TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/18 93/09/0146

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Veröffentlicht am 18.05.1994
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs3 Z12;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde der Firma D Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 5. April 1993, Zl. IIc/6702 B, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach Ausweis der Akten des Verwaltungsverfahrens beantragte die beschwerdeführende Partei mit Schreiben vom 18. November 1992, eingelangt beim Arbeitsamt Bau-Holz am 9. Dezember 1992, die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den polnischen Staatsangehörigen F für die berufliche Tätigkeit als "Maurer" mit einer Entlohnung von S 16.425,60 brutto pro Monat. In einem Begleitschreiben zu diesem Antrag wies der Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Partei darauf hin, daß zur Aufrechterhaltung des Betriebes die Besetzung der weiterhin freien Dienststelle dringendst notwendig sei. Nur befähigte, geeignete und gewillte Ersatzkräfte seien zuzuweisen.

Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 21. Dezember 1992 gemäß § 4 Abs. 6 iVm § 4 Abs. 1 AuslBG ab. Auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sei davon auszugehen, daß auf dem relevanten Teilarbeitsmarkt der Maurer Arbeitssuchende vorgemerkt seien und für eine Vermittlung in Betracht kämen. Es spreche daher die Lage auf dem Arbeitsmarkt gegen die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung. Der Vermittlungsausschuß habe im gegenständlichen Verfahren die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Darüber hinaus habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die beschwerdeführende Partei im wesentlichen vor, das Arbeitsamt sei bisher nicht in der Lage gewesen, befähigte, geeignete und gewillte Ersatzkräfte zu vermitteln; die freie Arbeitsstelle stehe weiterhin zur Verfügung. Der beschwerdeführenden Partei sei das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens nicht nachweislich in vollem Umfang zur Kenntnis gebracht worden und sie sei daher auch nicht in der Lage gewesen, zum Ermittlungsergebnis vor Erlassung der Willenserklärung Stellung zu nehmen. Das Arbeitsamt habe einen hektographierten Vordruck als "Bescheid" erlassen, und zwar mit einer vorgedruckten Begründung, die mit dem bisherigen Akteninhalt nicht in Einklang gebracht werden könne; die bloße Zitierung des Gesetzestextes sei keine Begründung. Das Arbeitsamt habe keine Behauptung aufgestellt und auch nicht unter Beweis gestellt, daß für die weiterhin freie Arbeitsstelle auch nur eine Ersatzkraft zur Verfügung stehe, welche die Anstellungserfordernisse erfülle. Für die Durchführung von Arbeitsaufträgen sei die Beschäftigung des beantragten Ausländers notwendig; es liege im öffentlichen Interesse, daß eine Arbeitskraft für den freien Arbeitsplatz aufgenommen werde. Die Willenserklärung des Arbeitsamtes erfülle nicht die Mindestvoraussetzungen eines Bescheides gemäß § 18 AVG. Auf Grund seiner bisherigen schulischen Ausbildung und praktischen Erfahrung sei der beantragte Ausländer für die weiterhin freie Arbeitsstelle besonders qualifiziert. Im Heimatland des beantragten Ausländers befänden sich keine weiteren Verwandten mehr. Der beschwerdeführenden Partei sei auch nicht das Ergebnis der Sitzung eines Vermittlungsausschusses bekannt gegeben worden, sodaß sie sich zu einer behaupteten Entscheidung dieses Vermittlungsausschusses vor Erlassung der Entscheidung nicht habe äußern können.

In den Akten liegt auch noch ein EDV-Ausdruck (vom 25. Juni 1993) mit folgendem Inhalt:

"LAA Wien/IIb: Berufungsbescheid vom UVS Wien v. 4.12.1992:

Strafe: 54.000,-- (ill. Beschäftigung von drei poln. Stbg. am 5.6.1991)

LAA Wien: Straferkenntnis v. 13.4.1992 S 341.000,-- wegen Verstoß gegen § 28 AuslBG (Beschäftigung v. 10 PL-Stbg. von 16.9 bis 15.11.1991 ohne BB in Wien, R-Gasse 3)"

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 5. April 1993 gab die belangte Behörde der Berufung der beschwerdeführenden Partei ohne weitere Verfahrenschritte gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 4 Abs. 3 Z. 12 AuslBG idF der Novelle BGBl. Nr. 684/1991 keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des § 4 Abs. 3 Z. 12 AuslBG aus, es sei festgestellt worden, daß die beschwerdeführende Partei 1992 zumindest zweimal gegen das AuslBG verstoßen habe; am 13. April 1992 und am 4. Dezember 1992 sei gegen die beschwerdeführende Partei ein Straferkenntnis wegen illegaler Beschäftigung von mehreren Ausländern gefällt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht "auf Erteilung einer BB nach den Bestimmungen des AuslBG verletzt, wenn die positiven Voraussetzungen für die Stattgebung des Antrag auf Erteilung einer BB vorliegen".

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Vorweg ist zum Vorbringen in der Beschwerde, der Erledigung der Behörde erster Instanz mangle der Bescheidcharakter, weil die Ausfertigung der Erledigung kein eigenhändiges Handzeichen enthalte, aus welchem zu entnehmen sei, daß der Genehmigende und der Fertigende ident seien, darauf hinzuweisen, daß es nach § 18 Abs. 4 vierter Satz AVG genügt, bei Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, den Namen des Genehmigenden beizusetzen; eine Beglaubigung durch die Kanzlei ist nicht erforderlich. Diesen Erfordernissen entspricht der Bescheid des Arbeitsamtes, denn er enthält die Beisetzung des genehmigenden Organwalters "H" (vgl. dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 2. September 1993, 93/09/0171).

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid ausschließlich auf § 4 Abs. 3 Z. 12 AuslBG gestützt.

Nach § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde.

Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ist, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

§ 4 Abs. 3 AuslBG zählt weitere Voraussetzungen für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung auf. So darf gemäß § 4 Abs. 3 Z. 12 AuslBG die Beschäftigungsbewilligung nur erteilt werden, wenn der Arbeitgeber während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht trotz Ablehnung eines Antrages oder ohne einen Antrag auf Beschäftigungsbewilligung eingebracht zu haben, wiederholt Ausländer beschäftigt hat.

Das Arbeitsamt Bau-Holz hat seine Ablehnung auf § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG gestützt. Da von diesen Versagungsgründen im angefochtenen Bescheid nicht mehr die Rede ist, war darauf auch vom Verwaltungsgerichtshof nicht mehr einzugehen. Es ist daher im Beschwerdefall ausschließlich zu prüfen, ob die Versagung auf § 4 Abs. 3 Z. 12 AuslBG gestützt werden konnte oder nicht.

Nach dem Wortlaut der Z. 12 des § 4 Abs. 3 AuslBG kommt es auf die unerlaubte BESCHÄFTIGUNG im Beobachtungszeitraum an. Der Zeitpunkt der Fällung der Straferkenntnisse ist nicht von Bedeutung (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. September 1993, 93/09/0119). Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid offensichtlich die dort angeführten Verstöße gegen das AuslBG im Jahr 1992 mit den Straferkenntnissen vom 13. April und 4. Dezember 1992 gleichgesetzt und damit die Rechtslage verkannt. Mit diesen Erkenntnissen wurden laut den zugehörigen aktenkundigen Computerdaten - auf die in der Gegenschrift ausdrücklich hingewiesen wird - illegale Beschäftigungen am 5. Juni 1991 (Berufungsbescheid des UVS Wien vom 4. Dezember 1992) und vom 16. September bis 15. November 1991 (Berufungsbescheid des UVS Wien vom 13. April 1992) geahndet. Diese unerlaubten Beschäftigungen lagen jeweils außerhalb der 12-monatigen Frist des § 4 Abs. 3 Z. 12 AuslBG (Einbringung des gegenständlichen Antrages beim Arbeitsamt Bau-Holz am 9. Dezember 1992).

Damit war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf die weiters vorgebrachten Verfahrensrügen in der Beschwerde einzugehen war. Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1993090146.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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