Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des T, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 16. Dezember 1993, Zl. SD 650/93, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 16. Dezember 1993 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 des Fremdengesetzes-FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.
Begründend ging die belangte Behörde davon aus, daß dem Beschwerdeführer, der am Anfang des Jahres 1990 erstmals einen diesbezüglichen Antrag gestellt habe, in der Folge mehrmals, jeweils auf einige Monate befristet, Sichtvermerke erteilt worden seien. Ab November 1991 habe sich der Beschwerdeführer, und zwar - wie der weiteren Begründung zu entnehmen ist - bis zur Erlassung des nunmehr bekämpften Bescheides, unerlaubt im Bundesgebiet aufgehalten. Er sei deswegen auch einmal wegen Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes bestraft worden.
Anläßlich der neuerlichen Stellung eines Sichtvermerksantrages im Jänner 1993 habe der Beschwerdeführer angegeben, von seinen (in Nigeria lebenden) Eltern (weiterhin) finanziell unterstützt zu werden. Anfang September 1993 sei der Beschwerdeführer bei einer U-Bahn-Station polizeilich überprüft worden, als er dort Süchtige angesprochen habe. Bei der Vernehmung hätte er angegeben, daß er zu dieser Zeit bei einem Freund in Wien 14 gelebt hätte, während seine Gattin (laut seinen Angaben seit ca. einem Jahr in Wien) mit dem gemeinsamen Kind in Wien 21 wohnhaft wäre. Er ginge ebenso wie seine Gattin keiner Beschäftigung nach, hätte aber genügend Mittel zum Unterhalt, die er von seiner Mutter erhielte. In diesem Zusammenhang habe die Gattin des Beschwerdeführers dem UVS Wien (im Rahmen des dort geführten Verfahrens betreffend die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft) am 16. September 1993 lediglich Belege über den Tausch von US-Dollar in österreichische Schilling vorgelegt, die infolge des anonym vorgenommenen Geldwechsels nicht zurechenbar seien. Überdies deckten diese Belege nur etwa 6.000 US-Dollar für ein Jahr (August 1992 bis August 1993), was, selbst wenn man die Zurechnung nicht anzweifle, für eine dreiköpfige Familie nicht ausreiche. Da kein einziger Nachweis über den Transfer des Geldes aus Nigeria habe erbracht werden können, erscheine auch die legale Herkunft zumindest eines Teiles des Geldes zweifelhaft. Dem Beschwerdeführer sei es daher nicht gelungen, regelmäßige und ausreichende Mittel für seinen Unterhalt und den seiner Familie nachzuweisen. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG seien damit gegeben. Auch die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme sei gerechtfertigt.
Selbst wenn man in der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes einen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers erblicken wolle - die Gattin des Beschwerdeführers sei ihm erst vor relativ kurzer Zeit nachgereist -, erscheine dieser Eingriff im Hinblick auf die nicht ausreichenden Unterhaltsmittel sowie das "Naheverhältnis" des Beschwerdeführers zur Schlepper- und insbesondere zur Drogenszene zur Verhinderung strafbarer Handlungen und damit zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie hätten dabei unter Bedachtnahme auf die mangelhafte soziale Integration der Genannten hinter den nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von dieser Maßnahme zurückzustehen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, daß die Annahme der belangten Behörde, er habe den Nachweis über das Vorhandensein ausreichender Mittel für seinen Unterhalt nicht zu erbringen vermocht, unzutreffend sei. Er habe im Verwaltungsverfahren mehrfach vorgebracht, daß er seine Unterhaltsmittel durch Postsendungen aus Nigeria erhalte. Nachdem er zur Kenntnis habe nehmen müssen, daß die bloßen Bestätigungen über "Geldwechsel ausländischer Währungen" von der Behörde als nicht ausreichend angesehen würden, lasse er sich nunmehr die entsprechenden Bestätigungen auf seinen Namen ausstellen. Er verweist dazu auf der Beschwerde beigeschlossene diesbezügliche Ablichtungen, aus denen sich ergebe, daß ihm allein in den Monaten Oktober und November 1993 Unterhaltsmittel in der Höhe von S 20.000,-- zur Verfügung gestanden seien.
1.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde von sich aus (initiativ) zu beweisen, daß er über die zur Bestreitung seines Unterhaltes erforderlichen Mittel verfüge (vgl. etwa das Erkenntnis vom 14. April 1994, Zl. 94/18/0162, mwH auf die zur insoweit inhaltsgleichen Bestimmung des § 3 Abs. 2 Z. 7 FrPolG ergangene Judikatur). Zu Recht hat die belangte Behörde die Vorlage von Bankbelegen über den mehrmaligen Wechsel verschieden hoher Beträge von US-Dollar in österreichische Schilling schon deshalb nicht als Nachweis im bezeichneten Sinn anerkannt, weil aufgrund des anonym vorgenommenen Geldwechsels in keiner Weise gewährleistet war, daß die entsprechenden Beträge in österreichischer Währung dem Beschwerdeführer zur Verfügung standen. Dem Beschwerdeführer ist es aber auch mit dem Hinweis auf die mit der Beschwerde vorgelegten Bankbelege vom Oktober und November 1993 über den Wechsel von US-Dollar in österreichische Schilling nicht gelungen, den erforderlichen Nachweis i.S. des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG zu erbringen, handelt es sich doch bei diesem Vorbringen, da erstmals in der Beschwerde erstattet, um eine im Grunde des § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung. Abgesehen davon ist festzuhalten, daß lediglich einer dieser Belege (jener vom 11. Oktober 1993) auf den Namen des Beschwerdeführers ausgestellt ist, und außerdem die Tatsache - unterstellt, sie träfe zu -, daß der Beschwerdeführer in den Monaten Oktober und November 1993 über einen Betrag von etwa S 20.000,-- verfügen konnte, zur Erbringung des besagten Nachweises im Hinblick auf den davon erfaßten kurzen Zeitraum von lediglich zwei Monaten nicht geeignet gewesen wäre.
1.3. Auf der Grundlage der somit von der belangten Behörde zutreffend bejahten Verwirklichung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 7 FrG durfte sie auch die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme als gerechtfertigt ansehen.
2. Auch unter der Annahme, daß mit der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes über den Beschwerdeführer ein i.S. des § 19 FrG relevanter Eingriff in sein Privat- und Familienleben verbunden wäre, wäre jene Maßnahme nach der genannten Bestimmung nicht unzulässig. Denn die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers mit der daraus resultierenden Gefahr strafbarer Handlungen des Beschwerdeführers sowie einer finanziellen Belastung der Republik Österreich und der bereits mehr als zweijährige unrechtmäßige Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet lassen das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten erscheinen.
3. Unter Zugrundelegung des solcherart gegebenen sehr großen öffentlichen Interesses an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer ist die belangte Behörde in unbedenklicher Weise zu dem Ergebnis gelangt, daß die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen des Absehens von dieser Maßnahme. Dies einerseits im Hinblick auf den auch im bekämpften Bescheid zum Ausdruck gebrachten unsteten Lebenswandel des Beschwerdeführers (begleitet von zahlreichen Verstößen gegen melderechtliche Vorschriften) und den daraus sich ergebenden Mangel an Integration, anderseits mit Rücksicht auf den Umstand, daß der Beschwerdeführer (laut seiner eigenen Aussage vom 7. September 1993) nicht gemeinsam mit seiner Gattin und seinem Kind lebt.
4. Was die Verfahrensrüge anlangt, die belangte Behörde hätte "die Vorlage der nunmehr aus Vorsichtsgründen mit Namen versehenen Bankbelege verlangen müssen", so genügt es, zur Entkräftung dieser Rüge auf die oben II.1.2. zitierte Rechtsprechung zu verweisen, wonach es Sache des Fremden ist (ohne daß die Behörde von sich aus diesbezügliche Ermittlungen durchzuführen hat), den Nachweis über das Vorhandensein der Mittel zur Bestreitung seines Unterhaltes zu erbringen.
5. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
6. Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte im Hinblick auf § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung BeweislastEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994180010.X00Im RIS seit
20.11.2000