TE Vwgh Erkenntnis 1994/4/26 93/04/0180

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.04.1994
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §56;
GewO 1973 §13 Abs1;
GewO 1973 §340 Abs7;
GewO 1973 §85 Z8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Paliege, über die Beschwerde des H in G, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 5. März 1993, Zl. VIb-201/83-1992, betreffend Untersagung der Ausübung des Gewerbes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 17. September 1992 stellte die Bezirkshauptmannschaft gemäß § 340 Abs. 7 Gew0 1973 fest, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die durch den Beschwerdeführer mit Eingabe vom 21. August 1991 erfolgte Anmeldung des Handelsgewerbes nach § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973, eingeschränkt auf den Handel mit Altwaren und Entrümpelung, im Standort X, nicht vorlägen, und untersagte die weitere Ausübung des Gewerbes.

Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 5. März 1993 gemäß § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben und "der angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft bestätigt". Nach Darstellung der maßgeblichen Gesetzeslage führte die belangte Behörde in ihrer Begründung hiezu aus, im vorliegenden Fall sei davon auszugehen, daß die Gewerbeausschlußgründe gemäß § 13 Abs. 3 und 4 GewO 1973 nicht bloß vorlägen, sondern deren Vorliegen bereits in zwei behördlichen Entscheidungen rechtskräftig festgestellt worden sei. Zum einen habe die Bezirkshauptmannschaft mit Bescheid vom 4. Juli 1985, Zl. II-1189/85, die dem Beschwerdeführer seinerzeit zugestandenen Gewerbeberechtigungen für "Ankündigungsunternehmen" und für "Werbemittelverteiler" zufolge des Vorliegens eines Gewerbeausschließungsgrundes nach § 13 Abs. 4 GewO 1973 rechtskräftig entzogen. Andererseits habe der Landeshauptmann von Vorarlberg mit Bescheid vom 26. Februar 1989, Zl. VIb-234/69-1989, ein Ansuchen des Beschwerdeführers um Erteilung einer Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung gemäß § 26 Abs. 1 Gew0 1973 rechtskräftig abgelehnt. Diese Nachsicht sei vom Beschwerdeführer seinerzeit wegen des Vorliegens derselben Gewerbeausschlußgründe beantragt worden, die nunmehr maßgebend für die Entscheidung im gegenständlichen Verwaltungsverfahren gewesen seien. Durch die rechtskräftig erfolgte Entziehung der Gewerbeberechtigungen des Beschwerdeführers sowie der rechtskräftigen Ablehnung eines entsprechenden Nachsichtsansuchens im Sinne des § 26 Abs. 1 Gew0 1973 hätten die Gewerbebehörden "in verbindlicher Weise" über das Vorliegen von Gewerbeausschlußgründen hinsichtlich der Person des Beschwerdeführers abgesprochen. Zufolge der Sachidentität sei daher im Zuge der gegenständlichen Gewerbeanmeldung nicht neuerlich ein Ausschluß von der Gewerbeausübung zu verfügen, sondern gemäß § 340 Abs. 7 GewO 1973 lediglich festzustellen gewesen, daß die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder nicht vorlägen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen sei. In diesem Zusammenhang sei es nicht erforderlich, auf die vom Beschwerdeführer selbst angeführten gerichtlichen Verurteilungen als mögliche weitere Gewerbeausschließungsgründe einzugehen. Zu dem mit der Berufung gestellten Antrag des Beschwerdeführers um Erteilung einer Nachsicht vom Ausschluß der Gewerbeausübung im Sinne des § 26 GewO 1973 sei zu bemerken, daß darüber in einem gesonderten Verfahren zu entscheiden sei. Für das gegenständliche Gewerbeanmeldungsverfahren könne jedoch das Nachsichtsansuchen keine rechtliche Bedeutung haben, weil die Erstbehörde bei ihrer Entscheidung auf den Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung abzustellen gehabt habe. Eine allfällige Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 340 Abs. 6 Gew0 1973, wonach eine Gewerbeanmeldung, die vor der rechtskräftigen Erteilung einer erforderlichen Nachsicht eingebracht werde, erst ab Rechtskraft der Nachsicht als erstattet gelte, komme nicht in Betracht, weil das Nachsichtsansuchen gemäß § 26 Gew0 1973 erstmals mit der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid erfolgt sei.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluß vom 15. Juni 1993, Zl. B 855/93-6, die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde ab. Über Antrag des Beschwerdeführers wurde die Beschwerde mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 9. August 1993, Zl. B 855/93-8, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG in Verbindung mit § 87 Abs. 3 VerfGG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich aufgrund seiner Ausführungen in der Beschwerdeergänzung in dem Recht "auf Zurkenntnisnahme der Gewerbeanmeldung" und "auf ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren" verletzt. In Ausführung des so formuliertenen Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe ihrer Begründungspflicht nach § 60 AVG nicht Genüge getan, da aus dem Umstand, daß früher eine (andere) Gewerbeberechtigung entzogen worden sei, nicht geschlossen werden könne, daß damit ein bestimmter Gewerbeentziehungsgrund vorliege. Eine im Jahre 1985 erfolgte Entziehung der Gewerbeberechtigung stelle eine Tatsache dar. Dies bedeute jedoch nicht, daß der von einer Entziehung der Gewerbeberechtigung Betroffene, damit die Rechtmäßigkeit der Begründung dieser Gewerbeentziehung akzeptiere. Wolle jemand aus welchen Gründen auch immer ein Gewerbe ohnehin nicht mehr ausüben, werde er einen Gewerbeentziehungsbescheid auch dann nicht bekämpfen, wenn er rechtswidrig sei. Umso weniger hätten die Gewerbebehörden durch die rechtskräftig erfolgte Entziehung der Gewerbeberechtigungen des Beschwerdeführers sowie die rechtskräftige Ablehnung eines entsprechenden Nachsichtsansuchens im Sinne des § 26 Abs. 1 GewO 1973 in verbindlicher Weise über das Vorliegen von Gewerbeausschließungsgründen hinsichtlich der Person des Beschwerdeführers abgesprochen. Werde ein Gewerbe angemeldet, handle es sich um einen neuen Verfahrensgegenstand, eine neue "Sache" im Sinne des AVG, und sei damit neuerlich mit entsprechenden Tatsachenfeststellungen die Versagung der "Gewerbezurkenntnisnahme" zu begründen. In der Annahme einer Bindung der belangten Behörde an die seinerzeitige Gewerbeentziehung läge eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides.

Gemäß § 13 Abs. 3 Gew0 1973 - in der hier im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. 29/1993 - ist eine natürliche oder juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes, über deren Vermögen schon einmal der Konkurs oder zweimal das Ausgleichsverfahren eröffnet worden ist, von der Ausübung des Gewerbes auszuschließen; ein solcher Ausschluß ist nicht auszusprechen, wenn der Konkurs oder das Ausgleichsverfahren durch den Konkurs oder das Ausgleichsverfahren oder durch strafgesetzwidrige Handlungen eines Dritten verursacht worden ist. Gemäß Abs. 4 leg. cit. ist die Bestimmung des Abs. 3 auch anzuwenden, wenn es sich um eine natürliche oder juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes handelt, gegen die schon einmal der Antrag auf Konkurseröffnung gestellt, der Antrag aber mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden ist.

Nach dem Inhalt der Regelung des § 13 GewO 1973 handelt es sich beim Ausschluß von der Gewerbeausübung um einen behördlichen Ausspruch konstitutiver Art, der erst mit seiner Rechtskraft wirksam wird und einen Gewerbebeendigungsgrund im Sinne des § 85 Z. 8 GewO 1973 darstellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. April 1989, Zl. 87/04/0184 uva.). Zufolge der konstitutiven Wirkung eines derartigen Ausspruches ist aber das Vorliegen allfälliger Ausschlußgründe allein noch nicht geeignet, eine - auf den Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung abzustellende - behördliche Feststellung bzw. Untersagung im Sinne des § 340 Abs. 7 GewO 1973 zu rechtfertigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Dezember 1983, Slg N.F. Nr. 11243/A).

Vorliegendenfalls erachtete sich die belangte Behörde an die Begründungsdarlegungen des rechtskräftigen Entziehungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft X vom 4. Juli 1985 und des rechtskräftigen Bescheides des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 26. Februar 1989, mit welchem ein Ansuchen des Beschwerdeführers um Erteilung einer Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung gemäß § 26 Abs. 1 und 4 iVm § 13 Abs. 1 Z. 1 bis 3 GewO 1973 abgewiesen worden ist, gebunden. Keiner dieser Bescheide enthält jedoch einen konstitutiven Abspruch über das Vorliegen von Ausschlußgründen betreffend das in Rede stehende, vom Beschwerdeführer angemeldete Gewerbe im Sinne der vordargestellten Rechtslage.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993040180.X00

Im RIS seit

25.01.2001

Zuletzt aktualisiert am

26.04.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten