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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
FrG 1993 §19;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, in der Beschwerdesache des L in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 16. Februar 1994, Zl. SD 733/93, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 16. Februar 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z. 1 und 2 des Fremdengesetzes (FrG) ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.
In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am 17. September 1993 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt und wegen unbefugten Besitzes einer verbotenen Waffe rechtskräftig zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt worden. Ferner sei er mit dem Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 17. Dezember 1993 wegen mehrerer Verwaltungsübertretungen, darunter wegen Übertretungen des § 5 Abs. 1 StVO 1960 und des § 64 Abs. 1 KFG 1967, rechtskräftig bestraft worden. Damit seien die Tatbestände des § 18 Abs. 2 Z. 1 und 2 erfüllt. Auf Grund dieser Straftaten sei die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt.
Das Aufenthaltsverbot stelle zwar einen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers dar, der sich seit März 1989 im Bundesgebiet aufhalte. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, im besonderen zur Verhinderung strafbarer Handlungen, zum Schutz der Rechte Dritter sowie zur Aufrechterhaltung der Verkehrssicherheit, dringend geboten. Der strafgerichtlichen Verurteilung sei ein Vorfall vom 13. Juni 1993 zugrunde gelegen, bei dem der Beschwerdeführer mit einem PKW in Wien unterwegs gewesen sei. Als ihn ein Sicherheitswachebeamter durch deutlich sichtbare Handzeichen zu einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle habe anhalten wollen, habe er sein Fahrzeug beschleunigt und sei auf den Beamten zugefahren. Dieser habe sich nur durch einen Sprung zur Seite vor dem Überfahrenwerden retten können. Im Zuge der Amtshandlung habe sich dann herausgestellt, daß der Beschwerdeführer seit 1983 im Besitz einer verbotenen Waffe, nämlich eines Springmessers, gewesen sei, sowie daß er sein Fahrzeug ohne Lenkerberechtigung und zudem in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Angesichts dieser Straftaten und im Hinblick auf das Fehlen familiärer Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich sei den öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wesentlich größeres Gewicht beizumessen gewesen als den privaten Interessen des Beschwerdeführers am weiteren Verbleib in Österreich.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
1. Die Auffassung der belangten Behörde, daß die Tatbestände des § 18 Abs. 2 Z. 1 und 2 FrG erfüllt seien und die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, begegnet keinen Bedenken. Die Beschwerde enthält dazu auch keine konkreten Ausführungen.
2. Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid für rechtswidrig, weil die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 FrG unzulässig sei und auch die Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 leg. cit. zu seinen Gunsten ausgehe.
2.1. Soweit der Beschwerdeführer einen Verstoß gegen § 19 FrG mit dem Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1993, Zl. 93/18/0308, darzutun versucht, ist ihm zu erwidern, daß sich der vorliegende Beschwerdefall von dem dem zitierten Erkenntnis zugrunde gelegenen ganz wesentlich dadurch unterscheidet, daß hier nur ein Eingriff in das Privatleben, nicht aber in das Familienleben vorliegt und außerdem die dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Straftaten wesentlich schwerer wiegen als jene, die der Beschwerdeführer im Verfahren Zl. 93/18/0308 zu verantworten hatte. Auf Grund der Schwere und Zahl der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten ist die Auffassung der belangten Behörde, daß die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, insbesondere zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, dringend geboten sei, nicht rechtswidrig.
Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers weist der angefochtene Bescheid diesbezüglich keinen relevanten Begründungsmangel auf, dies im Hinblick auf die unbestritten gebliebenen Feststellungen über die dem Beschwerdeführer zur Last liegenden strafbaren Handlungen. Dem Hinweis des Beschwerdeführers auf die Tatsache, daß sich das Gericht mit der Verhängung einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe begnügt habe, ist zu erwidern, daß die Verhängung einer bedingten Freiheitsstrafe nicht gegen das Dringendgebotensein im Sinne des § 19 FrG spricht. Diese Frage hat die zur Vollziehung des Fremdengesetzes zuständige Behörde selbständig und ohne Bindung an die vom Gericht ausgesprochene bedingte Strafnachsicht zu beurteilen. Ferner läßt der Beschwerdeführer außer acht, daß bei der Beurteilung der Frage, ob die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Sinne des § 19 FrG dringend geboten ist, nicht nur die gerichtlich strafbaren Handlungen heranzuziehen waren.
2.2. Der Beschwerdeführer hält das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Interessenabwägung für unrichtig und führt in diesem Zusammenhang ins Treffen, daß er sich seit fünf Jahren in Österreich aufhalte und hier einer Beschäftigung nachgehe.
Er vermag damit keine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen, weil die belangte Behörde die Dauer seines Aufenthaltes in Österreich ohnedies berücksichtigt hat und aus der Dauer dieses Aufenthaltes allein nicht ein solcher Grad der Integration abgeleitet werden kann, daß schon deshalb die Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 FrG zu seinen Gunsten ausgehen müßte (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, Zl. 93/18/0446). Auf die mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Beeinträchtigung des beruflichen Fortkommens ist im Rahmen der Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 FrG nicht Bedacht zu nehmen (siehe dazu die hg. Erkenntnisse vom 14. April 1993, Zl. 93/18/0103, und Zl. 93/18/0142).
3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994180180.X00Im RIS seit
11.07.2001