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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BDG 1979 §123;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fritz, in der Beschwerdesache des E in H, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres vom 9. November 1993, Zl. 14/1993-DK 48, betreffend Einleitungs- und Verhandlungsbeschluß in einem Disziplinarverfahren, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Antrag des Beschwerdeführers auf Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid hatte die belangte Behörde am 9. November 1993 beschlossen, gegen den Beschwerdeführer gemäß § 123 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) das Disziplinarverfahren einzuleiten und gemäß § 124 Abs. 1 des angeführten Gesetzes eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Im Spruch dieses Bescheides war der Beschwerdeführer beschuldigt worden, näher bezeichnete Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben.
Über die am 22. Dezember 1993 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte Beschwerde wurde mit Verfügung vom 26. Jänner 1994 das Vorverfahren eingeleitet.
In der Folge hat die belangte Behörde mit dem
- mittlerweile auch in Rechtskraft erwachsenen - Bescheid vom 24. Februar 1994, Zl. 14/1993-DK 48, das mit dem oben zitierten Beschluß gegen den Beschwerdeführer eingeleitete Disziplinarverfahren gemäß § 118 Abs. 1 Z. 3 BDG 1979 eingestellt.
Mit Verfügung vom 22. März 1994 teilte der Verwaltungsgerichtshof dem Beschwerdeführer mit, daß wegen der Einstellung des Disziplinarverfahrens eine einer Klaglosstellung vergleichbare Verfahrenslage geschaffen worden sei, sodaß die Beschwerde als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen sein werde.
In der hiezu erstatteten Stellungnahme vertritt der Beschwerdeführer die Ansicht, der Einstellungsbeschluß vom 24. Februar 1994, mit dem der Beschwerdeführer in jeder Hinsicht und hinsichtlich aller Beschwerdepunkte voll umfänglich klaglos gestellt worden sei, bedeute eine formelle Klaglosstellung im Sinne der §§ 33 Abs. 1 und 56 VwGG, sodaß unter Anwendung der Bestimmung des § 56 zweiter Satz VwGG eine entsprechende Kostenersatzpflicht bestehe. Der Einstellungsbescheid stelle den "contrarius actus" zum angefochtenen Bescheid dar und bewirke daher eine förmliche Klaglosstellung. Es könne nicht darauf ankommen, ob ein Bescheid in seinem Bescheidspruch ausdrücklich § 68 Abs. 2 AVG zitiere oder nicht. Nur wenn der Einstellungsbeschluß vom 24. Februar 1994 den Einleitungsbeschluß formell beseitige, könnten dessen Rechtswirkungen nach § 123 BDG beseitigt werden. Komme man zu dem Ergebnis, daß der Einstellungsbeschluß den angefochtenen Bescheid nicht im formellen Sinne beseitigt habe, dann sei der angefochtene Bescheid rechtlich weiter existent und es läge auch keine einer Klaglosstellung gleichzuhaltende Gegenstandslosigkeit "des angefochtenen Bescheids" vor. Für diesen Fall werde beantragt, über die vorliegende Beschwerde zu entscheiden und den angefochtenen Bescheid ausdrücklich aufzuheben, sowie die Kosten zuzusprechen, weil dann der Beschwerdeführer nach wie vor ein rechtliches Interesse an der formellen Aufhebung des angefochtenen Bescheides hätte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die Beschlüsse vom 28. Juni 1990, 90/09/0027 und vom 21. Mai 1992, 91/09/0210, jeweils betreffend die Einleitung von Disziplinarverfahren, sowie den Beschluß vom 25. September 1992, 91/09/0102, betreffend den Verhandlungsbeschluß in einem Disziplinarverfahren) führt nicht nur die formelle (ausdrückliche) Aufhebung des angefochtenen Bescheides, sondern auch der Wegfall des Rechtsschutzinteresses im Zuge eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu dessen Einstellung, weil der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen einer nach Art. 131 B-VG erhobenen Bescheidbeschwerde zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit eines Bescheides nicht berufen ist. Ergibt sich im Zuge eines derartigen Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, daß eine fortwirkende Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid nicht (mehr) gegeben ist, daß auch eine stattgebende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes keine (weitere) Veränderung bewirken würde und die in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen damit nicht mehr fallbezogene, sondern nur noch theoretische Bedeutung besitzen, dann führt dies zur Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (vgl. dazu auch den Beschluß eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A, sowie den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. April 1984, Slg. Nr. 11.393/A).
Der angefochene Bescheid ist mit keinem formellen Akt aus dem Rechtsbestand beseitigt worden. Der Einstellungsbeschluß vom 24. Februar 1994 kann auch nicht in eine formelle Bescheidaufhebung nach § 68 Abs. 2 AVG (um)gedeutet werden. Eine ausdrückliche Aufhebung des Einleitungs- oder Verhandlungsbeschlusses ist im Falle der Beendigung eines Disziplinarverfahrens durch Einstellung, Frei- oder Schuldspruch auch weder im Gesetz vorgesehen noch notwendig. Mit dem (rechtskräftigen) Einstellungsbeschluß ist das gegenüber dem Beschwerdeführer anhängig gewesene Disziplinarverfahren endgültig abgeschlossen worden. Ohne formelle Aufhebung des angefochtenen Bescheides sind damit dessen nachteilige Folgen für den Beschwerdeführer (materiellrechtlich) beseitigt. Mehr könnte im Beschwerdefall auch eine Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof nicht bewirken.
Dies aber hat zur Folge, daß der Verwaltungsgerichtshof zwar das Beschwerdeverfahren einzustellen hat, nicht aber, daß die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Kostenersatzanspruches an den Beschwerdeführer in Anwendung der §§ 47, 48 Abs. 1 und 56 VwGG vorliegen würden. Es kommt vielmehr ausschließlich § 58 VwGG zur Anwendung, wonach jede Partei den ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenden Aufwand selbst zu tragen hat (siehe dazu nochmals den oben zitierten Beschluß eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, sowie den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.322/A).
Damit war das Beschwerdeverfahren als gegenstandslos geworden einzustellen, das Begehren des Beschwerdeführers auf Zuerkennung von Aufwandersatz jedoch abzuweisen.
Schlagworte
Allgemein Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993090499.X00Im RIS seit
20.11.2000