TE Vwgh Erkenntnis 1994/4/22 94/02/0098

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Veröffentlicht am 22.04.1994
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Index

L70608 Film Kino Lichtspiel Vorarlberg;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §1 Abs2;
LichtspielG Vlbg 1983 §1 Abs1;
LichtspielG Vlbg 1983 §1 Abs2;
LichtspielG Vlbg 1983 §1 Abs3;
LichtspielG Vlbg 1983 §2;
LichtspielG Vlbg 1983 §4 Abs1;
LichtspielG Vlbg 1983 §4 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Strohmaier, über die Beschwerde des W in B, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 14. Jänner 1994, Zl. 1-469/93/E2, betreffend Übertretung des Vorarlberger Lichtspielgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 14. Jänner 1994 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit in seiner Eigenschaft als das gemäß § 9 VStG nach außen hin zur Vertretung berufene Organ der W. GesmbH zu verantworten, daß in einem näher umschriebenen (Gastgewerbe-)Lokal an zwei Tattagen ohne Bewilligung gewerbsmäßig Lichtspiele veranstaltet worden seien und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 15 Abs. 1 lit. c des (Vorarlberger) Lichtspielgesetzes, LGBl. Nr. 10/1983 (im folgenden kurz: LG) begangen zu haben. Es wurde eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 LG hat die öffentliche Veranstaltung von Lichtspielen nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu erfolgen. Lichtspiele im Sinne dieses Gesetzes sind u.a. nach Abs. 2 lit. a) die Vorführung von Filmen (Lauf- oder Stehbilder) mittels eines Vorführapparates, lit. b) die Wiedergabe von Lauf- oder Stehbildern, die auf sonstigen Bildträgern aufgezeichnet sind.

Nach § 1 Abs. 3 LG gilt die Veranstaltung von Lichtspielen dann als öffentlich, wenn zu ihr auch Personen Zutritt haben, die vom Veranstalter nicht persönlich geladen wurden. Veranstaltungen, denen eine Erwerbsabsicht zugrunde liegt, gelten jedenfalls als öffentlich.

Gemäß § 4 Abs. 1 LG bedarf die gewerbsmäßige Vorführung von Laufbildern der Bewilligung der Landesregierung.

Gewerbsmäßigkeit liegt nach Abs. 2 dieses Paragraphen vor, wenn die Vorführung von Laufbildern selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist.

Gemäß § 15 Abs. 1 lit. c LG begeht unter anderem eine Übertretung (die nach Abs. 2 zu bestrafen ist), wer ohne Bewilligung gewerbsmäßig Lichtspiele veranstaltet.

Im Beschwerdefall nahm die belangte Behörde als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer die Verantwortung für die Aufführung von "auf Videoband gespeicherten Kinofilmen" an den Tattagen zu tragen hat. Sie führte (unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien zum LG - 4. Beilage im Jahre 1983 des 23. Vorarlberger Landtages, Seite 7) zu einem diesbezüglichen Einwand des Beschwerdeführers aus, entgegen dessen Ansicht fielen unter den Begriff der "Lichtspiele" nicht nur die herkömmlichen Filmvorführungen, sondern auch die Wiedergabe von auf sonstigen Bildträgern aufgezeichneten Lauf- und Stehbildern (hier kämen vor allem die sogenannten Videofilme in Betracht); dieser Auffassung könne auch durch den Einwand des Beschwerdeführers, daß unter "Filmen" nur auf anerkannten Sicherheitsfilmen hergestellte Filme verstanden werden könnten, nicht entgegengetreten werden, da zum einen davon auszugehen sei, daß die Bestimmung des § 1 Abs. 2 LG lediglich den Begriff der "Lichtspiele" näher umschreibe und zum anderen es sich bei der Bestimmung des § 2 LG nicht um eine den § 1 Abs. 2 leg. cit. einschränkende Regelung, sondern vielmehr nur um eine gesetzliche Anforderung für den Fall der Vorführung von "Laufbildfilmen" handle.

Diesen Überlegungen der belangten Behörde - denen der Beschwerdeführer nichts Substantielles entgegenzusetzen vermag - pflichtet der Verwaltungsgerichtshof bei. Soweit der Beschwerdeführer aber für seinen Standpunkt zusätzlich auch auf § 4 Abs. 8 LG (betreffend das Erfordernis einer baupolizeilichen Benützungsbewilligung) verweist und einen Vergleich zum "Abspielen von Videofilmen in Haushalten" zieht und darin einen "gleichheitswidrigen Inhalt" erblickt, so ist ihm nicht zu folgen, weil das LG - entsprechend seinem § 1 Abs. 1 - nur die "öffentliche" Veranstaltung von Lichtspielen regelt und daher mit solchen im (privaten) Haushalt vom Sachlichen her nicht gleichzusetzen ist.

Der Beschwerdeführer bekämpft auch die Rechtsansicht der belangten Behörde, die ihm vorgeworfene Tätigkeit sei "gewerbsmäßig" erfolgt und bringt dazu im wesentlichen vor, er habe nicht in der Absicht gehandelt, aus den genannten Vorführungen einen Ertrag zu erzielen, zumal kein Eintrittsgeld erhoben worden sei. Auch habe der Beschwerdeführer kein "Unternehmerrisiko" getragen.

Demgegenüber vertrat die belangte Behörde den Standpunkt, die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, sei darin begründet, daß die Aufführung der Filme das Ziel verfolgt habe, vermehrt Gäste zum Besuch des Lokals anzuregen und im Umweg über die höhere Besucheranzahl aus der Verabreichung von Speisen und Getränken einen höheren Ertrag zu erzielen.

Auch hier ist die belangte Behörde im Recht. Es entspricht nämlich der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, daß die Erzielung eines unmittelbaren Ertrages für den Begriff der Gewerbsmäßigkeit kein essentielles Erfordernis ist; eine solche ist schon bei der Absicht gegeben, auch einen bloß mittelbaren wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Ertragserzielungsabsicht liegt auch vor, wenn die Tätigkeit letzten Endes der Erreichung des mit dem Gewerbebetrieb verbundenen geschäftlichen Zieles dient (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 1993, Zl. 92/03/0054). Ob die Videofilme vom Beschwerdeführer - so sein Vorbringen - "nicht ausgeliehen, sondern im Haushalt aufgezeichnet" wurden, ist rechtlich unerheblich.

Auch mit dem Hinweis, die Videobänder seien ausschließlich Mitgliedern eines näher angeführten Vereines zugänglich gemacht worden, ist für den Beschwerdeführer für die Frage der Gewerbsmäßigkeit nichts gewonnen. Zutreffend hat die belangte Behörde in diesem Zusammenhang auf das hg. Erkenntnis vom 27. November 1990, Zl. 90/04/0193, verwiesen, wonach der Umstand, daß nur Mitglieder im Sinne von Vereinsstatuten eine Tätigkeit in Anspruch nehmen können, im Hinblick auf eine Absicht, einen Ertrag (oder sonst einen wirtschaftlichen Vorteil) zu erzielen, nicht geeignet ist, die Gewerbsmäßigkeit auszuschließen. Soweit der Beschwerdeführer dazu vorbringt, daraus könne nicht geschlossen werden, daß die Gewerbsmäßigkeit "automatisch bejaht" werden müsse, so ist er auf die oben stehenden Ausführungen zur "Ertragserzielungsabsicht" zu verweisen.

Konnte aber die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen, daß den in Rede stehenden Veranstaltungen Erwerbsabsicht zugrundelag, so konnte sie schon aus diesem Grund entsprechend dem § 1 Abs. 3 zweiter Satz LG von der Öffentlichkeit der Veranstaltungen ausgehen, ohne daß sie das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung des ersten Satzes des § 1 Abs. 3 LG prüfen mußte. Daß damit auch in Hinsicht anderer - vom Beschwerdeführer näher angeführter - Gewerbebetriebe eine Bewilligungspflicht nach dem LG gegeben sein mag, ändert an der richtigen rechtlichen Beurteilung durch die belangte Behörde nichts.

Was schließlich den vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten "entschuldbaren Rechtsirrtum" betrifft, weil ihm die in Rede stehende Bewilligungspflicht nach dem LG nicht bekannt sein konnte, zumal es sich beim LG um ein "nur wenigen Betreibern von Kinos" bekanntes Gesetz und um keine Rechtsmaterie handle, die ein Gastwirt kennen müsse, handle, ist zu bemerken:

Die belangte Behörde hat dazu in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf verwiesen, der Beschwerdeführer sei als Gewerbetreibender verpflichtet gewesen, sich über das Bestehen und den Inhalt der "hier maßgebenden" Vorschriften zu informieren; dies umsomehr, als er sich in diesem Bereich gewerbsmäßig betätige.

Auch hier ist die belangte Behörde im Recht. Es entspricht nämlich der ständigen hg. Rechtsprechung, daß die Unkenntnis eines Gesetzes nur dann als unverschuldet angesehen werden kann, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist; insbesondere muß von einem Gewerbetreibenden verlangt werden, daß er über die Rechtsvorschriften, die er bei der Ausübung seines Gewerbes zu beachten hat, ausreichend orientiert ist. Er ist verpflichtet, sich über diese Vorschriften zu unterrichten. Dabei ist auch eine irrige Gesetzesauslegung ein Rechtsirrtum, die den Beschuldigten nicht zu entschuldigen vermag, wenn nach seinem ganzen Verhalten nicht angenommen werden kann, daß sie unverschuldet war und daß er das Unerlaubte seines Verhaltens nicht einsehen konnte (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 24. November 1993, Zl. 93/02/0273). Im Lichte dieser Rechtsprechung kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, daß die belangte Behörde zu Unrecht das mangelnde Verschulden des Beschwerdeführers verneint hat.

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994020098.X00

Im RIS seit

17.01.2002

Zuletzt aktualisiert am

16.12.2010
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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