TE Vwgh Beschluss 1994/5/11 94/12/0088

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Veröffentlicht am 11.05.1994
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
72/01 Hochschulorganisation;

Norm

AVG §73 Abs2;
UOG 1975 §37 Abs2 idF 1990/364;
UOG 1975 §37 Abs3 idF 1990/364;
UOGNov 1990 Art3 Abs1;
VwGG §27;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Mag. Unterer, in der Beschwerdesache des Dr. H in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Akademischen Senat der Universität Wien wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Habilitationsangelegenheit, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach dem Beschwerdevorbringen und den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Der Beschwerdeführer beantragte am 15. Juni 1989 bei der Grund- und Integrativwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien die Verleihung der Lehrbefugnis für das Fach "Philosophie mit besonderer Berücksichtigung der Humanökologie". Über Anraten des Vorsitzenden der hiefür eingesetzen Habilitationskommission beantragte der Beschwerdeführer mit seinem an den Dekan der obgenannten Fakultät gerichteten Schreiben vom 18. Dezember 1989 die Abänderung der Lehrbefugnisse auf "Humanökologie". Dies führte zur Auflösung der alten bereits eingesetzten und konstituierten Habilitationskommission und zur Bildung einer neuen Habilitationskommission, die sich in ihrer Sitzung vom 16. Jänner 1992 konstituierte und gleichzeitig den ersten Abschnitt (Zulassung zum zweiten Abschnitt des Habilitationsverfahrens) aus der Sicht des Beschwerdeführers positiv abschloß.

Mit seinem an den Akademischen Senat der Universität Wien gerichteten Schreiben vom 28. Juni 1993 begehrte der Beschwerdeführer den Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung nach § 73 AVG.

Mit Schreiben vom 28. Oktober 1993 teilte der Rektor als Vorsitzender des Akademischen Senates dem Beschwerdeführer mit, die belangte Behörde habe in ihrer Sitzung vom 21. Oktober 1993 "einstimmig beschlossen, Ihrem Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung in Ihrem Habilitationsverfahren (ab 2. Abschnitt) stattzugeben und eine besondere Habilitationskommission im Ausmaß 6.3.3. einzusetzen.

Die Bekanntgabe der Mitglieder kann erst in einem späteren Zeitpunkt erfolgen."

In der vorliegenden Säumnisbeschwerde, in der der Akademische Senat der Universität Wien als belangte Behörde bezeichnet wird, bringt der Beschwerdeführer vor, die einzusetzende Habilitationskommission habe bis heute nicht im zweiten Habilitationsabschnitt entschieden. Als Beschwerdepunkt macht er die Verletzung des Rechts auf Entscheidung durch Untätigkeit der belangten Behörde geltend und stellt den Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge über sein Habilitationsansuchen vom 15. Juni 1989 in der Fassung vom 18. Dezember 1989 selbst in der Sache erkennen und ihm die angestrebte venia docendi gemäß § 35 Abs. 2 des Universitäts-Organisationsgesetzes (UOG) verleihen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Fünfersenat erwogen:

Gegenstand der vorliegenden Säumnisbeschwerde ist die behauptete Säumnis der belangten Behörde mit einer Sachentscheidung über den Habilitationsantrag des Beschwerdeführers.

Eine Säumnisbeschwerde kann gemäß Art. 132 B-VG erheben, wer in einem Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war. Die Beschwerde kann gemäß § 27 VwGG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat.

Nach Art. III Abs. 1 der UOG-Novelle, BGBl. Nr. 364/1990, haben Berufungskommissionen, Habilitationskommissionen und besondere Habilitationskommissionen, die vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes konstituiert wurden und ihre Tätigkeit bereits aufgenommen haben, das Verfahren in ihrer bisherigen Zusammensetzung und nach den bisherigen Bestimmungen durchzuführen.

Auf Grund des vom Beschwerdeführer dargelegten Sachverhaltes (Änderung seines Habilitationsantrages im Dezember 1989 und Einsetzung einer neuen Habilitationskommission, die sich erst im Jänner 1992 konstituierte) ergibt sich, daß kein Anwendungsfall der Übergangsbestimmung des Art. III Abs. 1 der UOG-Novelle, BGBl. Nr. 364/1990, vorliegt. Auf den geänderten Habilitationsantrag des Beschwerdeführers findet daher das UOG in der Fassung der zitierten Novelle Anwendung.

§ 37 Abs. 2 und 3 UOG in der Fassung der genannten Novelle lautet:

"(2) Richtet sich die Berufung des Bewerbers gegen die Abweisung wegen negativer Beurteilung einer im zweiten, dritten oder vierten Abschnitt des Habilitationsverfahrens zu prüfenden Leistung, so ist das Habilitationsverfahren von einer besonderen Habilitationskommission neu durchzuführen. Diese ist vom obersten Kollegialorgan nach Maßgabe des § 35 Abs. 4 einzusetzen. Die Mitglieder der Kommission werden vom obersten Kollegialorgan auf Grund von Vorschlägen der Rektorenkonferenz für die Vertreter der Universitätsprofessoren und der in § 63 Abs. 1 lit. b genannten Personengruppe sowie auf Grund von Vorschlägen der Österreichischen Hochschülerschaft für die Vertreter der Studierenden bestellt. Dieser Kommission haben Fachvertreter von wenigstens zwei anderen Fakultäten (Universitäten), erforderlichenfalls auch im Ausland tätige Wissenschafter anzugehören. Personen, die bereits am Verfahren erster Instanz mitgewirkt haben, dürfen der Kommission nicht angehören. Gegen die Entscheidung der besonderen Habilitationskommission ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. § 35 Abs. 2 letzter Satz gilt sinngemäß.

(3) Bei Säumnis (§ 73 AVG) des in erster Instanz für die Entscheidung über den Habilitationsantrag zuständigen Kollegialorgans geht die Entscheidungspflicht auf Antrag des Bewerbers an das oberste Kollegialorgan über. Dieses hat in sinngemäßer Anwendung des Abs. 2 eine besondere Habilitationskommission zur Durchführung des Habilitationsverfahrens einzusetzen."

Das Begehren des Beschwerdeführers in seiner Säumnisbeschwerde richtet sich klar und unmißverständlich auf die Sachentscheidung über seinen (geänderten) Habilitationsantrag und die Verleihung der entsprechenden venia docendi. Für diese Sachentscheidung ist jedoch im Beschwerdefall nach § 37 Abs. 3 UOG nur die besondere Habilitationskommission, nicht aber der vom Beschwerdeführer als belangte Behörde bezeichnete Akademische Senat zuständig, der im Beschwerdefall nur die belangte Habilitationskommission einzusetzen hat (vgl. in diesem Zusammenhang die zur früheren Rechtslage ergangenen hg. Erkenntnisse vom 29. Juni 1987, Zl. 86/12/0199, und vom 20. August 1987, Zl. 85/12/0022). Daß die belangte Behörde ihre Verpflichtung zur Einsetzung der besonderen Habilitationskommission verletzt hätte, hat der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht (vgl. dazu allerdings das zum UOG in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 346/1990 ergangene hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1987, Zl. 86/12/0199, sowie den Beschluß vom 29. Februar 1988, Zl. 88/12/0028). Andererseits hat der Beschwerdeführer auch nicht eine Säumigkeit der besonderen Habilitationskommission (deren Mitglieder nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers noch nicht bestellt sind) in seiner Angelegenheit behauptet, bezeichnet er doch als belangte Behörde ausdrücklich den Akademischen Senat. Mit seiner Säumnisbeschwerde macht der Beschwerdeführer vielmehr erstmals die Pflicht des Akademischen Senates zur Entscheidung in einer Angelegenheit geltend, für die dieser gar nicht zuständig ist; die belangte Behörde war im Beschwerdefall auch nicht verpflichtet, über ihre fehlende Zuständigkeit bescheidförmig abzusprechen. Daß der Beschwerdeführer bereits in seinem an die belangte Behörde gerichteten Devolutionsantrag nach § 73 AVG über den Übergang der Entscheidungspflicht hinaus begehrt hat, der Akademische Senat selbst sei (ungeachtet der eindeutigen Gesetzeslage) zur Durchführung seines Habilitationsverfahrens zuständig, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet. Auf Grund der eindeutigen Gesetzeslage liegt auch keine Zweifelssituation über die im Beschwerdefall auf die Einsetzung der besonderen Habilitationskommission begrenzte Zuständigkeit des Akademischen Senates vor.

Da die vom Beschwerdeführer behauptete Verletzung der Entscheidungspflicht der belangten Behörde nicht vorliegt, war die Säumnisbeschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Schlagworte

Anspruch auf Sachentscheidung Allgemein Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994120088.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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