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90 Straßenverkehrsrecht, KraftfahrrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung der Individualanträge auf Aufhebung der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau vom 15.03.91, mit der auf bestimmten Teilen der Drautal Straße B100, der Mölltal Straße B106 und der Großglockner Straße B107 als Maßnahme zur Regelung und Sicherung des Verkehrs Fahrverbote für Lastkraftfahrzeuge mit einem über 25 t höchsten zulässigen Gesamtgewicht sowie für Lastkraftfahrzeuge mit Anhänger mit über 3,5 t Gesamtgewicht mit bestimmten Ausnahmen verfügt wurden. Nach §45 Abs2a StVO 1960 idF BGBl. 562/1989 besteht die Möglichkeit für die Antragsteller, in einem (auf Antrag der Betroffenen einzuleitenden) Verwaltungsverfahren abzuklären, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Ausnahmebewilligung vom allgemeinen Fahrverbot gegeben sind. Diesen Weg zur Geltendmachung der behaupteten Rechtswidrigkeit der Verordnung hält der Gerichtshof auch dann für zumutbar (vgl. VfSlg. 9740/1983), wenn der Antragsteller selbst davon ausgeht, daß die Voraussetzungen für eine Ausnahmebewilligung nicht vorliegen (VfSlg. 8009/1977). Bei den wirtschaftlichen Auswirkungen von Verkehrsvorschriften handelt es sich nur um faktische Reflexwirkungen, nicht aber um Eingriffe in die Rechtssphäre des Unternehmers.Spruch
Die Anträge werden zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Die Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau hat mit Verordnung vom 15. März 1991, Z14-4/52/90, auf bestimmten Teilen der Drautal Straße B100, der Mölltal Straße B106 und der Großglockner Straße B107 als Maßnahme zur Regelung und Sicherung des Verkehrs Fahrverbote für Lastkraftfahrzeuge mit einem über 25 t höchsten zulässigen Gesamtgewicht sowie für Lastkraftfahrzeuge mit Anhänger mit über 3,5 t Gesamtgewicht mit bestimmten Ausnahmen verfügt.
2. Gestützt auf Art139 B-VG wird von den antragstellenden Gesellschaften die Aufhebung dieser Verordnung zur Gänze, in eventu von Teilen begehrt, weil aufgrund der durch die gegenständliche Verordnung erzwungenen Umwege den antragstellenden Gesellschaften "existenzbedrohende finanzielle Einbußen" entstanden seien. Die antragstellenden Gesellschaften betreiben - nach ihren Darstellungen - jeweils mit Standort in Oberösterreich das Gewerbe der Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen gemäß §130 Z III GewO 1973. Ein erheblicher Anteil der Geschäftsverbindungen verpflichte sie zu Fahrten nach Italien, die bisher vornehmlich über die vom verordneten Fahrverbot betroffenen Straßen durchgeführt wurden.
Die antragstellenden Gesellschaften begründen ihre Antragslegitimation damit, daß die wirtschaftlichen Interessen "schwerstens und unzumutbar" beeinträchtigt werden, dies aber nach "der geltenden Gesetzeslage gemäß §45 StVO nicht ausreichend" sei, um eine Ausnahmegenehmigung zu erwirken.
"Nach - dem hier nicht anwendbaren - §45 Abs2 StVO könnte die Behörde Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straße gelten, auf Antrag ua auch (schon dann) bewilligen, wenn ein wirtschaftliches Interesse des Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert."
Da sich die Verordnung jedoch auf §43 Abs2 lita StVO 1960 stützt, sei für die Beförderung von Gütern, wie sie die antragstellenden Gesellschaften durchführen, §45 Abs2a StVO 1960 heranzuziehen, wonach Ausnahmebewilligungen nur zu erteilen sind, wenn daran ein erhebliches öffentliches Interesse besteht.
Die geforderten öffentlichen Interessen für die Erteilung von Ausnahmebewilligungen für Fahrten könnten jedoch nicht behauptet werden. Aus diesem Grund seien "die gesetzlichen Voraussetzungen von vornherein nicht gegeben" und könnten Ausnahmebewilligungen von Verkehrsbeschränkungen nach der derzeit geltenden Gesetzeslage gar nicht erteilt werden. Da somit die antragstellenden Gesellschaften "mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Antrag gemäß §45 StVO 1960 nicht mit der geringsten Aussicht auf Erfolg stellen" könnten, sei "eine derartige Antragstellung daher im vorliegenden Fall kein 'zumutbarer Weg' zur Geltendmachung ihres rechtlichen Interesses".
Die antragstellenden Gesellschaften seien direkt betroffen, da für den Fall des Zuwiderhandelns gegen die Verordnung mit einer Verwaltungsstrafe zu rechnen sei.
3. Die Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau hat die Verwaltungsakten vorgelegt und auf die Abgabe einer Äußerung verzichtet.
4. Die Kärntner Landesregierung beantragt in ihrer Äußerung die Zurückweisung der Anträge als unzulässig, weil den antragstellenden Gesellschaften die Antragslegitimation fehle.
II. Der Antrag ist unzulässig.
1. Gemäß Art139 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.
Anfechtungsberechtigt ist also nur der Normadressat, in dessen Rechtssphäre in einer nach Art und Ausmaß im Gesetz eindeutig bestimmten Weise nicht bloß potentiell, sondern aktuell eingegriffen wird und dem ein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der Rechtswidrigkeit nicht zur Verfügung steht (vgl. VfSlg. 8009/1977 u.v.a.). Dabei ist von jenen Wirkungen der Norm auszugehen, durch die sich der Antragsteller beschwert erachtet (vgl. VfSlg. 8060/1977, 8553/1979).
2. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in mehreren Beschlüssen dargetan, daß die Möglichkeit der Erwirkung einer Ausnahmebewilligung gemäß §45 StVO 1960 zur Bekämpfung einer mittels Verordnung verhängten Verkehrsbeschränkung einen zumutbaren Weg zur Geltendmachung der behaupteten Rechtswidrigkeit dieser Verordnung eröffnet (vgl. VfSlg. 10302/1984; VfGH 13. März 1990, V2-15/90 ua.). Auch nach dem für den vorliegenden Fall anzuwendenden §45 Abs2a StVO 1960 in der Fassung BGBl. 562/1989 besteht die Möglichkeit für die Antragsteller, in einem (auf Antrag der Betroffenen einzuleitenden) Verwaltungsverfahren abzuklären, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer solchen Ausnahmebewilligung vom allgemeinen Fahrverbot gegeben sind. Sind die Voraussetzungen gegeben, so hat die Behörde durch Erteilung der beantragten Bewilligung die sonst für jedermann eintretende Verkehrsbeschränkung für die Antragsteller aufzuheben. Damit steht diesen ein Mittel zu Verfügung, die Wirkungen der Verordnung von sich abzuwenden oder aber - wenn dieser Weg aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen erfolglos bleiben sollte - in einer Beschwerde die Frage der Gesetzmäßigkeit des Verbotes an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Diesen Weg hält der Gerichtshof auch dann für zumutbar (vgl. VfSlg. 9740/1983), wenn der Antragsteller selbst davon ausgeht, daß die Voraussetzungen für eine Ausnahmebewilligung nicht vorliegen (VfSlg. 8009/1977).
3. Soweit die antragstellenden Gesellschaften durch das in der angefochtenen Verordnung ausgesprochene Fahrverbot einen Eingriff in ihre Rechtssphäre wegen Beeinträchtigung ihrer wirtschaftlichen Interessen behaupten, fehlt es daran von vornherein. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, handelt es sich bei solchen wirtschaftlichen Auswirkungen von Verkehrsvorschriften nur um faktische Reflexwirkungen, nicht aber um Eingriffe in die Rechtssphäre des Unternehmers.
Die Anträge waren daher mangels Legitimation der Antragsteller zurückzuweisen.
4. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Individualantrag, Straßenpolizei, FahrverbotEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:V179.1991Dokumentnummer
JFT_10088875_91V00179_00