TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/5 92/06/0166

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Veröffentlicht am 05.05.1994
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13a;
AVG §42;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 93/06/0032

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerden

1) der GL, vertreten durch Dr. C, RA in G und 2) der ML, vertreten durch Dr. W, RA in G, jeweils gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 2. Juli 1992, Zl. A 17 - K - 15.442/1975 - 47, betreffend Erteilung einer Baubewilligung (mP: HK, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in G), zu Recht erkannt:

Spruch

Beide Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Erstbeschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Die Zweitbeschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerinnen sind Nachbarinnen der mitbeteiligten Partei.

Mit den am 28. April 1975 bei der Baubehörde erster Instanz eingelangten Eingaben begehrte die mitbeteiligte Partei (kurz: Bauwerberin) die Widmungs- und Baubewilligung für ein als "Geschäfts-, Ausstellungs- und Wohnobjekt" bzw. als "Geschäfts- und Ausstellungsobjekt" bezeichnetes Bauvorhaben auf einem näher bezeichneten Grundstück in Graz. Sowohl in den Bauplänen als auch in der Baubeschreibung wird das projektierte Objekt als "Geschäfts-, Ausstellungs- und Wohnhaus" bezeichnet. Die Baupläne sehen im Erdgeschoß einen Verkaufsraum, einen Arbeitsraum, einen Ausstellungsraum, einen Thekenraum, einen Gastraum, eine Küche, einen Abstellraum sowie WC-Anlagen mit Vorraum und ein Stiegenhaus mit Vorraum vor. In der Baubeschreibung heißt es unter anderem zur Gestaltung der Fußböden: "Im Ausstellungsraum Spannteppich, i.d. Gasträumen Klinker, i.d. Küche, Verkaufs- und Arbeitsräumen PVC ..."

Zu der über dieses Baugesuch für den 16. Oktober 1975 anberaumten mündlichen Verhandlung wurden unter anderem auch die Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerinnen (Eigentümer des angrenzenden Grundstückes), TL und EL, geladen. In der Kundmachung vom 22. September 1975 heißt es hiezu, daß die mitbeteiligte Partei für das fragliche Grundstück "um die Bewilligung der Widmung zu einem Bauplatz zum Zwecke der Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses und um die Bewilligung zur Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses angesucht" habe. Es heißt darin weiters, die Beteiligten würden eingeladen, zu Verhandlung persönlich zu erscheinen oder einen mit der Sachlage vertrauten oder schriftlich bevollmächtigten Vertreter zu entsenden. Die rechtzeitige Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung habe zur Folge, daß Einwendungen, die nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung dem Baurechtsamt, Graz, Tummelplatz 9, 3. Stock, oder während der Verhandlung vorgetragen würden, keine Berücksichtigung fänden und die Beteiligten den Parteienantrage, dem Vorhaben oder der Maßnahme, die den Gegenstand der Verhandlung bilde, als zustimmend angesehen würden.

Hinsichtlich des Gesuches um Widmungsbewilligung und des Gesuches um Baubewilligung wurden unter Verwendung mehrseitiger hektographierter Vordrucke gesonderte Verhandlungsschriften errichtet. In der Niederschrift vom 16. Oktober 1975 hinsichtlich des Gesuches um Baubewilligung werden als anwesend (unter anderem) die Nachbarn: "IL, Dkfm IL für EL ..." geführt; letzterer ist nach der Aktenlage Sohn der EL (die Darstellung im angefochtenen Bescheid, daß unter den anwesenden Nachbarn "Dr. Dipl. Ing. IL selbst und für E - richtig: M - L" aufscheine, ist somit in dieser Form unzutreffend). Auf der dritten Seite der Niederschrift heißt es, daß die Errichtung eines teilweise unterkellerten eingeschoßigen Wohngebäudes mit Erdgeschoß, Gaststättenräumen und einer Wohnung in massiver Ausführung geplant sei. Der Dachraum werde ausgebaut. (...) Im übrigen werde auf die vorliegenden Pläne und sonstigen Unterlagen verwiesen. Auf der letzten Seite der Niederschrift ist festgehalten, daß von den Nachbarn keine Einwendungen vorgebracht worden seien. Es heißt dann weiters, daß sich die "nichtunterfertigten Nachbarn" vor Schluß der Verhandlung entfernt hätten. Am Schluß der Niederschrift befinden sich eine Reihe von Unterschriften; sodann bestätigte der Verhandlungsleiter die Richtigkeit der schriftlichen Wiedergabe des Verhandlungsverlaufes.

Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz (kurz: Stadtsenat) vom 10. Dezember 1975 wurde der Bauwerberin, soweit hier erheblich, die Bewilligung zur Errichtung "eines teilweise unterkellerten, 1-geschossigen Wohngebäudes mit erdgeschossigen Gaststättenräumen und ausgebauten Dachgeschoß" unter Vorschreibung verschiedener Auflagen erteilt. Die der Baubewilligung zugrundegelegte Widmungsbewilligung war mit Bescheid des Stadtsenates vom 27. Oktober 1975 erteilt worden und sah unter anderem vor, daß das auf dem Bauplatz zu errichtende Gebäude nur Wohn- und Geschäftszwecken ("keine lärmerzeugenden Betriebe") dienen dürfe (Punkt 4.).

Hinsichtlich der weiteren Entwicklung dieser (komplexen) Angelegenheit kann, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Darstellung im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tage, Zlen. 92/06/0168, 0170 und 93/06/0025 verwiesen werden. Für die beiden vorliegenden Beschwerdeverfahren ist noch hervorzuheben, daß die Erteilung einer Benützungsbewilligung hinsichtlich des (zwischenzeitig errichteten) strittigen Gebäudes nicht aktenkundig ist (Laut Mitteilung des Vertreters der Bauwerberin wurde sie im Zuge der vorliegenden Beschwerdeverfahren erteilt).

Aus den in den Akten erliegenden Urkunden (Grundbuchsauszug und Einantwortungsurkunde) sowie aus dem vom Verwaltungsgerichtshof beschafften ergänzenden Grundbuchsauszug (Verzeichnis der gelöschten Eintragungen im B-Blatt bezüglich der Liegenschaft der Beschwerdeführerinnen) ergibt sich weiter, daß im Jahr 1977 das Eigentumsrecht an dieser Nachbarliegenschaft zu zwei Drittel für Dkfm. IL und zu einem Drittel für die Zweitbeschwerdeführerin ML, jeweils aufgrund eines Übergabsvertrages vom 15. Dezember 1976, einverleibt wurde. Dkfm. IL ist am 5. Mai 1985 gestorben. Mit Einantwortungsurkunde vom 16. August 1985 wurde sein Nachlaß seiner Witwe (der Zweitbeschwerdeführerin) zu einem Drittel und seinen Kindern Dr. Dipl. Ing. IL, RL, UL und GL - der Erstbeschwerdeführerin - je zu einem Sechstel eingeantwortet. Gemäß diesen Quoten erfolgte auch die Einverleibung des durch Einantwortung an diesem Liegenschaftsanteil erworbenen Eigentumsrechtes der Witwe und der Kinder im Grundbuch.

Mit Schriftsatz vom 6. September 1991 an die Baubehörde erster Instanz begehrte die Zweitbeschwerdeführerin die Zustellung des Baubewilligungsbescheides vom 10. Dezember 1975 - was auch erfolgte - und erhob sodann mit Schriftsatz vom 2. Oktober 1991 dagegen Berufung. Anknüpfend an ein Vorbringen in einem Schriftsatz vom 23. September 1991, in dem sie vorgebracht hatte, daß der Bescheid weder ihr noch den anderen Anrainern zugestellt worden war, führte sie aus, daß laut erteilter Auskunft für das Bauwerk keine Benützungsbewilligung vorliege und somit ihr Status als der der übergangenen Partei zu werten sei. Die damaligen Eigentümer und Anrainer seien zwar einem Planänderungsverfahren beigezogen worden, nicht aber dem Stammverfahren. Mit dem bekämpften Bescheid werde etwas anders genehmigt als in der Verhandlungsanberaumung angezeigt worden sei. Laut Flächenwidmungsplan befinde sich das Grundstück der Bauwerberin im reinen Wohngebiet und sei somit als Standort für ein Gastgewerbe unzulässig. In dem der bekämpften Baubewilligung zugrundeliegenden Widmungsbescheid werde ein Wohn- und Geschäftsgebäude bewilligt, nicht aber eine Gaststätte. Aus diesen Gründen sei die erteilte Baubewilligung rechtswidrig. Der Bescheid enthalte keine Angaben hinsichtlich des Abstandes zu ihrer Grundgrenze. Angesichts der Tatsache, daß das Grundstück von 543 m2 für einen Bau, insbesondere eines Gasthausbetriebes, zu klein sei, halte sie fest, daß sie auf die Einhaltung sämtlicher ihr zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechte bestehe (wird näher ausgeführt). Der bekämpfte Bescheid könne nicht auf der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 1975 beruhen, weil schon damals die Anrainer gegen die Errichtung eines Gasthausbetriebes Einspruch erhoben hätten. Sie begehre demnach, die Berufungsbehörde wolle der Berufung stattgeben und den angefochtenen Bescheid aufgrund seiner Aktenwidrigkeit und Widersprüchlichkeit zur Widmung aufheben.

Auch die Erstbeschwerdeführerin begehrte die Zustellung des Bescheides und erhob sodann mit Schriftsatz vom 18. November 1991 Berufung. Sie brachte darin vor, daß der bekämpfte Bescheid ihr gegenüber nicht in Rechtskraft erwachsen sei, weil er ihrem Rechtsvorgänger Dkfm. IL niemals zugestellt worden sei. Die Ladung (Kundmachung) vom 22. September 1975 zur mündlichen Verhandlung über das Bauvorhaben habe lediglich das Ansuchen der Bauwerberin um die Bewilligung der Widmung zu einem Bauplatz zum Zwecke der Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses und der Erteilung der Baubewilligung zur Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses ausgewiesen und es sei darin keine Rede von der beabsichtigten Erteilung einer Bewilligung zur Errichtung von GASTSTÄTTENRÄUMEN gewesen. Da der Gegenstand in dieser Kundmachung in einem wesentlichen Punkt von der erteilten Bewilligung abweiche und "überdies anläßlich der mündlichen Verhandlung am 16.10.1975 von einer Gaststättenerrichtung nicht die Rede" gewesen sei, liege eine krasse Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor. Eine Präklusion der Beschwerdeführerin sei daher nicht eingetreten (wird näher ausgeführt). Weiters stehe das Projekt im Widerspruch zum Flächenwidmunsgplan, weil die Errichtung von Gaststätten im reinen Wohngebiet unzulässig sei. Die Baubewilligung gehe diesbezüglich über den zugrundeliegenden Widmungsbescheid hinaus (wird jeweils näher ausgeführt).

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde beide Berufungen als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, daß zwar in der Ladung zur mündlichen Verhandlung an die Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerinnen (die im angefochtenen Bescheid unzutreffend als Dkfm. IL und ML bezeichnet werden) der Verhandlungsgegenstand mit "Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses" angegeben worden sei, die Rechtsvorgänger aber laut Verhandlungsschrift unter den anwesenden Nachbarn aufschienen, womit der vermeintliche Verfahrensmangel als saniert anzusehen sei, weil sie spätestens zu diesem Zeitpunkt anhand der bei der Verhandlung aufliegenden Projektunterlagen die Möglichkeit gehabt hätten, sich über das Vorhaben zu informieren. Gemäß der Niederschrift seien die Nachbarn zu Verhandlungsbeginn belehrt worden, daß sie, wenn sie sich ohne Einwendungen zu erheben, vor Schluß der mündlichen Verhandlungen entfernten, dem Parteienantrag, dem Vorhaben bzw. der Maßnahme, die den Gegenstand der Verhandlung bilde, als zustimmend angesehen würden und daß Einwendungen, welche von ihnen nach Schluß der Verhandlung vorgebracht würden, keine Berücksichtigung fänden. Die im § 42 AVG normierten Präklusionsfolgen seien somit den anwesenden Nachbarn zur Kenntnis gebracht worden. Am Schluß der Verhandlungsschrift sei vermerkt, daß von den Nachbarn keine Einwendungen vorgebracht worden seien. Zufolge der im § 42 Abs. 1 AVG zum Ausdruck kommenden unwiderleglichen Rechtsvermutung sei ein Nachbar, der im erstinstanzlichen Verfahren zur mündlichen Verhandlung zwar erschienen sei, dort aber keine Einwendungen erhoben habe, als dem Vorhaben zustimmend anzusehen. Im Falle eines Eigentumswechsel trete der neue Eigentümer zwar in die Rechtsstellung seines Vorgängers ein, diese könne aber nicht besser sein, als die seines Vorgängers. So sei der neue Eigentümer wohl berechtigt, gegen die Erteilung der Baubewilligung Berufung zu erheben, könne jedoch die Baubewilligung inhaltlich nur mit den Gründen bekämpfen, die sein Vorgänger unter dem Gesichtspunkt von Einwendungen vorgebracht habe (verwiesen wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. Oktober 1955, Zl. 3282/54). Da der Rechtsvorgänger sich offensichtlich in die Verhandlung eingelassen und sich, ohne Einwendungen zu erheben, wiederum entfernt habe, sei dieser Umstand auch von der Berufungsbehörde zu beachten. Unter diesem Aspekt sei es somit der Berufungsbehörde verwehrt, eine Sachentscheidung zu treffen. Abgesehen davon werde angemerkt, daß zum damaligen Zeitpunkt ein Flächenwidmungsplan rechtlich nicht existent gewesen sei und somit "bei der Zulässigkeit der Errichtung eines Wohnhauses mit der Errichtung eines Wohnhauses mit Gaststättenräumen ein Widerspruch zu einem solchen" nicht vorgelegen sei.

Gegen diesen Bescheid richten sich die beiden vorliegenden Beschwerden jeweils wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (die Zweitbeschwerdeführerin hatte ursprünglich Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof erhoben, der mit Beschluß vom 1. Dezember 1992 die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat).

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, und in Gegenschriften die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt. Die mitbeteiligte Partei hat hinsichtlich der Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die beiden Beschwerdeverfahren im Hinblick auf den inneren Zusammenhang zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden und (hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG unter Abstandnahme von der Durchführung der begehrten mündlichen Verhandlung) erwogen:

Die Annahme der Erstbeschwerdeführerin, die fragliche Verhandlungsschrift sei unvollständig, weil die Seiten 3 bis 8 fehlten, ist unzutreffend. Wie sich aus den Verwaltungsakten ergibt, sind die hektographierten Formblätter, die zur Verfassung der Niederschrift verwendet wurden, als Niederschrift einer "einheitlichen" Verhandlung über Widmungs- und Baubewilligungsantrag konzipiert. Im vorliegenden Fall wurden zwei gesonderte Niederschriften errichtet. Die vermeintlich fehlenden Seiten betreffen nur das Widmungsverfahren, wurden daher folgerichtig nicht dem Akt betreffend das Baubewilligungsverfahren sondern jenem über das Widmungsbewilligungsverfahren angeschlossen.

Der Umstand, daß die hektographierte Seitenzahl "9" nicht entsprechend ausgebessert wurde, ändert nichts daran, daß diese Seite (1. Seite des 2. Blattes) an die Seite 2 (2. Seite des 1. Blattes) der Niederschrift anschließt, somit deren 3. Seite ist. Demnach ist die Beurteilung der Erstbeschwerdeführerin, daß das Projekt (zunächst) auf Seite 2 der Verhandlungsschrift mit "Bewilligung zur Errichtung eines Wohn- und Geschäftsraumes" vorgestellt, (dann aber) "erst im Baubewilligungsverfahren" "auf Seite 9 der Verhandlungsschrift" dahingehend erweitert worden sei, daß Gegenstand des Verfahrens nunmehr auch Gaststättenräume seien, unzutreffend. Abgesehen davon, daß das Projekt in dieser Verhandlung nicht verändert wurde (es geht hier "nur" um seine Bezeichnung, waren die Gaststättenräume nach den Plänen doch von Anfang an vorgesehen) schließt diese (als Erweiterung mißverstandene) nähere Bezeichnung des Projektes Seite 3 der Niederschrift unmittelbar an die Bezeichnung des Gegenstandes der Verhandlung Seite 2 der Niederschrift an, kann demnach durchaus als Teil der Vorstellung des Projektes verstanden werden.

Die belangte Behörde ging davon aus, daß die Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer zur Verhandlung erschienen waren, sich aber vor deren Ende entfernt hätten. Da sich keine der Unterschriften am Schluß dieser Niederschrift verläßlich IL oder Dkfm. IL, die zur Verhandlung erschienen waren, zuordnen läßt und vermerkt ist, daß sich die "nichtunterfertigten Nachbarn" vor Schluß der Verhandlung entfernt hatten, muß auch der Verwaltungsgerichtshof davon ausgehen, daß die Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer zwar zur Verhandlung erschienen waren, sich aber vor deren Ende entfernt hatten. Nach der Aktenlage muß auch davon ausgegangen werden, daß der erstinstanzliche Bescheid nun erstmals den Beschwerdeführern zugestellt wurde, weil eine frühere Zustellung an die Beschwerdeführer oder an ihre Rechtsvorgänger den Akten nicht entnommen werden kann.

Erstmals in der Beschwerde bringt die Erstbeschwerdeführerin vor, ihr Rechtsvorgänger hätte sich von der Verhandlung entfernt, ehe von Gaststättenräumen die Rede gewesen sei (eine dezidierte diesbezügliche Behauptung wird aber nicht aufgestellt). Im Berufungsverfahren hatte sie kein diesbezügliches Vorbringen erstattet, sondern lediglich - unzutreffend - vorgebracht, daß anläßlich der mündlichen Verhandlung am 16. Oktober 1975 von einer Gaststättenerrichtung nicht die Rede gewesen sei was, wie dargestellt, unrichtig ist. Nach der hier gegebenen Sachlage bestand für die belangte Behörde auf Grundlage dieses - unzutreffenden - Vorbringens kein Anlaß, den genauen Zeitpunkt zu ermitteln, zu dem sich der (richtig: die) Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin von der Verhandlung entfernt hatte(n). Auf das nun ergänzte (erweiterte) (Tatsachen-)Vorbringen der Beschwerdeführerin kann im Hinblick auf das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bestehende Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG) nicht Bedacht genommen werden (siehe dazu die bei Dolp, die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 252 ff wiedergegebene Judikatur).

Dem Vorbringen der Zweitbeschwerdeführerin, die Baubehörde erster Instanz sei in dieser Verhandlung vom 16. Oktober 1975 ihrer Manuduktionspflicht gemäß § 13a AVG nicht nachgekommen ist (davon ganz abgesehen, daß § 13a AVG erst am 1. März 1983, somit Jahre nach dieser Bauverhandlung in Kraft getreten ist) zu entgegnen, daß aus dem Gesetz eine Verpflichtung der Behörde zu einer derart weitgehenden Anleitung, wie sie die Beschwerdeführerin nun vermißt, nicht abzuleiten ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtsofes vom 13. November 1984, Zl. 84/07/0057, Leitsatz abgedruckt in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, E. 6a zu § 13a AVG).

Die Zweitbeschwerdeführerin bringt weiter vor, die belangte Behörde habe es unterlassen, sich mit ihren Einwendungen anläßlich der Bauverhandlung vom 16. Oktober 1975 (gemeint wohl: mit Einwendungen ihrer Rechtsvorgänger) hinsichtlich der Verbauung des Grundstückes, welches für eine Verbauung als zu klein gerügt worden sei (543 m2), zu befassen. Dem ist nicht nur entgegenzuhalten, daß dies in dieser Form in der Berufung nicht vorgebracht wurde, sondern vor allem, daß in jener Verhandlung vom 16. Oktober 1975 von den Nachbarn keine Einwendungen erhoben wurden.

Wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat, haben die Beschwerdeführer eine Präklusion ihrer Rechtsvorgänger gemäß § 42 AVG gegen sich gelten zu lassen. Da das Vorbringen der Beschwerdeführer nicht geeignet ist, die Beurteilung der belangten Behörde, sie könne auf die nun erhobenen Einwendungen im Hinblick auf die eingetretene Präklusion nicht Bedacht nehmen, in Zweifel zu ziehen, waren beide Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1992060166.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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