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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
StVO 1960 §5 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des G in T, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 19. Feber 1992, Zl. IIb2-V-9081/6-1992, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 19. Feber 1992 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe sich am 2. Juli 1990 um 15.58 Uhr an einem näher genannten Ort gegenüber einem besonders geschulten und hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet habe werden können, daß er ein näher bezeichnetes Kraftfahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von S 8.000,-- verhängt wurde.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Insoweit es der Beschwerdeführer als Verfahrensmangel ansieht, daß die belangte Behörde die "Entlastungszeugen" nicht selbst vernommen, sondern deren Aussagen aus dem gerichtlichen Strafverfahren verwertet habe und hiedurch der "Grundsatz der Unmittelbarkeit ad absurdum" geführt worden sei, ist ihm zu entgegnen, daß § 51i VStG, wo der Grundsatz der Unmittelbarkeit des Verfahrens vor den unabhängigen Verwaltungssenaten statuiert wird, durch die Novelle BGBl. Nr. 358/1990 mit Wirkung vom 1. Jänner 1991 eingeführt wurde, wobei jedoch Art. II Abs. 2 der genannten Novelle bestimmt, daß am 1. Jänner 1991 anhängige Verfahren (wie das vorliegende) nach der bisherigen Rechtslage zu Ende zu führen sind. Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer nicht konkret aufzuzeigen vermag, welches andere Beweisergebnis aus einer unmittelbaren Zeugenvernehmung durch die belangte Behörde hervorgegangen wäre, war es im Grunde des § 46 AVG nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die Aussagen der vor dem Strafgericht vernommenen Zeugen verwertete und unter anderem auch diese ihren Feststellungen zugrundelegte. Ebenso ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen kein konkreter Anhaltspunkt dafür, daß Verfahrensvorschriften zum Nachteil des Beschwerdeführers dadurch verletzt wurden, daß der "Belastungszeuge" demgegenüber im Verwaltungsstrafverfahren unmittelbar einvernommen wurde. Im übrigen ist das Beschwerdevorbringen, insoweit behauptet wird, daß "zahlreiche Ungereimtheiten" in den Angaben des Meldungslegers H einerseits und der Zeugen M und S andererseits vorgelegen seien, nicht konkretisiert.
Der Beschwerdeführer stützt sich im wesentlichen darauf, daß ihm die Durchführung der Atemalkoholuntersuchung an der Unfallstelle zumutbar gewesen wäre und er hiezu auch bereit gewesen sei, wenn eine derartige Untersuchung nur wenige Minuten in Anspruch genommen hätte. Da an Ort und Stelle jedoch kein Atemalkoholuntersuchungsgerät vorhanden gewesen sei, sei er von den Straßenaufsichtsorganen aufgefordert worden, zwecks Durchführung des Alkomattests aufs Wachzimmer mitzukommen, was ihm im Hinblick auf die beim Unfall erlittenen Kopfverletzungen nicht hätte zugemutet werden können, weil er durch eine Fahrt ins Wachzimmer und dortige Atemluftuntersuchung längere Zeit hindurch "auf jegliche ärztliche Hilfe verzichten" hätte müssen.
Es trifft wohl zu, daß bei der Beurteilung der Weigerung des Beschwerdeführers, zur Durchführung der Atemluftalkoholuntersuchung über Aufforderung der Straßenaufsichtsorgane ins Wachzimmer mitzukommen, es auch darauf ankommt, ob dies dem Beschwerdeführer zumutbar ist (vgl. u. a. das hg. Erkenntnis vom 16. Februar 1994,
Zlen. 93/03/0230, 0231, mit weiteren Judikaturhinweisen). Der für die Beurteilung dieser Frage notwendige Sachverhalt wurde von der belangten Behörde jedoch hinreichend aufgeklärt:
Der praktische Arzt Dr. U stellte am 3. Juli 1990 (dem Tag nach dem Unfall) dem Beschwerdeführer eine Bestätigung über seine Arbeitsunfähigkeit aus, in der als Diagnose
"CC (= Commotio cerebri, Gehirnerschütterung), Schädelprellung" angenommen wurde. In seinem danach an den Beschwerdevertreter übermittelten Schreiben vom 3. März 1991 teilte der genannte Arzt mit, daß der Beschwerdeführer nicht am 2. Juli 1990 persönlich in seiner Ordination zur Untersuchung und Behandlung erschienen sei, er habe den Beschwerdeführer auch danach nicht gesehen, er habe die Krankmeldung jedoch gemäß einer Schilderung der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers, die langjährige Patientin sei, ausgestellt. Er sei weder um einen dringenden Hausbesuch gebeten worden, noch sei der Beschwerdeführer wegen des Unfalls in seine Ordination gekommen.
Auf Grund dieses Schreibens und auch im Hinblick auf die - auch vom Beschwerdeführer in der Beschwerde zur Untermauerung seines Vorbringens herangezogene - Aussage des Zeugen M vom 30. April 1991, daß er den Beschwerdeführer nach dem Unfall an Ort und Stelle "total fertig, geschockt" gesehen habe und wahrgenommen habe, daß der Beschwerdeführer sagte, ihm sei "so schwindlig, so schlecht" holte die belangte Behörde ein ärztliches Gutachten darüber ein, ob der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Verweigerung des Alkotests unzurechnungsfähig gewesen sei oder nicht. Der Amtssachverständige ist auf die Ausführungen des praktischen Arztes Dr. U vollinhaltlich eingegangen und hat diese in seinem Gutachten vom 13. November 1991 verwertet, wobei auch die Darstellung der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers hinsichtlich des von ihr beim Beschwerdeführer nach dem Unfall wahrgenommenen Zustandes berücksichtigt wurde. Gemäß dem Gutachten des Amtssachverständigen finden sich für eine Commotio cerebri keinerlei Hinweise, desgleichen nicht für ein Schockgeschehen, das zu einer Bewußtseinstrübung geführt haben könnte.
Im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zustehenden Kontrolle der Beweiswürdigung der belangten Behörde (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1990, Zl. 89/02/0195) kann keine Rechtswidrigkeit erkannt werden, wenn die belangte Behörde die Ergebnisse dieses Gutachtens im Zusammenhalt mit dem Umstand, daß der Beschwerdeführer, der die Atemalkoholuntersuchung mit der Begründung verweigert hatte, er müsse mit der Rettung ins Krankenhaus geführt werden, danach des Krankenhaus jedoch verließ, ohne sich untersuchen zu lassen, dahin wertete, daß es dem Beschwerdeführer zumutbar gewesen wäre, sich einer Atemalkoholuntersuchung auf dem Wachzimmer zu unterziehen. Hinzu kommt noch, daß der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme im gerichtlichen Strafverfahren vor dem Bezirksgericht Innsbruck am 18. Feber 1991 aussagte, daß er die Fahrt auf die Wachstube verweigerte, weil er "das nicht wollte, in Anbetracht des Durcheinanders, das herrschte".
Da es somit der Beschwerde nicht gelungen ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Alkotest VerweigerungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992030120.X00Im RIS seit
12.06.2001