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72/02 Studienrecht allgemein;Norm
AHStG §13 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Onder und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des Dipl. Ing. G in R, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 25. November 1993, Zl. 91.514/1226-III/7/93, betreffend Verweigerung der Zulassung zur Ziviltechnikerprüfung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.080,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 15. September 1993 kam der Beschwerdeführer (im Wege des Landeshauptmannes von Tirol) bei der belangten Behörde um Zulassung zur Ziviltechnikerprüfung, Fachgebiet technische Geologie ein; dem (bei der belangten Behörde am 24. November 1993 eingelangten) Ansuchen waren verschiedene Beilagen angeschlossen, darunter Zeugnisse, wonach der Beschwerdeführer die erste und die zweite Diplomprüfung des studium irregulare: "Ingenieurgeologie" jeweils positiv abgeschlossen habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde das Ansuchen gemäß § 11 Abs. 1 iVm § 9 Abs. 1 lit. c und Abs. 3 lit. d des Ziviltechnikergesetzes, BGBl. Nr. 146/1957, abgewiesen. Begründend wurde nach Wiedergabe der Rechtslage ausgeführt, daß das vom Antragsteller geltend gemachte Studium als Studiennachweis keine Berücksichtigung finden könne, wie dem klaren Wortlaut des § 9 Ziviltechnikergesetz (ZTG) zu entnehmen sei, denn die Absolvierung eines anderen Studiums (als den im Gesetz vorgesehenen) entspreche nicht den gesetzlichen Erfordernissen des § 9 Abs. 1 lit. c und Abs. 3 lit. d ZTG (verwiesen wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichthofes vom 17. Mai 1991, Zl. 91/06/0051).
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahren vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 4 lit. B lit. s des Ziviltechnikergesetzes, BGBl. Nr. 146/1957 idF der Novelle BGBl. Nr. 143/1978, werden Ziviltechnikerbefugnisse (unter anderem) für das Fachgebiet der Technischen Geologie verliehen.
Gemäß § 7 leg. cit. ist zur Erlangung der Befugnis unter anderem (lit. c) die entsprechende fachliche Befähigung erforderlich. Gemäß § 8 ist die nach § 7 Abs. 1 lit. c erforderliche Befähigung durch die Zurücklegung der Fachstudien, die praktische Betätigung in der vorgeschriebenen Art und Dauer und die erfolgreiche Ablegung einer Prüfung nachzuweisen.
Gemäß § 11 Abs. 1 kann die Prüfung im Sinne des § 8 lit. c nach Abschluß der Studien und nach Ablauf von drei Jahren Praxis abgelegt werden, wenn (unter anderem) die allgemeinen Erfordernisse gemäß § 7 Abs. 1 gegeben sind und Ausschließungsgründe nicht vorliegen.
Der Abschluß der Fachstudien im Sinne des § 11 Abs. 1 iVm § 8 lit. a ist gemäß § 9 Abs. 1 lit. c ZTG für das Fachgebiet Technische Geologie "durch die erfolgreiche Ablegung der abschließenden Diplomprüfung in der entsprechenden Studienrichtung (im entsprechenden Studienzweig) an einer Universität" nachzuweisen. Gemäß § 9 Abs. 3 lit. d ZTG kann die Zurücklegung der Fachstudien für das Fachgebiet Technische Geologie auch "durch die erfolgreiche Ablegung der abschließenden Diplomprüfung im Studienzweig Montangeologie an einer Universität" nachgewiesen werden.
Gemäß § 13 Abs. 3 AHStG, BGBl. Nr. 177/1966, idF BGBl. Nr. 561/1978 (die Novellierung dieser Bestimmung mit BGBl. Nr. 306/1992 erfolgte erst nach Abschluß des Studiums des Beschwerdeführers) ist auf Ansuchen des ordentlichen Hörers einer Verbindung von Fachgebieten, deren Studien in verschiedenen besonderen Studiengesetzen oder Studienordnungen geregelt sind, vom Bundesministerium für Unterricht (nunmehr: BM für Wissenschaft und Forschung) nach Anhören der zuständigen akademischen Behörden zu bewilligen, wenn diese Verbindung wissenschaftlich sinnvoll erscheint und entweder pädagogisch gerechtfertigt oder der Bedarf für diese Art der Berufsvorbildung erwiesen ist, ohne daß die in den Studienordnungen festgelegten Wahlfächer für die Erreichung des angestrebten Lehrzieles genügten (studium irregulare). Das Ansuchen hat das geplante Studienprogramm zu beschreiben; der Bewilligungsbescheid hat je nach dem Schwerpunkt des Studienprogramms die Immatrikulation, den Studiengang und den akademischen Grad festzulegen (der Beschwerdeführer hat einen solchen Bewilligungsbescheid vom 23. März 1984 vorgelegt).
Der Beschwerdeführer zieht nicht in Zweifel, daß er weder das ("systemisierte") Studium der Technischen Geologie, noch jenes der Montangeologie absolviert hat, bringt aber vor, das von ihm abgeschlossene studium irregulare sei inhaltsgleich mit dem ("systemisierten") Studium der Technischen Geologie. Entscheidende Frage im Beschwerdeverfahren ist daher, ob der Studiennachweis im Sinne des § 9 ZTG auch durch den erfolgreichen Abschluß eines derartigen (inhaltsgleichen) studium irregulare erbracht werden kann, wie der Beschwerdeführer meint, oder nicht. Die belangte Behörde hält diesem Standpunkt des Beschwerdeführers entgegen, daß die Beurteilung der Frage, ob dieses studium irregulare inhaltsgleich mit dem Studium der "Technischen Geologie" sei, einen entsprechenden Vergleich der Studieninhalte erfordern würde; wie aber der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19. März 1991, Zl.90/04/0356 festgestellt habe, fehle es an den erforderlichen gesetzlichen Grundlagen für einen derartigen Vergleich.
Dieser Beurteilung kann nicht beigetreten werden. Der dem zitierten Erkenntnis vom 19. März 1991 zugrundeliegende Sachverhalt unterscheidet sich vom Sachverhalt im vorliegenden Beschwerdefall (wenngleich es auch um ein Ansuchen um Zulassung zur Ziviltechnikerprüfung aus dem Fachgebiet "Technische Geologie" ging), sodaß die vom Verwaltungsgerichtshof in jenem Erkenntnis getroffenen Aussagen nicht in dem von der belangten Behörde gewünschten Sinne auf den vorliegenden Beschwerdefall übertragen werden können. In jenem Fall hatte der Bewerber an der Universität Innsbruck nämlich das Studium der Geologie - Paläontologie absolviert (womit das Erfordernis des § 9 Abs. 1 lit. c ZTG nicht erfüllt war), aber auch als ordentlicher Hörer an der Montanuniversität Leoben der Studienrichtung Erdwissenschaften, Studienzweig Montangeologie mehrere vorgeschriebene Prüfungen abgelegt. Daraus hatte er geschlossen, daß diese Studien insgesamt als Studium "in der entsprechenden Studienrichtung" gemäß § 9 Abs. 1 lit. c ZTG anzusehen seien, was sich schon aus einem Vergleich der für die Studienzweige "Geologie" und "Technische Geologie" sowie "Montangeologie" vorgeschriebenen Prüfungsfächer mit den von ihm im Rahmen seiner Studien zurückgelegten Prüfungen ergäbe. Darauf bezog sich die Aussage des Verwaltungsgerichtshofes, daß es für einem derartigen Vergleich an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage fehle.
Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer nicht etwa ein (iS des § 9 Abs. 1 lit. e ZTG nicht geeignetes) Studium absolviert und zusätzlich Prüfungen eines (an sich "passenden") Studiums eines anderen Studienzweiges abgelegt, sondern EIN (durch Bescheid im Sinne des § 13 Abs. 3 AHStG näher determiniertes) Studium abgeschlossen, das - so seine Behauptung - sich nur in der Bezeichnung, nicht aber dem Inhalt nach vom Studium der "Technischen Geologie" (das damals in Wien nicht eingerichtet gewesen sei) unterscheide. Ein solches studium irregulare, welches - voraussetzungsgemäß - im Typenkatalog des § 9 ZTG iVm dem AHStg nicht enthalten sein kann, nur deshalb als zur Befugnisverleihung ungeeignet anzusehen, weil es die Behörde im Bescheid anders bezeichnet hat, als eine im Typenkatalog genannte Studienrichtung, der dieses studium irregulare jedoch inhaltlich völlig entspricht, hielte der Verwaltungsgerichtshof für verfassungsrechtlich bedenklich. Träfe das Vorbringen des Beschwerdeführers zu, wäre dies daher als entsprechender Studiennachweis im Sinne des § 9 ZTG anzusehen. Im übrigen schließt § 9 ZTG eine derartige inhaltliche Prüfung der Gleichwertigkeit nicht schlechthin aus, wie es sich aus den Bestimmungen des § 9 Abs. 4 ergibt, wonach ausländische Zeugnisse zur Feststellung der Gleichwertigkeit als Studiennachweis für die Erlangung einer Befugnis mit den Zeugnissen der im § 1 bis 3 genannten Universitäten der Nostrifizierung gemäß § 14 AHStg bedürfen. Die Gleichwertigkeit des Studiums wird allerdings nur dann bejaht werden können, wenn - ungeachtet der in der Bewilligung zum studium irregulare erfolgten Verbindung von Fachgebieten - alle für das Studium der Technischen Geologie vorgeschriebenen Lehrveranstaltungen und Prüfungen absolviert worden sind.
Da die belangte Behörde, von ihrer vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Rechtsmeinung ausgehend (das vom Beschwerdeführer absolvierte studium irregulare sei jedenfalls kein tauglicher Studiennachweis im Sinne des § 9 ZTG), die nähere Prüfung unterlassen hat, ob es inhaltlich dem Studium der "Technischen Geologie" entspricht, hat sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, was zu seiner Aufhebung gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG führen mußte. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994060011.X00Im RIS seit
26.02.2001