TE Vwgh Erkenntnis 1994/4/21 94/19/1061

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.04.1994
beobachten
merken

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des C in P, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Oktober 1993, Zl. 4.317.148/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der vorliegenden Beschwerde und der angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Vietnams, hat am 12. Juni 1991 beantragt, ihm Asyl zu gewähren. Anläßlich seiner Einvernahme vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 19. Juni 1991 hat er im wesentlichen angegeben, in seiner Heimat der kommunistischen Jugendpartei angehört, in dieser Organisation jedoch keine politische Funktion ausgeübt zu haben. Er sei in Vietnam gezwungen gewesen, dieser Partei beizutreten, da er sonst an der Schule keinen Abschluß hätte machen können. Im Jahre 1988 habe er die Ausreisegenehmigung für die ehemalige CSFR erhalten. Nach einem Jahr des Aufenthalts dort hätten "die Probleme" begonnen. Jugendliche tschechische "Punker" hätten sich einen Spaß gemacht, Vietnamesen zu quälen und zu berauben. Er habe ständig in Angst gelebt, überfallen zu werden, sei aber selbst nicht ausgeraubt worden. Da am 31. Mai 1991 sein Arbeitsvertrag abgelaufen sei, habe er sich nach Österreich begeben, um sich dort eine Zukunft aufzubauen.

Mit Bescheid vom 21. August 1991 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling sei. In seiner Berufung dagegen verwies der Beschwerdeführer darauf, daß nicht erkennbar sei, warum die Behörde ihm nicht Glauben geschenkt habe. Da er nicht nach Vietnam zurückgekehrt sei, habe er den Arbeitsvertrag gebrochen, sodaß ihm eine schwere Strafe im Falle einer etwaigen Zwangsrückkehr drohe.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers sei nicht zu entnehmen gewesen, daß er aus einem der im § 1 Z. 1 AsylG 1991 genannten Gründe von seinem Heimatstaat verfolgt würde; eine etwaige Verfolgungsgefahr bestehe auch nicht für den Fall seiner Zurückschiebung.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Voraussetzung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des - von der belangten Behörde im vorliegenden Fall anzuwendenden - § 1 Z. 1 AsylG 1991 ist die Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden. Bloß subjektiv empfundene Furcht vor Verfolgung genügt nicht; vielmehr müssen (allenfalls drohende) Maßnahmen dargetan werden, die sowohl aus objektiver Sicht, als auch unter dem Gesichtspunkt der Schwere des Eingriffes einen (weiteren) Verbleib im Heimatland unerträglich erscheinen ließen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Februar 1994, Zl. 94/19/0774).

Die belangte Behörde hatte bei ihrer Entscheidung gemäß § 20 Abs. 1 AsylG 1991 das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrundezulegen. Davon ausgehend hat die belangte Behörde zutreffend erkannt, daß der Beschwerdeführer weder Umstände dargetan hat, die eine Verfolgung aus einem der im § 1 Z. 1 AsylG 1991 genannten Gründe erkennen ließen, noch Verfolgungshandlungen, die seinem Heimatstaat zuzurechnen wären.

Da der Beschwerdeführer die Befürchtung, im Falle seiner Rückkehr nach Vietnam wegen seiner Flucht nach Österreich mit Freihheitsstrafe rechnen zu müssen, erst in der Berufung vorgebracht hat, war die belangte Behörde nicht gehalten, auf dieses Vorbringen einzugehen.

Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Ablehnung des in seinem Heimatland herrschenden kommunistischen Systems hat die belangte Behörde zu Recht nicht als Umstand angesehen, aus dem auf individuelle Verfolgung des Beschwerdeführers aus im § 1 Z. 1 AsylG 1991 angeführten Gründen bzw. auf begründete Furcht vor Verfolgung geschlossen werden könnte, weil die innere Abneigung eines Asylwerbers gegen ein herrschendes System oder gegen die allgemein herrschenden politischen Verhältnisse nicht geeignet ist, Furcht vor Verfolgung objektiv zu begründen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. November 1993, Zl. 93/01/0816). Daß der Beschwerdeführer aber etwa diese Abneigung in einer der Öffentlichkeit zugänglichen Weise zum Ausdruck gebracht hätte, hat er selbst nicht behauptet.

Schließlich ist festzuhalten, daß der Beschwerdeführer nicht angibt, welches asylrechtlich relevante Vorbringen er bei genauerer Befragung in erster Instanz noch erstattet hätte, sodaß der Verwaltungsgerichtshof die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels nicht überprüfen kann. Aus § 16 Abs. 1 AsylG 1991 kann nämlich keine Verpflichtung der Behörde abgeleitet werden, Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, zu ermitteln (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. September 1993, Zl. 93/01/0768).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Im Hinblick auf das Vorliegen einer Entscheidung über die Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag des Beschwerdeführers, seiner Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994191061.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten