TE Vwgh Erkenntnis 1994/4/26 93/04/0245

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Veröffentlicht am 26.04.1994
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1973 §356 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §356 Abs3 idF 1988/399;
GewO 1973 §74 Abs2;
GewO 1973 §77 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Paliege, über die Beschwerde der G-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 7. Mai 1993, Zl. 312.921/4-III/A/2a/92, betreffend Verfahren gemäß § 77 GewO 1973 (mitbeteiligte Partei: Dkfm. E in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 7. Mai 1993 wurde in dessen Spruchpunkt 1 das Ansuchen der Beschwerdeführerin vom 28. Mai 1989 um "gewerbebehördliche Genehmigung für den Handel mit Pyrotechnik" abgewiesen. Mit Spruchpunkt 2 wurde der Beschwerdeführerin die Genehmigung der Änderung einer Gastgewerbebetriebsanlage bewilligt. Zur Begründung des allein den Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bildenden Spruchpunktes 1 führte der Bundesminister im Zuge der Darstellung des Verfahrensganges aus, die Beschwerdeführerin habe mit Eingabe vom 28. Mai 1989 um die gewerbebehördliche Genehmigung der Betriebsanlage für den Handel mit Pyrotechnik angesucht. Mit Schriftsatz vom 15. März 1991 habe sie ihr Ansuchen wie folgt präzisiert:

"1)

In der Zeit vom 3.1. und 14.12. eine Lagerung von pyrotechnischen Gegenständen der Klassen I und II im Ausmaß von 10 kg pro Lagerraum.

2)

In der Zeit vom 15.12. und 2.1. eine Lagerung von pyrotechnischen Gegenständen der Klassen I und II im Ausmaß von 60 kg pro Lagerraum."

Ausgehend von dem in der vom Bundesminister durchgeführten mündlichen Augenscheinsverhandlung erhobenen gemeinsamen Befund der beigezogenen Amtssachverständigen ging der Bundesminister ferner davon aus, daß sich die verfahrensgegenständliche Betriebsanlage (Lager und Verkauf pyrotechnischer Artikel) in den straßenseitigen Räumen des einstöckigen Hauses W, D-Straße 17, befinde. Dieser Betriebsbereich gliedere sich in einen Verkaufsraum sowie in einen Lager- und Arbeitsraum, in dem fünf begehbare Lagerschränke eingebaut seien. Insgesamt sei beabsichtigt, in der Betriebsanlage 300 kg pyrotechnische Artikel der Klasse I und II zu lagern. Nach Darstellung des sonstigen Verfahrensganges und des Inhaltes der Bestimmung des § 77 Abs. 1 GewO 1973 führte der Bundesminister schließlich aus, gemäß § 9 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 1. August 1977 über die Lagerung pyrotechnischer Gegenstände in gewerblichen Betriebsanlagen (BGBl. Nr. 514/1977) dürften pyrotechnische Gegenstände der Klassen I und II mit einem Gesamtbruttogewicht von mehr als 60 kg nur in einem eigenen ebenerdigen, nicht überbauten Lagergebäude, in dem sich keine ständigen Aufenthaltsräume für Personen befänden, gelagert werden. Die Beschwerdeführerin beabsichtige demgegenüber - wenn auch nur für einen relativ kurzen Zeitraum - die Lagerung von fünfmal bis zu 60 kg pyrotechnischer Artikel der Klassen I und II, das seien also insgesamt 300 kg pyrotechnischer Artikel der Klassen I und II, in der gegenständlichen Betriebsanlage. Die gegenständliche Betriebsanlage erfülle die zwingenden und unmittelbar auf das vorliegende Verfahren anzuwendenden Bestimmungen der zitierten Verordnung in keiner Weise, handle es sich doch um ein einstöckiges Haus. Da die Gewerbebehörde im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren vom Ansuchen des Genehmigungswerbers auszugehen habe und nicht befugt sei, dieses Ansuchen - in Ermangelung einer Einschränkung durch den Genehmigungswerber - im Auflagenwege derart einzuschränken, daß die beantragte Lagerung zulässig wäre, sei der diesbezügliche Genehmigungsantrag abzuweisen gewesen.

Die Behandlung der gegen den Spruchpunkt 1 dieses Bescheides zunächst an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wurde von diesem mit Beschluß vom 28. September 1993, B 1310/93, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Erteilung einer gewerbebehördlichen Genehmigung für den Handel mit pyrotechnischen Artikeln (richtig wohl: für die Errichtung und den Betrieb einer Betriebsanlage für den Handel mit pyrotechnischen Artikeln) verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes macht die Beschwerdeführerin geltend, das Verfahren vor der belangten Behörde sei deshalb erheblich mangelhaft geblieben, weil den gestellten Beweisanträgen nicht stattgegeben worden sei. Wäre, wie beantragt, die Verhandlung an Ort und Stelle unter Beiziehung der beantragten Sachverständigen fortgesetzt worden, so wäre hervorgekommen, daß das "gemeinschaftlich" erstattete Sachverständigengutachten vom 18. September 1992 nicht hätte "gehalten" werden können. Zumindest die begehbaren Lagerschränke wären leicht brandbeständig einzurichten gewesen. Ein weiterer Verfahrensmangel werde darin gesehen, daß die belangte Behörde nicht darüber abgesprochen habe, welche Menge pyrotechnischer Artikel der Klasse I gelagert werden dürften. Bemängelt werde auch, daß eine "Komplettabweisung" erfolgt sei. Auf Grund der bisherigen Verfahrensergebnisse und -feststellungen wäre die Lagerung von insgesamt 10 kg pyrotechnischer Artikel der Klasse I und II zu genehmigen gewesen.

Gemäß § 353 GewO 1973 in seiner hier im Hinblick auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, sind dem Ansuchen um Genehmigung einer Betriebsanlage folgende Unterlagen anzuschließen:

1. In vierfacher Ausfertigung

a) eine Betriebsbeschreibung einschließlich eines Verzeichnisses der Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen,

b)

die erforderlichen Pläne und Skizzen,

c)

eine Beschreibung der beim Betrieb der Anlage zu

erwartenden Abfälle und der betrieblichen Vorkehrungen zu deren Vermeidung, Verwertung und Entsorgung (Abfallwirtschaftskonzept) sowie

              d)              für unter § 82a fallende Anlagen die Sicherheitsanalyse und der Maßnahmenplan und

              2.              in einfacher Ausfertigung

              a)              nicht unter Ziffer 1 fallende, für die Beurteilung des Projekts und der zu erwartenden Emissionen der Anlage im Ermittlungsverfahren erforderliche technische Unterlagen sowie

              b)              die Namen und Anschriften des Eigentümers des Betriebsgrundstückes und der Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke.

Gemäß § 356 Abs. 1 leg. cit. hat die Behörde, ausgenommen in den Fällen des § 359b, auf Grund eines Ansuchens um Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Betriebsanlage oder um Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage eine Augenscheinsverhandlung anzuberaumen.

Nach dieser Rechtslage setzt der Abspruch über die Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage ein Ansuchen voraus (antragsbedürftiger Verwaltungsakt). Daraus ist zu erschließen - wie die belangte Behörde zutreffend erkannte -, daß einerseits das Vorhaben (Genehmigungsansuchen) durch Auflagen nur so weit modifiziert werden darf, daß dieses in seinem "Wesen" unberührt bleibt, und daß sich andererseits auch die dem normativen Abspruch zugrundeliegende Betriebsbeschreibung bzw. eine in der Folge "modifizierte" Betriebsbeschreibung innerhalb dieser Grenzen zu halten hat, die im Gegensatz zu der der Behörde im Hinblick auf § 77 Abs. 1 GewO 1973 obliegenden Kompetenz zur Auflagenvorschreiben - abgesehen von Fragen des Beschreibungs- und Formulierungsvorganges als solchen - aber einem ausdrücklich erklärten Willensakt des Konsenswerbers als Ausfluß seiner Antragslegitimation vorbehalten sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1990, Zl. 89/04/0222, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Im vorliegenden Fall stellte die Beschwerdeführerin (mit Eingabe vom 28. Mai 1989) das "Ersuchen um Genehmigung der Betriebsanlage für den Handel mit Pyrotechnik in W, D-Straße 17, und Imbißstube", mit der eingangs im Rahmen der Darstellung des Inhaltes des angefochtenen Bescheides wiedergegebenen "Modifizierung". Damit wurde das Wesen des von der Beschwerdeführerin der Behörde zur Genehmigung vorgelegten Projektes bestimmt. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher die Rechtsansicht der belangten Behörde, eine durch Auflagen vorgeschriebene Beschränkung der zulässigen Lagermenge an pyrotechnischen Artikeln auf die in § 9 Abs. 1 Z. 1 der von der belangten Behörde zitierten Verordnung BGBl. Nr. 514/1977 normierten Höchstgrenze würde das Wesen der von der Beschwerdeführerin geplanten Betriebsanlage berühren, nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993040245.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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