Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §61 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/18/0168Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in W, gegen 1. den Bescheid der SDion Wien vom 15. 11. 1993, Zl. SD 196/93, betr Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist gegen den Aufenthaltsverbots-Bescheid der BPoldion Wien vom 4. 2. 1993, Zl. IV-661.252-FrB/93, und 2. den Bescheid der SDion Wien vom 15. 11. 1993, Zl. SD 196/93, betr Zurückweisung der Berufung gegen den vorgenannten Aufenthaltsverbots-Bescheid, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 15. November 1993 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines ägyptischen Staatsangehörigen, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 4. Februar 1993, mit dem gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen worden war, gemäß § 71 Abs. 2 AVG abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, daß dem Beschwerdeführer der besagte Aufenthaltsverbots-Bescheid am 4. Februar 1993 anläßlich einer bei der Bundespolizeidirektion Wien stattgefundenen Verhandlung zugestellt worden sei. Dieser Bescheid (samt Rechtsmittelbelehrung) sei dem Beschwerdeführer von einem Dolmetscher für die arabische Sprache übersetzt worden; infolge der "Weigerung" des Beschwerdeführers sei er zu seinen Effekten gelegt worden. Mit dem Beschwerdeführer sei davon auszugehen, daß der Bescheid am 4. Februar 1993 rechtsgültig zugestellt worden und die zweiwöchige Rechtsmittelfrist ohne Erhebung einer Berufung abgelaufen sei. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er wäre der deutschen Sprache nicht mächtig und daher nicht in der Lage gewesen, den Inhalt des Bescheides zu verstehen, wozu käme, daß ihm der Bescheid (oder eine Kopie desselben) nicht ausgehändigt worden wäre, sei zu erwidern, daß dem Beschwerdeführer vom Dolmetscher der ganze Bescheid einschließlich der Rechtsmittelbelehrung übersetzt worden sei, er somit auch von der Möglichkeit der Einbringung eines Rechtsmittels gegen den Bescheid Kenntnis erlangt habe. Seine "Weigerung" lasse sich in diesem Zusammenhang nicht zu seinen Gunsten verbuchen. Der Beschwerdeführer habe auch jederzeit Zugriff zu seinen Effekten, bei denen sich der Bescheid befunden habe, gehabt. Im übrigen hätte er eine Berufung in einfachster Form auch in seiner Muttersprache einbringen können. Angesichts des gegebenen Sachverhaltes habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen können, daß er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis i.S. des § 71 Abs. 1 AVG verhindert gewesen sei, die Berufungsfrist einzuhalten und daß ihn daran nur ein minderer Grad des Versehens treffe.
2. Gleichfalls mit Bescheid vom 15. November 1993 wies die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer gegen den Aufenthaltsverbots-Bescheid vom 4. Februar 1993 am 4. März 1993 eingebrachte Berufung gemäß § 66 Abs. 4 iVm § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurück.
Die Berufungsfrist gegen den am 4. Februar 1993 dem Beschwerdeführer durch Übergabe einer Ausfertigung zugestellten Bescheid in der Dauer von zwei Wochen sei am 18. Februar 1993 abgelaufen. Die Berufung sei jedoch erst am 4. März 1993 gemeinsam mit einem Wiedereinsetzungsantrag eingebracht worden. Da letzterer von der belangten Behörde im Instanzenzug (rechtskräftig) abgewiesen worden sei, sei die Berufung als verspätet zurückzuweisen gewesen.
3. Gegen die unter I.1. und I.2. genannten Bescheide der belangten Behörde richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der "Mangelhaftigkeit des Verfahrens" sowie "unrichtige rechtliche Beurteilung" geltend gemacht werden und die Aufhebung der angefochtenen Bescheide aus diesen Gründen begehrt wird.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Vorweg ist festzuhalten, daß - insoweit stimmen die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens überein - die Frist zur Erhebung einer Berufung gegen den Aufenthaltsverbots-Bescheid vom 4. Februar 1993 versäumt wurde, somit die wesentliche Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Wiedereinsetzungsantrages erfüllt ist (§ 71 Abs. 1 AVG).
1.2. Die Beschwerde geht davon aus, daß dem Beschwerdeführer der Aufenthaltsverbots-Bescheid vom 4. Februar 1993 am selben Tag gemäß § 4 des Zustellgesetzes am Ort der Amtshandlung zugestellt worden sei. Des weiteren räumt der Beschwerdeführer ein, daß ihm der Bescheid von einem Dolmetscher übersetzt worden sei. Trotz der Übersetzung liege - so die Beschwerde - eine unverschuldete Säumnis an der verspäteten Einbringung der Berufung vor. Dies zum einen deshalb, weil sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung in einem psychisch äußerst angespannten Zustand befunden habe, zum anderen im Hinblick darauf, daß ihm in der Folge keine Ausfertigung des Bescheides ausgefolgt und er auch nicht darüber aufgeklärt worden sei, "auf welche Art und Weise er als sich in Schubhaft befindlicher Ausländer eine schriftliche Berufung bei der zuständigen Behörde einbringen könne".
Mit diesem Vorbringen gelingt dem Beschwerdeführer keine Glaubhaftmachung i.S. des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG.
Mit der Behauptung, sich zum damaligen Zeitpunkt in einem "psychisch äußerst angespannten Zustand" befunden zu haben, vermag er kein unvorhergesehenes und/oder unabwendbares Ereignis i.S. dieser Gesetzesstelle darzutun, behauptet er doch selbst nicht, daß ihm aufgrund dieses Zustandes die Dispositionsfähigkeit so weit gefehlt habe, daß er zur Wahrung der Rechtsmittelfrist außerstande gewesen sei.
Daß der Beschwerdeführer nicht darüber aufgeklärt worden sei, "auf welche Art und Weise" er aus der Schubhaft eine "schriftliche Berufung" erheben könne, stellt ebenfalls kein die Einhaltung der Rechtsmittelfrist hinderndes Ereignis der im § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG bezeichneten Art dar. Abgesehen davon, daß eine derartige Präzisierung der Modalitäten der Erhebung einer Berufung vom Gesetz nicht vorgesehen ist (vgl. § 61 Abs. 1 AVG), ist nicht ersichtlich (und wird in der Beschwerde auch nicht ausgeführt), inwiefern eine solche vonnöten gewesen wäre, um den Beschwerdeführer in die Lage zu versetzen, eine Eingabe zu erstatten, die wenigstens erkennen läßt, daß er mit dem gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbot nicht einverstanden ist und womit er seinen Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl. § 63 Abs. 3 AVG und die dazu ergangene bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, 1990, S. 492, beispielsweise dokumentierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Sofern der in Rede stehende Beschwerdeeinwand dahin zu verstehen sein sollte, daß der Beschwerdeführer nicht um die Möglichkeit der Erhebung eines Rechtsmittels gewußt habe, so wäre ihm die unwidersprochen gebliebene Feststellung der belangten Behörde entgegenzuhalten, daß ihm der Bescheid einschließlich der Rechtsmittelbelehrung übersetzt worden sei. Angesichts der zuletzt genannten Tatsache entbehrt es im gegebenen Zusammenhang der rechtlichen Relevanz, daß die Ausfertigung des Bescheides - aufgrund seiner diesbezüglichen Weigerung - nicht beim Beschwerdeführer verblieben, sondern zu seinen Effekten genommen worden war.
1.3. Da nach dem Gesagten der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht hat, daß er durch ein unvorhergesehenes und/oder unabwendbares Ereignis an der Einhaltung der Frist zur Erhebung einer Berufung gegen den Aufenthaltsverbots-Bescheid vom 4. Februar 1993 verhindert war, entspricht die von der belangten Behörde im Instanzenzug ausgesprochene Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages dem Gesetz (§ 71 Abs. 1 Z. 1 AVG).
2. Da die Berufung gegen den besagten Aufenthaltsverbots-Bescheid unbestritten nach Ablauf der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist (§ 63 Abs. 5 AVG) erhoben wurde, steht die Zurückweisung der Berufung als verspätet mit dem Gesetz in Einklang.
3. Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen erweist sich die Beschwerde als zur Gänze unbegründet. Da bereits ihr Inhalt erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994180167.X00Im RIS seit
03.04.2001