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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Stöberl, Dr. Holeschofsky und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des T in L, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in H, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. August 1993, Zl. 4.308.756/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Nigerias, beantragte am 8. Jänner 1991, ihm Asyl zu gewähren. Anläßlich seiner Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 9. Februar 1991 gab er im wesentlichen an, sein Vater sei Priester der geheimen Religionsgemeinschaft der "Ogboni" (auch "Ogoni") gewesen. Diese Gruppierung opfere manchmal Menschen und neige zum Kannibalismus. Nach dem Ableben seines Vaters im Juli 1990 habe der Geheimbund den Beschwerdeführer aufgefordert, das Amt seines Vaters zu übernehmen. Er habe jedoch der Aufforderung nicht nachkommen wollen, da er römisch-katholischer Christ sei. In der Folge hätten Mitglieder der "Ogboni" durch Zauberformeln seine Konzentrationsfähigkeit derart gestört, daß es für ihn nicht mehr möglich gewesen sei, zu studieren. Darüber hinaus habe man gedroht, ihn umzubringen, wenn er die Nachfolge seines Vaters nicht antreten wolle. Aufgrund dieses Druckes, der auf ihn ausgeübt worden sei, habe er Nigeria verlassen. Er sei über die ehemalige UdSSR und die ehemalige CSSR legal nach Österreich eingereist.
Mit Bescheid vom 8. März 1991 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling sei. In seiner Berufung gegen diesen Bescheid führte der Beschwerdeführer aus, daß er im Zuge seiner niederschriftlichen Ersteinvernahme nicht seine wahren Fluchtgründe angegeben habe, da ihm mitgeteilt worden sei, daß Informationen möglicherweise an die nigerianische Botschaft weitergegeben werden würden. Er stelle deshalb einen Antrag auf neuerliche Einvernahme, um über seine wahren Fluchtgründe auszusagen.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Eine allfällige Verfolgung durch Anhänger des Geheimbundes der Ogboni könne nicht als asylbegründende, mittelbare staatliche Verfolgung gewertet werden, da dies Übergriffe von Einzelpersonen seien, die nicht dem Staat als politisch, religiös oder ethnisch motivierte Verfolgungshandlungen zugerechnet werden könnten. Darüber hinaus erschienen Angaben darüber, daß Anhänger der Ogbonigemeinschaft durch Zauberformeln die Konzentrationsfähigkeit des Beschwerdeführers gestört hätten und daß dieser aufgrund seiner ablehnenden Haltung gegenüber dem Geheimbund um sein Leben fürchten hätte müssen, überschießend und unglaubwürdig. Die belangte Behörde ginge davon aus, daß er sich des Schutzes des Staates hätte bedienen können.
Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Soweit der Beschwerdeführer in seiner Rechtsrüge von einer lebensbedrohlichen Haftsituation in Nigeria, sowie davon ausgeht, daß dort Folter oder Mißhandlungen zur Erzwingung von Geständnissen trotz verfassungsmäßigem Verbot "regelmäßige Vorfälle" seien, ist darauf weiter nicht einzugehen, hat er doch nie eine direkte staatliche Verfolgung sondern nur eine solche durch Mitglieder der Geheimgesellschaft Ogboni behauptet.
Gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991 (dieses Gesetz war gemäß § 25 Abs. 2 AsylG 1991 von der belangten Behörde anzuwenden) ist Flüchtling, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, ist zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes die "begründete Furcht vor Verfolgung". Diese liegt dann vor, wenn objektiverweise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten.
Die belangte Behörde konnte als konkrete "Verfolgung" jedoch nur die "Zauberformeln" ansehen, die nach den Angaben des Beschwerdeführers ihn in seiner Konzentrationsfähigkeit derart beeinträchtigten, daß er sein Studium nicht fortsetzen konnte.
Soweit der Beschwerdeführer - nicht näher konkretisierte - Drohungen mit dem Tode behauptete, hat er - abgesehen von der Frage der Glaubwürdigkeit dieses Vorbringens - doch in keiner Weise im Verwaltungsverfahren dargelegt, daß er bei staatlichen Stellen keinen Schutz vor einer etwaigen Verfolgung durch Mitglieder der Geheimgesellschaft gefunden hätte. Erst in der Beschwerde beruft er sich darauf, daß Mitglieder des Geheimbundes hohe staatliche Funktonen ausübten und so die staatliche Macht eine Verfolgungssicherheit vor Mitgliedern der Ogboni-Gesellschaft nicht gewährleiste. Dieses Vorbringen ist jedoch gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unbeachtlich.
Bei diesem Ergebnis bedarf es keiner weiteren Prüfung, ob die vom Beschwerdeführer überdies behaupteten Mangelhaftigkeiten des Verwaltungsverfahrens vorliegen oder nicht, beziehen sich die diesbezüglichen Rügen doch nur auf die Erhebung der allgemeinen Lage in Nigeria.
Da sich der angefochtene Bescheid sohin als frei von den behaupteten Rechtswidrigkeiten erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994190209.X00Im RIS seit
20.11.2000