Index
50 GewerberechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / PrüfungsmaßstabLeitsatz
Aufhebung der Sbg StandplatzV 1989 wegen neuerlicher grundloser Verringerung der Taxistandplätze bzw Auffahrmöglichkeiten in der Stadt Salzburg nach Aufhebung der Sbg StandplatzV 1987 durch den Verfassungsgerichtshof; Neuerlassung der Verordnung ohne Berücksichtigung der Bindung an die im aufhebenden Erkenntnis dargelegte Rechtsanschauung des VerfassungsgerichtshofesSpruch
Die namens des Gemeinderates der Stadt Salzburg erlassene Verordnung vom 30. Mai 1989, Z I/6-20773/3-89, über Taxistandplätze im Stadtgebiet von Salzburg, in der Fassung der Novelle vom 5. November 1990, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. Mai 1992 in Kraft.
Die Salzburger Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Nach dem durch die Novelle BGBl. Nr. 125/1987 als Verfassungsbestimmung eingefügten zweiten Satz des §10 Abs2 GelegenheitsverkehrsG, BGBl. 85/1952,
"... hat der Landeshauptmann im Interesse einer geordneten Gewerbeausübung sowie unter Bedachtnahme auf die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs unter Berücksichtigung der Anzahl und Lage der in einer Gemeinde vorhandenen Standplätze (§96 Abs4 StV0) sowie der Anzahl und Dauer der durchschnittlich durchgeführten Fahrten jeweils drei Jahre durch Verordnung festzulegen, daß in Gemeinden, in denen Standplätze eingerichtet sind und für deren Gebiet ein verbindlicher Tarif gemäß §10a Abs1 oder 2 verordnet wurde, Konzessionen zur Ausübung des mit Kraftfahrzeugen betriebenen Platzfuhrwerk-Gewerbes nur bis zu jener Höchstzahl erteilt werden dürfen, die einer in der Verordnung bestimmten Verhältniszahl, bezogen auf die Zahl der vorhandenen Auffahrmöglichkeiten auf Standplätzen, entspricht; die sich so ergebenden Höchstzahlen von für das Betreiben des Platzfuhrwerk-Gewerbes zuzulassenden Kraftfahrzeugen sind entsprechend kundzumachen."
§96 Abs4 Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159, bestimmt idF BGBl. 86/1989:
"(4) Die Behörde hat unter Bedachtnahme auf die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs von Amts wegen oder auf Antrag der gesetzlichen Interessenvertretung die Standplätze von Fahrzeugen des Platzfuhrwerks-Gewerbes (Taxi-Gewerbes) sowie des Ausflugswagen-(Stadtrundfahrten-)Gewerbes festzusetzen. Dabei hat sie unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Abstellflächen und deren beste Ausnützung für diese Standplätze entweder nur das Parken oder für den ganzen Bereich des Standplatzes oder nur für einen Teil desselben auch das Halten zu verbieten. Die Standplätze sind durch die Vorschriftszeichen nach §52 Z. 13a bzw. 13b mit den entsprechenden Zusatztafeln, zum Beispiel mit der Aufschrift 'AUSGENOMMEN ... TAXI', zu kennzeichnen. ..."
1. Aus Anlaß von Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit von Verordnungen des Landeshauptmannes von Salzburg betreffend die Höchstzahl für Konzessionen zur Ausübung des Taxigewerbes, LGBl. 42/1982, mit der Verhältniszahlen festgesetzt wurden, und über die Höchstzahl von für das Betreiben des Platzfuhrwerk-Gewerbes zuzulassenden Kraftfahrzeugen, SbgLZtg 19/1987, (V 73ua/88) hat der Verfassungsgerichtshof im Verfahren V123-149/88 die Gesetzmäßigkeit der namens des Gemeinderates der Stadt Salzburg erlassenen Verordnung vom 20. Mai 1987 über eine teilweise Reduzierung der Anzahl der Stellplätze (Taxistandplätze) geprüft und mit Erkenntnis vom 1. Dezember 1988, VfSlg. 11.915/1988 diese Verordnung mit einigen Ausnahmen als gesetzwidrig aufgehoben. In diesem Erkenntnis ging der Verfassungsgerichtshof davon aus, daß die aufgehobene Verordnung eine Gesamtzahl von 147 (130 ganztägig, 5 tags und 12 nachts benützbaren) Auffahrmöglichkeiten vor dem 20. Mai 1987 auf 127 (113 ganztägig, 5 tags und 9 nachts benützbare) Auffahrflächen nach diesem Zeitpunkt reduziert hatte. In der Folge wurde in den Anlaß-Verordnungsprüfungsverfahren mit Erkenntnis VfSlg. 11.918/1988 auch die Taxi-Verhältniszahlverordnung und die Taxi- Höchstzahlverordnung als gesetzwidrig aufgehoben.
Mit Verordnung vom 30. Mai 1989 wurden namens des Gemeinderates der Landeshauptstadt Salzburg sämtliche Halteverbote für Taxistandplätze in Salzburg aufgehoben und neue Halteverbote für solche Plätze erlassen (Taxi-Standplatzverordnung).
Noch vor diesem Zeitpunkt, nämlich am 5. Mai 1989, hatte der Magistrat dem anfragenden Landeshauptmann mitgeteilt, mit Stichtag 25. März - also nach Aufhebung der Verordnung aus 1987 über die teilweise Reduzierung der Standplätze und vor der Neuerlassung einer Standplatzverordnung - seien in Salzburg 25 Taxistandplätze eingerichtet, wobei 114 Auffahrmöglichkeiten ganztägig, 5 tags und 9 nachts zur Verfügung stünden. Gestützt auf diese Auskunft ging der Landeshauptmann von Salzburg bei Neufassung der Höchstzahlverordnung anscheinend von 119 tagsüber bestehenden Auffahrmöglichkeiten aus.
2. Nunmehr hat der Verfassungsgerichtshof aus Anlaß mehrerer Beschwerden gegen die Verweigerung von Taxikonzessionen (B 604,605,693,753/90) Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der vom Landeshauptmann von Salzburg auf Basis dieser Annahme erlassenen Verordnung vom 2. Juni 1989, LGBl. 59, betreffend die Höchstzahl von Konzessionen zur Ausübung des Taxigewerbes in der Stadt Salzburg eingeleitet (V 407,408,410,411/90). Der Verfassungsgerichtshof hat (neuerlich) Bedenken gegen die vom Landeshauptmann angewendete Berechnungsmethode für die Verhältniszahl, und zwar unter anderem dahin, daß diese Verhältniszahl - unter Zugrundelegung von 119 Auffahrmöglichkeiten - aus der angestrebten Taxi-Höchstzahl ermittelt wurde.
II. Aus Anlaß dieser Verordnungsprüfungsverfahren hat der Verfassungsgerichtshof die Prüfung der Gesetzmäßigkeit der der Verordnung des Landeshauptmannes zugrundeliegenden, namens des Gemeinderates der Stadt Salzburg erlassenen Verordnung über die Festlegung von Taxistandplätzen (Taxi-Standplatzverordnung) vom 30. Mai 1989 beschlossen und folgendes ausgeführt (Ziffern gemäß Korrektur in der Zustellverfügung):
"Daß Verordnungen über die Festlegung von Taxistandplätzen für den Landeshauptmann bei Erlassung der Höchstzahlverordnung maßgeblich und daher auch für den diese Verordnung nachprüfenden Verfassungsgerichtshof präjudiziell sind, hat der Gerichtshof bereits im Erkenntnis VfSlg. 11.915/1988 ausführlich dargelegt; davon geht der Gerichtshof auch weiterhin aus.
Wie gleichfalls im genannten Erkenntnis schon aufgezeigt, wird eine Höchstzahlverordnung auch durch spätere Änderungen der Standplatzverordnung dann gesetzwidrig, wenn sie nicht alsbald den geänderten Umständen angepaßt wird. Da nach der Aktenlage die Standplatzverordnung vom 30. Mai 1989 spätestens am 2. August 1989 durch Aufstellen der notwendigen Verkehrszeichen vollständig kundgemacht war, geht der Verfassungsgerichtshof vorläufig davon aus, daß die Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Landeshauptmannes jedenfalls auch unter Bedachtnahme auf die Standplatzverordnung zu beurteilen ist.
Gegen die Standplatzverordnung hat der Verfassungsgerichtshof nun aber folgende Bedenken:
Im Erkenntnis VfSlg. 11.915/1988 wurde die Reduzierung der tagsüber benützbaren Auffahrflächen von 135 auf 118 mit der Begründung teilweise als gesetzwidrig befunden, diese Herabsetzung sei ohne sachliche Rechtfertigung in Verkennung des Inhaltes des §96 Abs4 StVO vor dem Hintergrund der gewerberechtlichen Vorschriften im Bestreben erfolgt, bei einem Stand von 151 Konzessionen durch eine passende Festlegung von Standplätzen auf eine Zahl von rund 151 einsetzbarer Fahrzeuge zu kommen. Selbst wenn sich eine Verkleinerung des einen oder andern Standplatzes als zweckmäßig erweisen würde, könnte eine solche Maßnahme im Hinblick auf das von der zuständigen Fachgruppe gerade erst 1985 gerügte 'krasse Mißverhältnis' zwischen der Zahl der Standplätze und dem Bedarf an solchen 'nur bei gleichzeitiger Schaffung von Ersatz (an Standplätzen oder Auffahrmöglichkeiten) getroffen werden' (Hervorhebung im Original).
Nun scheint es, daß nach der neuen Standplatzverordnung bloß noch 97 Auffahrmöglichkeiten ganztägig, 12 nur tags und 11 nur nachts bestehen; woraus sich eine maßgebliche Zahl von 108 ganztägig bestehenden Auffahrmöglichkeiten ergäbe. Stellt man diese Zahl der Zahl von 118 seinerzeit verbliebenen ganztägigen Auffahrmöglichkeiten gegenüber, die der Verfassungsgerichtshof im mehrfach genannten Erkenntnis bereits als den Umständen nach zu niedrig qualifiziert hat, so müssen Bedenken entstehen, daß die Standplätze neuerlich in Verkennung des Inhaltes des §96 Abs4 StVO festgelegt wurden. Wie immer nämlich die - bei Erlassung der Standplatzverordnung noch nicht kundgemachte - neue Verhältniszahl sein würde, war nach dem Inhalt des Erkenntnisses über die Verhältnis- und Höchstzahlverordnungen für Salzburg, VfSlg. 11.918/1988 eine Erhöhung der Zahl der Taxikonzessionen zu erwarten. Der Verfassungsgerichtshof kann vorläufig keine Gründe erkennen, die es ungeachtet der in den Erkenntnissen VfSlg. 11.915/1988 und 11.918/1988 zum Ausdruck gebrachten Rechtsauffassung rechtfertigen könnten, die Zahl der Auffahrmöglichkeiten gegenüber März 1989 neuerlich, (im Verhältnis zu den bekanntgegebenen 119 Auffahrmöglichkeiten) zu verringern statt zu erhöhen."
Schon in der Begründung des Erkenntnisses VfSlg. 11.915/1988 habe der Gerichtshof abschließend ausgeführt:
"Daß es noch weitere geeignete Stellen gibt (ohne daß deshalb gleich 'überall' Taxistandplätze geschaffen werden müßten), hat der Bürgermeister in seiner Äußerung selbst betont und ist dem Verfassungsgerichtshof nicht zweifelhaft."
Solche Zweifel erweckten die vorgelegten Akten auch weiterhin nicht, weshalb die Verordnung aus 1989 ebenso gesetzwidrig zu sein scheine wie die Festlegung der Standplätze im Jahre 1987.
2. Der Bürgermeister der Stadt Salzburg hält den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes - offenbar von denselben Ziffern ausgehend - entgegen, vor Erlassung der in Prüfung gezogenen Verordnung hätten im Jänner und Februar 1989 jeweils eine Woche lang Erhebungen über die monatlich anfallenden Taxifahrten stattgefunden. Diese und die Erhebungen des Amtes der Landesregierung im Rahmen des dortigen Verordnungserlassungsverfahrens seien der Verordnungserlassung zugrundezulegen. Die zu erwartende Erhöhung der Zahl der Konzessionen erscheine "im Ergebnis" berücksichtigt:
"Generell ist nach ha. Ansicht davon auszugehen, daß wohl keinesfalls rechtlich geboten bzw. den Gegebenheiten entsprechend für jedes bestehende Taxi-Fahrzeug eine Auffahrmöglichkeit zu schaffen wäre. Auf Grund der bestehenden Erfahrungen (vgl. auch den diesbezüglichen Hinweis auf Seite 11 der Verhandlungsschrift vom 23.5.1989) ist festzuhalten, daß unter Zugrundelegung der gegebenen Verhältnisse, insbesondere der 25 im Stadtgebiet verteilten Taxi-Standplätze, selbst in jenen Tagesstunden, mit sehr geringer Taxinachfrage aber 30 bis 40 % der eingesetzten Fahrzeuge 'auf Fahrt' sind und somit Auffahrmöglichkeiten etwa in der Größenordnung von zwei Drittel (60 bis 70 %) der Gesamtzahl von Taxifahrzeugen ausreichend erscheinen.
Geht man von der im Zeitpunkt der Erlassung der Stammverordnung gegeben gewesenen Anzahl von Taxis aus (151), so haben die tagsüber geschaffenen Auffahrmöglichkeiten (119) immerhin sogar für knapp 80 % der Gesamtanzahl von Taxis eine Auffahrmöglichkeit geboten.
Betrachtet man nun den Umstand, daß zwischenzeitig die Anzahl der Taxikonzessionen gestiegen ist (193), wäre sohin für die entsprechende Anzahl von Taxifahrzeugen durch die vorangeführten Anzahl von Auffahrmöglichkeiten (119) noch immer ein 'Deckungsgrad' von rund 61 % gegeben (also knapp zwei Drittel)."
Abschließend gibt der Bürgermeister von Salzburg folgendes zu bedenken:
"§10 Abs2 Gelegenheitsverkehrs-Gesetz nimmt auf die Anzahl und Lage der in einer Gemeinde vorhandenen Standplätze Bedacht. Richtig ist sicherlich, daß die Anzahl der Taxi-Fahrzeuge innerhalb eines Gemeindegebietes für die Festlegung der einzelnen Taxi-Standplätze für die Anzahl aller Auffahrmöglichkeiten eine gewisse Vorgabe gemäß §96 Abs4 StVO darstellt. Eine echte 'Bedarfsprüfung' durch die Straßenpolizeibehörde durchzuführen, ist aber weder in §96 Abs4 StVO geboten, noch erschiene eine solche in den Bestimmungen der StVO 1960 insgesamt gedeckt. Andererseits ist aufzuzeigen, daß die Festlegung einer 'sehr großen' Anzahl von Auffahrmöglichkeiten (auch) nicht richtig sein könnte (abgesehen davon, daß eine 'weit überzogene' Schaffung von Auffahrmöglichkeiten dann im Sinne des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes wiederum Rückwirkungen auslösen würde).
Diese gegenseitige '(Ver)Bindung' stellt nach ha. Ansicht eine höchst fragwürdige (gegenseitige) Abhängigkeit der beiden Rechtsvorschriften dar (stünde die entsprechende Bestimmung des §10 Abs2 Gelegenheitsverkehrs-Gesetz nicht auf Verfassungsstufe, wäre allenfalls die Frage der Sachlichkeit der Regelung in §10 Abs2 leg.cit. in Zweifel zu ziehen, ob nämlich die Bezugnahme auf die in der Gemeinde gerade bestehenden straßenpolizeilich festgelegten Auffahrmöglichkeiten überhaupt 'sachgerecht' sein könnte).
Die durch diese Verfassungsbestimmung des Bundes geschaffene rechtliche Situation kann aber nicht nach sich ziehen, daß der Verordnungsgeber (StVO) eine Bedarfsprüfung (im gewerberechtlichen Sinn) durchzuführen hätte bzw. würde sich aus jeder Vermehrung der Auffahrmöglichkeiten eine höhere Anzahl an möglichen Taxikonzessionen ableiten, was wiederum (Reflexwirkung) bei der Stadt dann die Notwendigkeit nach sich ziehen würde, weitere Auffahrmöglichkeiten zu schaffen (mit der neuerlichen Rückwirkung vermehrter Taxikonzessionen etc.).
Aus der Sicht der vollziehenden Straßenpolizeibehörde darf in diesem Zusammenhang noch der abschließende Hinweis ergehen, daß - sollte im gegenständlichen Prüfungsverfahren die Gesetzwidrigkeit der Stammverordnung festgestellt werden - eine gesetzeskonforme Vorgangsweise der Straßenpolizeibehörde nicht mehr recht vorstellbar erschiene."
3. Die Salzburger Landesregierung äußert sich wie folgt:
"Die Verordnung des Landeshauptmannes von Salzburg vom 2. Juni 1989, LGBl. Nr. 59, legt die Höchstzahl der Taxikonzessionen im Gemeindegebiet der Stadt Salzburg mit 193 fest. Dadurch ergab sich eine Erhöhung um 42 Konzessionen bzw. um 27,81 % gegenüber der vorherigen Gesamtsumme von 151 Taxikonzessionen. Die Verordnung über die Taxistandplätze wurden also offenkundig nicht in der Absicht erlassen, indirekt die Zahl der bestehenden Taxikonzessionen fortzuschreiben. Die Ursache, daß die Zahl der Auffahrmöglichkeiten nicht erhöht wurde, ist wohl in der gesteigerten zahl von Anrainerprotesten gegen Taxistandplätzen zu suchen. Dieser Unmut in der Bevölkerung tritt in der Regel dort am stärksten zu Tage, wo die Standplätze am frequentiertesten sind und auch ein Kundenwunsch nach zusätzlichen Auffahrmöglichkeiten besteht. Sinnlos wäre es hingegen, dort Standplätze zu verordnen, wo zwar keine Proteste zu erwarten sind, dafür aber keine Akzeptanz bei den Taxikunden vorliegt.
Gemäß §96 Abs4 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159, in der Fassung BGBl. Nr. 174/1983 sind die Standplätze von Fahrzeugen des Taxi-Gewerbes unter Bedachtnahme auf die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs auf Antrag der gesetzlichen Interessenvertretung festzulegen. Das Hauptkriterium für diese Festlegung bildet die Zahl der vorhandenen bzw. höchstens zu erwartenden Taxifahrzeuge. Die örtlichen Verhältnisse für die Standplätze sind erst in zweiter Linie maßgeblich. Dieser Zusammenhang ist zwingend, weil bei einer steigenden Zahl von Taxifahrzeugen unter der Annahme einer gleichbleibenden Anzahl der Betriebsfahrten mit einer erheblichen Steigerung der Stehzeiten bzw. der Leerfahrten zu rechnen ist. Mit anderen Worten bedingt eine relativ geringe Zunahme der Taxifahrzeuge ein überproportionales Ansteigen des Bedarfes an Auffahrmöglichkeiten bzw. eine ebensolche Erhöhung der Zeiten für die Standplatzsuche."
Sodann tritt die Landesregierung den Einwänden des Bürgermeisters der Stadt Salzburg folgendermaßen bei:
"Notwendiges Kriterium für die Festlegung des Landeshauptmannes ist die Anzahl der Taxistandplätze, während für den Gemeinderat die Anzahl der Taxikonzessionen maßgeblich ist. Der Gemeinderat der Stadt Salzburg hätte demgemäß die Anzahl der Standplätze unter Berücksichtigung der vorhandenen Taxikonzessionen und einer eventuellen Erhöhung festzulegen. Aufbauend auf diese Standplatzverordnung wäre vom Landeshauptmann eine Höchstzahlenverordnung für die Taxikonzessionen zu erlassen, wodurch sich eine Erhöhung der zulässigen Konzessionen ergebe. Wenn dieser Rahmen erschöpft ist, wäre der Gemeinderat wiederum verpflichtet, eine höhere Anzahl von Standplätzen zu verordnen, was auf Grund der Verhältniszahl eine Anhebung der Anzahl der Taxikonzessionen nach sich zöge. Dieses Wechselspiel müßte sich der Auslegung des Verfassungsgerichtshofes zufolge solange wiederholen, als sich entweder grobe Verkehrsbeeinträchtigungen durch die Taxifahrzeuge ergeben oder der Andrang auf Konzessionen wegen der wirtschaftlichen Situation im Taxigewerbe abebbt.
Die Zwanghaftigkeit dieses Vorganges erscheint im wesentlichen unabhängig davon, welche Formeln für die Ermittlung der Verhältniszahl bzw. der Zahl der Auffahrmöglichkeiten im einzelnen Anwendung finden."
und kommt zu daher zu folgendem Schluß:
"§10 Abs2 des Gelegenheitsverkehrsgesetzes und §96 Abs4 der StVO 1960 greifen, wie obige Ausführungen zeigen, so eng ineinander, daß sie nicht unabhängig voneinander gesehen und bei der Erlassung von Verordnungen nicht selbständig angewandt werden können. Diese Verschränkung der beiden Normen muß bei der Auslegung in der Weise Eingang finden, als sich der Zeitraum für die Gültigkeit einer Verhältniszahlenverordnung auch auf die Beurteilung der Gesetzmäßigkeit der Standplatzverordnung auswirkt. Eine Anpassungspflicht für die in Prüfung stehenden Verordnungen während eines laufenden 3-Jahreszeitraumes kann, da der Gesetzgeber den großen Aufwand (statistische Erhebung der Daten des Taxigewerbes, deren Auswertung und Abwicklung des Begutachtungsverfahrens) für die Verordnungserlassung gesehen hat, nur bestehen, wenn zwischenzeitlich grobe Mißstände auftreten, die sofortiges Handeln erfordern."
III. Die Verordnungsprüfungsverfahren sind zulässig. Es hat sich nichts ergeben, was gegen die Präjudizialität der in Prüfung gezogenen Verordnung für die beim Verfassungsgerichtshof anhängigen Verordnungsprüfungsverfahren sprechen würde. Auch sonst sind die Prozeßvoraussetzungen gegeben.
IV. Die Bedenken sind auch begründet. Die Salzburger Taxi-Standplatzverordnung 1989 ist gesetzwidrig.
1. Im Erkenntnis 11.915/1988 hat der Verfassungsgerichtshof die für die Gemeinde maßgebliche Rechtslage unter Bezugnahme auf das die Bedarfsprüfung bei Erteilung von Taxi-Konzessionen aufhebende Erkenntnis 10.932/1986 wie folgt beschrieben:
"§96 Abs4 StVO ist im Zusammenhang mit der gewerberechtlichen Vorschrift so zu verstehen, daß - wenn es überhaupt zur Festlegung von Standplätzen kommt - unter Bedachtnahme auf die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs eine den Bedarf an Standplätzen deckende Zahl festzulegen ist. Zieht man dazu das Grundrecht der Freiheit der Erwerbstätigkeit in Erwägung, dem der Gesetzgeber im Hinblick auf das Erkenntnis VfSlg. 10.932/1986 erklärtermaßen Rechnung tragen wollte, ist bei Feststellung des Bedarfes nicht nur auf die Zahl der vorhandenen Taxifahrzeuge, sondern auch auf allenfalls zu erwartende Erhöhungen dieser Zahl zu sehen. Es ist also nicht nur auf straßenpolizeilich relevante Momente, sondern auch darauf Bedacht zu nehmen, daß eine ausreichende Anzahl von Auffahrmöglichkeiten zur Befriedigung des Bedarfes nach Beförderungsleistungen mit Taxis zur Verfügung steht. Ein Festschreiben der nur den Bedarf der zufällig gerade vorhandenen Fahrzeuge deckenden Standplätze käme einem willkürlichen Ausschluß weiterer Bewerber um eine Konzession und damit wieder einer Verletzung des Grundrechts auf freie Erwerbstätigkeit gleich. Sie wäre noch viel einschneidender als die aufgehobene Bedarfsprüfung (bei der es um den Bedarf an Konzessionen ging), weil selbst bei objektivem Bedarf an einer größeren Anzahl von Taxis die einmal festgestellte Zahl von Standplätzen die Erteilung weiterer Konzessionen verhindern würde. Nur aus Gründen der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs - unter Berücksichtigung der allgemein zur Verfügung stehenden Abstellflächen und deren beste Ausnützung (§96 Abs4 StVO) - darf die Zahl der festgestellten Standplätze hinter dem so ermittelten Bedarf zurückbleiben."
Der Gerichtshof ist in diesem Erkenntnis zum Ergebnis gekommen, daß die Reduzierung der Standplätze durch die damals in Prüfung gestandene Verordnung vom 20. Mai 1987 von 135 auf 118 tagsüber benützbaren Auffahrflächen nach den damaligen Gegebenheiten gesetzwidrig war, weil selbst dann, wenn sich eine Verkleinerung des einen oder anderen Standplatzes als zweckmäßig erwiesen haben sollte, eine solche Maßnahme im Hinblick auf das von der zuständigen Fachgruppe gerade erst 1985 gerügte "krasse Mißverhältnis" zwischen der Zahl der Standplätze und dem Bedarf an solchen nur bei gleichzeitiger Schaffung von Ersatz (an Standplätzen oder Auffahrmöglichkeiten) getroffen werden darf.
Wenn daher der Prüfungsbeschluß das Bedenken äußert, daß die schließlich festgelegten 108 Auffahrmöglichkeiten nicht gesetzmäßig zu sein scheinen, so besteht kein Anlaß, diesen Bedenken die Gefahr entgegenzuhalten, daß es zu einem laufenden wechselseitigen Hinauftreiben der Zahl der Standplätze und der Zahl der Taxikonzessionen kommen müsse. Vielmehr ist festzuhalten, daß es bisher weder dem Landeshauptmann noch der Stadt gelungen ist, eine für den jeweiligen Stichtag gesetzmäßige Verordnung zu erlassen und so die Höchstzahl der Taxikonzessionen auf den Zeitraum von drei Jahren festzuschreiben. Die Festlegung der Standplätze im Jahre 1987 ist nämlich nicht etwa deshalb als gesetzwidrig aufgehoben worden, weil sie die künftige Höchstzahl der Taxikonzessionen nicht beachtet hat, sondern weil sie sich entgegen dem früheren Verlangen der Fachgruppe bei der Festlegung der Standplätze nicht am Bedarf (unter Berücksichtigung erwartbarer Entwicklungen), sondern am Bestreben (der Fachgruppe) orientiert hat, durch Reduzierung der Standplätze das Entstehen weiterer Konkurrenz für die Konzessionsinhaber zu verhindern; und diese als gesetzwidrig erkannte - grundlose - Reduzierung der Standplätze auf 118 ist durch die in Prüfung stehende Verordnung nicht nur nicht rückgängig gemacht, sondern durch Reduzierung auf 108 weiter fortgeführt worden. Daß "im Ergebnis" die zu erwartenden Erhöhungen scheinbar - wie der Bürgermeister sagt - "berücksichtigt" worden sind, ist nicht die Wirkung einer nunmehr gesetzmäßigen Standplatzverordnung, sondern die Folge des Umstandes, daß der Landeshauptmann aus der nach wie vor reduzierten Zahl der Standplätze anstelle seiner ursprünglich gleichfalls gesetzwidrigen Verhältnis- und Höchstzahlverordnungen neue Verordnungen erlassen hat (die allerdings ihrerseits, wie die Anlaßfälle des vorliegenden Verfahrens zeigen, wiederum bedenklich sind). Der Gerichtshof begnügt sich daher mit dem neuerlichen Hinweis, daß es nicht Aufgabe der Straßenverkehrsbehörde ist, für eine Begrenzung der Zahl der Taxikonzessionen Sorge zu tragen.
2. Im vorliegenden Verfahren bleibt nur zu prüfen, ob sich die tatsächlichen Verhältnisse seit Fällung des Erkenntnisses VfSlg. 11.915/1988 derart geändert haben, daß die in diesem Erkenntnis mangels an Ersatz als gesetzwidrig bezeichnete Verringerung der Zahl der Standplätze oder Auffahrmöglichkeiten nicht mehr durch Neufestlegung von Standplätzen oder Auffahrmöglichkeiten ausgeglichen werden kann oder braucht. Die Akten enthalten indessen nicht den geringsten Hinweis darauf, daß der Versuch, die ursprüngliche Anzahl von Plätzen wiederherzustellen, überhaupt unternommen worden wäre, geschweige denn, daß er - wie die Landesregierung ohne Nennung von Belegen vermutet ("... ist wohl ... zu suchen") - an einer "gesteigerten Zahl von Anrainerprotesten
gegen Taxistandplätze" gescheitert wäre. Es steht ihm auch nicht etwa ein neues, die Verwendbarkeit von Taxis oder die Schaffung von Taxistandplätzen sonst beschränkendes Verkehrskonzept entgegen. Für eine Änderung der Sachlage in einer für die Gesetzmäßigkeit einer weiteren Reduzierung sprechenden Richtung findet sich nicht der geringste Anhaltspunkt. Es war und ist nicht etwa eine Verringerung der Zahl der Konzessionen, sondern vielmehr deren Erhöhung zu erwarten. Auch das vorliegende Verfahren hat keine Zweifel ergeben, daß es noch weitere geeignete Stellen gibt, an denen wieder oder anstelle aufgelassener früherer neue Standplätze oder zusätzliche Auffahrmöglichkeiten geschaffen werden können, um zumindest die gesetzwidrige Reduzierung rückgängig zu machen.
Wenn das namens des Gemeinderates der Stadt Salzburg handelnde Organ bei unveränderter Sachlage eine Verordnung erläßt, die der im aufhebenden Erkenntnis dargelegten Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes nicht im geringsten Rechnung trägt, belastet es nicht nur die Standplatzverordnung neuerlich mit Rechtswidrigkeit, sondern bringt sich darüber hinaus in die Nähe des Verdachtes bewußter Rechtsbeugung.
Die in Prüfung gezogene Verordnung ist daher aufzuheben.
Da im Falle des Wirksamwerdens der Aufhebung die mit der Festlegung von Standplätzen nach §44 der Betriebsordnung BGBl. 163/1986 verbundenen Rechtsfolgen wegfallen und die Festlegung von Verhältnis- und Höchstzahlen unzulässig wird, ist diesmal - anders als in dem zu VfSlg. 11.915/1988 entschiedenen Fall, in dem es bloß um die Aufhebung der Reduzierung von Standplätzen ging - für das Außerkrafttreten im Sinne des Art139 Abs5 B-VG eine Frist zu bestimmen. Auf diese Bestimmung stützt sich auch die Kundmachungsverpflichtung.
Da von einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war, hat der Verfassungsgerichtshof von einer mündlichen Verhandlung abgesehen (§19 Abs4 VerfGG).
Schlagworte
Gewerberecht, Gelegenheitsverkehr, Straßenpolizei, Verkehrsbeschränkungen, VfGH / Prüfungsmaßstab, VfGH / Fristsetzung, Taxis, Bindung (der Verwaltungsbehörden an VfGH), VerordnungserlassungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1991:V234.1991Dokumentnummer
JFT_10088798_91V00234_00