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L60757 Agrarbehörden Tirol;Norm
AgrBehG Tir §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde des E in A, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in T, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 16. Februar 1993, Zl. IIIaI-12.709/3, betreffend wasserrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 20. Jänner 1992 beantragte das Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel (BH) unter Berufung auf § 2 Abs. 2 des Tiroler Güter- und Seilwege-Landesgesetzes, LGBl Nr. 40/1970 (GSLG 1970) die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung zur Errichtung einer Brücke über den Bergingergraben. Begründend führte die AB aus, R. M. habe bei der AB einen Antrag auf Einräumung eines land- und forstwirtschaftlichen Bringungsrechtes zur Erschließung ihres Hofes durch einen landwirtschaftlichen Bringungsweg eingebracht. Im Verfahren nach dem GSLG 1970 habe sich herausgestellt, daß für die Errichtung einer Stahlbetonbrücke über den Bergingergraben eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich sei.
Das von der AB eingereichte Projekt sieht die Überbrückung des Bergingergrabens und eine Naturrodelbahn vor.
Bei der von der BH über diesen Antrag durchgeführten mündlichen Verhandlung brachte der Beschwerdeführer Einwände gegen die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung vor.
Mit Bescheid vom 13. Juli 1992 erteilte die BH gemäß den §§ 38, 50, 98, 105, 111 und 112 des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) R.M. "die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung einer Stahlbetonbrücke über den Bergingergraben und die Naturrodelbahn". Die Bewilligung wurde "unter Vorbehalt der im agrarbehördlichen Bringungsverfahren zur erfolgenden Grundinanspruchnahme des ........
(Beschwerdeführer)" erteilt. Die Einwendungen des Beschwerdeführers wurden als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer berief.
Mit Bescheid vom 16. Februar 1993 gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluß vom 28. September 1993, B 546/93-9, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abtrat.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof hat der Beschwerdeführer eine Ergänzung der Beschwerde vorgelegt, in der dem angefochtenen Bescheid Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften angelastet wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt vor, die AB habe lediglich namens R. M. einen Antrag auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung gestellt, obwohl ihr ein gemeinsamer Antrag von R. M. und von zwei Bringungsgemeinschaften auf Einräumung eines landwirtschaftlichen Bringungsrechtes vorgelegen sei. Die BH habe daher ohne ordnungsgemäßen Antrag eine wasserrechtliche Bewilligung erteilt, weshalb das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt worden sei. Eine Einbeziehung der beiden Bringungsgemeinschaften wäre für den Beschwerdeführer schon deswegen von Bedeutung gewesen, weil diese dann im Wasserrechtsverfahren Parteistellung gehabt hätten und daher alle Möglichkeiten eines Parteienübereinkommens hätten ausgeschöpft werden können. Ohne Einbeziehung der beiden Bringungsgemeinschaften sei der Beschwerdeführer nicht in die Lage versetzt worden, für ihn tragbare Vereinbarungen und Abmachungen zu treffen.
Ob die AB den Antrag auf Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung namens aller Antragsteller des Bringungsrechteverfahrens hätte stellen müssen, kann im Beschwerdefall dahingestellt bleiben; denn selbst wenn diese Frage bejaht würde, wäre der Beschwerdeführer durch den Umstand, daß ein Antrag lediglich namens R. M. gestellt wurde, nicht in seinen Rechten verletzt.
Nach Meinung des Beschwerdeführers wäre im vorliegenden Fall der Landeshauptmann von Tirol nach § 99 Abs. 1 lit. i WRG 1959 zur Entscheidung in erster Instanz zuständig gewesen.
Die den Landeshauptmann zur Entscheidung in Wasserrechtsangelegenheiten in erster Instanz berufende Bestimmung des § 99 Abs. 1 lit. i WRG 1959 gilt nur für Anlagen, die einer Bewilligung auch nach anderen Vorschriften bedürfen, wenn nach diesen der Landeshauptmann oder ein Bundesminister zur Entscheidung in erster Instanz zuständig ist.
Nach § 1 des Tiroler Agrarbehördengesetzes 1948, LGuVBl.Nr. 32, wird von der Einrichtung von Agrarbezirksbehörden abgesehen; die Entscheidungen in erster Instanz stehen dem Amt der Landesregierung zu und die sonstigen Zuständigkeiten der Agrarbezirksbehörden werden mit jener des Amtes der Landesregierung als Landesinstanz vereinigt.
Durch diese Bestimmung wird das Amt der Landesregierung als eigene Behörde mit erstinstanzlicher Zuständigkeit eingerichtet. Für Entscheidungen nach dem GSLG 1970 ist daher nicht der Landeshauptmann, sondern das Amt der Landesregierung als eigene Behörde zuständig. § 99 Abs. 1 lit. i WRG 1959 findet daher im Beschwerdefall keine Anwendung.
Gegenstand des Wasserrechtsverfahrens war die Errichtung einer Brücke über den Bergingergraben. Dieser Brückenbau bedarf einer wasserrechtlichen Bewilligung nach § 38 WRG 1959. Nach § 102 Abs. 1 lit. b leg. cit. sind in einem solchen Verfahren Parteien diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103. Bei den im § 102 Abs. 1 lit. b angeführten Rechten im Sinne des § 12 Abs.2 WRG 1959 handelt es sich um rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum.
Aus der Umschreibung jener Umstände, die die Parteistellung im Sinne des § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 im Wasserrechtsverfahren begründen, ergibt sich auch der Rahmen jener Einwendungen, die in einem solchen Verfahren von diesen Parteien mit Erfolg geltend gemacht werden können.
Der Beschwerdeführer wurde durch den angefochtenen Bescheid weder zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet noch werden seine Rechte, insbesondere das Grundeigentum berührt, da mit dem erstinstanzlichen Bescheid, der durch die Abweisung der Berufung zum Inhalt des angefochtenen Bescheides wurde, die wasserrechtliche Bewilligung ausdrücklich "unter Vorbehalt der im agrarbehördlichen Bringungsverfahren zu erfolgenden Grundinanspruchnahme" des Beschwerdeführers erteilt wurde. Die Brücke kann daher nur dann errichtet werden, wenn im Verfahren nach dem GSLG 1970 die Grundlage für die Inanspruchnahme von Grundstücken des Beschwerdeführers zum Zwecke des Brückenbaus geschaffen wird. Im Verfahren nach dem GSLG 1970 hat der Beschwerdeführer die Möglichkeit, alle Einwendungen gegen die Inanspruchnahme seiner Liegenschaften vorzubringen. Ein Recht auf Beiziehung der beiden als Antragsteller im Verfahren nach dem GSLG 1970 auftretenden Bringungsgemeinschaften zum Wasserrechtsverfahren sowie zum Abschluß eines wasserrechtlichen Übereinkommens stand dem Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht zu.
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, er habe bei der mündlichen Verhandlung in erster Instanz eingewendet, die geplante Brücke sei nur wegen der Einbeziehung der Überspannung der Rodelbahn in der vorliegenden Dimension erforderlich, weshalb er das Projekt ablehne. Die belangte Behörde sei darauf in der Begründung ihres Bescheides nicht eingegangen. Sie gehe in aktenwidriger Weise davon aus, daß der Beschwerdeführer keinerlei Einwendungen gegen die Projektierung gemacht habe, weshalb Präklusion vorliege. Außerdem sei im angefochtenen Bescheid überhaupt nicht darauf eingegangen worden, daß in verfahrenstechnischer Hinsicht zunächst abzuklären gewesen wäre, inwieweit der Beschwerdeführer eine Veränderung der Rodelbahn zulasse. Nur wenn er eine Veränderung der Rodelbahn zulasse, bestünde die rechtliche Voraussetzung dafür, die Rodelbahn mitzuüberspannen und diese mit entsprechenden Auflagen zu versehen.
Auch dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg, weil es keinen Eingriff in Rechte des Beschwerdeführers darlegt. Auch in diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß die wasserrechtliche Bewilligung unter dem Vorbehalt erteilt wurde, daß die erforderlichen Grundinanspruchnahmen im agrarbehördlichen Bringungsverfahren geregelt werden.
Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung und BGBl. Nr. 102/1991.
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993070174.X00Im RIS seit
12.11.2001