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L22002 Landesbedienstete Kärnten;Norm
BDG 1979 §44 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde des NN in X, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission für Landesbeamte beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 30. November 1992, Zl. DIOK-4/1/92, betreffend Disziplinarstrafe des Verweises, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.450,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Kärnten; seine Dienststelle ist das Amt für Wasserwirtschaft in Spittal/Drau (ehemals Wasserbauamt Spittal/Drau), wo er als wasserbautechnischer Sachverständiger verwendet wird.
Mit Erkenntnis der Disziplinarkommission für Landesbeamte beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 27. Mai 1992 wurde er für schuldig erkannt, den Auftrag des Leiters des Amtes für Wasserwirtschaft Spittal/Drau am 11. Oktober 1990 an einer Besprechung der Abteilung 18 des Amtes der Kärntner Landesregierung in der Gemeinde A, betreffend wasserwirtschaftliche Fragen einer gemeinsamen Abwasserentsorgung für den Schlachtbetrieb B und die Gemeinde A, teilzunehmen, mißachtet zu haben. Er habe hiedurch gemäß § 44 des Kärntner Dienstrechtsgesetzes, LGBl. Nr. 35/1985, in der geltenden Fassung, eine Dienstpflichtverletzung begangen und werde hiefür gemäß § 97 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. mit der Disziplinarstrafe des Verweises bestraft.
Dazu führte die Behörde erster Instanz folgendes aus:
"Die für wasserwirtschaftliche Planung zuständige Fachabteilung beim Amt der Kärntner Landesregierung (Abteilung 18) hatte mit Schreiben vom 26. September 1990 (Zahl: Bau-18-50/418/90) für den 11. Oktober 1990 mit dem Beginn um 10.00 Uhr vorm. in den Amtsräumen der Gemeinde A eine Besprechung anberaumt, um im Hinblick auf die Möglichkeit einer gemeinsamen Abwasserreinigung hinsichtlich des Schlachtbetriebes B und der Gemeinde A einen entsprechenden Lösungsansatz zu erzielen. Das Wasserbauamt Spittal/Drau wurde darin "um zuverlässige Teilnahme" ersucht.
Das am 27. September 1990 beim Wasserbauamt Spittal/Drau eingelangte Schreiben wurde dem für den Bereich der Gemeinde A zuständigen Sachbearbeiter NN zugeteilt und von diesem auch dieses Ersuchen mit Paraphe zur Kenntnis genommen.
Trotz dieser Terminvorgabe in A hatte der Beschuldigte für den 11. Oktober 1990 einen Dienstreiseauftrag für den gleichen Tag in das Liesertal vorgelegt, welcher vom Amtsleiter des Wasserbauamtes Spittal/Drau, Dipl. Ing. F, am 8. Oktober 1990 routinemäßig genehmigt wurde.
Am 11. Oktober 1990 rief Dipl. Ing. D, Sachgebietsleiter der Abteilung 18 des Amtes der Kärntner Landesregierung, beim Leiter des Wasserbauamtes Spittal/Drau an, um nochmals den am gleichen Tag stattfindenden Aussprachetermin in Erinnerung zu bringen. Auf die Frage, wer in A teilnehmen werde, antwortete der Amtsleiter, daß dies NN sei. Anschließend begab sich der Amtsleiter zum Beschuldigten und ermahnte diesen, den Termin in A einzuhalten. NN erwiderte, daß seine Teilnahme nicht notwendig sei, weil gewisse Angelegenheiten bereits abgeklärt seien. Er habe einen Außendienst im Liesertal vorgesehen. Mit den Worten "ich würde nach A fahren", ersuchte der Amtsleiter den Beschuldigten nochmals um Einhaltung dieses Termines, insbesondere auch im Hinblick auf das telefonische Ersuchen seitens des Amtes der Kärntner Landesregierung. Der Amtsleiter begab sich anschließend in den Außendienst und erfuhr erst nachträglich, daß der Beschuldigte nicht nach A gefahren ist.
Gemäß § 44 des Kärntner Dienstrechtsgesetzes hat der Beamte seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nichts anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.
Ziel des Beweisverfahrens in der mündlichen Verhandlung war es festzustellen, ob seitens des Amtsleiters des Wasserbauamtes Spittal/Drau eine Weisung an den Beschuldigten ergangen ist, da hievon notwendigerweise die Beurteilung der Schuldfrage abhängig gemacht werden muß.
Nach herrschender Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt es im Einzelfall nicht darauf an, ob die Bezeichnung "Weisung" wörtlich verwendet wurde oder nicht; auch ein "Ersuchen" oder ein "Auftrag" stellt somit eine Weisung im dienstrechtlichen Sinn dar.
Daß der Beschuldigte von vornherein nicht die Absicht hatte, an der Besprechung in A teilzunehmen, ergibt sich schon aus seiner Terminplanung für das Liesertal, weiters aus seiner Stellungnahme vom 31. Oktober 1990 an die Abteilung 18 des Amtes der Kärntner Landesregierung, worin wörtlich festgehalten ist:
"Da bei dieser Aussprache kein besseres Ergebnis als ohnehin vom Wasserbauamt bereits erzielt wurde, zu erwarten war, habe ich eine Teilnahme für nicht notwendig erachtet, ja sogar, ich bin der Meinung, daß die gesamte Aktion mehr wie überflüssig war, was wohl durch die aufgenommene Niederschrift vom 11. Oktober 1990 bestätigt wird."
Wenn der Beschuldigte in der mündlichen Verhandlung hiezu abschwächend erklärt, hier eine ungeschickte Formulierung verwendet zu haben, die er unterlassen hätte, wenn er die nun eingetretenen Folgerungen geahnt hätte, so zeigt dieser Umstand doch klar, daß im gegenständlichen Fall ein unmißverständlicher Auftrag für seine Anwesenheit in A vorgelegen hat. Auch kann die Formulierung des Amtsleiters "ich würde nach A fahren" den Beschuldigten nicht in seiner Auffassung bestärken, er habe hier nach eigenem Gutdünken disponieren können. Vielmehr hat der Amtsleiter als Zeuge einvernommen, zweifelsfrei dargelegt, daß er mit dieser Formulierung auf allfällige Rechtsfolgen aufmerksam machen wollte.
Nach gewissenhafter Abwägung aller Umstände, insbesondere auf Grund der glaubwürdigen Aussage des Amtsleiters, kommt der Disziplinarsenat zum Schluß, daß der Beschuldigte schuldhaft durch Nichterfüllung einer Weisung gemäß § 44 leg. cit. eine Dienstpflichtverletzung begangen hat. Lediglich bei der Beurteilung, ob der Beschuldigte mit bösem Vorsatz gehandelt habe, weil er in Kenntnis des Termines in A für den gleichen Tag sich einen Dienstreiseauftrag für das Liesertal genehmigen ließ, um dadurch gleichzeitig eine Rechtfertigung für die Nichtanwesenheit in A zu erwirken, konnte der Disziplinarsenat nicht den Ausführungen des Disziplinaranwaltes folgen. Vielmehr besteht die Auffassung, daß der Beschuldigte grob fahrlässig die Wichtigkeit seiner Teilnahme an der Besprechung in A falsch eingeschätzt und eine andere Terminplanung vorgenommen hat.
Gerade der Anruf des Herrn Dipl. Ing. D am Morgen des 11. Oktober 1990 und die Ermahnung des Amtsleiters, doch nach A zu fahren, hätte dem Beschuldigten bewußt machen müssen, daß sein Erscheinen erforderlich war. Wenn nun der Beschuldigte auf die Wichtigkeit seiner Termine im Liesertal verweist und hiefür auch den inzwischen pensionierten Beamten des Wasserbauamtes Spittal/Drau E als Zeugen anführt, so mußte dem gegenüber deponiert werden, daß dessen Vernehmung keine Entlastung brachte. Der Zeuge hatte das Gespräch zwischen dem Amtsleiter und dem Beschuldigten am Morgen des 11. Oktober 1990 nicht mitgehört, vielmehr habe dieser auf den Beschuldigten am Morgen des 11. Oktober 1990 abfahrtbereit gewartet, da beide den Außendienst für das Liesertal vorgesehen hatten. Auch von der vorgesehenen Besprechung in A wußte der Zeuge nichts.
Wenn für den Beschuldigten tatsächlich ein Interessenskonflikt hinsichtlich der Wahrnehmung der Termine in A und im Liesertal bestanden hätte, so hätte dieser - als langjähriger und erfahrener Beamter - rechtzeitig ein klärendes Gespräch sowohl mit seinem unmittelbaren Dienstvorgesetzten, als auch mit dem zuständigen Sachgebietsleiter der Abteilung 18 des Amtes der Kärntner Landesregierung suchen können. Dies ist jedoch nicht geschehen. Vielmehr hat der Beschuldigte eine eigenmächtige Bewertung hinsichtlich der Wichtigkeit der Aussprache in A vorgenommen, die ihm - als nachgeordneter Beamter - nicht zukam."
Der Berufung des Beschwerdeführers gegen dieses Erkenntnis gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des erstinstanzlichen Spruches im wesentlichen weiter aus, der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung vorgebracht, daß die Äußerung des Amtsleiters "ich würde nach A fahren" als keine dezidierte Weisung zu qualifizieren sei, da der Amtsleiter ansonsten nicht im Konjunktiv, sondern im Imperativ gesprochen hätte. Insbesondere aus dem Zusammenhang dieser Äußerung sei ableitbar, daß der Amtsleiter eine Wahlmöglichkeit offen gelassen habe. Außerdem habe der Beschwerdeführer dem Amtsleiter der Gemeinde A in klarer Weise mitgeteilt, daß ein weiteres Mitwirken durch das Amt für Wasserwirtschaft Spittal/Drau nichts Positives mehr bringen könne, was der Amtsleiter auch zur Kenntnis genommen habe. Hiezu komme, daß der Amtsleiter die anderwärtige Dienstverrichtung im Liesertal keineswegs routinemäßig, sondern in Kenntnis der sachlichen Einstellung des Beschwerdeführers zum Termin am 11. Oktober 1990 bewilligt habe. Insgesamt gesehen könne daher die Äußerung des Amtsleiters keineswegs als Weisung, sondern höchstens als Empfehlung gewertet werden. Aus all diesen Gründen hätte daher richtigerweise die Disziplinarkommission feststellen müssen, daß eine Weisung nicht vorgelegen sei, weshalb auch nicht von einer Weisungsmißachtung gesprochen werden könne.
In weiterer Folge schließt sich die belangte Behörde, was den festgestellten Sachverhalt und die rechtliche Beurteilung des Vorfalles betrifft, den Überlegungen und Ausführungen der Disziplinarkommission an. In völliger Übereinstimmung mit der Disziplinarbehörde erster Instanz gehe auch die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer am 11. Oktober 1990 die schriftliche Aufforderung der Abteilung 18 des Amtes der Kärntner Landesregierung mißachtet und von Anfang an nicht die Absicht gehabt habe, an dieser auswärtigen Dienstverrichtung teilzunehmen. Bei Betrachtung aller relevanten Aspekte - insbesondere was die Außendienstverrichtung am 11. Oktober 1990 in der Gemeinde A betreffe - ergebe sich nämlich zwangsläufig, daß es sich im gegenständlichen Fall um eine Weisung gehandelt habe; daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Leiter des Amtes für Wasserwirtschaft mit der Äußerung "ich würde nach A fahren" keine glückliche Formulierung verwendet habe. In diesem Zusammenhang habe die Disziplinarkommission im erstinstanzlichen Disziplinarerkenntnis richtigerweise darauf hingewiesen, daß es nach herrschender Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Einzelfall nicht darauf ankomme, ob die Bezeichnung "Weisung" wörtlich verwendet worden sei oder nicht; so stelle auch ein "Ersuchen" oder ein "Auftrag" eine Weisung im dienstrechtlichen Sinne dar. Die Lehre verstehe unter "Weisung" eine generelle oder individuelle, abstrakte oder konkrete Norm, die an einen oder an eine Gruppe von (dem Weisungsgeber) untergeordneten Verwaltungsorganwalter(n) ergehe. Sie sei ein interner Akt im Rahmen der Verwaltungsorganisation. In der Lehre werde die Auffassung vertreten, daß die Weisung nicht dieses Wort enthalten müsse, es genüge, wenn aus der Anordnung des Vorgesetzten hervorgehe, daß dem Beamten allgemein oder im Einzelfall ein "bindendes dienstliches Verhältnis" auferlegt werde.
Läge man nun diesen Ausführungen - so die belangte Behörde weiter in der Begründung des angefochtenen Bescheides - den gegenständlichen Sachverhalt zugrunde, so sei festzustellen, daß mehrfach Anordnungen des Vorgesetzten bzw. der vorgesetzten Dienststelle (Abteilung 18 des Amtes der Kärntner Landesregierung) vorgelegen seien, am 11. Oktober 1990 an einer Besprechung der Abteilung 18 des Amtes der Kärntner Landesregierung in der Gemeinde A teilzunehmen. Bereits aus dem Schreiben der Abteilung 18 des Amtes der Kärntner Landesregierung vom 26. September 1990 gehe eindeutig hervor, daß am 11. Oktober 1990 in den Amtsräumen der Gemeinde A eine Besprechung anberaumt worden sei, wobei diesbezüglich das Wasserbauamt um zuverlässige Teilnahme ersucht worden sei. Dazu komme, daß dieses am 27. September 1990 beim Wasserbauamt eingelangte Schreiben dem Beschwerdeführer zugeteilt und von diesem auch mit Paraphe zur Kenntnis genommen worden sei. Bereits aus diesen beiden Gegebenheiten lasse sich ableiten, daß das an das Wasserbauamt gerichtete Ersuchen der Abteilung 18 und die darauf folgende Zuteilung an den Beschwerdeführer aus dienstrechtlicher Sicht als Weisung zu qualifizieren sei, ohne weitere Konkretisierungen vornehmen zu müssen. Im Beschwerdefall komme jedoch noch dazu, daß am 11. Oktober 1990 der Sachgebietsleiter der Abteilung 18 beim Leiter des Wasserbauamtes angerufen habe, um nochmals den am gleichen Tage stattfindenden Aussprachetermin in A in Erinnerung zu bringen. Daß in weiterer Folge der Amtsleiter den Beschwerdeführer nochmals ersucht habe, den Termin in A einzuhalten, könne gar nicht mehr von entscheidender Relevanz sein, zumal bis zu diesem Zeitpunkt eindeutig klar gewesen sei, daß eine Teilnahme eines Amtsorganes an der Besprechung in A erforderlich sei. Wenn auch der Amtsleiter anläßlich des Gespräches am 11. Oktober 1990 mit der Äußerung "ich würde nach A fahren" eine etwas unglückliche Formulierung gewählt habe, ändere dies nichts an der Tatsache, daß bei Betrachtung aller relevanten Gesichtspunkte der Beschwerdeführer weisungsgemäß an der auswärtigen Dienstverrichtung in A hätte teilnehmen müssen. Wenn der Beschwerdeführer nunmehr in seiner Berufung behaupte, die Äußerung des Amtsleiters "ich würde nach A fahren" sei lediglich im Konjunktiv und nicht im Imperativ gesprochen worden und könne somit niemals als Weisung qualifiziert werden, so könne dies das rechtswidrige Verhalten nicht rechtfertigen. Zweck des Gespräches am 11. Oktober 1990 sei gewesen, dem Beschwerdeführer den Termin am selben Tag in Erinnerung zu bringen; der Amtsleiter habe sich lediglich davon überzeugen wollen, ob der Beschwerdeführer der schriftlichen Aufforderung der Abteilung 18 vom 26. September 1990 nachkommen werde. Diese schriftliche Aufforderung vom 26. September 1990 und die daraufhin folgende Zuteilung dieses Schriftstückes an den Beschwerdeführer stellten bereits eine Weisung dar, ohne daß es im einzelnen darauf ankommen könne, ob der Amtsleiter im Konjunktiv oder im Imperativ gesprochen habe und welche Formulierung im Detail dabei verwendet worden sei. Es ergebe sich aber auch, daß der Beschwerdeführer von Anfang an nicht die Absicht gehabt habe, dem Auftrag der Abteilung 18 vom 26. September 1990, an der Besprechung am 11. Oktober 1990 in A teilzunehmen, zu entsprechen, weil er für denselben Tag eine andere Terminplanung (Liesertal) vorgenommen habe und sich für die Dienstverrichtung in A keinen Dienstreiseauftrag ausstellen und genehmigen habe lassen. Wenn der Beschwerdeführer ferner die Feststellungen der Disziplinarkommission hinsichtlich des Bestehens eines allfälligen Interessenskonfliktes bemängle und hiezu ausführe, er habe über Bewertungen hinsichtlich der Wichtigkeit der Aussprache in A sehr wohl mit dem Amtsleiter gesprochen, so könne auch mit diesem Hinweis kein Erfolg erzielt werden. Ausgehend vom § 43 des Kärntner Dienstrechtsgesetzes, nach dem der Beamte verpflichtet sei, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen, habe der Beamte, der eine ihm erteilte Weisung für nicht eindeutig, für nicht zweckmäßig oder für unklar halte, aus eigenem beim Weisungsempfänger auf Klärung bzw. Erläuterung und Klarstellung zu dringen. Da der Beschwerdeführer eine diesbezügliche Klarstellung seitens des Weisungsgebers nicht in die Wege geleitet und nur von sich aus die Meinung vertreten habe, die Teilnahme in A sei nicht notwendig, müsse nunmehr das Verhalten des Beschwerdeführers als Nichtbefolgung einer Weisung qualifiziert werden. Würde nämlich jeder Beamte von sich aus Wertungen hinsichtlich der Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit eines dienstlichen Auftrages vornehmen können, so könnte praktisch jeder Beamte im Rahmen seiner Ermessensentscheidung darüber befinden, ob er eine Weisung des Vorgesetzten durchführe oder nicht. Daß dies dem Funktionieren der öffentlichen Verwaltung nicht dienlich sei, brauche wohl nicht näher erläutert werden und hätte letztlich zur Konsequenz, daß das in der Verwaltung geltende Prinzip der Weisungsgebundenheit jederzeit unterlaufen werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer sieht sich nach seinem gesamten Vorbringen durch den angefochtenen Bescheid insofern in seinen Rechten verletzt, als die belangte Behörde bei der gegebenen Sachlage vom Vorliegen einer Weisung ausgegangen ist, durch deren Nichtbefolgung der Beschwerdeführer gegen die normierten Pflichten gegen seinen Vorgesetzten nach § 44 des Kärntner Dienstrechtsgesetzes verstoßen habe und mit der Disziplinarstrafe des Verweises belegt worden ist.
Die im Beschwerdefall strittige und entscheidende Frage ist, ob dem Beschwerdeführer letztlich eine verbindliche Weisung des Inhaltes erteilt worden ist, am 11. Oktober 1990 um 10.00 Uhr als Vertreter seiner Dienststelle an einer von der Abteilung 18 des Amtes der Kärntner Landesregierung angesetzten Besprechung teilzunehmen.
Die belangte Behörde geht davon aus, daß der Beschwerdeführer die schriftliche Aufforderung der Abteilung 18 zur Teilnahme mißachtet habe, obwohl ihm diese zugeteilt worden sei. Die "unglückliche Formulierung" der mündlichen Aufforderung des Amtsleiters an den Beschwerdeführer am 11. Oktober 1990 selbst, nämlich "ich würde nach A fahren", ändere nichts an der weisungsgemäßen Verpflichtung, an der auswärtigen Dienstverrichtung in A teilzunehmen; diesem Gespräch sei nur Erinnerungsbedeutung zugekommen.
Zu den Dienstpflichten des Beamten gehört nach § 44 des Kärntner Dienstrechtsgesetzes, LGBl. Nr. 35/1985, auch die Verpflichtung, Weisungen der Vorgesetzten zu befolgen, wobei der Beamte - so wie nach Art. 20 Abs. 1 B-VG - nur dann frei ist, wenn es sich um Weisungen eines unzuständigen Organes handelt oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde. Hält der Beamte eine Weisung eines Vorgesetzten aus einem anderen Grund für rechtswidrig, so trifft ihn nach § 44 Abs. 3 leg. cit. die sogenannte Remonstrationspflicht.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung der belangten Behörde, daß eine Weisung in einer Verwaltungsorganisation nicht in Form eines Befehles ergehen muß, um verbindlich zu sein. Ein "Ersuchen" oder ein "Gebetenwerden" durch einen Vorgesetzten bzw. eine vorgesetzte Stelle genügt jedenfalls dann, wenn aus dem Zusammenhang klar hervorgeht, an wen (Organwalter) es sich richtet und daß sein Inhalt (ungeachtet der gewählten Formulierung) bei verständiger Würdigung nur als Festlegung einer Pflicht verstanden werden kann. Ob dies der Fall ist, kann jedoch nur im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgebenden Umstände festgestellt werden.
Vorliegendenfalls ist erste Grundlage für die Wertung des Verhaltens des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde als Verletzung der Gehorsamspflicht ein Schreiben der Abteilung 18 des Amtes der Kärntner Landesregierung vom 26. September 1990. Dieses Schreiben war an die Dienststelle bzw. den Dienststellenleiter des Beschwerdeführers gerichtet; obwohl in
diesem die Formulierung "darf ... gebeten werden" und "wird
ersucht" verwendet wurde, ist dieses Schreiben seinem Inhalt nach als Weisung im vorher dargestellten Sinn zu werten, weil die vorgesetzte Dienststelle zu einer Besprechung aller Beteiligten eingeladen hat, um eine unklare Situation (mit der das Wasserbauamt Spittal/Drau schon früher befaßt und an der es beteiligt war) einer Lösung zuzuführen. In dieser Situation kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die Teilnahme eines Organwalters der am Besprechungsgegenstand solcherart beteiligten nachgeordneten Dienststelle verpflichtend vorgesehen wurde.
Die Parteien des Verfahrens gehen übereinstimmend davon aus, daß dieses Schreiben am 27. September 1990 dem Beschwerdeführer vom Amtsleiter zur weiteren Bearbeitung zugeteilt worden ist. Auch wenn die auf diesem Schreiben über diesen Vorgang angebrachten Paraphen keine nähere Angaben über eine Delegierung oder einen Hinweis auf eine ausdrückliche Verpflichtung zur Teilnahme des Beschwerdeführers an der Besprechung am 11. Oktober 1990 enthalten, ist doch davon auszugehen, daß aus dem Zusammenhang für den Beschwerdeführer hätte erkennbar sein müssen, daß er diesen Termin über Auftrag seines Amtsleiters wahrnehmen soll. Es ist weiter unbestritten, daß der Amtsleiter dem Beschwerdeführer am 8. Oktober 1990 einen schriftlichen Dienstauftrag für den gleichen Tag für einen anderen Termin im Liesertal erteilt hat. Solcherart hat damit für den Beschwerdeführer aber eine erkennbare Termin- und Pflichtenkollision bestanden, vor deren Hintergrund der Aussage des Vorgesetzten des Beschwerdeführers am 11. Oktober 1990 ihm gegenüber, nämlich "ich würde nach A fahren", entscheidende Bedeutung zukommt. Der Inhalt dieser letztlich entscheidenden Aussage und die verwendete Konjunktivform läßt zum einen erkennen, daß Gegenstand dieses Gespräches zwischen dem Amtsleiter und dem Beschwerdeführer die Teilnahme des Beschwerdeführers an der Besprechung in A unter Beachtung der anderen Verpflichtung gewesen ist; zum anderen ist diese Aussage bei der im Beschwerdefall gegebenen Sachlage weder als ein Ersuchen noch als ein Auftrag zur Teilnahme an der Besprechung in A zu werten. Da beide für den Beschwerdeführer am 11. Oktober 1990 geltenden Dienstaufträge rechtlich als solche des Abteilungsleiters zu werten waren und eine direkte Beauftragung des Beschwerdeführers durch die Abteilung 18 des Amtes der Kärntner Landesregierung nicht vorliegt, ist die in Kenntnis der Zusammenhänge und der Meinung des Beschwerdeführers erfolgten Aussage des Amtsleiters tatsächlich dahingehend zu verstehen, daß bei der gegebenen Pflichtenkollision infolge des verwendeten Konjunktivs dem Beschwerdeführer die Entscheidung in Form einer Wahlmöglichkeit übertragen worden ist. Dadurch konnte der Beschwerdeführer nicht mehr gegen eine Weisung vom 11. Oktober 1990, an der Besprechung in A teilzunehmen, verstoßen.
Bei der gegebenen Sachlage und zeitlichen Lagerung des Falles sieht der Verwaltungsgerichtshof auch keine Verpflichtung des Beschwerdeführers, daß dieser beim Weisungsgeber weiter auf Klärung bzw. Erläuterung oder Klarstellung hätte dringen müssen.
Da die belangte Behörde ausgehend von einer unrichtigen Rechtsauffassung über die dem Beschwerdeführer vom Amtsleiter erteilten Weisungen eine Verletzung seiner Gehorsamspflicht angenommen hat, mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 104/1991.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993090009.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
29.05.2012