TE Vwgh Erkenntnis 1994/4/27 93/01/1188

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Veröffentlicht am 27.04.1994
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1968 §1;
AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §25 Abs1;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde der I in T, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Mai 1993, Zl. 4.338.667/1-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der "jugoslawischen Föderation" ist am 17. Mai 1992 in das Bundesgebiet eingereist und hat am 25. Mai 1992 beantragt, ihr Asyl zu gewähren. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 22. Juni 1992 gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Österreich gewähre der Beschwerdeführerin kein Asyl.

Nach der in dieser Hinsicht von der Beschwerdeführerin nicht bestrittenen Begründung des angefochtenen Bescheides habe die Beschwerdeführerin bei der niederschriftlichen Befragung vom 7. Juni 1992 angegeben, daß sie nie der kommunistischen Partei oder einer anderen politschen Organisation als Mitglied angehört habe. Auch habe sie sich nie politisch betätigt. Politischen Verfolgungen sei sie nicht ausgesetzt gewesen. Ihre Religion habe sie frei und ungehindert ausüben können. Aufgrund von Schwierigkeiten ihres Ehegatten habe sie sich zur gemeinsamen Ausreise nach Österreich entschlossen. In der Berufung habe die Beschwerdeführerin ausgeführt, daß sie aufgrund von Verfolgungen und aus begründeter Furcht vor weiteren Verfolgungen oder Benachteiligungen zum Verlassen ihres Heimatlandes gezwungen worden sei.

Die belangte Behörde wendete im Hinblick darauf, daß das Berufungsverfahren nach dem 1. Juni 1992 bei ihr anhängig gewesen sei, gemäß § 25 Abs. 2 erster Satz Asylgesetz 1991 dieses Gesetz an. Sie begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß die Beschwerdeführerin im gesamten Verwaltungsverfahren keine konkrete Verfolgung oder Furcht vor einer solchen glaubhaft gemacht habe. Die Beschwerdeführerin habe in der niederschriftlichen Befragung selbst angegeben, daß sie aus familiären Motiven mit ihrem Ehegatten ausgereist sei, der sich der Einberufung zum Militärdienst entziehen habe wollen. Das Asylrecht schütze im übrigen nur Personen, gegen die staatliche Verfolgungsmaßnahmen von erheblicher Intensität gesetzt würden. Derartige Maßnahmen habe die Beschwerdeführerin nicht ins Treffen geführt. Es sei davon auszugehen, daß den Angaben des Asylwerbers bei der ersten Befragung die größere Glaubwürdigkeit als dem späteren Vorbringen beizumessen sei. Die pauschalen Berufungsangaben habe die Beschwerdeführerin weder konkretisiert noch durch Beweismittel untermauert. Das Ermittlungsverfahren habe darüberhinaus ergeben, daß die Beschwerdeführerin vor ihrer Einreise bereits in Ungarn gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 vor Verfolgung sicher gewesen sei.

In der gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerdeführerin seine inhaltliche Rechtswidrigkeit und seine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Asylgewährung im Sinne des Asylgesetzes 1991 sowie im Recht auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat über die Beschwerde erwogen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 31. März 1993, Zl. 92/01/0831, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausführlich dargelegt hat, ist gemäß § 25 Abs. 1 Asylgesetz 1991 im gesamten Asylverfahren das Asylgesetz, BGBl. Nr. 126/1968, anzuwenden, wenn das Verfahren in erster Instanz am 1. Juni 1992 anhängig war. Im vorliegenden Fall war das Asylverfahren am 1. Juni 1992 in erster Instanz anhängig, die belangte Behörde hätte daher das Asylgesetz (1968) anzuwenden gehabt und nicht das Asylgesetz 1991. Es war daher rechtwidrig, wenn die belangte Behörde ihre Entscheidung u.a. auf § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 gegründet hat. Da die belangte Behörde ihren Bescheid aber auch darauf stützte, daß die Beschwerdeführerin nicht glaubhaft gemacht habe, Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 zu sein und der Flüchtlingsbegriff des Asylgesetzes 1991 mit jenem des § 1 Asylgesetz (1968) in Verbindung mit der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge inhaltlich ident ist, wäre die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nur dann in Rechten verletzt, wenn die Beurteilung der Frage der Flüchtlingseigenschaft rechtswidrig erfolgt wäre oder Verletzungen von Verfahrensvorschriften vorlägen, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können.

Die Beschwerdeführerin rügt zunächst, daß nicht berücksichtigt worden sei, daß sie - wie sich aus dem Akt ergebe - albanischer Nationalität sei. Eine ordnungsgemäße Anfrage beim Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten oder bei einer internationalen Organisation hätte in diesem Zusammenhang ergeben, daß Personen albanischer Nationalität schweren Verfolgungen der Behörden ausgesetzt seien. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 26. Jänner 1994, Zl. 93/01/0370, und vom 21. Februar 1994, Zl. 93/01/1464) verlangt der Tatbestand der asylrechtlich relevanten Verfolgung jedoch konkrete gegen den Asylwerber gerichtete bzw. ihm drohende Verfolgungshandlungen. Allein aus der Zugehörigkeit zu einer Minderheit kann keine Verfolgung im Sinne des Asylgesetzes (1968) abgeleitet werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. September 1989, Zl. 89/01/0188, und vom 4. Oktober 1989, Zl. 89/01/0230).

Wenn die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auch meint, allein aufgrund des Umstandes ihrer albanischen Nationalität hätte die belangte Behörde Anfragen an das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten bzw. an eine internationale Menschenrechtsorganisation richten müssen, genügt es, darauf hinzuweisen, daß nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers als zentrales Entscheidungskriterium heranzuziehen ist und es dem Asylwerber obliegt, alles Zweckdienliche für die Erlangung der von ihm angestrebten Rechtsstellung vorzubringen (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 8. Juli 1992, Zl. 92/01/0592, und die dort zitierte Vorjudikatur). Die Beschwerdeführerin hat aber weder im Asylverfahren (auch nicht im Berufungsverfahren) noch in der vorliegenden Beschwerde näher dargelegt, welche schweren Verfolgungen ihrer Auffassung nach in ihrem Heimatland gegen Personen albanischer Nationalität erfolgen.

Auch den Einwänden der Beschwerdeführerin, es seien nicht alle ihre Angaben bei der Einvernahme protokolliert worden und die Begründung sei nicht ausreichend, kommt schon deshalb keine Berechtigung zu, weil die Beschwerdeführerin in keiner Weise darlegt, welche Angaben fehlen würden bzw. welche Gründe nicht berücksichtigt worden seien, aufgrund derer die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Es ist für den Verwaltungsgerichtshof daher auch nicht ersichtlich, warum "bei richtiger und vollständiger Feststellung des Sachverhaltes sowie bei richtiger Würdigung der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen" die belangte Behörde eine konkrete Verfolgung hätte feststellen können.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Dem Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte somit nicht stattgegeben werden.

Schlagworte

Grundsätzliches zur Rechtmäßigkeit und zur Rechtsverletzungsmöglichkeit Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993011188.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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