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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Wr §129 Abs10;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Hauer und die Hofräte Dr. Degischer, Dr. Giendl, Dr. Kail und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde der G in W, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 20. Jänner 1994, Zl. MD-VfR-B XIII-42/93, betreffend einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich der nachstehende Sachverhalt:
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 20. Jänner 1994 wurde der Beschwerdeführerin als Eigentümerin unter Berufung auf § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien der Auftrag erteilt, innerhalb eines Monates nach Rechtskraft des Bescheides den ohne baubehördliche Bewilligung auf der Liegenschaft T-Gasse 22 auf dem mit Bescheid vom 23. Oktober 1992 bewilligten Fundament aus Stahl errichteten "Gittermast mit dreieckiger Grundfläche im Ausmaß von ca. 1 m Seitenlänge an der unteren Fläche und einer Seitenlänge von ca. 40 cm am Spitzende und einer Höhe von ca. 15 m" abzutragen.
Die Berufungsbehörde führte in der Begründung ihres Bescheides in Erwiderung auf das Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin aus, es bleibe für den Ausgang des Verfahrens ohne Bedeutung, aus welchem Grund die Baubehörde erster Instanz mit dem erwähnten Bescheid vom 23. Oktober 1992 nur das Fundament für eine Antenne genehmigt habe, und es sei gleichfalls irrelevant, ob die Beschwerdeführerin zu Recht habe annehmen dürfen, daß die Errichtung des Gittermastes keiner baubehördlichen Bewilligung bedürfe. Im Auftragsverfahren gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien sei bloß entscheidend, ob für den erwähnten Gittermast eine baubehördliche Bewilligung notwendig gewesen und gegebenenfalls, ob diese Bewilligung auch erteilt worden sei. Im § 60 Abs. 1 leg. cit. werde neben der Errichtung von Gebäuden (lit. a) auch die Errichtung aller sonstigen baulichen Anlagen über oder unter der Erde für bewilligungspflichtig erklärt, wenn zu ihrer Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich sei, eine kraftschlüssige Verbindung mit dem Boden hergestellt werde und die Anlage wegen ihrer Beschaffenheit geeignet sei, öffentliche Rücksichten zu berühren. Es könne keinem Zweifel unterliegen, daß die fachgerechte Herstellung eines 15 m hohen Stahlmastes ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erfordere und das bereits baubehördlich bewilligte Fundament für diesen Stahlmast dem Zweck diene, diesen mit dem Boden in eine kraftschlüssige Verbindung zu bringen. Öffentliche Rücksichten würden durch das Bauwerk schon deshalb berührt, weil es im örtlichen Stadtbild deutlich in Erscheinung trete. Für die Bejahung der Bewilligungspflicht sei dabei nicht wesentlich, ob dieser Einfluß positiv oder negativ beurteilt werde. Das bloße Vorhandensein dieses Einflusses reiche neben den bereits erwähnten Voraussetzungen für die Begründung der Bewilligungspflicht aus. Das Erfordernis der Baubewilligung nach § 60 Abs. 1 lit. b leg. cit. erstrecke sich nicht auf die eigentliche Antennenanlage, die als Fernmeldeanlage aus verfassungsrechtlichen Gründen der baubehördlichen Ingerenz entzogen sei. Ihr Abbau wäre bloß eine faktische Folge der Beseitigung des Bauwerks, an dem sie angebracht sei. Eine baubehördliche Bewilligung für den Gittermast sei bisher nicht erteilt worden und die Beschwerdeführerin als Eigentümerin desselben sei daher gemäß § 129 Abs. 10 leg. cit. zu dessen Beseitigung verpflichtet. Aus welchen Gründen eine Baubewilligung nicht habe erwirkt werden können, habe keinen Einfluß auf den Verfahrensausgang. Solange keine (rechtskräftige) Bewilligung vorliege, bestehe unmittelbar kraft Gesetzes die Beseitigungspflicht und diese könne von der Behörde mit einem Bescheid konkretisiert werden. Im vorliegenden Fall habe dies die Behörde erster Instanz unter gleichzeitiger Setzung einer Erfüllungsfrist von einem Monat getan. Eine solche Frist reiche für die Abtragung des Gittermastes in technischer und wirtschaftlicher Beziehung aus, doch komme der Beschwerdeführerin überdies zugute, daß die Frist auf die Rechtskraft des Bescheides abgestellt sei. Diese werde erst mit der Zustellung dieser Berufungserledigung eintreten, sodaß die Beschwerdeführerin ohnehin eine Fristerstreckung im Ausmaß der Dauer des Berufungsverfahrens erreicht habe. Solange über ein Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung nicht rechtskräftig abgesprochen sei, dürfe der Beseitigungsauftrag, wie die Beschwerdeführerin richtig erkannt habe, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vollstreckt werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde erwogen:
Gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien sind Abweichungen von den Bauvorschriften zu beheben und es ist der vorschriftswidrige Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt worden ist, zu beseitigen.
Vorschriftswidrig ist jeder Bau, für den im Zeitpunkt seiner Errichtung eine baubehördliche Bewilligung erforderlich war (und weiterhin erforderlich ist), für den aber eine Baubewilligung nicht vorliegt. Entscheidend ist, daß im Zeitpunkt der Auftragserteilung eine solche Bewilligung nicht bestand. Die Frage der Bewilligungsfähigkeit eines Baues ist im Verfahren nach § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien nicht zu prüfen (vgl. dazu die bei Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften, auf S. 506 unter Z. 10. zitierte hg. Judikatur).
Die belangte Behörde ist mit Recht von der Bewilligungsbedürftigkeit des in Rede stehenden Gittermastes ausgegangen, weil gemäß § 60 Abs. 1 lit. b der Bauordnung für Wien im Falle der Errichtung aller sonstigen (also nicht in der lit. a dieser Gesetzesstelle genannten) baulichen Anlagen über und unter der Erde, zu deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, die mit dem Boden in eine kraftschlüssige Verbindung gebracht werden und wegen ihrer Beschaffenheit geeignet sind, öffentliche Rücksichten zu berühren, vor Beginn die Bewilligung der Behörde zu erwirken ist. Es bedarf keiner weitwendigen Erörterungen, daß die Errichtung eines 15 m hohen Stahlmastes, auch wenn er (lediglich) "aus physikalischen Gründen" eine derartige Höhe aufweist, eines wesentlichen Maßes bautechnischer Kenntnisse bedarf, woran auch der weitere Hinweis der Beschwerdeführerin nichts zu ändern vermag, daß "die statische Stabilität durch das Fundament begründet wird und nicht durch den Gittermast", weil es nicht nur darauf ankommt, daß der Gittermast selbst den statischen Anforderungen entspricht, sondern auch wesentlich ist, daß er in der Fundamentplatte kippsicher verankert wird. Es kommt daher auch nicht darauf an, daß es sich, wie die Beschwerdeführerin betont, "bei dieser Antennenanlage nicht um eine handelt, die zum Empfang eines Fernseh- und Rundfunkprogrammes dient, sondern um eine notwendige Antenne für den Empfang von Programmen, die mit üblichen Dachantennen nicht empfangen werden können". Öffentliche Rücksichten werden durch diesen Gittermast jedenfalls wegen seines möglichen Einflusses auf das örtliche Stadtbild berührt (vgl. dazu § 85 Abs. 2 leg. cit.), wobei der belangten Behörde auch darin zu folgen ist, daß für die Bejahung der BewilligungsPFLICHT nicht wesentlich ist, ob die bauliche Anlage einen positiven oder negativen Einfluß auf das örtliche Stadtbild ausüben wird, sondern das Vorhandensein dieses Einflusses bereits genügt.
Dem Umstand, daß die Errichtung des Mastes in dem Baubewilligungsbescheid vom 23. Oktober 1992 nicht erwähnt worden ist, kommt im vorliegenden Zusammenhang im Sinne der vorstehenden Ausführungen für die Rechtmäßigkeit des erteilten Beseitigungsauftrages insofern rechtliche Bedeutung zu, als damit feststeht, daß für die Errichtung des Mastes (noch) keine baubehördliche Bewilligung erteilt worden ist, sodaß - entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin - "die Nichterteilung einer Baubewilligung" nicht "eine getroffene Sachentscheidung durch die Behörde voraussetzt". Es ist auch nicht zu untersuchen, aus welchen Gründen in dem erwähnten erstinstanzlichen Bescheid lediglich "eine Fundamentierung für eine Antenne" und nicht auch die Errichtung des Antennenmastes baubehördlich bewilligt worden ist, weshalb auch nicht entscheidend ist, ob die Beschwerdeführerin nur wegen des Fehlens der Zustimmung des Grundeigentümers im Sinne des § 63 Abs. 1 lit. c leg. cit. ohne ihr Verschulden "zu keiner Sachentscheidung gelangen konnte". Die Möglichkeit der Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung bleibt jedenfalls ungeachtet des vorliegenden baupolizeilichen Auftrages gewahrt.
Da sohin schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentllicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den in der Beschwerde gestellten Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994050074.X00Im RIS seit
03.05.2001