TE Vwgh Erkenntnis 1994/4/26 94/05/0062

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Veröffentlicht am 26.04.1994
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Index

L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Wien;
L80009 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Wien;
L80409 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Wien;
L82000 Bauordnung;
L82009 Bauordnung Wien;
L82259 Garagen Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/10 Grundrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO Wr §134 Abs3;
BauRallg;
B-VG Art7 Abs1;
GaragenG Wr 1957 §3;
GaragenG Wr 1957 §36;
GaragenG Wr 1957 §37 Abs2;
GaragenG Wr 1957 §37 Abs3;
GaragenG Wr 1957 §37;
GaragenG Wr 1957 §48 Abs1;
GaragenG Wr 1957 §48 Abs2;
StGG Art2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 20. Jänner 1994, Zl. MD-VfR-B XIX-73/93, betreffend Parteistellung in einem Bauverfahren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde, dem vorgelegten Bescheid und der Sachverhaltsdarstellung im hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1993, Zl. 92/05/0116, ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Liegenschaft Wien, P-Gasse 17; die Liegenschaft Wien, E-Gasse 12, gehört N und F R. Mit Bescheid vom 7. Februar 1963 erteilte die Magistratsabteilung 37 hinsichtlich des Bauvorhabens P-Gasse 17 dem Bauwerber K, dem damals auch die Liegenschaft E-Gasse 12 gehörte, gemäß § 70 der Bauordnung für Wien und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes die Bewilligung, bestehende Wohnräume des ebenerdig linken Seitentraktes des Hauses in Räume für einen Heurigenbetrieb umzubauen. Mit demselben Bescheid wurde gemäß § 71 BO die Bewilligung erteilt, im Anschluß an den linken Seitentrakt einen Gartensaal mit Schankraum und Abortgruppe mit einer Länge von ca. 30 m zu errichten. Nach Abs. 4 des Spruches dieses Bescheides wurden entsprechend § 37 des Wiener Garagengesetzes für das Bauvorhaben in der Garage auf der Liegenschaft E-Gasse 12 drei Stellplätze zur Verfügung gestellt. Mit der Auflage Punkt 2 wurde vorgeschrieben, die drei Stellplätze in der Garage auf der Liegenschaft E-Gasse 12 dem Eigentümer der Liegenschaft P-Gasse 17 zur Benützung so lange zur Verfügung zu stellen, bis auf der letztgenannten Liegenschaft der Verpflichtung zur Schaffung von Einstellplätzen gemäß § 36 Abs. 6 des Wiener Garagengesetzes nicht Rechnung getragen worden sei bzw. die Verpflichtung durch den Saalzubau bestehe. In der Auflage Punkt 7 lit. b wurde vorgeschrieben, daß gemäß § 130 der Bauordnung für Wien im Grundbuch die Verpflichtung zur Beistellung von drei Stellplätzen nach der Auflage Punkt 2. im Zusammenhang mit § 37 des Wiener Garagengesetzes ersichtlich zu machen sei.

Mit Bescheid vom 19. Februar 1974 erteilte die Magistratsabteilung 37 die Baubewilligung, bauliche Änderungen und einen Zubau auf der Liegenschaft E-Gasse 12 vornehmen zu dürfen. Diese Änderungen betrafen u.a. auch die im Haus untergebrachte Garage und es wurde durch Errichtung eines Stiegenaufganges, eines Heizkesselraumes und eines Abstellraumes die ursprüngliche Garagenfläche verkleinert, sodaß die Verpflichtung zur Beistellung von drei Stellplätzen nicht mehr erfüllt werden kann. Hinsichtlich dieses Bauvorhabens wurde die Benützungsbwilligung mit Bescheid vom 16. September 1975 erteilt.

Mit Antrag vom 15. September 1993 begehrte der Beschwerdeführer die Zustellung des Bescheides vom 19. Februar 1974; dieser Antrag wurde mit Bescheid der Magistratsabteilung 37 vom 24. September 1993 als unzulässig zurückgewiesen. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen erstattete Berufung ab. Wer Partei im Baubewilligungsverfahren sei, ergebe sich aus § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien; der Beschwerdeführer gehöre nicht zum Kreis jener Personen, denen nach dieser Bestimmung Parteistellung eingeräumt sei. Eine bloß abgeleitete mittelbare Wirkung eines Bescheides schaffe keine Parteistellung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes und - ohne weitere Ausführung - Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, daß die Frage, ob die Baubewilligung vom 7. Februar 1963 konsumiert wurde und somit überhaupt eine Stellplatzverpflichtung besteht, nach wie vor offen ist. Der Beschwerdeführer geht darauf nicht ein; auch aus dem mit der Beschwerdezahl 94/05/0063 vorgelegten Bescheid der belangten Behörde vom 20. Jänner 1994, Zl. MD-VfR-B XIX-81/93, läßt sich eine eindeutige Feststellung nicht entnehmen. Die Frage, ob dem Berechtigten einer Baubewilligung, der seiner Stellpflicht durch Stellung eines Ersatzplatzes gemäß § 37 Abs. 2 Wiener Garagengesetz nachgekommen ist, auch in einem Baubewilligungsverfahren an dieser anderen Liegenschaft Parteistellung hat, läßt sich aber unabhängig davon lösen:

Der Beschwerdeführer begehrt die Zustellung des Bescheides vom 19. Februar 1974, weil er der Auffassung ist, Partei in diesem Verfahren zu sein.

Gemäß § 134 der Bauordnung für Wien (LGBl. Nr. 11/1930 unter Bedachtnahme auf alle Novellen bis einschließlich LGBl. Nr. 28/1974; im folgenden: BO) ist Partei im Sinne des § 8 AVG in allen Fällen, in denen das Verfahren über Antrag oder Anzeige eingeleitet wurde, der Gesuchsteller; unter bestimmten Voraussetzungen sind die Anrainer Parteien sowie der Liegenschaftseigentümer, wenn der Bauwerber eine vom Eigentümer verschiedene Person ist. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind wie Eigentümer zu behandeln. Alle sonstigen Personen, die in ihren Privatrechten oder in ihren Interessen betroffen werden, sind Beteiligte.

Gemäß § 3 Abs. 1 des Wiener Garagengesetzes, LGBl. Nr. 22/1957 in der Fassung der Novelle Nr. 40/1969, bedarf einer behördlichen Bewilligung im Sinne der §§ 60 und 70 oder 71 der Bauordnung für Wien jegliche Bauführung zur Errichtung oder Vergrößerung von Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen und die Verwendung von Flächen oder Räumen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen, ohne daß eine Bauführung erfolgt, soweit hiefür eine behördliche Bewilligung noch nicht vorliegt; gleiches gilt für Abänderungen derartiger Anlagen, wenn sie von Einfluß auf die Fertigkeit, die Feuersicherheit, die gesundheitlichen Verhältnisse, die Verkehrsverhältnisse oder die Rechte der Nachbarn sind. Gemäß § 36 Abs. 1 Wiener Garagengesetz sind anläßlich des Neubaues von Wohngebäuden, Industriebauten und Büro- und Geschäftshäusern auf dem Bauplatz Einstellplätze mit so vielen Stellplätzen zu errichten, als dies dem voraussichtlichen Bedarf in Ansehung der örtlichen Lage, des vorgesehenen Verwendungszweckes und aller Geschoßflächen entspricht; es muß jedoch für jeden Bauplatz zumindest ein Stellplatz errichtet werden. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung gilt dieselbe Verpflichtung auch für Umbauten und Zubauten insoweit, als die dadurch geschaffenenen Räume Wohn-, Industrie-, Büro- oder Geschäftszwecken dienen sollen. Abs. 6 dieser Bestimmung verpflichtet den Bauwerber zur Schaffung von Besucherstellplätzen, wenn etwa eine Gaststätte errichtet wird. Nach Abs. 8 dieser Bestimmung müssen die in Erfüllung der obigen Verpflichtungen vorgesehenen Einstellplätze oder Garagen der widmungsgemäßen Verwendung stets offenstehen; sie dürfen nur mit Bewilligung der Baubehörde aufgelassen werden. Eine solche Bewilligung ist zu versagen, wenn die Grundlage der Verpflichtung fortbesteht und die Verpflichtung nicht in anderer Weise erfüllt wird.

§ 37 Wiener Garagengesetz lautet:

"§ 37. (1) Die Verpflichtung nach § 36 Abs. 1, 2 oder 6 gilt auch dann als erfüllt, wenn Einstellplätze oder Garagen mit der erforderlichen Anzahl von Stellplätzen im entsprechenden Ausmaß außerhalb des Bauplatzes in einem Umkreis von zirka 300 m mit Bewilligung der Behörde (§ 3) errichtet werden und die Einstellmöglichkeit rechtlich sichergestellt ist. Es darf jedoch dadurch die Erfüllung einer bereits eingetretenen Verpflichtung zur Schaffung von Einstellplätzen oder Garagen für andere Baulichkeiten nicht vereitelt werden.

(2) Die Einstellmöglichkeit gilt außerhalb des Bauplatzes nur dann als rechtlich sichergestellt, wenn zugunsten des Bauwerbers mit Zustimmung des Liegenschaftseigentümers eine entsprechende öffentlich-rechtliche Verpflichtung von der Behörde ausgesprochen wird; die Verpflichtung ist im Grundbuch ersichtlich zu machen.

(3) Solche Einstellplätze oder Garagen dürfen der widmungsgemäßen Verwendung nicht entzogen werden. Die Verpflichtung nach Abs. 2 ist von der Behörde auf Antrag aufzuheben, wenn die Grundlage der Verpflichtung zur Schaffung von Einstellplätzen oder Garagen weggefallen ist oder in anderer Weise erfüllt wird."

§ 48 Abs. 1 und 2 Wiener Garagengesetz lautet:

"§ 48. (1) Im Verfahren, betreffend die Erteilung eine Bewilligung nach § 3 dieses Gesetzes kommt die Parteistellung dem Antragsteller, dem Grundeigentümer sowie den Eigentümern der unmittelbar angrenzenden und der direkt gegenüberliegenden Liegenschaften zu.

(2) Im übrigen stehen Parteienrechte jedenfalls jenen Personen zu, denen durch das Verfahren unmittelbar eine Verpflichtung auferlegt oder erweitert, ein Recht genommen oder geschmälert werden soll."

Der Beschwerdeführer zeigt zunächst richtig auf, daß die Frage, wem im Verwaltungsverfahren Parteistellung zukommt, aufgrund der materiellen Verwaltungsvorschriften zu lösen ist. Er vermeint, daß ihm aufgrund des § 37 Wiener Garagengesetz ein subjektiv-öffentliches Recht zusteht, auf der Liegenschaft E-Gasse 12 Stellplätze in Anspruch zu nehmen und zu benützen. Insbesondere sehe § 48 Abs. 2 Wiener Garagengesetz Parteirechte für jene Personen vor, denen durch das Verfahren unmittelbar eine Verpflichtung auferlegt oder erweitert, ein Recht genommen oder geschmälert werden soll.

Auszugehen ist davon, daß durch § 36 WGG die Verpflichtung des Bauwerbers normiert ist, Stellplätze auf seinem Bauplatz zu schaffen. Das Gesetz geht davon aus, daß alle, die durch Bauten den Verkehr vermehren, verpflichtet sind, die der Allgemeinheit dadurch erwachsende Last zu vermindern (vgl. Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 1961, VfSlg. Nr. 3.919).

§ 37 Wiener Garagengesetz räumt dem Bauwerber die Möglichkeit ein, dieser Verpflichtung auf andere Weise zu entsprechen. Die Abs. 2 und 3 dieser Bestimmung dienen allein der Durchsetzung des öffentlichen Interesses an der Schaffung und Erhaltung von Stellplätzen auch gegenüber der vom Bauwerber verschiedenen Person, die für ihn die Stellplätze zur Verfügung stellt. Dieses öffentliche Interesse an der Schaffung von Stellplätzen ist aber allein durch die Bauführung entstanden; nur aus diesem Grunde muß die Verpflichtung gemäß § 37 Abs. 2

Wiener Garagengesetz ZUGUNSTEN des Bauwerbers lauten. Keineswegs wird aber durch diese Bestimmung eine privatrechtliche Vereinbarung (etwa durch Bestandvertrag oder Einräumung einer Grunddienstbarkeit) ersetzt oder überflüssig gemacht.

Wohl gewährt § 48 Abs. 2 Wiener Garagengesetz jenen Personen Parteienrechte, denen durch DAS Verfahren ein Recht genommen oder geschmälert werden soll. "Das" Verfahren ist aber das in Abs. 1 dieser Bestimmung genannte Verfahren betreffend die Erteilung einer Bewilligung nach § 3 Wiener Garagengesetz; weder diesem Gesetz noch der Bauordnung ist zu entnehmen, daß durch diese Bestimmung Parteienrechte in einem Baubewilligungsverfahren auf dem Grundstück geschaffen werden sollen, auf dem die Stellplätze zur Verfügung gestellt werden.

§ 48 Abs. 2 Wiener Garagengesetz ist also nicht geeignet, Parteienrechte in einem Verfahren bezüglich eines nach dem Wiener Garagengesetz nicht bewilligungspflichtigen Vorhabens zu begründen.

Die Aufzählung der Personen, denen gemäß § 134 Abs. 3 BO im Baubewilligungsverfahren Parteistellung zukommt, ist erschöpfend (taxativ); eine andere Auslegung kann mit dem Gesetzeswortlaut nicht in Einklang gebracht werden. Der letzte Satz dieser Bestimmung schließt ALLE sonstigen Personen, egal welche Interessen betroffen sind, aus.

Soweit der Beschwerdeführer diese Bestimmung im Vergleich zur Parteistellung des Nachbarn als gleichheitswidrig ansieht, kann der Verwaltungsgerichtshof diese Bedenken nicht teilen.

Damit ist die belangte Behörde zurecht davon ausgegangen, daß dem Beschwerdeführer im Baubewilligungsverfahren auf der Liegenschaft E-Gasse 12, welches mit Bescheid vom 19. Februar 1974 endete, keine Parteistellung zukam.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung mangels gesetzlicher Grundlagen nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Baurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger Baurecht Nachbar Beteiligter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994050062.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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