TE Vwgh Erkenntnis 1994/4/21 94/19/0046

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Veröffentlicht am 21.04.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §14 Abs4;
AsylG 1991 §20 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/19/0047

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerden 1. der K in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W und 2. der G in M, vertreten durch Dr. I, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres vom 23. Oktober 1992, Zl. 4.329.478/2-III/13/92 und Zl. 4.329.472/2-III/13/92, beide betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben jeweils dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerinnen, Staatsangehörige des Iran, haben am 8. Jänner 1992 beantragt, ihnen Asyl zu gewähren. Bereits aus Anlaß ihrer Einreise am 28. Dezember 1991 wurden sie von der Paßkontrollstelle der Bundespolizeidirektion Schwechat im Rahmen der Grenzkontrolle niederschriftlich befragt. Sie erklärten dabei im wesentlichen, sie seien nie in Haft gewesen, hätten keine Vorstrafen und auch keine sonstigen Probleme mit den Behörde ihres Heimatstaates. Sie würden dort nicht behördlich gesucht und wären in ihrer Heimat auch nicht Angehörige einer religiösen, ethnischen, politischen oder auch bewaffneten Gruppierung gewesen. Die Erstbeschwerdeführerin führte aus, daß es teilweise familiäre aber auch gesellschaftliche Gründe gewesen seien, die sie zum Verlassen ihres Heimatlandes bewogen hätten. Es handle sich um das Nichtvorhandensein von Grund- und Menschenrechten. Eine Frau sei in der iranischen Gesellschaft verurteilt, in der Familie zu leben. Sie selbst sei eine Intellektuelle und könne nicht in einer Gesellschaft der Unwissenheit leben, sie könne sich auch nicht anpassen. Auf die Frage, was ihr vermutlich bei einer Rückkehr in ihre Heimat "passieren" würde, gab sie "totalen Mißerfolg, Vernichtung, Unterjochung der Familie sowie keine Entfaltung" als Folgen an. Die Zweitbeschwerdeführerin verwies auf die Angaben der Erstbeschwerdeführerin, ihrer Schwester.

Anläßlich ihrer Einvernahmen vor der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 13. Jänner 1992 (Erstbeschwerdeführerin) bzw. vom 11. Jänner 1992 (Zweitbeschwerdeführerin) führten beide im wesentlichen übereinstimmend aus, daß ihre Familie im Iran nicht mit dem Regime einverstanden gewesen sei, jedoch nicht einer (regimekritischen) politischen Organisation angehört habe. Vor etwa fünf Jahren habe ein Cousin, der der islamischen linksradikalen Gruppe "Mudschaheddin Chalk" angehört habe, mit dem aber die Familie der Beschwerdeführerinnen und sie selbst nur in losem Kontakt gestanden seien, in der Wohnung der Familie der Beschwerdeführerinnen in Teheran Unterschlupf gesucht, da er von den Revolutionswächtern wegen der Mitgliedschaft zu der genannten Gruppe gesucht worden sei. Nach etwa einer Woche hätten die Revolutionswächter von dem Versteck erfahren und den Cousin in der Wohnung festgenommen. Auch die Eltern der Beschwerdeführerinnen und diese selbst seien festgenommen, jedoch nach etwa einer Woche wieder freigelassen worden. Dabei habe man ihnen erklärt, daß sie im Falle einer politschen Tätigkeit verhaftet werden würden und mit einer mehrjährigen Haftstrafe zu rechnen hätten. Sie hätten auch eine Erklärung unterfertigen müssen, sich nicht politisch zu betätigen. Eine derartige Erklärung habe auch die Erstbeschwerdeführerin bei Beginn ihres Studiums im Jahre 1985 abgeben müssen. In der Folge hätten sie erfahren, daß ihr Cousin etwa zwei Jahre nach den geschilderten Vorfällen hingerichtet worden sei. Die Erstbeschwerdeführerin sei auf der Universität ständig kontrolliert worden, auch habe man sie während des Studiums benachteiligt. Der Zweitbeschwerdeführerin sei überhaupt der Zugang zur Universität verwehrt worden. Beide Beschwerdeführerinnen hätten daher den Entschluß gefaßt, die Heimat zu verlassen und beabsichtigten, das Studium in Österreich fortzusetzen bzw. zu beginnen.

Mit Bescheiden jeweils vom 11. Februar 1992 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien fest, daß die Beschwerdeführerinnen nicht Flüchtlinge seien.

In ihren Berufungen bezogen sich die Beschwerdeführerinnen im wesentlichen auf ihre bereits in erster Instanz gemachten Angaben; sie verwiesen weiters jeweils in einer Berufungsergänzung vom 5. Mai 1992 auf ein Schreiben, das von ihrer Mutter stamme und in dem ihnen diese mitteilte, daß Hausdurchsuchungen durchgeführt würden und man nach dem Verbleib der Beschwerdeführerinnen frage; die Mutter rate ihnen, keineswegs in den Iran zurückzukehren.

Mit den jeweils angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufungen der Beschwerdeführerinnen gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Den Angaben der Beschwerdeführerinnnen sei - so die im wesentlichen gleichlautenden Begründungen - keine Verfolgung im Sinne des § 1 Z. 1 des AsylG 1991 zu entnehmen. Auch die glaubhafte Darstellung hinsichtlich des Schicksals ihres Cousins lasse den Schluß nicht zu, daß Verfolgungshandlungen (aus asylrechtlich relevanten Gründen) gegen die Person der Beschwerdeführerinnen selbst gerichtet gewesen seien.

Die Beschwerdeführerinnen machen in ihren im wesentlichen übereinstimmenden Beschwerden Rechtswidrigkeit des Inhalts der bekämpften Bescheide und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen Beschwerden in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die belangte Behörde hatte gemäß § 25 Abs. 2 AsylG 1991 dieses Gesetz in den Verfahren der Beschwerdeführerinnen anzuwenden. Gemäß § 20 Abs. 1 AsylG 1991 hatte dabei der Bundesminister für Inneres seiner Entscheidung das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrundezulegen.

Geht man vom erstinstanzlichen Vorbringen der Beschwerdeführerinnen aus, dann hat die belangte Behörde zutreffend erkannt, daß die als glaubwürdig angesehene (politische) Verfolgung des Cousins der Beschwerdeführerinnen keine asylrechtlich relevante Verfolgung der Beschwerdeführerinnen selbst ist, ergibt sich doch aus den ihren Angaben insbesondere nicht, daß man den Beschwerdeführerinnen die politische Gesinnung ihres Cousins selbst unterstellt oder sie dieser zumindest verdächtigt habe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. November 1993, Zl. 93/01/1082). Andere, allenfalls asylrechtlich relevante Verfolgungshandlungen wurden nach dem maßgeblichen Ergebnis des Verfahrens erster Instanz nicht vorgebracht.

Soweit die Beschwerdeführerinnen eine mangelhafte Übersetzung ihrer Angaben aus Anlaß der Einvernahme vor der Paßkontrollstelle der Bundespolizeidirektion Schwechat im Berufungsverfahren bemängelt haben (ihre Eingabe vom 22. November 1992), machen sie damit auch keine relevante Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens geltend, da es ihnen bei ihren späteren Einvernahmen freigestanden wäre, allfällige Mißverständnisse aufzuklären.

Bei diesem Ergebnis konnte die belangte Behörde ohne Verfahrensverstoß die Einholung eines "Amtshilfeersuchens an die zuständigen Behörde im Iran" unterlassen.

Wenn die Beschwerdeführerinnen vor dem Verwaltungsgerichtshof erstmals auf (eigene) politische Aktivitäten im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Mudschaheddin verweisen, muß dieses Vorbringen gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unbeachtlich bleiben.

Soweit die Beschwerdeführerinnen nunmehr behaupten, daß ihnen im Iran allenfalls die Todesstrafe drohe, ist dies in einem allfälligen Verfahren im Sinne des § 37 FremdenG geltend zu machen, vermag aber keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide aufzuzeigen.

Die sich als unbegründet erweisenden Beschwerden waren sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den jeweiligen Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190046.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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