TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/4 93/18/0619

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Veröffentlicht am 04.05.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z7;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1 Z1;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §36;
FrG 1993 §37;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der C in S, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 2. November 1993, Zl. Fr-6150/92, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine rumänische Staatsangehörige, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z 7 unter Bedachtnahme auf die §§ 19 und 20 FrG ein bis zum 22. Oktober 1997 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß die Beschwerdeführerin, deren seit 1990 währender Aufenthalt im Bundesgebiet seit dem 23. Oktober 1992 (Rechtskraft der Ungültigerklärung des der Beschwerdeführerin ausgestellten Sichtvermerks) nicht rechtmäßig sei, in den Jahren 1991 und 1992 insgesamt S 186.700,-- an Sozialhilfe und bis 31. Mai 1993 Sozialhilfe in unbekannter Höhe bezogen habe. Ihr (damaliger) Lebensgefährte G habe seit 1991 Sozialhilfezahlungen in der Höhe von ca. S 193.000,-- erhalten. Die Beschwerdeführerin sei somit nicht in der Lage, aus eigenen Mitteln für ihren Lebensunterhalt aufzukommen. Darüber hinaus habe sie ihre beiden Kinder unter Umgehung der gesetzlichen Vorschriften nach Österreich geholt, obwohl sie nicht in der Lage sei, sie finanziell aus eigenen Mitteln zu versorgen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin macht der belangten Behörde im wesentlichen zum Vorwurf, den im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides gegebenen Sachverhalt nicht erhoben zu haben, dies, obwohl sie in der Stellungnahme vom 30. Dezember 1992 auf ihre geänderte finanzielle Lebenssituation hingewiesen habe. Aufgrund ihrer eigenen Erwerbstätigkeit seit Ende April 1993, der Erwerbstätigkeit ihres nunmehrigen Ehegatten G, mit dem sie im April 1993 die Ehe geschlossen habe, und des aufrechten Lehrverhältnisses ihres minderjährigen Sohnes N bestehe ausreichender Grund für die Annahme, daß die Beschwerdeführerin und ihre Familie in Zukunft sehr wohl in der Lage sein würden, aus eigener Kraft für ihren Lebensunterhalt aufzukommen, ohne Sozialhilfe in Anspruch nehmen zu müssen.

Dem ist zu entgegnen, daß die Angaben der Beschwerdeführerin in der erwähnten Stellungnahme vom 30. Dezember 1992 über ihr Beschäftigungsverhältnis bei einer Firma A und das daraus bezogene Einkommen für die Folgezeit - wie aus der Aktenlage hervorgeht - nicht mehr zutrafen. Mit Schreiben vom 4. Februar 1993 teilte die belangte Behörde dem (damaligen) Vertreter der Beschwerdeführerin folgendes mit:

"Die ho. Behörde gelangte in Kenntnis, daß Sie nicht mehr bei der Fa. A beschäftigt sind. Sie werden daher ersucht mitzuteilen, ob dies den Tatsachen entspricht. Wenn ja, werden Sie weiters ersucht mitzuteilen, wann das Beschäftigungsverhältnis geendet hat und aus welchen Mittel sie seither ihren Lebensunterhalt bestreiten. Sollten Sie in einem neuen Beschäftigungsverhältnis stehen werden Sie ersucht eine entsprechende Bestätigung beizubringen.

Sollten Sie sich innerhalb von 14 Tagen nicht äußern wird das Verfahren ohne Ihre weitere Anhörung fortgeführt werden."

Darauf antwortete der (damalige) Vertreter der Beschwerdeführerin am 23. Februar 1993 wie folgt:

"Sehr geehrter Herr X,

sehr geehrte Damen und Herren,

unter Bezugnahme auf Ihr Schreiben vom 4.2.1993 teile ich mit, daß sich die Mandantin entschlossen hat, aufgrund ihrer unzumutbaren und mittlerweile unerträglich gewordenen Wohnungssituation ihren Wohnsitz nach Kärnten zu verlegen. Dort befindet sich ihr Cousin, Herr F, E-Straße 44/4/14, D, welcher ihr einen neuen Wohnsitz verschafft hat und auch bei der Suche nach einer neuen Arbeitsstelle behilflich sein wird. Bis dahin gewährt er der Mandantin sowie den Kindern Unterkunft und Verpflegung. Dem Vernehmen nach soll nächste Woche die neue Wohnung der Mandantin bezugsfertig sein und wird die Adresse W, B-Straße 58 lauten.

Die Mandantin wird sich um eine Arbeitsstelle im nur 10 km entfernten V bemühen.

Bekanntlich war es meiner Mandantin in Salzburg nicht möglich, eine angemessene Unterkunft zu finden. So war sie gezwungen, zum einen bei ihrer Cousine in unzumutbaren Verhältnissen zu wohnen, von welchen sich Beamte der Fremdenpolizei Salzburg persönlich informieren konnten.

Da sattsam bekannt ist, daß sich die Wohnungssituation für Ausländer in Salzburg nicht verbessern, sondern eher noch verschlechtern wird, war die Mandantin gezwungen, daraus die Konsequenzen zu ziehen und zu übersiedeln.

Namens und auftrags meiner Mandantin ersuche ich daher, die Wohnsitzverlegung zur Kenntnis nehmen zu wollen und verbleibe

mit freundlichen Grüßen"

Weitere die Einkommensverhältnisse und die familiäre Situation betreffende Mitteilungen der Beschwerdeführerin an die belangte Behörde vor Erlassung des angefochtenen Bescheides sind nicht aktenkundig; daß solche ergangen wären, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet.

Da es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom 14. April 1994, Zl. 94/18/0163) Sache des Fremden ist, von sich aus (initiativ) zu beweisen, daß er über die für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel verfüge, kann bei der gegebenen Sachlage nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde davon ausgegangen ist, daß die Beschwerdeführerin den Besitz der Mittel zu ihrem Unterhalt nicht nachzuweisen vermochte (§ 18 Abs. 2 Z 7 FrG). Aufgrund dessen ist auch die in § 18 Abs. 1 Z 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt.

Die nunmehr in der Beschwerde vorgebrachten Behauptungen über die finanziellen Verhältnisse der Beschwerdeführerin und ihrer Familie können zufolge des gemäß § 41 Abs. 1 VwGG geltenden Neuerungsverbotes nicht berücksichtigt werden. Gleiches gilt für das die sonstigen Lebensumstände der Beschwerdeführerin und ihrer Familie betreffende Beschwerdevorbringen, so über ihre Eheschließung sowie das Lehrverhältnis ihres Sohnes N. Die in der Beschwerde vertretene Meinung, die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, vor Erlassung des angefochtenen Bescheides die Beschwerdeführerin nochmals zur Äußerung über die für die Entscheidung maßgeblichen Fragen aufzufordern, entbehrt der Berechtigung:

Der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens befreit die Partei nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen. Daher ist die Verfahrensrüge einer Partei abzulehen, die im Verwaltungsverfahren untätig blieb, um erst vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Zurückhaltung abzulegen und das Verfahren als mangelhaft zu bekämpfen, an dem sie trotz gebotener Gelegenheit nicht genügend mitwirkte (vgl. die bei Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, 261 ff, angeführte Judikatur).

Der belangten Behörde kann auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie das Aufenthaltsverbot im Grund des § 19 FrG zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele, sei es - im Fall des Bezuges von Sozialhilfe - für das wirtschaftliche Wohl des Landes, sei es - im Hinblick auf die Gefahr, daß mangels entsprechender Mittel der Unterhalt auf illegale Weise gedeckt wird - zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, dringend geboten erachtete. Dazu kommt der von der Beschwerdeführerin nicht bestrittene Umstand, daß sie ihre beiden Kinder unter Umgehung der Einreisebestimmungen nach Österreich geholt hat, sowie ihr eigener unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet; darin durfte die belangte Behörde zurecht eine Gefährdung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen erblicken.

Wenn die belangte Behörde bei der nach § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung den aufgezeigten öffentlichen Interessen ein größeres Gewicht als den gegenläufigen privaten Interessen der Beschwerdeführerin und ihrer Familie beigemessen hat, begegnet dies gleichfalls keinen Bedenken. Mit dem Hinweis auf den - noch dazu zum Teil unrechtmäßigen - Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich seit Dezember 1990 wird kein besonderes Maß an Integration aufgezeigt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. November 1993, Zl. 93/18/0524). Gleiches gilt hinsichtlich der Integration der beiden Kinder der Beschwerdeführerin, die sich erst seit Juli 1991 bzw. Mai 1992 im Bundesgebiet befinden. Das Bestehen einer Lebensgemeinschaft mit G wurde von der belangten Behörde berücksichtigt; daß die Beschwerdeführerin den Genannten geheiratet hat, muß - wie schon erwähnt - zufolge des Neuerungsverbotes unbeachtlich bleiben. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kommt auch den Verhältnissen in ihrem Heimatland keine Relevanz zu, weil die Beschwerdeführerin aufgrund des Aufenthaltsverbotes nicht gehalten ist, nach Rumänien zurückzukehren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. März 1994, Zl. 94/18/0062).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung

BGBl. Nr. 104/1991.

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweislast Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993180619.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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