TE Vwgh Erkenntnis 1994/4/21 94/19/0079

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Veröffentlicht am 21.04.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1968 §1;
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §25 Abs1;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Stöberl, Dr. Holeschofsky und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des S in G, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. Jänner 1993, Zl. 4.328.928/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Ghanas, hat am 18. November 1991 den Antrag gestellt, ihm Asyl zu gewähren. Er wurde am 25. August 1992 niederschriftlich befragt und gab dabei im wesentlichen an, bis zu seinem 21. Lebensjahr auf der Kakaofarm seines Vaters als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter beschäftigt gewesen zu sein. In der Folge habe er eine Stelle bei einem Privaten als Lkw-Fahrer angenommen. Dieser sei mit mehreren Fahrzeugen damit beschäftigt gewesen, Kakao und diverse andere Früchte von den Dörfern bzw. Plantagen zu den Häfen Accra und Temar zu bringen. Am 30. September 1991 sei der Beschwerdeführer von seinem Chef beauftragt worden, mit dem Lkw eine Ladung von Accra nach Temar zu bringen. Der Lkw sei von einem dem Beschwerdeführer unbekannten Mann gemietet worden, der Beschwerdeführer habe keine Ahnung hinsichtlich des Ladegutes gehabt. Er sei auf dieser Fahrt von drei ihm unbekannten Männern begleitet worden, die angeblich die Be- und Entladung hätten durchführen sollen. Auf der Strecke seien sie plötzlich von einer Polizeipatrouille angehalten und kontrolliert worden, dabei habe sich herausgestellt, daß die Ladung ausschließlich aus Gewehren, Pistolen und Handgranaten bestanden habe. Sie seien alle festgenommen und zur Polizeihauptstation nach Accra gebracht worden. Dort sei der Beschwerdeführer befragt worden, woher die Waffen stammten, doch habe er keine anderen Informationen geben können, als daß er den Auftrag von seinem Chef gehabt hätte, eine Ladung von Accra nach Temar zu bringen. Er sei von der Polizei für den Transport verantwortlich gemacht und Tage hindurch mit Riemen geschlagen und gefoltert worden. Im Zuge der ständigen Verhöre sei ihm auch mitgeteilt worden, daß er als Waffenschmuggler ohnehin erschossen werde; er solle die Hintermänner bekanntgeben. Tatsächlich sei Waffenschmuggel in der Heimat des Beschwerdeführers mit der Todesstrafe bedroht. Am 7. Oktober 1991 sei er abermals von Militäroffizieren befragt worden. Dabei habe sich einer der ihn verhörenden Offiziere nach seinem Bruder erkundigt. Dieser sei 1983 wegen Beteiligung an einem Aufstand zum Tode verurteilt und erschossen worden. Später habe dieser Offizier dann dem Beschwerdeführer heimlich mitgeteilt, daß er ein guter Freund des Bruders gewesen sei. Dieser dem Beschwerdeführer unbekannte Freund des Bruders habe ihm in der Folge eine Militäruniform gebracht, sodaß der Beschwerdeführer ohne Schwierigkeiten die Polizeistation habe verlassen können. Er sei weiters von dem unbekannten Offizier zur Grenze zwischen der Elfenbeinküste und Ghana gebracht worden. Dort habe der Beschwerdeführer seine Zivilkleidung wieder angezogen und sei "durch den Busch nach Elfenbeinküste" geflüchtet. In der Folge sei er mit Hilfe von Schleppern über Rumänien und Jugoslawien nach Österreich gekommen.

Mit Bescheid vom 28. September 1992 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling sei. In seiner Berufung gegen diesen Bescheid wiederholte der Beschwerdeführer im wesentlichen sein in erster Instanz erstattetes Vorbringen.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers ab; aufgrund der im einzelnen dargelegten Widersprüche zwischen den erstinstanzlichen Angaben und denen in der Berufung könne dem Vorbringen des Beschwerdeführers Glaubwürdigkeit nicht zugesprochen werden. Darüber hinaus aber habe das Ermittlungsverfahren keine hinreichend sicheren Anhaltspunkte dafür erbracht, daß der Beschwerdeführer in seinem Heimatland aus einem der in § 1 Z. 1 des AsylG 1991 genannten Gründe einer Verfolgung ausgesetzt gewesen sei, da dem Beschwerdeführer von den Behörden seines Heimatlandes ein illegaler Waffentransport zur Last gelegt worden sei.

Diesen Bescheid bekämpft der Beschwerdeführer wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon ausgegangen, daß von ihr bereits das AsylG 1991 anzuwenden sei, dies im Hinblick auf die Bestimmung des § 25 Abs. 2 erster Satz dieses Gesetzes, weil das gegenständliche Asylverfahren "am bzw. nach dem 1. Juni 1992 beim Bundesministerium für Inneres anhängig war". Diese Auffassung trifft aber - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach (vgl. die Erkenntnisse vom 31. März 1993, Zl. 92/01/0831, und vom 23. Februar 1994, Zl. 93/01/0626) dargelegt hat - aufgrund der Auslegung der genannten Bestimmung sowie der der des § 25 Abs. 1 erster Satz AsylG 1991 nicht zu. Die belangte Behörde hatte daher das Asylgesetz (1968) anzuwenden. Dies führt aber noch nicht zwangsläufig dazu, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt wurde, ist doch die belangte Behörde zu ihrer abweislichen Entscheidung deshalb gelangt, weil sie seine Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 AsylG 1991 verneint hat. Diese Bestimmung sieht aber keine inhaltliche Änderung gegenüber dem nach § 1 AsylG (1968) in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention geltenden Flüchtlingsbegriff vor. Die unrichtige Gesetzesanwendung durch die belangte Behörde konnte sich auch insoweit nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers auswirken, da die belangte Behörde neues Berufungsvorbringen zwar als zulässig zu berücksichtigen gehabt hätte, solches aber nicht erstattet wurde.

Flüchtling im Sinne der bereits zitierten von der belangten Behörde richtigerweise anzuwendenden Vorschriften (§ 1 AsylG (1968), Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politschen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Der Beschwerdeführer hat nun im erstinstanzlichen Verfahren und auch im Berufungsverfahren nur vorgebracht, als Fahrer eines privaten Unternehmers wegen des unerlaubten Transportes von Waffen verfolgt worden zu sein. Wie die belangte Behörde im Ergebnis zutreffend festgehalten hat, kann darin keine Verfolgung aus einem der hier soeben genannten Gründe gesehen werden. Daß der Waffentransport dem Beschwerdeführer etwa im Zusammenhang mit einer bestimmten politischen Gesinnung zur Last gelegt worden wäre, läßt sich seinen Angaben nicht entnehmen. Daß der Beschwerdeführer deshalb verfolgt worden sei, weil er Angehöriger des die Bevölkerungsmajorität stellenden Stammes der "Ashantis" sei und diese verfolgt würden, hat der Beschwerdeführer erstmals im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vorgebracht, sodaß diese Neuerung gemäß § 41 Abs. 1 VwGG unbeachtlich ist.

Die vom Beschwerdeführer geäußerten Befürchtungen im Zusammenhang mit einer allfälligen Rückschiebung sind nicht Gegenstand des Verfahrens über die Asylgewährung (vgl. § 37 FremdenG).

Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Grundsätzliches zur Rechtmäßigkeit und zur Rechtsverletzungsmöglichkeit Sachverhaltsermittlung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190079.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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