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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §59 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Paliege, über die Beschwerde des Dipl. Vw. B in O, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats Salzburg vom 9. August 1993, Zl. UVS-4/106/9-1993, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1973, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.420,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft vom 4. August 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt wie folgt:
"Sie sind als Betreiber des Hotel X in T dafür
verantwortlich, daß, wie bei der Überprüfung am 11. Dezember 1991 festgestellt,
1. entgegen der Auflage 2.) des Bescheides des Landeshauptmannes von Salzburg vom 22. Oktober 1990, Zl.5/02-626/4-1990, das Stiegenhaus im Dachgeschoß, im
2. Obergeschoß von den Gängen nicht durch Rauchschutzabschlüsse der Qualifikation R 30 abgetrennt wurden, obwohl die Betriebsanlage betrieben wurde,
2. entgegen der Auflage 3.) des Bescheides des Landeshauptmannes von Salzburg vom 22. Oktober 1990, Zl. 5/02-626/4-1990, über die textilen Bodenbeläge in den Zimmeraufschließungsgängen kein Nachweis über das Brand- und Qualmverhalten vorgelegt wurde, obwohl die Betriebsanlage betrieben wurde,
3. entgegen der Auflage 4.) des Bescheides des Landeshauptmannes von Salzburg vom 22. Oktober 1990, Zl. 5/02-626/4-1990, im gesamten Stiegenhaus textile Bodenbeläge verlegt sind und die Stiege im letzten Geschoß an der Decke mit Holz verkleidet wurde, obwohl die Betriebsanlage betrieben wurde,
4. entgegen der Auflage 40.) des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg vom 21. April 1987, Zl. 2-08/jo-278/a-9/1987, vor dem Heizraum kein Schleusenraum mit der erforderlichen Brandschutztüre T 90 geschaffen wurde, obwohl die Betriebsanlage betrieben wurde,
5. entgegen der Auflage 41.) des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg vom 21. April 1987, Zl. 2-08/Jo-278/a-9/1987, der Schließmechanismus der Türe in den Heizraum nicht saniert wurde, sodaß die Türe nicht selbsttätig ins Schloß fällt, obwohl die Betriebsanlage betrieben wurde und
6. das von der Außenwand durch das Lokal in den Heizraum führende Belüftungsrohr im Bereich des Deckenbereiches des Lokales nicht in brandbeständiger Bauweise verkleidet wurde, obwohl die Betriebsanlage betrieben wurde und dies in Auflage
44.) des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg vom 21. April 1987, Zl. 2-08/Jo-278/a-9/1987, gefordert wird. Dadurch übertretene Verwaltungsvorschriften, verhängte Strafen und entstandene Verfahrenskosten:
1.
Übertretung gemäß § 367 Z 26 i.V. mit § 78 (2)
Gewerbeordnung 1973 i.d.g.F.
Geldstrafe gemäß § 367 leg. cit.
Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden 3.000,-- S
2. Übertretung gemäß
§ 367 Z 26 i.V. mit § 78 (2)
Gewerbeordnung 1973 i.d.g.F.
Geldstrafe gemäß
§ 367 leg. cit. 1.000,-- S
Ersatzfreiheitsstrafe: 60 Stunden
3. Übertretung gemäß
§ 367 Z 26 i.V. mit § 78 (2)
Gewerbeordnung 1973 i.d.g.F.
Geldstrafe gemäß
§ 367 leg. cit. 3.000,-- S
Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden
4. Übertretung gemäß
§ 367 Z 26 i.V. mit § 81
Gewerbeordndung 1973 i.d.g.F.
Geldstrafe gemäß
§ 367 leg. cit. 3.000,-- S
Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden
5. Übertretung gemäß
§ 367 Z 26 i.V. mit § 81
Gewerbeordnung 1973 i.d.g.F.
Geldstrafe gemäß
§ 367 leg. cit. 1.000,-- S
Ersatzfreiheitsstrafe: 60 Stunden
6. Übertretung gemäß
§ 367 Z 26 i.V. mit § 81
Gewerbeordnung 1973 i.d.g.F.
Geldstrafe gemäß
§ 367 leg. cit. 1.000,-- S
Ersatzfreiheitsstrafe: 60 Stunden
Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens
§ 64(2) des Verwaltungsstrafgesetzes, das
sind 10% der Strafe (je ein Tag Arrest wird
gleich 200,-- Schilling angerechnet) 1.200,-- S
-----------
Gesamtbetrag 13.200,-- S"
Einer dagegen erhobenen Berufung wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. § 24 VStG keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.
Zur Begründung wurde - nach Darstellung des festgestellten Sachverhaltes sowie maßgebender rechtlicher Bestimmungen - im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe dem - näher bezeichneten - Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 22. Oktober 1990 zuwidergehandelt und 1.) gegen die Auflage 2. das Stiegenhaus im Dachgeschoß, im 2. Obergeschoß und im
1. Obergeschoß von den Gängen nicht durch Rauchschutzabschlüsse der Qualifikation R 30 abgetrennt, 2.) gegenüber der Auflage 3. über die textilen Bodenbeläge in den Zimmeraufschließungsgängen keinen Nachweis über das Brand- und Qualmverhalten vorgelegt und 3.) gegen Auflage 4. im gesamten Stiegenhaus textile Bodenbeläge verlegt und die Stiege im letzten Geschoß an der Decke mit Holz verkleidet. Weiters habe der Beschwerdeführer dem - näher bezeichneten - Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg vom 21. April 1987 zuwidergehandelt und 4.) gegen Auflage 4O. vor dem Heizraum keinen Schleusenraum mit der erforderlichen Brandschutztüre T 9O geschaffen, 5.) gegen Auflage 41. den Schließmechanismus an der Türe in den Heizraum nicht saniert, sodaß die Türe nicht selbständig in das Schloß gefallen ist, und 6.) gegen Auflage 44. das von der Außenwand durch das Lokal in den Heizraum führende Belüftungsrohr im Bereich des Deckenbereiches des Lokales nicht in brandbeständiger Bauweise verkleidet. Der Beschwerdeführer habe damit die ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen begangen. An Verschulden habe zumindest von Fahrlässigkeit ausgegangen werden müssen. Zu Spruchpunkt 2.) sei unerheblich gewesen, ob vom Händler oder Hersteller ein Nachweis über das Brand- und Qualmverhalten zu bekommen gewesen sei. Der Beschwerdeführer hätte nämlich entweder den Bodenbelag durch einen mit Nachweis auswechseln oder ein Belagmuster bei einer Prüfanstalt zur Bestimmung des Brand- und Qualmverhaltens einreichen können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht verletzt, der ihm zur Last gelegten Tat nicht schuldig erkannt und hiefür nicht bestraft zu werden. In seinem Vorbringen beschränkte sich der Beschwerdeführer im wesentlichen darauf, seine Betreibereigenschaft zu bestreiten.
Der Beschwerde kommt schon im Hinblick auf folgende Überlegungen Berechtigung zu:
Gemäß § 367 Z. 26 GewO 1973 - in der hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 23/1993 - begeht eine Verwaltungsübertretung, wer u.a. in Bescheiden vorgeschriebene Auflagen oder Aufträge nicht einhält.
Nach § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.
Um den Erfordernissen der zuletzt genannten Gesetzesstelle zu entsprechen, hat der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich ist und die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg. N.F. Nr. 11.466/A).
Wie der Verwaltungsgerichtshof unter anderem in seinem Erkenntnis vom 2. Oktober 1989, Zl. 89/04/0050, unter Hinweis auf die weitere dort zitierte hg. Rechtsprechung dargetan hat, wird dadurch, daß § 367 Z. 26 GewO 1973 auf die in den Betriebsanlagengenehmigungsbescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Aufträge verweist, das jeweilige in einem solchen Bescheid enthaltene Gebot oder Verbot Teil des Straftatbestandes, was voraussetzt, daß derartige Auflagen so klar gefaßt sein müßten, daß sie dem Verpflichteten jederzeit die Grenzen seines Verhaltens und damit die Einhaltung der Auflagen zweifelsfrei erkennen lassen.
Im Hinblick darauf entspricht der angefochtene Bescheid insofern nicht dem oben dargestellten Sprucherfordernis des § 44a Z. 1 VStG, als er in Ansehung der einen Teil des Straftatbestandes bildenden Auflagen keine wörtliche Anführung enthält, durch die schon aus dem Spruch die Zuordnung des Tatverhaltens zu der Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird. Der bloße Hinweis auf ziffernmäßig bezeichnete Auflagen der in Rede stehenden Bescheide ist im Sinne der obigen Darlegungen nicht als ausreichend anzusehen, da sich die entsprechende Tatzuordnung in Ansehung der in Betracht kommenden Tatbestandsmerkmale aus dem Spruch des Straferkenntnisses - unabhängig von in diesem Zusammenhang erforderlichen Begründungsdarlegungen - selbst ergeben muß (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1990, Zl. 89/04/0249).
Der angefochtene Bescheid leidet aber auch noch aus einem anderen Grund an einer Rechtswidrigkeit seines Inhaltes:
Gemäß § 44a Z. 2 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die Verwaltungsvorschrift zu enthalten, die durch die Tat verletzt worden ist.
Nach § 367 Z. 26 GewO 1973 besteht die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, aus der Strafbestimmung des § 367 Z. 26 in Verbindung mit der konkret bezeichneten Untergliederung jenes Bescheides, in dem die betreffende Auflage vorgeschrieben wurde (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 24. November 1992, Zl. 90/04/0350 und die dort zitierte hg. Vorjudikatur).
Die belangte Behörde trennte im vorliegenden Fall den Spruch des angefochtenen Bescheides in Darstellung des Sachverhaltes (§ 44a Z. 1 VStG) und die Bezeichnung der verletzten Verwaltungsvorschrift. Dabei widerspricht der angefochtene Bescheid jedoch insofern der dargestellten Rechtslage, als in dem § 44a Z. 2 VStG betreffenden Spruchteil als verletzte Normen lediglich § 367 Z. 26 i.V.m. § 78 Abs. 2 bzw. § 367 Z. 26 i.V.m. § 81 GewO 1973 nicht aber auch jene Punkte der in Frage kommenden Bescheide genannt sind, die die betreffenden Auflagen enthalten.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtsdwidrigkeit seines Inhaltes. Dieser war daher schon aus den vorstehend dargelegten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß es eine Erörterung des weiteren Beschwerdevorbringens bedurft hätte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhalt mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung) Mängel im Spruch Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4 Spruch Diverses Verwaltungsvorschrift Mängel im SpruchEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993040244.X00Im RIS seit
11.07.2001