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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des I in S, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Dezember 1993, Zl. 4.322.614/3-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Dezember 1993 wurde in Erledigung der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 23. September 1991 ausgesprochen, daß Österreich dem Beschwerdeführer - einem rumänischen Staatsangehörigen, der am 20. September 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist und noch am selben Tag den Asylantrag gestellt hat - kein Asyl gewähre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer, ohne sich mit seiner Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auseinanderzusetzen, deshalb kein Asyl gemäß § 3 leg. cit. gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihm der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging von den Angaben des Beschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung am 20. September 1991, daß er sich im Zuge seiner "Reisebewegungen" in Ungarn aufgehalten habe, aus und befaßte sich in rechtlicher Hinsicht näher mit dem Begriff der "Verfolgungssicherheit" im Sinne der genannten Gesetzesstelle, wobei sie im wesentlichen - im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beginnend mit dem Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256), auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird - die Rechtslage richtig erkannt hat.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Annahme der belangten Behörde, daß Ungarn das im Art. 33 der Genfer Flüchtlingskonvention - der dieses Land bereits beigetreten war, als sich der Beschwerdeführer nach Verlassen seines Heimatlandes dort aufgehalten hat (siehe BGBl. Nr. 260/1992) - verankerte "Refoulement-Verbot" respektiere, und behauptet "ausdrücklich das Gegenteil". Es sei bekannt, daß die Beziehungen zwischen Ungarn und Rumänien höchst angespannt seien, und der Beschwerdeführer wisse "aus eigenen persönlichen Erfahrungen aus seinem engsten Familien- und Freundeskreis, daß Ungarn rumänische Staatsbürger rumänischer Volkszugehörigkeit ohne irgendwelche konventionsrechtlichen Rücksichten beinhart zurückgeschickt hat".
Würde diese Behauptung zutreffen, so könnte nicht mehr ohne weiteres davon die Rede sein, daß der Beschwerdeführer, bezogen auf den hiebei allein maßgebenden Zeitpunkt seines Aufenthaltes in diesem Land (vgl. unter anderem die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, und vom 26. Jänner 1994, Zl. 93/01/1522), bereits in Ungarn vor Verfolgung sicher gewesen sei. Der Beschwerdeführer hat zwar diese Behauptungen erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihm - wie er mit Recht rügt - im Verwaltungsverfahren nicht Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen, weshalb dieses Vorbringen nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG verstößt. Der Beschwerdeführer hat schon damit die Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels aufgezeigt. Ob darüber hinaus für seinen Standpunkt auch dann etwas zu gewinnen wäre, wenn - entgegen diesem Vorbringen - an sich Verfolgungsschutz für ihn in Ungarn gegeben gewesen wäre, er jedoch diesen auf Grund der von ihm behaupteten Art seiner Durchreise von Rumänien nach Österreich in einem Eisenbahnwaggon faktisch nicht in Anspruch hätte nehmen können, kann bei diesem Ergebnis auf sich beruhen.
Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994010074.X00Im RIS seit
20.11.2000