TE Vwgh Erkenntnis 1994/4/26 93/05/0006

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Veröffentlicht am 26.04.1994
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Index

L37151 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Burgenland;
L70701 Theater Veranstaltung Burgenland;
L81701 Baulärm Burgenland;
L82000 Bauordnung;
L82001 Bauordnung Burgenland;
L82201 Aufzug Burgenland;
L82251 Garagen Burgenland;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §52;
AVG §8;
BauO Bgld 1969 §52 Abs10 idF 1982/043;
BauO Bgld 1969 §92 Abs4;
BauO Bgld 1969 §94 Abs1;
BauO Bgld 1969 §94 Abs3;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Johann H in X, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 26. November 1992, Zl. X-Sch-6/34-1992, betreffend nachträgliche Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. Josef S in X, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in O, 2. Gemeinde X, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde X vom 29. Oktober 1990 wurde der erstmitbeteiligten Partei die nachträgliche Baubewilligung für die Errichtung eines Nebengebäudes und einer Zentralheizungsanlage für feste Brennstoffe auf dem Grundstück in X, A-Gasse 7, erteilt. Gegen diesen Bescheid erhoben die Rechtsvorgänger des nunmehrigen Beschwerdeführers Berufung und wendeten ein, daß es durch den Rauchfang der Zentralheizungsanlage zu einer unzumutbaren Belästigung komme. Diese werde auch durch das Gutachten des maschinenbautechnischen Amstssachverständigen bestätigt.

Das Gutachten des maschinenbautechnischen Amtssachverständigen vom 16. Februar 1990 lautete dahin, daß bei ordnungsgemäßem Betrieb der Anlage die Rauchgasemissionen die derzeit üblichen Werte für moderne umweltfreundliche Zentralheizungsanlagen für feste Brennstoffe nicht übersteigen würden. Die Problematik einer solchen Anlage liege aber in der richtigen Bedienung. Da im Feuerungsraum des Heizkessels schwarze, teerige Ablagerungen festgestellt worden seien, seien die Bedienungsvorschriften nicht eingehalten worden, sodaß wegen Luftmangels oder zu geringer Wärme kein ordnungsgemäßer Verbrennungsprozeß stattgefunden habe. Bei einer nicht vollständigen Verbrennung würden die Ruß-, CO2- und HC-Emissionen erheblich ansteigen, wobei es dann aus dem Rauchfang rauche und qualme. Ein weiteres Problem sei die Lage und Höhe des Rauchfanges. Der Rauchfang entspreche zwar den Bestimmungen der Bgld. Bauordnung. Die Bauordnung enthalte aber nur Vorschriften über die Abstände vom Rauchfang zur Dachfläche, auf die Höhe von Nebengebäuden werde nicht eingegangen. Bei der gegenständlichen Situation werde der Rauchfang vom Dachgiebel des Anrainers (des nunmehrigen Beschwerdeführers) um etwa 2,5 m überragt. Es seien im Bereich zwischen den beiden Wohnhäusern, speziell in der etwa 4 m breiten, von fast drei Seiten vollständig umschlossenen Einfahrt sehr komplizierte Strömungsverhältnisse anzunehmen, die vermutlich nur in Laboruntersuchungen genauer bestimmt werden könnten. Jedenfalls sei zu erwarten, daß im Bereich der Einfahrt bei fast allen möglichen Windrichtungen und Windstärken eine Zone mit Unterdruck entstehe. Es sei daher mit großer Wahrscheinlichkeit bei ungünstigen Witterungsverhältnissen (Inversionswetterlagen) im Bereich der Einfahrt mit dem Auftreten von erhöhten Rauchgaskonzentrationen, die das ortsübliche Ausmaß übersteigen, zu rechnen. Diese erhöhten Emissionen könnten auch bei ordnungsgemäßem Betrieb der Heizung nicht ausgeschlossen werden, da der Bereich der Einfahrt nur schlecht durchlüftet sei. Als Abhilfemaßnahmen schlug der Sachverständige vor, daß der Betreiber der Heizung von einem befugten Fachmann nochmals in der Bedienung der Heizung unterwiesen werde und dieser die Bedienungsanleitung genauestens einhalte. Weiters sollten die beiden Rauchfänge erhöht werden.

Der Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde X vom 30. Jänner 1991, mit dem die Berufung der Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers abgewiesen worden war, wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 16. November 1991 wegen nicht ausreichender Begründung aufgehoben. Der Gemeinderat der Gemeinde X ergänzte in der Folge das Ermittlungsverfahren durch Einholung eines weiteren maschinenbautechnischen und medizinischen Gutachtens.

Der maschinenbautechnische Sachverständige stellte in seinem Gutachten vom 6. Mai 1992 fest, daß davon ausgegangen werden könne, daß der Kessel in bezug auf den Verbrennungsablauf ordnungsgemäß installiert sei. Aufgrund der Verrohrung könne allerdings die Wärmemenge, die der Kessel produziert, nicht abgeführt werden. Der Kesselthermostat schließe die Luftklappe und der Kessel heize im - ungünstigen - Teillastbereich. Als Lösungsmöglichkeiten kämen eine Verkleinerung der Kesselleistung oder die Verwendung eines Pufferspeichers in Frage. Aufgrund des vorbezeichneten Abgasverlustes dürfe die Anlage gemäß der Heizungsverordnung zur Bauordnung nicht betrieben werden. Die Anlage entspreche auch nicht dem burgenländischen Luftreinhaltegesetz sowie den dazu ergangenen Verordnungen. Es müßte bis zur nächsten Heizsaison ein Sanierungskonzept vorgelegt werden, in dem ein Einhalten der genannten gesetzlichen Bestimmungen nachgewiesen werden könnte. Als Sanierungsmöglichkeiten würden ins Treffen geführt: der Tausch des Kessels auf einen mit kleinerer Nennleistung, Einbau eines Pufferspeichers (mit Dimensionierung) oder Änderung der Verrohrung

(evtl. Erweiterung).

Im medizinischen Gutachten vom 4. Juni 1992 wird ausgeführt, daß aufgrund des maschinenbautechnischen Gutachtens vom 6. Mai 1992 gesundheitsschädigende Auswirkungen nicht ausgeschlossen werden könnten. Es könne daher von ärztlicher Seite die weitere Verwendung der Zentralheizungsanlage nicht befürwortet werden. Sollten jedoch die im maschinenbautechnischen Gutachten vorgeschlagenen Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden und "die Abgaswerte der gesetzlichen Norm entsprechen, wäre gegen einen Betrieb der Zentralheizungsanlage nichts einzuwenden".

Der Gemeinderat von X bestätigte in der Folge mit Bescheid vom 3. September 1992 den angeführten erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, daß der erstmitbeteiligten Partei die alternative Erfüllung folgender Auflagen aufgetragen wurde:

"1. Tausch des Kessels auf einen mit kleinerer Nennleistung

2.

Einbau eines Pufferspeichers (mit Dimensionierung)

3.

Änderung der Verrohrung (evtl. Erweiterung)."

Die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen. Die Berufungsbehörde habe aufgrund der eingeholten Gutachten davon ausgehen können, daß die erteilten Auflagen zur Verringerung der von der Zentralheizungsanlage ausgehenden Rauch- bzw. Geruchsbelästigung geeignet seien. Es treffe im Hinblick auf die erteilten alternativen Auflagen nicht zu, daß "gesetzwidrigerweise eine von den Sachverständigen als gesundheitsschädigend bezeichnete Anlage bewilligt" worden sei. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei die Vorschreibung alternativer Auflagen unter der Voraussetzung zulässig, daß jede Alternative zum gleichen, mit der vorgeschriebenen Maßnahme angestrebten Ergebnis führe. Der maschinenbautechnische Amtssachverständige habe die im Bescheid genannten Auflagen als zur Verminderung der Emissionen auf ein dem Luftreinhaltegesetz entsprechendes Maß geeignet angesehen. Unter dieser Voraussetzung habe der medizinische Amtssachverständige eine Gesundheitsbeeinträchtigung verneint.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, die Verwaltungsakten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die erstmitbeteiligte Partei erstattete eine Äußerung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 88 Abs. 1 Z. 4 Bgld. Bauordnung, LGBl. Nr. 13/1970, in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung des Landesgesetzes, LGBl. Nr. 27/1990, ist die Aufstellung von Maschinen oder anderen Gegenständen in Bauten, wenn sie u.a. die Brandsicherheit gefährden oder Rechte der Nachbarn verletzt werden könnten, bewilligungspflichtig. Die Aufstellung von Wärmeerzeugern von Zentralheizungsanlagen bedarf nach dieser Bestimmung jedenfalls einer Bewilligung der Baubehörde. Gemäß § 92 Abs. 4 leg. cit. ist die Übereinstimmung des Bauvorhabens mit den Vorschriften dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes ergangenen Verordnungen, wie des Flächenwidmungs- und Bebauungsplanes bzw. Teilbebauungsplanes, der Anschluß an die öffentlichen Verkehrsflächen und der innere Verkehr sowie die Berücksichtigung der Rechte der Nachbarn zu überprüfen. Gemäß § 94 Abs. 1 Bgld. Bauordnung können Nachbarn gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Vorhaben in ihren subjektiven Rechten verletzt werden. Wird die Verletzung von Vorschriften der Bgld. Bauordnung oder von sonstigen baurechtlichen Vorschriften des Landes behauptet, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen, hat die Baubehörde gemäß § 94 Abs. 3 leg. cit. darüber zu erkennen und die Einwendung als unbegründet abzuweisen oder die Bewilligung zu versagen. Öffentlich-rechtliche Einwendungen können insbesondere auf die Vorschriften über die Bebauungsweise, die Entfernung der Bauten von den Nachbargrenzen oder Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Beschaffenheit des Bauplatzes und die Vorschriften, die den Schutz der Nachbarn vor Immissionen zum Gegenstand haben, gestützt werden. Gemäß § 52 Abs. 4 leg. cit. sind Heizungsanlagen und Anlagen zur Warmwasserbereitung nach den Erfahrungen der Wissenschaften so zu planen, zu errichten, zu erhalten und zu betreiben, daß durch ihren Betrieb keine Brandgefahr oder sonstige Gefährdung von Menschen und Sachen eintritt und eine unzumutbare Belästigung von Menschen, insbesondere durch Erschütterung, Lärm, Rauchgase, Abgase und Wärme, nicht erfolgt. Gemäß § 52 Abs. 10 leg. cit. sind die in Feuerstätten entstehenden Verbrennungsgase unmittelbar durch Rauchgas- bzw. Abgasanlagen so ins Freie abzuleiten, daß insbesondere eine Gefährdung der Gesundheit von Personen, eine Beeinträchtigung von Sachen sowie eine unzumutbare Belästigung der Nachbarn vermieden wird. Dem Beschwerdeführer steht somit gemäß § 52 Abs. 1 leg. cit. in Verbindung mit § 94 leg. cit. ein subjektiv-öffentliches Recht zu, daß eine unzumutbare Belästigung bei der Ableitung von in Feuerstätten entstehenden Verbrennungsgasen vermieden wird.

Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, daß aufgrund der von der Berufungsbehörde ergänzend eingeholten Gutachten nicht der Schluß gezogen werden könne, daß die Emissionen auf ein dem Luftreinhaltegesetz entsprechendes Maß reduziert würden und es zu keiner Gesundheitsbeeinträchtigung komme. Der Sachverständige habe in dem Gutachten ausgeführt, daß ein Sanierungskonzept vorgelegt werden müsse, in dem ein Einhalten der gesetzlichen Bestimmungen nachgewiesen werden müsse. Die Bewilligung hätte erst nach Vorliegen eines geänderten Projektes erteilt werden dürfen. Es sei dem Gutachten nicht zu entnehmen, daß durch den Betrieb der Heizungsanlage keine Gesundheitsgefährdung oder keine unzumutbare Belästigung entstehen werde, wenn auch nur eine der drei Auflagen erfüllt würde.

Dieser Rüge kommt Berechtigung zu. Das Gutachten des maschinenbautechnischen Sachverständigen vom 6. Mai 1992 und die in diesem vorgeschlagenen Lösungsmöglichkeiten bieten keine Grundlage für die Annahme, daß durch die vorliegende Zentralheizungsanlage bei Erfüllung einer der in keiner Weise näher umschriebenen "Auflagen" keine unzumutbaren Belästigungen des Beschwerdeführers im Sinne des § 52 Abs. 4 und 10 Bgld. Bauordnung erfolgen. So wird im maschinenbautechnischen Gutachten ausdrücklich festgestellt, es "müßte bis zur nächsten Heizsaison ein Sanierungskonzept vorgelegt werden, in dem ein Einhalten der gesetzlichen Bestimmungen nachgewiesen werden" könne. Auch die Aussage im medizinischen Gutachten, daß, wenn die vorgeschlagenen Sanierungsmaßnahmen durchgeführt und "die Abgaswerte der gesetzlichen Norm entsprechen" würden, gegen einen Betrieb der Zentralheizungsanlage nichts einzuwenden wäre, ergibt keine ausreichende Grundlage für die Annahme, die Anlage bewirke bei Erfüllung einer der genannten "Auflagen" jedenfalls keine unzumutbare Belästigung des beschwerdeführenden Nachbarn oder Gesundheitsgefährdung. Aus dem maschinenbautechnischen Gutachten ergibt sich vielmehr, daß erst an Hand eines Sanierungskonzeptes die Übereinstimmung der Heizungsanlage mit den gesetzlichen Bestimmungen überprüft werden könne. Die im Gutachten vorgeschlagenen - zu dem auch nicht näher konkretisierten - Lösungsmöglichkeiten konnten daher nicht in Form von Auflagen vorgeschrieben werden. Die belangte Behörde hat daher die Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Gemeinderates vom 13. September 1992 zu Unrecht abgewiesen. Die Baubehörde hätte vor einer Entscheidung über die nachträgliche Bewilligung auf eine entsprechende Projektänderung der verfahrensgegenständlichen Zentralheizungsanlage hinwirken müssen.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Techniker

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993050006.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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