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L37129 Benützungsabgabe Gebrauchsabgabe Wien;Norm
GebrauchsabgabeG Wr 1966 §1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Herbert S in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 10. November 1993, Zl. UVS-05/25/00186/93, betreffend Übertretung des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes 1966 (weitere Partei gemäß § 21 Abs. 1 VwGG: Wiener Landesregierung, MA 4/5, Wien II, Meiereistraße 7), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.480,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 10. November 1993 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe "als zur Vertretung nach außen Berufener (Geschäftsführer) der Herbert R-Ges.m.b.H. vom 4. November 1991 bis 3. Februar 1992 vor der Liegenschaft in Wien 19, K-Gasse 3, durch das Abstellen eines Fahrzeuges, Marke Mini Special, ohne behördliches Kennzeichen, Plakettennr.: JJ 84.049 (letzter Zulassungsbesitzer: Roland A), den öffentlichen Gemeindegrund ohne Gebrauchserlaubnis widmungswidrig benützt" und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 16 Abs. 2 lit. a des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes 1966 "im Zusammenhalt mit § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes" begangen. Über den Beschwerdeführer wurde daher eine Geld- und Ersatzarreststrafe verhängt.
Die Berufungsbehörde ging entsprechend der Begründung ihres Bescheides davon aus, daß dem Herbert R mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 31. Mai 1968, Zl. MA 35-G/Z XIX-22/1968, gemäß § 1 des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes 1966 die Erlaubnis erteilt worden sei, den öffentlichen Gemeindegrund und den darüber befindlichen Luftraum vor dem Hause Wien 19., K-Gasse 3, durch die Abstellung eines Kraftfahrzeuges (ohne Anhänger) auf der Fahrbahn, entlang des Gehsteigrandes, zwischen Hauseinfahrt und Ende der Sackgasse, unter der Bedingung zu benützen, daß der Abstellplatz stets in reinem Zustand zu erhalten ist. Für die Erlaubnis zum Gebrauch des öffentlichen Gemeindegrundes und des darüber befindlichen Luftraumes sei auf Grund des Spruchpunktes II des genannten Bescheides eine jährliche Gebrauchsabgabe von S 1.400,-- zu entrichten. Herbert R habe sein Einzelunternehmen in die Herbert R-Gesellschaft m.b.H. eingebracht. Herbert R sei am 12. März 1984 verstorben, die Verlassenschaftsabhandlung sei am 29. Mai 1984 beendet worden. In der Folge sei die Gebrauchsabgabe der Gesellschaft m.b.H. vorgeschrieben und von dieser bezahlt worden. Während der angegebenen Tatzeit sei das erwähnte Kraftfahrzeug auf öffentlichem Gemeindegrund ohne Gebrauchserlaubnis abgestellt gewesen; zu dieser Zeit sei die Herbert R-Gesellschaft m.b.H. hinsichtlich des Fahrzeuges verfügungsberechtigt gewesen. Zur Verschuldensfrage führte die Berufungsbehörde in der Begründung ihres Bescheides aus, daß im vorliegenden Fall Herbert R Erlaubnisträger zur Tatzeit jedoch bereits verstorben und die Abhandlung seiner Verlassenschaft bereits beendet gewesen sei, weshalb die mit Bescheid vom 31. Mai 1968 erteilte Gebrauchserlaubnis zur Tatzeit bereits erloschen gewesen sei. Es stehe daher fest, daß der Beschwerdeführer den angelasteten Tatbestand erfüllt und sich mangels Vorliegens eines Rechtfertigungsgrundes rechtswidrig verhalten habe. Gerade weil mit den bereits genannten und vom Beschwerdeführer selbst ins Treffen geführten Bescheiden die Gebrauchsabgabe unter Bezugnahme auf den Bescheid mit der Geschäftszahl
"MA 35-G Z 22/68" festgesetzt worden sei (mit Bescheid vom 19. Dezember 1982 sogar unter Zitierung des Datums
31. Mai 1968) und dem Beschwerdeführer nach seinem eigenen Vorbringen dieser Bescheid vom 31. Mai 1968 auch bekannt gewesen sei, hätten bei ihm Zweifel daran entstehen müssen, daß die Gebrauchserlaubnis aus dem Jahre 1968, als deren Träger Herbert R bezeichnet sei, auch zugunsten der Herbert R-Gesellschaft m.b.H. wirke. Beim Auftauchen von Zweifeln hätte sich der Beschwerdeführer bei der zuständigen Behörde erkundigen müssen. Die Kenntnis des Todes des Herbert R vorausgesetzt hätte die Behörde den Beschwerdeführer von der geschilderten, maßgeblichen Rechtslage in Kenntnis gesetzt. Da der Beschwerdeführer dies nicht getan habe, falle ihm Fahrlässigkeit zur Last.
Über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Entsprechend der vorstehenden Sachverhaltsdarstellung ist die belangte Behörde davon ausgegangen, daß die mit Bescheid vom 31. Mai 1968 erteilte Gebrauchserlaubnis zur Tatzeit bereits erloschen gewesen sei, weshalb feststehe, daß der Beschwerdeführer den ihm angelasteten Tatbestand erfüllt und sich mangels eines Rechtfertigungsgrundes rechtswidrig verhalten habe. Ferner hat die belangte Behörde in der teilweise wiedergegebenen Begründung des angefochtenen Bescheides die Auffassung vertreten, beim Beschwerdeführer hätten Zweifel daran entstehen müssen, daß die Gebrauchserlaubnis aus dem Jahre 1968, als deren Träger Herbert R bezeichnet sei, auch zugunsten der gleichnamigen Gesellschaft mit beschränkter Haftung wirke, weil die Gebrauchsabgabe unter Bezugnahme auf den Bescheid mit der angegebenen Geschäftszahl festgesetzt worden sei (mit Bescheid vom 19. Dezember 1982 sogar unter Zitierung des Datums 31. Mai 1968) und dem Beschwerdeführer nach seinem eigenen Vorbringen dieser Bescheid vom 31. Mai 1968 auch bekannt gewesen sei. Beim Auftauchen von Zweifeln hätte sich der Beschwerdeführer bei der zuständigen Behörde erkundigen müssen. Im Hinblick auf eine diesbezügliche Unterlassung falle ihm Fahrlässigkeit zur Last.
Der belangten Behörde ist zwar zu folgen, daß der Beschwerdeführer keinen Rechfertigungsgrund (vgl. dazu Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl., Anm. 2 auf S. 736) für sich in Anspruch nehmen kann. Der Gerichtshof ist aber nicht der Meinung, daß dem Beschwerdeführer ein zur Strafbarkeit ausreichendes fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werden kann, da er auf Grund des Umstandes, daß der Gesellschaft, zu deren Vertretung nach außen er berufen ist (§ 9 Abs. 1 VStG), die Gebrauchsabgabe vorgeschrieben und diese von ihr auch bezahlt worden ist, entgegen der Auffassung der belangten Behörde keine Zweifel zu haben brauchte, daß diese Gesellschaft keine Gebrauchserlaubnis besitzt. Die Annahme derartiger Zweifel auf seiten des Beschwerdeführers wäre dann gerechtfertigt gewesen, wenn er Anhaltspunkte dafür hätte haben müssen, daß die Vorschreibung der Gebrauchsabgabe gegenüber der Gesellschaft angesichts der zur Tatzeit bereits erloschenen Gebrauchserlaubnis rechtswidrig erfolgt ist. Dies würde aber voraussetzen, daß vom Beschwerdeführer eine genauere Kenntnis der Rechtslage verlangt wird, als sie von jener Behörde zu erwarten ist, welche die Gebrauchsabgabe der Gesellschaft vorgeschrieben hat, obwohl ihr die Regelung des § 4 Abs. 2 des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes 1966 bekannt gewesen sein mußte, wonach die Gebrauchserlaubnis in Fällen wie dem vorliegenden, sofern sie einer physischen Person erteilt worden ist, im Zeitpunkt der Beendigung der Verlassenschaft des früheren Erlaubnisträgers erlischt, und überdies ebenso bekannt gewesen sein muß, daß der Gesellschaft gar keine Gebrauchserlaubnis erteilt worden ist. Die belangte Behörde hätte demgemäß davon auszugehen gehabt, daß dem Beschwerdeführer angesichts der geschilderten Umstände im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG eine unverschuldete Unkenntnis jener Verwaltungsvorschrift zugute zu halten ist, der er zuwidergehandelt hat und daß er das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
Die Bestrafung des Beschwerdeführers ist daher zu Unrecht erfolgt, weshalb sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig erweist und daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne weitere Erwägungen anstellen zu müssen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993050295.X00Im RIS seit
08.06.2001