TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/11 90/12/0230

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Veröffentlicht am 11.05.1994
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Index

L37139 Abfallabgabe Müllabgabe Sonderabfallabgabe Sondermüllabgabe
Müllabfuhrabgabe Wien;
L82409 Abfall Müll Sonderabfall Sondermüll Wien;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ABGB §435;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
MüllabfuhrG Wr 1965 §17;
MüllabfuhrG Wr 1965 §18;
MüllabfuhrG Wr 1965 §3 Abs2;
MüllabfuhrG Wr 1965 §3 Abs3;
MüllabfuhrG Wr 1965 §4 Abs1;
MüllabfuhrG Wr 1965 §4 Abs2;
MüllabfuhrG Wr 1965 §8;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissärin Mag. Unterer, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadt Wien vom 28. Mai 1990, Zl. MDR - S 9/89, betreffend Müllabfuhr nach dem Wiener Müllabfuhrgesetz 1965, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer betreibt in der M-Straße "an der Westfront des Hauses, ab linkem vorspringendem Geschäftspfeiler in Richtung A-Straße" auf öffentlichem Gemeindegrund einen mobilen Würstelstand, für den ihm eine Bewilligung nach der Straßenverkehrsordnung und dem Wiener Gebrauchsabgabegesetz erteilt wurde (Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 20. November 1974, in der Fassung des Bescheides vom 17. Jänner 1989; Öffnungszeiten: Montag - Freitag, 18.00 bis 04.00 Uhr; an den langen Einkaufssamstagen: 17.00 bis 04.00 Uhr; an den übrigen Samstagen sowie an Sonn- und Feiertagen: 13.00 bis 04.00 Uhr).

Der Beschwerdeführer ersuchte mit Schreiben vom 7. Juni 1988 den Magistrat, den ihm für den Würstelstand zur Verfügung gestellten Mistkübel "bei nächstmöglichem Termin zu entfernen", da er nicht mehr benötigt werde.

In der Folge urgierte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 15. November 1988 die Erledigung seines Antrages. Er gab ferner an, der Würstelstand sei fahrbar und müsse täglich entfernt werden. Der Beschwerdeführer habe in der E-Gasse zwei Mülleimer angemietet, wodurch ihm eine "Doppelverrechnung" entstehen würde.

Mit Schreiben vom 2. Dezember 1988 teilte der Magistrat der Stadt Wien (MA 4) dem Beschwerdeführer mit, Kontrollorgane der öffentlichen Abfuhr hätten festgestellt, daß das derzeit aufgestellte 240 l-Gefäß mit 156 jährlichen Entleerungen nicht ausgelastet sei. Es könne daher für "den auf der Liegenschaft anfallenden Müll" mit einem 120 l-Gefäß mit 52 jährlichen Entleerungen das Auslangen gefunden werden. Die MA 4 kündigte dem Beschwerdeführer die Erlassung eines dementsprechenden Bescheides (Feststellung der Art und Zahl der Müllsammelgefäße sowie Anzahl der jährlichen Einsammlungen) an, sofern seine Stellungnahme nichts anderes erfordere.

In seiner Stellungnahme (bei der MA 4 am 21. Dezember 1988 eingelangt) brachte der Beschwerdeführer vor, die Beweisaufnahme durch die Kontrollorgane der öffentlichen Müllabfuhr könnte nicht korrekt erfolgt sein: Wenn er am Abend mit seinem Würstelstand seinen Standort erreiche, sei das Müllgefäß bereits "übervoll". Auf sein Anliegen werde in keiner Weise eingegangen.

Mit Bescheid vom 17. Februar 1989 wies der Magistrat der Stadt Wien den Antrag des Beschwerdeführers vom 7. Juni 1988 "um Ausnahme von der öffentlichen Müllabfuhr" gemäß § 4 Abs. 2 des Wiener Müllabfuhrgesetzes 1965 ab. Gleichzeitig wurde "für die gegenständliche Liegenschaft" ab 1. Juli 1988 ein 120 l-Gefäß mit 52 jährlichen Einsammlungen (nach § 8 leg. cit.) festgesetzt. Nach Wiedergabe der angewandten Rechtsvorschriften wies die Behörde erster Instanz darauf hin, es handle sich beim Objekt des Beschwerdeführers um einen fahrbaren Würstelstand, der ein Superädifikat darstelle. Überprüfungen durch die zuständige Magistratsabteilung hätten ergeben, daß das (beigestellte) Gefäß an den Entleerungstagen zumindest zum Teil gefüllt gewesen sei. Es könne dahingestellt bleiben, ob es sich "bei der gegenständlichen Liegenschaft nach ihrer Art um eine solche handelt, bei der durch eine Benützung, die nach der allgemeinen Verkehrsanschauung üblich ist", kein Müll entstehe, da jedenfalls durch die tatsächliche Benützung durch den hiezu Berechtigten Müll anfalle. Dem Hinweis, das beigestellte Müllgefäß werde durch Passanten benützt und sei am Abend bereits voll, werde entgegengehalten, dieses könne mit einer über den Deckel gelegten und durch den Henkel gezogenen und einem Schloß versehener Kette abgesperrt werden. Zum Zeitpunkt der Gefäßentleerung müsse die Kette allerdings vom Gefäß entfernt sein. Für die Möglichkeit der privaten Müllabfuhr bleibe auf Grund der eindeutigen Gesetzeslage kein Raum. Allerdings habe im Hinblick auf die Menge des anfallenden Mülls die kleinstmögliche Gefäßtype sowie die geringste gesetzlich mögliche Zahl jährlicher Einsammlungen festgesetzt werden können.

In seiner Berufung bekämpfte der nunmehr anwaltlich vertretene Beschwerdeführer diesen Bescheid in dem Umfang, "als der Antrag auf Ausnahme von der öffentlichen Müllabfuhr abgewiesen wurde". Der Beschwerdeführer machte im wesentlichen geltend, auf Grund eines mangelhaften Verfahrens sei nicht festgestellt worden, daß bei ihm keinerlei Müll anfalle und es sich bei seinem Würstelstand um kein Superädifikat handle (Antrag auf Durchführung eines Lokalaugenscheines). Sein fahrbarer Würstelstand werde täglich nur für einige Stunden an den vom Beschwerdeführer angemieteten Platz hingeführt. Ein Bauwerk im Sinne des § 435 ABGB liege daher nicht vor. Würde man der Auffassung der ersten Instanz folgen, müsse jeder Pkw-Besitzer, der sein Fahrzeug auf der Straße stehen lasse, Beiträge für die Müllabfuhr entrichten. Da ein fahrbarer Würstelstand (mangels der Eigenschaft als Gebäude oder Bauwerk) kein Superädifikat sei, finde § 17 des Wiener Müllabfuhrgesetzes 1965 keine Anwendung. Richtigerweise hätte daher niemals bescheidmäßig ein Anschluß an die öffentliche Müllabfuhr erfolgen dürfen.

Mit Schreiben vom 23. Oktober 1989 machte der Beschwerdeführer den Übergang der Entscheidung an die belangte Behörde gemäß § 73 AVG geltend.

Nach den im Verwaltungsakt aufliegenden behördeninternen Ermittlungen wurde für den auf der öffentlichen Verkehrsfläche befindlichen Verkaufsstand des Beschwerdeführers keine Baubewilligung erteilt und um eine solche auch nicht angesucht.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28. Mai 1990 wies die belangte Behörde gemäß § 73 Abs. 2 in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage ging die belangte Behörde zunächst davon aus, der Verkaufskiosk (Würstelstand) des Beschwerdeführers in Wien, M-Straße, sei durch die rechtskräftige Festsetzung der Art und Zahl der Sammelgefäße sowie der Zahl der Einsammlungen mit dem in diesem Punkt nicht angefochtenen Bescheid der Behörde erster Instanz rechtskräftig in die öffentliche Müllabfuhr einbezogen worden. Es sei daher im Berufungsverfahren lediglich zu prüfen gewesen, ob eine Ausnahme von der öffentlichen Müllabfuhr gemäß § 4 des Wiener Müllabfuhrgesetzes 1965 in Betracht komme. Die Anwendbarkeit des § 4 Abs. 1 leg. cit. verneinte die belangte Behörde, weil die gegenständliche Liegenschaft (auf der sich der Würstelstand des Beschwerdeführers befinde) keine solche sei, die in dem für sie geltenden Einheitswertbescheid als landwirtschaftlich, gärtnerisch oder weinbaumäßig genutzt festgestellt sei. Außerdem habe der Beschwerdeführer keine sachlich einwandfreie Beseitigung des nicht für Kompostierung verwendeten Mülls nachgewiesen. Zu § 4 Abs. 2 leg. cit. führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe durch den Hinweis auf die (private) Anmietung von zwei Mülleimern in der E-Gasse selbst zu erkennen gegeben, daß durch den Betrieb seines Verkaufskioskes Müll anfalle, der auch entsorgt werden müsse. Laufende Überprüfungen der zuständigen Magistratsabteilung hätten ergeben, daß das dem Würstelstand beigestellte Müllgefäß an den jeweiligen Entleerungstagen zumindest zum Teil gefüllt gewesen sei. Zum Einwand der Benützung des Müllgefäßes durch Passanten verwies die belangte Behörde auf die von der ersten Instanz aufgezeigte Möglichkeit, eine mißbräuchliche Verwendung zu verhindern. Auch entspreche es der allgemeinen Verkehrsauffassung, daß beim Betrieb eines Würstelstandes Müll im Sinne des Wiener Müllabfuhrgesetzes anfalle (wie z.B. Essensrückstände, Plastikbecher, Getränkedosen, Papierteller, Papierservietten u.ä.m.). Der Beschwerdeführer sei auch auf Grund einer Auflage im Bewilligungsbescheid nach dem Wiener Gebrauchsabgabegesetz vom 20. November 1974 verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, daß der Standort und seine unmittelbare Umgebung nicht verunreinigt werden. Im übrigen verneinte die belangte Behörde das Vorliegen der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Verfahrensmängel und die Nichtgewährung der Akteneinsicht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Gesetz vom 25. Juni 1965 über die öffentliche Müllabfuhr im Gebiete der Stadt Wien und die Einhebung einer Abgabe hiefür, LGBl. Nr. 19, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 51/1985 (im folgenden Wiener Müllabfuhrgesetz 1965), anzuwenden.

Abschnitt I (§§ 1 bis 10) regelt die "Müllabfuhr";

Abschnitt II (§§ 11 bis 16) betrifft die "Abgabe";

Abschnitt III (§§ 17 bis 23) enthält "Gemeinsame Bestimmungen".

(Paragraphenbezeichnungen beziehen sich, soweit im folgenden nicht anderes angegeben ist, auf das Wiener Müllabfuhrgesetz 1965.)

Nach § 1 (Öffentliche Müllabfuhr) obliegt der Stadt Wien die Abfuhr des Mülls von den innerhalb ihres Gebietes gelegenen Liegenschaften, sofern nicht die Bestimmungen des § 3 Abs. 2 und 3 sowie des § 4 Abs. 1 und 2 Anwendung finden (öffentliche Müllabfuhr).

Die §§ 3, 4, 5, 8 und 17 lauten:

"§ 3

Einbeziehung und Ausschluß

(1) In die öffentliche Müllabfuhr sind alle im Gebiete der Stadt Wien gelegenen Liegenschaften einbezogen, sofern sie nicht von der öffentlichen Müllabfuhr gemäß Abs. 2 und 3 ausgeschlossen oder gemäß § 4 ausgenommen sind.

(2) Von der öffentlichen Müllabfuhr sind bis zu einer bescheidmäßigen Einbeziehung Liegenschaften ausgeschlossen, von denen die Abfuhr des Mülls wegen der Lage der Liegenschaften oder aus technischen oder betrieblichen Gründen im Bereiche der öffentlichen Müllabfuhr nicht möglich oder erheblich erschwert ist.

(3) Treten bei jenen Liegenschaften, die in die öffentliche Müllabfuhr einbezogen sind, nachträglich Ausschließungsgründe im Sinn des Abs. 2 ein und wären auch Maßnahmen gemäß § 6 Abs. 4 lit. a oder b mit erheblichen Schwierigkeiten für die Stadt Wien verbunden, dann sind diese Liegenschaften von der öffentlichen Müllabfuhr bescheidmäßig auszuschließen. Nach Wegfall der für den Ausschluß maßgeblichen Verhältnisse hat wieder die bescheidmäßige Einbeziehung in die öffentliche Müllabfuhr zu erfolgen.

§ 4

Ausnahme von der öffentlichen Müllabfuhr

(1) Der Magistrat hat auf schriftlichen Antrag in sich abgeschlossene Liegenschaften, die Betrieben oder Anstalten dienen, und Liegenschaften, die in dem für sie geltenden Einheitswertbescheid als landwirtschaftlich, gärtnerisch oder weinbaumäßig genutzt festgestellt sind, von der öffentlichen Müllabfuhr auszunehmen, wenn der Antragsteller eine sachlich einwandfreie Beseitigung des nicht für Kompostierung verwendeten Mülls nachweist. Die Ausnahmegenehmigung hat die für die einwandfreie Beseitigung des Mülls erforderlichen Auflagen zu enthalten.

(2) Ferner hat der Magistrat auf schriftlichen Antrag von der öffentlichen Müllabfuhr auszunehmen:

1.

Unbebaute Liegenschaften, auf denen kein regelmäßiger Anfall von Müll zu erwarten ist, und

2.

Liegenschaften, auf denen durch eine Benützung, die für solche Liegenschaftsarten nach der allgemeinen Verkehrsanschauung üblich ist, kein Müll entsteht und auch durch die tatsächliche Benützung durch den hiezu Berechtigten kein Müll anfällt.

(3) Entfällt eine der Voraussetzungen zur Ausnahme von der öffentlichen Müllabfuhr nach den Abs. 1 und 2, so hat dies der Eigentümer der Liegenschaft binnen zwei Wochen nach deren Wegfall dem Magistrat anzuzeigen.

(4) Die Ausnahme von der öffentlichen Müllabfuhr erlischt durch Verzicht des Liegenschaftseigentümers oder durch Widerruf des Magistrates. Sie ist zu widerrufen, wenn eine der Voraussetzungen zu ihrer Erteilung weggefallen ist oder eine Auflage nicht erfüllt wurde. Die Liegenschaft gilt mit dem Erlöschen der Ausnahme von der öffentlichen Müllabfuhr als in diese einbezogen.

§ 5

Benützungsrecht, Benützungszwang

Die Eigentümer der in die öffentliche Müllabfuhr einbezogenen Liegenschaften sind berechtigt und verpflichtet, den auf ihren Liegenschaften anfallenden Müll durch die öffentliche Müllabfuhr wegbringen zu lassen.

§ 8

Festsetzung der Art und Zahl der Sammelgefäße

sowie der Zahl der Einsammlungen

(1) Der Magistrat setzt durch Bescheid die Art und Zahl der Sammelgefäße unter Bedachtnahme auf die öffentlichen Interessen, insbesondere die sanitären Notwendigkeiten, die Brandverhütung sowie auf betriebsmäßige Erfordernisse fest. Ein Rechtsanspruch auf eine bestimmte Art von Sammelgefäßen besteht nicht.

(2) Bei wesentlichen Änderungen der Verhältnisse, die für die Festsetzung der Art und Zahl der Sammelgefäße maßgebend waren, hat der Magistrat auf schriftlichen Antrag des Liegenschaftseigentümers oder von Amts wegen die Art und Zahl der Sammelgefäße bescheidmäßig festzusetzen.

(3) Der Inhalt der Sammelgefäße ist jährlich mindestens 52mal einzusammeln. Wenn es den öffentlichen Interessen, insbesondere den sanitären Notwendigkeiten, der Brandverhütung oder betriebsmäßigen Erfordernissen dienlich ist, kann der Magistrat von der 52maligen Einsammlung abgehen und die Zahl der Einsammlungen diesen Erfordernissen entsprechend, für einzelne Liegenschaften von Amts wegen oder auf Antrag des Liegenschaftseigentümers mit Bescheid erhöhen. Insolange eine derartige Änderung nicht ausgesprochen wird, ist dem Abgabenbescheid eine 52malige Einsammlung zugrunde zu legen.

(4) Für Kleingartenanlagen im Sinne des Wiener Kleingartengesetzes, LGBl. für Wien Nr. 3/1979, für Liegenschaften mit Sommerhäusern im Sinne des § 116 der Bauordnung für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930, in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. für Wien Nr. 18/1976, .... sowie mit Baulichkeiten untergeordneteren Umfangs, ist über Antrag die Zahl der Einsammlungen mit 30mal je Kalenderjahr festzusetzen, sofern diese mit den öffentlichen Interessen, insbesondere den sanitären Notwendigkeiten, der Brandverhütung, sowie den betriebsmäßigen Erfordernissen vereinbar ist. Ist ein Kleingartenverein Eigentümer, Pächter oder Unterpächter, so bedarf der Antrag auf Herabsetzung der Zahl der Einsammlungen der Zustimmung durch den Kleingartenverein oder dessen Verband.

§ 17

Sonderbestimmungen für Bauwerke auf

fremdem Grund und Boden

Falls auf fremdem Grund und Boden Bauwerke (Superädifikate, Bauwerke als Zugehör eines Baurechtes) bestehen, dann gelten die sonst nur die Liegenschaften und die Liegenschaftseigentümer betreffenden Bestimmungen dieses Gesetzes sinngemäß auch für die Bauwerke und deren Eigentümer."

§ 435 ABGB lautet:

"Dasselbe (Anmerkung: das heißt - wie sich aus dem Zusammenhang mit § 434 ergibt - Eigentumsübergang durch Urkundenhinterlegung) gilt auch für die Übertragung des Eigentums an Bauwerken, die auf fremdem Grund in der Absicht ausgeführt sind, daß sie nicht stets darauf bleiben sollen, sofern sie nicht Zugehör eines Baurechtes sind."

Der Beschwerdeführer bringt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zunächst vor, die belangte Behörde sei überhaupt nicht darauf eingegangen, ob die Voraussetzungen für einen Anschluß an die öffentliche Müllabfuhr überhaupt vorlägen. Grundsätzlich gälten die Bestimmungen des Wiener Müllabfuhrgesetzes 1965 für Liegenschaften, wobei der Eigentümer der Abgabenschuldner sei. Ausnahmsweise würden die sonst nur für Liegenschaften und deren Eigentümer geltenden Bestimmungen auch für Bauwerke (Superädifikate) und deren Eigentümer gelten. Bei seinem fahrbaren Würstelstand handle es sich weder um eine Liegenschaft noch um ein Superädifikat im Sinne des § 435 ABGB. Letzteres deshalb, weil sein fahrbarer Würstelstand ein Fahrzeug sei, das täglich für einige Stunden am Abend auf den gemieteten Platz hingelenkt werde. Mangels jeglicher Verbindung mit dem Boden könne keinesfalls von einem Superädifikat gesprochen werden (fehlende Eigenschaft als Bauwerk). Die Auffassung der belangten Behörde, sie habe dies nicht mehr zu überprüfen, weil der Beschwerdeführer rechtskräftig in die öffentliche Müllabfuhr einbezogen worden sei, sei unrichtig:

Wegen des umfassenden Antrages des Beschwerdeführers sei auch zu prüfen gewesen, ob das Wiener Müllabfuhrgesetz 1965 überhaupt anzuwenden sei. Sei dies zu verneinen, müsse gar nicht geprüft werden, ob die Ausnahmeregelung im Sinne des § 4 leg. cit. vorliege.

Schon dieses Vorbringen ist berechtigt.

Nach dem Wiener Müllabfuhrgesetz 1965 sind grundsätzlich alle im Gebiet der Stadt Wien gelegenen Liegenschaften kraft Gesetzes in die öffentliche Müllabfuhr einbezogen (§ 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 1). Ausnahmen hievon bestehen entweder gleichfalls kraft Gesetzes (§ 3 Abs. 2) oder kraft Bescheides (§ 3 Abs. 3 und § 4 Abs. 1 und 2). Die (Wieder-)Einbeziehung ausgeschlossener bzw. ausgenommener Liegenschaften in die öffentliche Müllabfuhr erfolgt im Fall des § 3 Abs. 2 und 3 durch Bescheid oder ist mit dem Erlöschen der Ausnahme nach § 4 Abs. 1 und 2 (Verzicht; Widerrufsbescheid) kraft Gesetzes verbunden (§ 4 Abs. 4 letzter Satz).

Die Folge der Einbeziehung in die öffentliche Müllabfuhr ist der den Eigentümer der Liegenschaft treffende Benützungszwang nach § 5 (der gleichzeitig kraft Gesetzes auch als Recht konstruiert ist).

Die näheren Modalitäten dieses Entsorgungsverhältnisses (§ 8; Art und Zahl der Sammelgefäße und die Zahl der Einsammlungen) sind bescheidmäßig festzusetzen. Adressat eines solchen Bescheides ist der Liegenschaftseigentümer.

An diesen Regelungen (über Bestand und Inhalt des Müllentsorgungsverhältnisses) knüpft das im Abschnitt II geregelte Abgabenschuldverhältnis grundsätzlich an, wobei Abgabenschuldner gleichfalls der Eigentümer der Liegenschaft ist (vgl. insbesondere §§ 12 und 14, aber auch § 15 Abs. 2).

Die im Abschnitt III (Gemeinsame Bestimmungen) unter anderem enthaltenen §§ 17 und 18 bestimmen für Sonderfälle (Bauwerke auf fremdem Grund und Boden; Kleingartenanlagen), daß die (nach dem grundsätzlichen Aufbau des Gesetzes) nur die Eigentümer der Liegenschaften betreffenden Regeln sinngemäß auch für den jeweils dort genannten Personenkreis gelten. Nach dem im Beschwerdefall in Betracht kommenden § 17 bedeutet dies, daß an die Stelle des verpflichteten Grundeigentümers der Eigentümer eines Bauwerkes (Superädifikat, Bauwerk als Zugehör eines Baurechtes) auf fremdem Grund und Boden tritt (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. April 1991, Zl. 90/12/0237), und zwar sowohl für den Abschnitt I (Müllabfuhr) als auch den Abschnitt II (Abgabe).

Im Beschwerdefall ist strittig, ob ein Anwendungsfall des § 17 des Wiener Müllabfuhrgesetzes 1965 (genauer: ein Superädifikat) vorliegt und ob die belangte Behörde auf Grund des formell eingeschränkten Berufungsantrages des Beschwerdeführers (der den Ausspruch des erstinstanzlichen Bescheides nach § 8 nach seiner Erklärung unbekämpft ließ) überhaupt prüfen durfte. Die belangte Behörde hat dies mit der Begründung verneint, der in diesem Punkt nicht angefochtene Bescheid der Behörde erster Instanz sei in Rechtskraft erwachsen und damit der Verkaufskiosk (Würstelstand) des Beschwerdeführers in die öffentliche Müllabfuhr einbezogen worden. Davon ausgehend hat sie (insofern folgerichtig) nicht geprüft, ob § 17 im Beschwerdefall überhaupt Anwendung findet, sondern sich ausschließlich auf die Frage beschränkt, ob ein Ausnahmetatbestand nach § 4 gegeben ist oder nicht.

Diese Rechtsauffassung der belangten Behörde trifft nicht zu. Nach der oben dargestellten Systematik setzt zwar die nähere Regelung der Modalitäten des Müllentsorgungsverhältnisses nach § 8 den Bestand eines solchen Rechtsverhältnisses voraus, spricht aber nicht ausdrücklich darüber ab. Der Bestand eines solchen Rechtsverhältnisses setzt aber wieder die Eigenschaft als Liegenschaftseigentümer oder im Falle der §§ 17 bzw. 18 die Zugehörigkeit zum dort genannten Personenkreis voraus; dies unabhängig davon, ob nicht ein im Gesetz ausdrücklich normierter Ausnahmetatbestand (§ 3 Abs. 2 und 3; § 4 Abs. 1 und 2) vorliegt.

Im Beschwerdefall hat der (in diesem Zeitpunkt noch nicht anwaltlich vertretene) Beschwerdeführer in seinem das Verfahren auslösenden Schriftsatz vom 7. Juni 1988 zwar einen unklaren (mehrdeutigen) Antrag gestellt. Sein Vorbringen gründete er allerdings nicht bloß auf Sachverhaltselemente, die - seiner Auffassung nach - dem Ausnahmetatbestand nach § 4 zuzuordnen sind. Bereits in seiner Eingabe vom 15. November 1988 hatte er nämlich darauf hingewiesen, sein Würstelstand sei fahrbar. Er hat damit das Vorliegen einer Tatsache behauptet, die unter dem Gesichtspunkt des § 17 rechtserheblich sein könnte, tritt doch der Eigentümer eines Bauwerkes auf fremdem Grund unter anderem nur dann an die Stelle des Liegenschaftseigentümers, wenn ein Superädifikat vorliegt (nur dieser Fall des § 17 ist im Beschwerdefall von Bedeutung). Lege non distinguente geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß der im § 17 des Wiener Müllabfuhrgesetzes 1965 verwendete Klammerausdruck Superädifikate an der Bestimmung des § 435 ABGB anknüpft, zumal der im ABGB ausdrücklich ausgenommene Fall des Bauwerkes als Zugehör zum Baurecht als weiterer Klammerausdruck im § 17 leg. cit. ausdrücklich genannt wird. Außerdem spricht § 17 ausdrücklich von Bauwerken auf fremdem Grund (und Boden). Es ist daher der Begriff des Bauwerkes in dem Sinn, wie er im ABGB in diesem Zusammenhang verstanden wird, auszulegen (vgl. dazu näher Angst, Die rechtliche Behandlung von Überbauten, ÖJZ 1972, 119 ff, sowie Franz Bydlinski, Das Recht der Superädifikate, 17, und die dort angeführte Judikatur des OGH). Mangels weiterer Erhebungen, insbesondere auch zur Verbindung mit dem Boden und der Zweckbestimmung (angeblich täglich begrenzte Aufstelldauer am Standort mit jeweiligem Wegfahren der fahrbaren Verkaufseinrichtung) kann im Beschwerdefall auch nicht von vornherein das Vorliegen eines Superädifikates angenommen werden.

Die Behörde erster Instanz hat zwar die Rechtslage insofern richtig erkannt, als sie - wenn auch ohne weitere Ermittlungen - das Vorliegen eines Superädifikates in der Begründung ihres Bescheides ausdrücklich bejaht hat und nach dem Spruch über die Ausnahme nach § 4 und die Modalitäten nach § 8 abgesprochen hat. Da aber auch der vom Beschwerdeführer in seiner Berufung laut Anfechtungserklärung lediglich angefochtene Abspruch über das Nichtvorliegen eines Ausnahmetatbestandes nach § 4 den Bestand eines Entsorgungsrechtsverhältnisses (und damit die Anwendbarkeit des Wiener Müllabfuhrgesetzes 1965 für den Beschwerdeführer schlechthin) voraussetzt, war dieser berechtigt, dies im Rahmen der von ihm ausdrücklich auf den Abspruch über § 4 eingeschränkten Anfechtungserklärung vorzubringen, was er auch in seiner Berufung mit seinen Ausführungen zu § 17 getan hat.

Davon abgesehen liegt die von der belangten Behörde angenommene Trennbarkeit der beiden Spruchabschnitte des erstinstanzlichen Bescheides (§ 4 und § 8) gar nicht vor, setzt doch die Festsetzung der Modalitäten des Entsorgungsverhältnisses dessen Bestand bereits voraus und ist sein Bestand schon dann in Frage gestellt, wenn der Beschwerdeführer - wovon selbst die belangte Behörde ausgeht - das Zutreffen der Verneinung einer Ausnahmeregelung nach § 4 bekämpft.

Ungeachtet der (formell eingeschränkten) Anfechtungserklärung hat daher die Berufung des Beschwerdeführers (mangels Trennbarkeit) den gesamten Spruchinhalt des erstinstanzlichen Bescheides bekämpft, sodaß die belangte Behörde ihre Auffassung auch nicht auf die (Teil)Rechtskraft des erstinstanzlichen Bescheides betreffend den Abspruch nach § 8 des Wiener Müllabfuhrgesetzes 1965 stützen konnte.

Der angefochtene Bescheid ist daher aus diesem Grunde inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen (das die Verneinung der Tatbestandsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 2 betrifft) weiter einzugehen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 104/1991. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft Stempelgebühren für die nicht erforderliche Vorlage einer dritten Beschwerdeausfertigung sowie die im Kostenverzeichnis enthaltenen, jedoch nicht entrichteten und auch nicht zu entrichtenden Bundesstempel im Ausmaß von S 120,--.

Schlagworte

Rechtskraft Besondere Rechtsprobleme Berufungsverfahren Trennbarkeit gesonderter Abspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1990120230.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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