TE Vwgh Erkenntnis 1994/4/18 94/10/0036

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Veröffentlicht am 18.04.1994
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Index

L55002 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Kärnten;
L55302 Geländefahrzeuge Motorschlitten Kärnten;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
NatSchG Krnt 1986 §17 Abs1;
NatSchG Krnt 1986 §17 Abs2;
VVG §1 Abs1;
VVG §10 Abs2 lita;
VVG §4 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des L, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in T, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 10. Jänner 1994, Zl. Ro-675/3/1993, betreffend naturschutzbehördlichen Wiederherstellungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach dem Inhalt einer am 14. Juni 1993 bei der Bezirkshauptmannschaft (BH) erstatteten Anzeige hatte der Beschwerdeführer im Frühjahr 1993 auf seiner südlich der X-Straße, östlich der Gemeindestraße zum Campingplatz gelegenen Parzelle auf eine bestehende Anschüttung Stallmist auf Flächen von 5 m x 1 m und 4 m x 4 m aufgeschüttet. Das Grundstück liege in einem Feuchtbiotop (Moor).

Die Behörde hielt dem Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Rechtslage (§§ 8 und 57 des Kärntner Naturschutzgesetzes 1986, LGBl. Nr. 54-NSchG) und Aufforderung zur Stellungnahme vor, er habe "auf Parzelle 943" Stallmist aufgebracht. Der Beschwerdeführer äußerte sich dazu nicht.

Mit Bescheid vom 26. August 1993 ordnete die BH gegenüber dem Beschwerdeführer gemäß § 17 Abs. 1 und 2 NSchG die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes durch Beseitigung des auf der Parzelle 943 (Feuchtfläche) auf zwei Flächen im Ausmaß von 5 m x 1 m und 4 m x 4 m aufgebrachten Stallmistes binnen vier Wochen an. Begründend legte die Behörde nach Zitat der §§ 8 und 57 NSchG dar, der Beschwerdeführer habe ohne die erforderliche Bewilligung auf der im Spruch bezeichneten Fläche Stallmist aufgeschüttet.

In seiner Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er sei nicht Eigentümer des im bekämpften Bescheid bezeichneten Grundstückes. Zwar sei durch Gendarmerieorgane in seiner Gegenwart festgestellt worden, daß er auf seinem (in der Berufung nicht näher bezeichneten) Grundstück Kuhmist auf zwei Flächen im Ausmaß von 5 m x 1 m und 4 m x 4 m aufgeschüttet habe. Diese Flächen müßten in einem der Vollstreckung zugänglichen Bescheid jedoch - allenfalls durch einen Plan - so bezeichnet werden, daß sich "das Eigentum und die Lage und der Umfang der Flächen" feststellen lasse. Im übrigen sei die Aufbringung von Stallmist eine zulässige Maßnahme der landwirtschaftlichen Nutzung.

Die belangte Behörde holte Befund und Gutachten des Amtssachverständigen für Naturschutz ein. Der Sachverständige legte u.a. folgendes dar: Das Grundstück, auf welchem die Anschüttungen erfolgt seien, liege südlich der X-Straße in direktem Anschluß an diese. Westlich von dem Grundstück führe ein im Kataster ausgeschiedener, in der Natur jedoch vorhandener Weg direkt von der X-Straße in fast genau nordsüdlicher Richtung zum Ostufer des Sees. Vom östlichen Rand dieses Weges bis zum westlichen Rand jenes Grundstückes, auf dem die Anschüttungen erfolgt seien, sei die Entfernung durch Abschreiten entlang der X-Straße ermittelt worden. Dabei habe sich eine Entfernung von etwa 104 m ergeben. Es handle sich bei der in Frage stehenden Fläche damit offenbar um das Grundstück Nr. 520 (vgl. beiliegende Kopie aus dem Flächenwidmungsplan). Die Parzelle sei eine Feuchtfläche. Dies lasse sich ganz eindeutig sagen, weil die jeweils östlich wie westlich angrenzenden Parzellen praktisch bis zum Straßenrand Feuchtflächen vom Typ einer Pfeifengras-Streuwiese seien und die Abgrenzungen dieser Nachbarparzellen zur Parzelle des Beschwerdeführers abrupt und geradlinig, also unnatürlich ausgebildet seien. Auf der Parzelle seien sowohl ältere als auch jüngere Anschüttungen vorhanden. Die neuen Anschüttungen seien mit Photos dokumentiert. Die neueren Anschüttungen bestünden aus Stallmist, der erst teilweise bewachsen und deutlich zu erkennen sei. Durch die vorliegenden Anschüttungen käme es zu einer Erhöhung des Bodenniveaus und damit zu einer Vergrößerung des Abstandes zwischen Vegetation und Bodenwasser. Dies führe zu einem Ersatz der artenreichen feuchtigkeitsbedürftigen Vegetation durch eine artenarme "Allerweltswiese". Damit werde der Lebensraum für alle feuchtigkeitsbedürftigen Pflanzen und Tiere zerstört. Das mehrere Dezimeter dicke Aufbringen von Materialien sei eine zur Feuchtbiotopzerstörung führende Anschüttung. Ein dezimeterdicker Stallmistbelag sei als Düngung unzweckmäßig und in der Landwirtschaft nicht üblich. Die Düngung einer landwirtschaftlichen Fläche durch Stallmist erfolge durch "schleierdünnes" Aufbringen von Stallmist auf die Fläche.

Die belangte Behörde übermittelte Befund und Gutachten dem Beschwerdeführer mit einer Aufforderung zur Stellungnahme. Dabei hielt sie dem Beschwerdeführer u.a. vor, die in Rede stehende Anschüttung befinde sich auf seinem Grundstück Nr. 520. Im bekämpften Bescheid sei das Grundstück irrtümlich mit Nr. 943 KG Keutschach bezeichnet worden; ein Irrtum bezüglich der "Lokalität" und der Art der Anschüttung liege jedoch nicht vor.

Der Beschwerdeführer äußerte sich dahin, daß nunmehr klargestellt sei, daß die Behörde von ihm Maßnahmen nicht auf dem Grundstück Nr. 943, sondern auf dem Grundstück Nr. 520 begehre. Er wolle sich der Verpflichtung - "gleichgültig ob es eine rechtliche ist" - so entledigen, daß es über den Umfang keinen Streit gebe. Um weitere Irrtümer und Mißverständnisse auszuschließen, halte er es für geboten, an Ort und Stelle die Flächen im Ausmaß von 5 m x 1 m und 4 m x 4 m zu bezeichnen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab, wobei sie den Spruch des Bescheides dahin berichtigte, daß dem Beschwerdeführer die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustandes durch "Beseitigung des auf der Parzelle Nr. 520 (Feuchtfläche), auf zwei Flächen aufgebrachten Stallmistes, im Ausmaß von 5 m x 1 m und 4 x 4 m, binnen vier Wochen" aufgetragen wurde. Begründend stellte die belangte Behörde nach Darlegung der Rechtslage und Wiedergabe des Verfahrensgeschehens fest, daß die konsenslosen Anschüttungen auf der Parzelle Nr. 520 vorgenommen worden seien. Die Bezeichnung des Grundstückes im Bescheid der ersten Instanz sei unrichtig gewesen; an der "Identität" der Anschüttungen bestehe jedoch kein Zweifel. Das Grundstück sei eine Feuchtfläche im Sinne des § 8 NSchG. Die Anschüttung von Stallmist verstoße gegen das in der zitierten Gesetzesstelle normierte Gebot. Durch diese Maßnahme trete eine nachhaltige Gefährdung des Lebensraumes von Tieren und Pflanzen ein. Eine Maßnahme der rechtmäßigen landwirtschaftlichen Nutzung liege bei einer "zentimeterdicken" Aufbringung von Stallmist nicht vor. Eine Bezeichnung der "Anschüttungs- bzw. Beseitigungsstellen" an Ort und Stelle sei nicht erforderlich, da diese dem Beschwerdeführer hinlänglich bekannt sein müßten und für die Behörde durch Photoaufnahmen hinreichend dokumentiert seien.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich ausschließlich in seinem durch § 59 Abs. 1 AVG begründeten Recht auf "Erledigung der Angelegenheit in deutlicher Fassung" verletzt. Der Spruch des angefochtenen Bescheides weise nicht die durch die zitierte Vorschrift angeordnete deutliche Fassung auf, weil im Verwaltungsverfahren die Anschüttungen "abwechselnd" dem Grundstück Nr. 943 alleine, diesem Grundstück und dem Grundstück des Beschwerdeführers (in Frage käme nur das Grundstück Nr. 520) gemeinsam und dem letztgenannten Grundstück alleine zugeordnet worden seien. Dies hätte die belangte Behörde zum Anlaß nehmen müssen, in einer nachprüfbaren Weise das oder die betreffenden Grundstücke etwa in Form eines Planes zu bezeichnen und darzustellen sowie unzweideutig erkennen zu lassen, von welcher konkreten Situation sie ausgehe und in welchem Umfang diese Situation verändert werden solle. Die Angabe des Ausmaßes der Flächen genüge nicht, weil dadurch deren Form und Lage innerhalb des Grundstückes nicht gekennzeichnet werde.

Mit diesen Darlegungen ist die Beschwerde nicht im Recht. Im Beschwerdeverfahren ist - wie schon im Berufungsverfahren - nicht strittig, daß sich die den Gegenstand des Verfahrens bildenden Anschüttungen von Stallmist auf dem Grundstück des Beschwerdeführers Nr. 520 befinden. Diese Anschüttungen waren auch - ungeachtet der fehlerhaften Bezeichnung des Grundstückes - bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens. Die belangte Behörde konnte daher, ohne damit den Gegenstand des bekämpften Bescheides der ersten Instanz inhaltlich zu ändern und somit ohne die "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG zu überschreiten, die fehlerhafte Bezeichnung des Grundstückes im Spruch des Bescheides berichtigen.

Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist ausschließlich der angefochtene Bescheid; DIESER ist im Hinblick auf den oben wiedergegebenen Beschwerdepunkt dahin zu prüfen, ob er den durch § 59 Abs. 1 AVG normierten Anforderungen an die Bestimmtheit des Leistungsbefehles entspricht. Das oben wiedergegegebene Vorbringen der Beschwerde, wonach es im Verfahren erster Instanz zu einer fehlerhaften Bezeichnung des Grundstückes, auf dem sich die Anschüttungen befänden, gekommen sei, zeigt somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil nicht strittig ist, daß IM ANGEFOCHTENEN BESCHEID das Grundstück, auf dem sich die Anschüttungen befinden, durch Anführung der Grundstücksnummer und der Katastralgemeinde zutreffend und insoweit auch ausreichend bestimmt bezeichnet wurde.

Es ist somit im Hinblick auf die oben wiedergegebenen Beschwerdeausführungen noch zu prüfen, ob die Lage der Anschüttungen auf dem Grundstück hinreichend deutlich umschrieben wurde.

Die Frage, ob das Leistungsgebot den Bestimmtheitsanforderungen des § 59 Abs. 1 AVG entspricht, ist an Hand des Inhalts des Spruches des angefochtenen Bescheides gegebenenfalls unter Einbeziehung weiterer, einen Bestandteil des Bescheides bildender Unterlagen, wie z.B. von Plänen zu lösen, wobei zur Auslegung des Spruches im Zweifelsfall die Begründung des Bescheides heranzuziehen ist. Der Spruch eines Bescheides, mit dem eine Verpflichtung auferlegt wird, muß so bestimmt gefaßt sein, daß einerseits dem Bescheidadressaten die überprüfbare Möglichkeit gegeben wird, dem Leistungsauftrag zu entsprechen, und andererseits ohne weiteres Ermittlungsverfahren und neuerliche Entscheidung eine Vollstreckungsverfügung im Rahmen einer allfälligen - ihrem Umfang nach deutlich abgegrenzten Ersatzvornahme - ergehen kann (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Dezember 1984, Slg. 11601/A, vom 23. April 1991, Zl. 91/07/0014, und vom 19. August 1993, Zl. 93/06/0078).

Ein naturschutzbehördlicher Wiederherstellungsauftrag, der die Lage von Anschüttungen, deren Entfernung aufgetragen wird, durch Bezeichnung des Grundstückes, auf dem sich die Anschüttungen befinden, die Angabe des Materials, aus dem diese bestehen, und die Bezeichnung des Ausmaßes der Flächen, die von den Anschüttungen bedeckt werden, umschreibt, entspricht den soeben dargelegten Bestimmtheitsanforderungen dann, wenn im konkreten Fall weder beim Bescheidadressaten noch bei der Vollstreckungsbehörde Zweifel darüber entstehen können, welche Anschüttungen zu entfernen sind, damit dem erteilten Auftrag entsprochen werde. Diese Anforderungen sind im Beschwerdefall erfüllt, weil nach der gesamten Aktenlage und auch nach dem Beschwerdevorbringen kein Anhaltspunkt dafür vorliegt, daß neben den im angefochtenen Bescheid durch Grundstücksbezeichnung, Material und Flächenmaß bezeichneten Anschüttungen noch weitere Anschüttungen auf dem in Rede stehenden Grundstück bestehen, auf die die im Bescheid bezeichneten Merkmale zutreffen; ein Zweifel im Sinne der Gefahr einer Verwechslung der auf Grund des Bescheides zu entfernenden Anschüttungen mit anderen auf dem Grundstück vorhandenen Anschüttungen besteht im Beschwerdefall somit nicht. Bei dieser Sachlage waren auch nähere (allenfalls vermessungstechnische) Angaben über die Position der Anschüttungen innerhalb des bezeichneten Grundstückes im Sinne der oben dargelegten Bestimmtheitsanforderungen entbehrlich.

Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit liegt daher nicht vor. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Eine gesonderte Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, erübrigt sich daher.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche EntscheidungenSpruch und BegründungBesondere Rechtsgebiete Verfahrensrecht AVG VStG VVG VwGGHeilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im Berufungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994100036.X00

Im RIS seit

25.01.2001

Zuletzt aktualisiert am

01.05.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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