TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/18 94/09/0031

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Veröffentlicht am 18.05.1994
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs1;
AuslBG §4b idF 1990/450;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Mag. Fritz, über die Beschwerde der L-Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 22. Dezember 1993, Zl. IIc/6702 B - AIS 13423/SCHE, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ersuchte mit Antrag vom 26. August 1993 beim Arbeitsamt Handel-Transport-Verkehr-Landwirtschaft in Wien um Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den "jugoslawischen" Staatsbürger I.V. für die berufliche Tätigkeit als Lagerarbeiter mit einer Entlohnung von S 13.000,-- brutto im Monat.

Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 27. September 1993 gemäß § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG ab. Aufgrund der "Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens" sei davon auszugehen, daß auf dem relevanten Teilarbeitsmarkt der Lagerarbeiter Arbeitsuchende vorgemerkt seien und für eine Vermittlung in Betracht kämen. Es spreche daher die Lage auf dem Arbeitsmarkt gegen die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung. Der Vermittlungsausschuß habe im gegenständlichen Verfahren die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Darüber hinaus habe das "Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, geeignete Ersatzkräfte zur Besetzung der freien Stelle seien auf dem Arbeitsmarkt nicht zu bekommen. I.V. sei infolge seiner Familienverhältnisse, seines dreijährigen Aufenthaltes in Österreich und seiner aufrechten Aufenthaltsbewilligung als integrierter und gemäß § 4b (Abs. 1) Z. 3 lit. a AuslBG bevorzugt zu behandelnder Ausländer anzusehen. Es lägen aber nicht nur die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 1 und Abs. 3 AuslBG, sondern auch jene nach § 4 Abs. 6 AuslBG vor, weshalb nach den Richtlinien des erschwerten Bewilligungsverfahrens nach dieser Gesetzesstelle vorzugehen sei. Trotz Überschreitung der Landeshöchstzahl würden auf Grund der Überziehungsreserven Beschäftigungsbewilligungen erteilt. I.V. werde als dringender Ersatz für einen ausgeschiedenen Arbeitnehmer im Lagersektor benötigt, und er sei infolge seiner Sprachkenntnisse und seines Stapler(führer)scheins eine Schlüsselkraft.

Auf Grund des von der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren erteilten Vermittlungsauftrages wurde per 13. November 1993 von der Beschwerdeführerin die zugewiesene Ersatzkraft H.D. eingestellt. Mit Schreiben vom 6. Dezember 1993 fragte die belangte Behörde hierauf bei der Beschwerdeführerin an, ob dessenungeachtet noch weiterer Arbeitskräftebedarf und weiteres Interesse an der Zuweisung von Ersatzkräften bestehe.

Dieses Schreiben beantwortete die Beschwerdeführerin am 10. Dezember 1993 dahin, daß H.D. eingestellt worden sei, weitere Ersatzkräfte sich jedoch als nicht einstellbar erwiesen hätten. Die Beschwerdeführerin sei weiterhin an der Einstellung des I.V. als Lagerarbeiter interessiert. Es werde jedoch ersucht, von der Vermittlung weiterer Arbeitskräfte Abstand zu nehmen. Dazu wies die Beschwerdeführerin erneut auf die persönlichen Verhältnisse des I.V. hin, ersuchte um neuerliche Überprüfung der Sachlage und gab zu bedenken, daß I.V. als "selbständiger Wirtschaftsfaktor anzusehen ist, der das in Österreich verdiente Geld hier auch wieder investieren wird und somit zur mittelfristigen Belebung der Wirtschaft beitragen könnte".

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 22. Dezember 1993, der der Beschwerdeführerin am 27. Dezember 1993 zugestellt wurde, gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 1 und Abs. 6 AuslBG keine Folge. In der Begründung des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde eine Übersicht über die einschlägigen Gesetzesstellen und stellte fest, daß die Landeshöchstzahl für Wien seit Beginn des Kalenderjahres 1993 weit überschritten sei. Die im Zuge des Berufungsverfahrens durchgeführte Überprüfung der Lage auf dem betreffenden Teilarbeitsmarkt habe ergeben, daß derzeit geeignete Ersatzkräfte zur Verfügung stünden. Auf Grund des daraufhin von der Beschwerdeführerin erteilten Vermittlungsauftrages sei die Ersatzkraft H.D. vermittelt und von der Beschwerdeführerin eingestellt worden; trotz weiterhin aufrechtem Interesse an der Einstellung des I.V. habe die Beschwerdeführerin jedoch ersucht, von der Vermittlung weiterer Ersatzkräfte Abstand zu nehmen. Durch ihr Desinteresse an einer weiteren Ersatzkraftstellung habe sich die Beschwerdeführerin die Möglichkeit genommen, sich von der Eignung der restlichen zur Verfügung stehenden Ersatzkräfte zu überzeugen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, daß die offene Stelle mit einer begünstigt zu vermittelnden Arbeitskraft hätte besetzt werden können. Eine Ersatzkraftstellung durch das Arbeitsamt könne unter Berücksichtigung der erzielten Ermittlungsergebnisse nicht von vornherein als offenkundig aussichtslos betrachtet werden. Darüber hinaus habe die belangte Behörde befunden, daß auch die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 AuslBG "grundsätzlich" nicht gegeben seien, weil die dort geforderten wichtigen Gründe nicht vorlägen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Nach den Beschwerdeausführungen erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung für I.V. verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid im Spruch auf § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden, insoweit seit 1. Jänner 1992 in Kraft stehenden Fassung gemäß der Novelle BGBl. Nr. 684/1991 gestützt. Schon die Berechtigung auch nur eines dieser Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde.

Gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG ist, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, die Beschäftigungsbewilligung zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die Beschäftigung zuläßt und wichtige öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen.

Nach der Anordnung des § 4b AuslBG läßt die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes im Sinne des § 4 Abs. 1 die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nur zu, wenn für den zu besetzenden Arbeitsplatz keine der dort taxativ aufgezählten und vorrangig zu behandelnden Arbeitskräfte vermittelt werden können. Diese Bestimmung bezweckt einen Vorrang von Inländern und ihnen gleichgestellten ausländischen Arbeitnehmern sowie weiteren Ausländern in der dort normierten Reihenfolge bei der Arbeitsvermittlung. Diesem Zweck würde es widersprechen, wenn entgegen der allgemeinen Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes eine Beschäftigungsbewilligung zu erteilen wäre, weil z.B. der einzelne ausländische Arbeitnehmer einen - aus welchen Gründen immer - zu seiner Einstellung bereiten Arbeitgeber gefunden hat. Mit Hilfe dieser Bestimmung soll in rechtsstaatlichen Grenzen aus arbeitsmarktpolitischen Gründen die Möglichkeit für einen lenkenden Einfluß auf die Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet gewährleistet sein. Diese Prüfung der Arbeitsmarktlage erübrigt sich indes dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft von vornherein abgelehnt wird (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. September 1992, Zl. 92/09/0179, u.a.).

Von einer solchen unberechtigten Ablehnung einer Ersatzkraftstellung durch die Beschwerdeführerin ist die belangte Behörde nach der Aktenlage im Ergebnis zu Recht ausgegangen.

Die Beschwerdeführerin hat zwar nicht von vornherein jedwede Ersatzkraftstellung abgelehnt, sondern sogar auf Grund eines von ihr erteilten schriftlichen Vermittlungsauftrages H.D. als Ersatzkraft eingestellt. Sie hat aber im Berufungsverfahren ausdrücklich erklärt, dessenungeachtet ihren Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für I.V. aufrecht zu erhalten, weil sie über H.D. hinaus noch Bedarf an weiteren Arbeitskräften im Lagersektor habe; weitere Ersatzkräfte sollten aber nicht mehr vermittelt werden. Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid daher zu Recht davon ausgegangen, daß die Beschwerdeführerin auf Grund ihrer schriftlichen Erklärung vom 10. Dezember 1993 jede weitere Ersatzkraftstellung ablehnte und somit ausschließlich die Einstellung des I.V. als weitere Arbeitskraft anstrebte. Damit konnte die belangte Behörde vom Vorliegen eines Desinteresses der Beschwerdeführerin ausgehen, Ersatzkräfte für den weiterhin angestrebten Ausländer I.V. auch nur auf ihre Eignung für die freie Arbeitsstelle zu überprüfen. Die belangte Behörde war auf Grund dieser ablehnenden Stellungnahme der Beschwerdeführerin nicht gehalten, vor ihrer die Abweisung des Antrags der Beschwerdeführerin bestätigenden Entscheidung weitere Versuche zu unternehmen, konkrete Ersatzkräfte zu vermitteln.

In der Beschwerde weist die Beschwerdeführerin darauf hin, daß die vermittelte Ersatzkraft H.D. bereits einen Monat nach ihrer Einstellung den Dienst quittiert habe und ohne Angabe von Gründen der Arbeit ferngeblieben sei; es habe daher am 31. Dezember 1993 die Abmeldung des H.D. von der Krankenkasse vorgenommen werden müssen. Alle anderen von der Behörde vermittelten Kräfte seien nicht brauchbar gewesen. Dem ist entgegenzuhalten, daß im Verwaltungsverfahren ein Hinweis auf das Ausscheiden des H.D. aus dem Betrieb der Beschwerdeführerin nicht erfolgt ist und wohl auch nach der zeitlichen Lagerung (Zustellung des angefochtenen Bescheides bereits am 27. Dezember 1993) noch gar nicht möglich war. Das demnach erstmals im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattete diesbezügliche Tatsachenvorbringen konnte in diesem Verfahren schon auf Grund des gemäß § 41 Abs. 1 VwGG normierten Neuerungsverbotes bei der Rechtskontrolle des angefochtenen Bescheides keine Beachtung finden. Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides konnte die belangte Behörde ohne Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin davon ausgehen, daß die Ersatzkraftstellung bereits durch die Namhaftmachung und Einstellung des H.D. erfolgreich verlaufen war, während einer weiteren Ersatzkraftstellung die diesbezügliche Ablehnung der Beschwerdeführerin entgegenstand.

Die Beschwerde war somit schon deshalb, weil die Ablehnung des Antrags auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für I.V. gemäß § 4 Abs. 1 AuslBG der Rechtslage entspricht, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne daß es einer Erörterung der Voraussetzungen des erschwerten Verfahrens nach § 4 Abs. 6 AuslBG sowie des dazu von der Beschwerdeführerin erstatteten Vorbringens bedurfte.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994090031.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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