetragen. Die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid sei wegen Gefahr im Verzuge im Interesse des öffentlichen Wohles auszuschließen.
Über die Berufung gegen diesen Bescheid wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde entschieden. Hinsichtlich der Spruchpunkte I und II wurde der Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neues Bescheides an die erste Instanz verwiesen (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides). Hinsichtlich des Spruchpunktes III wurde der Berufung keine Folge gegeben und der Bescheid bestätigt (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides). Zur Begründung führt die belangte Behörde aus, das erstinstanzliche Ermittlungsverfahren sei mit wesentlichen Mängeln behaftet. Der angefochtene Bescheid werde behoben, damit das Ermittlungsverfahren ergänzt werden könne und eine abschließende Wahrung des Parteiengehörs erfolge. Die Mangelhaftigkeit des bisherigen Verfahrens bestehe darin, daß die Anhörung des Beschwerdeführers lediglich in einem Aktenvermerk festgehalten worden sei, obwohl es einer Niederschrift im Sinn des § 14 AVG bedurft hätte. Auch die Aussage des Waldaufsehers M., welcher am 12. Juni 1992 vor der Bezirkshauptmannschaft vorgesprochen habe, sei nicht durch eine Niederschrift, sondern in einem Aktenvermerk festgehalten worden. Zudem sei dem Beschwerdeführer weder dieser Aktenvermerk vom 12. Juni 1992 noch die Meldung des Waldaufsehers T. zur Kenntnis gebracht worden, sodaß das Parteiengehör nicht gewahrt sei. Die Erstbehörde werde im weiteren Verfahren das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung seines Berufungsvorbringens klären müssen. Es sei auch notwendig, die in der Berufung angebotenen Zeugen R., M., T. und B. zu vernehmen. Eine Klärung bedürften auch die Vorgänge um die Rotwildfütterung in der Eigenjagd A; es handle sich dabei um eine unzulässige Fütterung und es bestehe der Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach dem Jagdgesetz. Zur Frage der aufschiebenden Wirkung wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, es bestehe der begründete Verdacht, daß der Beschwerdeführer schwerwiegend gegen Bestimmungen des Jagdgesetzes verstoßen habe. Die Erstbehörde sei daher aus Gründen des öffentlichen Wohles berechtigt gewesen, die aufschiebende Wirkung einer allenfalls einzubringenden Berufung auszuschließen. Zudem würde es dem Ansehen des Berufsstandes der Jagdschutzorgane widersprechen, wenn ein Berufsangehöriger bei derart schwerwiegenden Vorwürfen weiterhin seine Berufstätigkeit ausübte. Der Beschwerdeführer sei daher gehalten, unverzüglich die Jagdkarte, den Dienstausweis und das Dienstabzeichen bei der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch abzugeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde und macht Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Entziehung der Jagdkarte und Widerruf der Genehmigung zur Bestellung zum Jagdschutzorgan:
Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verweisen, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.
Die Mangelhaftigkeit des Verfahrens berechtigt die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 2 AVG nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn sich der Mangel nicht anders als mit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung beheben läßt. In allen anderen Fällen hat die Berufungsbehörde immer in der Sache selbst zu entscheiden. Eine Aufhebung nach § 66 Abs 2 AVG setzt eine Begründung dafür voraus, warum die Fortsetzung des Verfahrens nicht im Zuge des Berufungsverfahrens, sondern nur im Wege der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung durch die Behörde erster Instanz vorgenommen werden kann (vgl. die bei Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Seite 522 f, zitierte hg. Judikatur).
Im vorliegenden Fall nahm die belangte Behörde eine Verletzung von Verfahrensvorschriften an, weil die Vernehmung des Beschwerdeführers und des Zeugen M. nicht in einer Niederschrift im Sinne des § 14 AVG festgehalten worden sei und die Aussage des Zeugen M. vom 12. Juni 1992 und das schriftliche Vorbringen von T. dem Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis gebracht worden seien. Es kann keine Rede davon sein, daß zur Behebung dieser Mängel die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint. Die Entscheidung über die Berufung gegen die bescheidmäßige Entziehung der Jagdkarte und den bescheidmäßigen Widerruf der Genehmigung zur Bestellung zum Jagdschutzorgan ist daher mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
2. Aufschiebende Wirkung der Berufung:
Gemäß § 64 Abs. 1 AVG haben rechtzeitig eingebrachte Berufungen aufschiebende Wirkung.
Gemäß § 64 Abs. 2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.
Wird durch eine Berufungsentscheidung der Berufung Folge gegeben und der in unterer Instanz ergangene Bescheid behoben, so gehört auch ein allfälliger Ausspruch nach § 64 Abs. 2 AVG nicht mehr dem Rechtsbestand an (vgl. hg. Erkenntnis vom 15. November 1979, Slg. 9968/A).
Mit Zustellung des angefochtenen Bescheides, welcher den erstinstanzlichen Abspruch über die Entziehung der Jagdkarte und den Widerruf der Genehmigung zur Bestellung zum Jagdschutzorgan aufhob, verlor der Ausschluß der aufschiebenden Wirkung einer gegen diese Spruchpunkte des erstinstanzlichen Bescheides gerichteten Berufung seine Wirksamkeit. Durch diesen Spruchbestandteil des angefochtenen Bescheides kann der Beschwerdeführer daher nicht in seinen Rechten verletzt sein, weshalb diesbezüglich die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen war (vgl. die bei Dolp, die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 412, zitierte
hg. Judikatur).
Hinsichtlich der Entziehung der Jagdkarte sowie des Widerrufes der Genehmigung zur Bestellung zum Jagdschutzorgan war der angefochtene Bescheid somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Hinsichtlich des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung der Berufung war die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONInhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)Heilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im BerufungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992030238.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
19.07.2009