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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
ARG 1984 §12 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des H in B, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 14. Jänner 1993, Zl. Senat-MD-92-446, betreffend Übertretung des Arbeitsruhegesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft m.b.H., somit als verwaltungsstrafrechtlich verantwortliches Organ im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG, schuldig erkannt, er habe es zu verantworten, daß am Samstag, dem 28. September 1991, um 15.10 Uhr eine namentlich genannte Arbeitnehmerin der Gesellschaft m.b.H. mit dem den Gegenstand des Unternehmens bildenden Verleih von Videokassetten beschäftigt gewesen sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs. 2 des Arbeitsruhegesetzes (ARG) begangen. Über ihn wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 28. September 1993, B 340/93, die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde abgelehnt und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 3 Abs. 1 ARG hat der Arbeitnehmer in jeder Kalenderwoche Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von 36 Stunden, in die der Sonntag zu fallen hat (Wochenendruhe). Nach Absatz 2 dieser Gesetzesstelle hat die Wochenendruhe für alle Arbeitnehmer spätestens Samstag um 13.00 Uhr, für Arbeitnehmer, die mit unbedingt notwendigen Abschluß-, Reinigungs-, Instandhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten beschäftigt sind, spätestens Samstag um 15.00 Uhr zu beginnen. Nach § 3 Abs. 3 ARG hat in Betrieben mit einer werktags durchlaufenden mehrschichtigen Arbeitsweise die Wochenendruhe spätestens mit Ende der Nachtschicht zum Sonntag zu beginnen und darf frühestens mit Beginn der Nachtschicht zum Montag enden. Nach § 5 Abs. 1 ARG kann zur Ermöglichung der Schichtarbeit im Schichtplan die wöchentliche Ruhezeit abweichend von u.a. § 3 geregelt werden.
Vorauszuschicken ist, daß der Verleih von Videokassetten nicht unter eine der in der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales BGBl. Nr. 144/1983 i.d.g.F. aufgezählten Ausnahmen betreffend den Anwendungsbereich des Gesetzes fällt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. April 1990, Zlen. 90/19/0049, 0050).
Der Beschwerdeführer macht geltend, daß in dem in Rede stehenden Unternehmen zwei Arbeitnehmerinnen beschäftigt seien, deren Arbeitszeit so geregelt sei, daß sie jeweils Montag bis Samstag von 9.30 Uhr bis 15.30 Uhr sowie von 15.30 Uhr bis 21.30 Uhr beschäftigt seien. Der Betrieb sei ein "Zweischichtbetrieb" und falle daher unter § 3 Abs. 3 ARG. Die Auffassung, nur "Dreischichtbetriebe" wären dieser Bestimmung zu unterstellen, würde dem Gesetz eine unsachliche, somit gleichheitswidrige Bedeutung beimessen. Im Dreischichtbetrieb wäre die Beschäftigung einer Arbeitnehmerin auch zur Tatzeit zulässig gewesen.
Dem Beschwerdeführer ist mit der belangten Behörde entgegenzuhalten, daß § 3 Abs. 3 ARG von einer "durchlaufenden mehrstufigen Arbeitsweise" spricht. Unter durchlaufend wird die Beschäftigung von Arbeitnehmern durch die volle Dauer von 24 Stunden pro Tag verstanden. Dies ist beim Betrieb, dessen Geschäftsführer der Beschwerdeführer war - einem Zweischichtbetrieb -, nicht der Fall. Das geschilderte Verständnis vom Inhalt des Gesetzes wird auch dadurch deutlich, daß in § 3 Abs. 3 ARG von den Nachtschichten zum Sonntag bzw. zum Montag die Rede ist, also daß eine Beschäftigung der Arbeitnehmer die ganze Nacht hindurch vorausgesetzt wird. Eine Regelung dieses Inhaltes erscheint dem Verwaltungsgerichtshof auch nicht unsachlich. Ein Betrieb, an dem an Werktagen zumindest für die Zeit einer Arbeitsschicht nicht gearbeitet wird, kann ohne Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes in Ansehung der Einhaltung der Wochenendruhe am Samstag Nachmittag anders behandelt werden als ein durchlaufender Schichtbetrieb.
Der Beschwerdeführer beruft sich aber - wie bereits im Verwaltungsstrafverfahren - auch darauf, daß nach dem für den in Rede stehenden Betrieb geltenden Schichtplan eine von § 3 ARG abweichende Regelung in Form eines Zweischichtbetriebes getroffen worden sei. Mit diesem Argument hat sich die belangte Behörde überhaupt nicht auseinandergesetzt. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers ist aber andererseits in keiner Weise zu entnehmen, inwieferne die von § 3 Abs. 2 ARG abweichende Beschäftigung einer Arbeitnehmerin zur Tatzeit "zur Ermöglichung" einer Arbeitsweise wie der im Betrieb des Beschwerdeführers gehandhabten erforderlich ist. Es kann dahinstehen, ob es sich bei dieser Arbeitsweise überhaupt um Schichtarbeit iSd § 5 ARG handelt. Es ist nämlich nicht einsichtig, daß die Beschäftigung verschiedener Arbeitnehmer an Vormittagen und an Nachmittagen (einschließlich der Zeit bis 21.30 Uhr) nur möglich wäre, wenn auch am Samstag nachmittags gearbeitet wird. Die Argumentation des Beschwerdeführers liefe im Ergebnis darauf hinaus, daß bei Schichtarbeit § 3 Abs. 2 ARG schlechthin nicht beachtet zu werden brauchte. Der der belangten Behörde unterlaufene Begründungsmangel infolge gänzlichen Übergehens dieses Elementes der Verantwortung des Beschwerdeführers ist daher nicht als wesentlich zu erkennen.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993110246.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
01.10.2013