Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
StVO 1960 §4 Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des D in A, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 26. März 1992, Zl. IIb2-V-9280/3-1992, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 5. Dezember 1991 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 25. Juni 1990 um 17.40 Uhr in Innsbruck einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW auf der unbenannten Verbindungsstraße gelenkt und sei in Richtung Leopoldstraße eingebogen. Dabei sei es mit einem dem Kennzeichen nach bestimmten PKW zu einem Verkehrsunfall gekommen. Am zweitbeteiligten Fahrzeug sei die Vorderstoßstange linksseitig am Eck aus der Halterung gerissen und beschädigt worden. Der Beschwerdeführer habe es unterlassen, ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle von diesem Verkehrsunfall zu verständigen. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 5 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 3 lit. b StVO 1960 eine Geldstrafe von S 3.000,-- (drei Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 26. März 1992 wurde die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung abgewiesen und der Spruch des Straferkenntnisses dahin präzisiert, als der Tatort mit "Kreuzung Leopoldstraße - unbenannte Verbindungsstraße zwischen Leopoldstraße und Tschamlerstraße" näher umschrieben wurde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht und beantragt wird, diesen kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß sein Verhalten mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden ist. Schon die von der Erstbehörde gewählte Diktion, daß der Beschwerdeführer sein Fahrzeug gelenkt habe und es "dabei" zu einem Verkehrsunfall gekommen sei, bei welchem das zweitbeteiligte Fahrzeug an einer bestimmten Stelle beschädigt worden sei, ließ an einem für den Verkehrsunfall ursächlichen Verhalten des Beschwerdeführers und der daraus an einem fremden Fahrzeug entstandenen Beschädigung keinen Zweifel.
Insoweit der Beschwerdeführer geltend macht, daß die Tatortbezeichnung durch die Erstbehörde unpräzise und die von der belangten Behörde vorgenommene Präzisierung unzulässig gewesen sei, kann seinen Argumenten nicht gefolgt werden: Gemäß § 44a lit. a VStG 1950 hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten; es bedarf daher im Bescheidspruch der Anführung aller WESENTLICHEN Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind. Hiefür ist unter anderem erforderlich, daß die Identität der Tat nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht. Im Spruch des Straferkenntnisses muß dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch muß geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. u. a. das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1992, Zl. 91/03/0152, mit weiteren Judikaturhinweisen). Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer nicht bestritten, daß er das Fahrzeug an der Kreuzung "unbenannte Verbindungsstraße - Leopoldstraße" gelenkt hat. Der belangten Behörde war es nicht verwehrt, die erwähnte Verbindungsstraße - entsprechend dem Inhalt der Anzeige - noch näher zu beschreiben.
Auch die Auffassung des Beschwerdeführers, ein wesentliches Tatbestandsmerkmal des § 4 Abs. 5 StVO 1960 sei es, daß ein Identitätsnachweis dem Geschädigten gegenüber unterblieben sei, trifft nicht zu. Das Unterbleiben des Identitätsnachweises ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wohl eine objektive Bedingung der Strafbarkeit der Verletzung der in § 4 Abs. 5 StVO 1960 statuierten Meldepflicht, aber kein Tatbestandselement einer Übertretung nach dieser Bestimmung (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1992, Zl. 92/02/0033, mit weiterem Judikturhinweis).
Der Beschwerdeführer rügt als Verfahrensmangel, daß die belangte Behörde die von ihm angebotenen Zeugen zum Beweise dafür, daß an seinem Fahrzeug keinerlei Beschädigungen aufgetreten seien, nicht vernommen und hiezu auch der Sachverständige keine verwertbaren Angaben gemacht habe. Hätte nämlich der Beschwerdeführer tatsächlich das gegnerische Fahrzeug beschädigt, hätten unbedingt an seinem Fahrzeug korrespondierende Beschädigungen vorhanden sein müssen. Der Beschwerdeführer übersieht hiebei einerseits, daß der Sachverständige in seiner Befundaufnahme unter anderem auch davon ausgegangen ist, daß nach der Aussage des Beschwerdeführers an seinem Fahrzeug kein Schaden entstanden ist und er es - einige Wochen nach dem gegenständlichen Vorfall - durch einen Gendarmeriebeamten besichtigen ließ. Andererseits vermag es der Beschwerdeführer aber auch nicht, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels hinreichend präzise darzustellen, weil er keinen konkreten Anhaltspunkt dafür aufzeigt, daß im Hinblick auf die festgestellte geringfügige Beschädigung am gegnerischen Fahrzeug - was jedoch nichts an der Strafbarkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers ändert - notwendigerweise auch an seinem Fahrzeug eine Beschädigung aufgetreten sein mußte.
Aus dem eingeholten Gutachten des Kfz-Amtssachverständigen geht hervor, daß die Darstellung über die Beschädigung hinsichtlich der Stoßstange, wie sie vom Zeugen Ö abgegeben wurde, möglich ist. Das Gutachten ließ offen, ob es zu einer bleibenden Beschädigung hinsichtlich der Stoßstange gekommen war oder nicht, je nach dem ob sie nach dem Herausdrücken aus der Halterung und nach der hiebei aufgetretenen Verformung - da ihre Kunststoffhaut aus elastischem Material besteht - wieder in ihre Ausgangslage "zurückgegangen" ist oder nicht. Der Zeuge Ö legte hiezu dar, daß die Stoßstange nicht mehr in ihre ursprüngliche Lage zurückversetzt werden konnte. Begründete Bedenken gegen diese Aussage, der die belangte Behörde folgte, ergeben sich auf Grund des Beschwerdevorbringens nicht. Aus den Ausführungen des Amtssachverständigen ergibt sich im übrigen auch, daß das Anprallgeräusch des Unfalles für den Beschwerdeführer erkennbar gewesen sein muß. Inwieweit dies "wissenschaftlich" untermauert hätte werden müssen, konkretisiert der Beschwerdeführer nicht.
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde auch hinreichend und zutreffend die für die Strafbemessung in Erwägung gezogenen Gründe dargestellt, indem sie davon ausging, daß der Unrechtsgehalt der Tat erheblich sei und als Schuldform bedingter Vorsatz anzunehmen sei, wobei Straferschwerungs- und Milderungsgründe nicht vorlägen, sodaß eine Überschreitung des der belangten Behörde hier eingeräumten Ermessensspielraumes nicht erkennbar ist. Erörterungen zu der mit der Strafverfügung verhängt gewesenen Geldstrafe waren für die Frage der Rechtmäßigkeit der mit dem angefochtenen Bescheid verhängten Strafe entbehrlich.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Identitätsnachweis MeldepflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1992030127.X00Im RIS seit
12.06.2001