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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AsylG 1991;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 28. Jänner 1994, Zl. Fr 159/94, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 28. Jänner 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen irakischen Staatsangehörigen, gemäß § 17 Abs. 2 Z. 4 und 6 FrG die Ausweisung verfügt.
In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei am 22. Dezember 1993 illegal in das Bundesgebiet eingereist. Er sei nicht im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung gewesen. Er sei unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist und sei innerhalb eines Monats nach seiner Einreise betreten worden. Am 23. Dezember 1993 habe er einen Asylantrag eingebracht, welcher mit Bescheid vom 30. Dezember 1993 gemäß § 3 Asylgesetz abgewiesen worden sei. Nach dem Asylgesetz sei dem Beschwerdeführer keine Aufenthaltsberechtigung zugekommen. Es liege auch keine direkte Einreise vor, weil der Beschwerdeführer über den Landweg nach Österreich gelangt sei. Österreich sei nur von Staaten umgeben, die die Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge unterzeichnet haben. Der Schutz vor Verfolgung wäre daher schon in einem dieser Länder gewährleistet worden.
Eine gerechtfertigte Annahme einer Gefährdung maßgebender öffentlicher Interessen liege dann vor, wenn der Fremde den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen in der Lage sei. Bei der Erlassung des Ausweisungsbescheides sei nicht zu prüfen, in welches Land der Beschwerdeführer allenfalls abgeschoben werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 17 Abs. 2 FrG können Fremde im Interesse der öffentlichen Ordnung mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie (Z. 4) innerhalb eines Monates nach der Einreise den Besitz der Mittel zu ihrem Unterhalt nicht nachzuweisen vermögen oder (Z. 6) unter Mißachtung der Bestimmungen des zweiten Teiles oder unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sind und binnen einem Monat betreten werden.
Der Beschwerdeführer gibt die Einreise unter Umgehung der Grenzkontrolle zu und läßt die festgestellte Einreise auf dem Landweg unbestritten. Er führt dazu lediglich aus, daß die Einreise deshalb auf diese Art erfolgt sei, weil er sich auf der Flucht befunden und in keinem anderen Land Schutz vor Verfolgung gefunden habe.
Die vom Beschwerdeführer behauptete Verfolgung ist ausschließlich für die Beurteilung der Frage von Bedeutung, ob ihm ein Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz zustand. Da dies nicht der Fall ist, ist § 17 FrG gemäß § 9 Asylgesetz 1991 anwendbar. Es ist nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde von der Verwirklichung des Tatbestandes der Z. 6 zweiter Fall des § 17 Abs. 2 FrG ausgegangen ist. Der Wortlaut dieser Gesetzesstelle läßt keine Zweifel daran, daß dieser Ausweisungstatbestand in allen Fällen verwirklicht ist, in denen ein Fremder - aus welchen Motiven und mit welchem Ziel auch immer - unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet gelangt und im Zustand des unrechtmäßigen Aufenthaltes innerhalb eines Monates nach einer solchen Einreise entdeckt wird (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 14. April 1994, Zl. 94/18/0134). Konnte somit die belangte Behörde die verfügte Ausweisung zu Recht auf § 17 Abs. 2 Z. 6 FrG stützen, kann es dahingestellt bleiben, ob auch der Tatbestand des § 17 Abs. 2 Z. 4 leg. cit. erfüllt war.
Dem Beschwerdeführer ist zuzugeben, daß § 17 Abs. 2 FrG der belangten Behörde Ermessen einräumt. Die Behörde hat sich bei ihrer Ermessensübung davon leiten zu lassen, von welchem Gewicht die Störung der öffentlichen Ordnung ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1993, Zl. 93/18/0349). Wenn die belangte Behörde im vorliegenden Fall die Ausweisung für erforderlich erachtete, ist das nicht als rechtswidrig zu erkennen. Die behauptete Verfolgungssituation des Beschwerdeführers ist bei dieser Ermessensausübung nicht zu berücksichtigen, weil insoweit das Asylgesetz ausreichend Schutz bietet.
Was das auf § 37 FrG bezugnehmende Vorbringen anlangt, so verkennt die Beschwerde, daß im Rahmen des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung von der Behörde nicht auf eine allfällige Gefährdungs- und/oder Bedrohungssituation des Fremden im Sinn des § 37 Abs. 1 und/oder Abs. 2 FrG Bedacht zu nehmen ist. Zur Prüfung der Frage, ob eine derartige Situation vorliegt, steht vielmehr ein eigenes Verfahren zur Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat zur Verfügung (vgl. auch hiezu das Erkenntnis vom 14. April 1994).
Auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf einen ihm erteilten Abschiebungsaufschub geht fehl, weil ein solcher, wie sich aus dem Zusammenhalt der Abs. 1 und 2 des § 36 FrG ergibt, für die Frage der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung irrelevant ist.
Im Hinblick auf diese Ausführungen ist der erhobenen Verfahrensrüge der Boden entzogen.
Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den in der Beschwerde gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
Schlagworte
ErmessenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994180215.X00Im RIS seit
20.11.2000