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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde der Marktgemeinde S, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 4. Februar 1994, Zl. III/1-34.699-93, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: B Gesellschaft m.b.H. in P), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeschrift und der ihr angeschlossenen Ablichtung des angefochtenen Bescheides ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft (BH) vom 19. Oktober 1993 wurde der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung für den Abbau von Sand und Kies auf den Grundstücken Nr. 19/1 und 19/2 je KG St. erteilt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in welcher sie im wesentlichen mangelnde Bestimmtheit und unzureichende Begründung des Bescheides der BH sowie einen Verstoß der erteilten Bewilligung gegen öffentliche Interessen insoweit ins Treffen führte, als durch das bewilligte Projekt der Erholungswert der betroffenen Landschaftsteile für die Bevölkerung wegen der Erhöhung des Verkehrsaufkommens und der Beeinträchtigung des Ortsbildes und der Naturschönheit zerstört würde.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin als unzulässig zurück. Der Beschwerdeführerin fehle es an der Parteistellung, führte die belangte Behörde begründend aus. Es sei der Beschwerdeführerin zwar mit Bescheid der BH vom 30. Juli 1973 die wasserrechtliche Bewilligung zum Teilausbau ihrer Wasserversorgungsanlage durch Wasserentnahme aus einem Brunnen auf Parzelle Nr. 48/278 KG St. erteilt worden; dieses Wasserbenutzungsrecht sei jedoch gemäß § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 kraft Gesetzes erloschen, weil Erhebungen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen ergeben hätten, daß eine zur Wasserbenutzung wesentliche Vorrichtung, nämlich eine Wasserpumpe, ausgebaut und dieses Wasserbenutzungsrecht seit mehr als drei Jahren nicht mehr ausgeübt worden sei. Es scheide eine Parteistellung der Beschwerdeführerin aus dem Grunde des § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 demnach aus. Zudem sei die Beschwerdeführerin als Gemeinde im Wasserrechtsverfahren nach § 31c WRG 1959 Partei nur zur Wahrung ihres Anspruches, daß sie in der Trinkwasserversorgung ihrer Bewohner nicht beeinträchtigt werde. Aktenkundig sei, daß die Gemeinde ausschließlich über die N. mit Trinkwasser versorgt werde; eine Beeinträchtigung der Beschwerdeführerin in der Trinkwasserversorgung ihrer Bevölkerung durch das vom Verfahren betroffene Projekt sei damit auszuschließen. Es habe die Beschwerdeführerin im übrigen auch weder in ihrer Stellungnahme in der Wasserrechtsverhandlung vor der BH noch in ihrer Berufung gegen den erstinstanzlichen Bewilligungsbescheid eine Beeinträchtigung der Trinkwasserversorgung ihrer Bevölkerung behauptet, sondern lediglich die Verletzung öffentlicher Interessen geltend gemacht, deren Schutz allerdings allein der Behörde überantwortet sei. Eine konkrete Besorgnis erheblicher Beeinträchtigung zu schützender Interessen durch das bewilligte Projekt bestehe nicht. Ein Eingehen auf die Berufungsargumente der Beschwerdeführerin erübrige sich aus dem Grunde des Fehlens ihrer Parteistellung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben; die Beschwerdeführerin erachtet sich dem Inhalt ihres Beschwerdevorbringens nach in ihrem Recht auf meritorische Erledigung ihrer Berufung durch die belangte Behörde als verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 31c Abs. 1 WRG 1959 bedarf die Gewinnung von Sand und Kies der wasserrechtlichen Bewilligung unbeschadet der Bestimmungen der §§ 9, 32, 34 und 38, wenn sie mit besonderen Vorrichtungen erfolgt. Nach dem dritten Absatz des genannten Paragraphen entfällt bei Vorhaben nach Abs. 1, die nach den gewerberechtlichen Vorschriften genehmigungspflichtig sind oder die dem Bergrecht unterliegen, die Bewilligungspflicht, wenn das Vorhaben außerhalb wasserrechtlich besonders geschützter Gebiete geplant ist. In diesen Fällen hat die nach den angeführten Verwaltungsvorschriften zuständige Behörde insbesondere die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung (§ 30) notwendigen Auflagen vorzuschreiben, die nach Beendigung der Entnahme zu treffenden Maßnahmen aufzutragen sowie darauf zu achten, daß Gemeinden in der Versorgung ihrer Bewohner mit Trinkwasser nicht beeinträchtigt werden.
Gemäß § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 sind neben dem Antragsteller Parteien diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103. Nach § 102 Abs. 1 lit. d WRG 1959 sind Parteien ferner Gemeinden im Verfahren nach § 111 a, sonst nur zur Wahrung des ihnen nach § 13 Abs. 3 und § 31c Abs. 3 zustehenden Anspruches.
Eine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin kam im Beschwerdefall dann in Betracht, wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid eine Parteistellung der Beschwerdeführerin aus dem Grunde entweder des § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 oder jenem des § 102 Abs. 1 lit. d leg. cit. rechtsirrig oder unter relevanter Verletzung von Verfahrensvorschriften verneint hätte.
Eine Parteistellung der Beschwerdeführerin aus dem Grunde des § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 hätte erfordert, daß .) deren Rechte nach § 12 Abs. 2 WRG 1959 berührt würden, oder .) sie zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollte, oder
.) sie Fischereiberechtigte oder
.) Nutzungsberechtigte im Sinne des Grundsatzgeetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, gewesen wäre.
Nichts dergleichen lag im Beschwerdefall vor:
Daß die wasserrechtlich geschützten Rechte nach § 12 Abs. 2 WRG 1959 im Verfahren über eine Bewilligung nach § 31c WRG 1959 nicht berührt werden können, hat schon die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Vorgängerbestimmung des § 31c WRG 1959, nämlich jener des § 31a WRG 1959 in dessen Fassung vor der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1990, BGBl. Nr. 252, klargestellt, nach welcher in einem solchen Verfahren den Inhabern wasserrechtlich geschützter Rechte keine Parteistellung zukommt (vgl. die bei Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, RZ 7 zu § 31c WRG 1959, sowie im hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1994, 93/07/0113, angeführte Vorjudikatur). Der Verwaltungsgerichtshof sieht keine Veranlassung, von dieser Vorjudikatur für den Geltungsbereich des § 31c WRG 1959 abzugehen. Erwuchs der Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren demnach auch aus dem aufrechten Bestand des von der belangten Behörde als erloschen beurteilten Wasserbenutzungsrechtes keine Parteistellung, dann folgt daraus die rechtliche Belanglosigkeit der von der belangten Behörde getroffenen Beurteilung des Erloschenseins des bestandenen Wasserbenutzungsrechtes für das vorliegende Verfahren ebenso wie das Fehlen des inhaltlich als verletzt gerügten verfahrensrechtlichen Anspruches in bezug auf diese Frage.
Da die Beschwerdeführerin aus der Innehabung wasserrechtlich geschützter Rechte im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 nach der zitierten Rechtsprechung Parteistellung für das vorliegende Verfahren aus dem Grunde des § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 nicht ableiten kann, erübrigt sich ein Eingehen auch auf jenes Beschwerdevorbringen, mit welchem die Beschwerdeführerin ihre Position als Inhaberin solcher wasserrechtlich geschützter Rechte aus dem Umstand ihres Eigentums an jenen Liegenschaften abzuleiten versucht, die an das vom bewilligten Projekt betroffene Grundstück unmittelbar angrenzen.
Es verpflichtet aber der angefochtene Bescheid die Beschwerdeführerin auch nicht zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung. Die in der Beschwerdeschrift geltend gemachte Beeinträchtigung der Trinkwasserversorgung durch das bewilligte Projekt entzieht sich dem mit dem Beschwerdevorbringen unternommenen Versuch eines Verständnisses vom Inhalt des angefochtenen Bescheides derart, daß der Beschwerdeführerin damit die Duldung der Beeinträchtigung ihrer Trinkwasserversorgung auferlegt werde. Parteistellung im wasserrechtlichen Verfahren kraft auferlegter Verpflichtung zu einem Dulden kann nur durch den Spruch des behördlichen Bescheides erwachsen, in welchem eine Duldungspflicht normativ statuiert wird (vgl. den hg. Beschluß vom 23. Juni 1992, 92/07/0023); bloße Folgewirkungen eines eine Duldungspflicht nicht normierenden Bescheides lösen eine aus dem ersten Halbsatz des § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 erfließende Parteistellung nicht aus. Da eine Position der Beschwerdeführerin schließlich als Fischereiberechtigte oder als Nutzungsberechtigte im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, der Sachlage nach nicht in Betracht kommt und von ihr auch nicht behauptet wird, war aus der Bestimmung des § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 damit insgesamt eine Parteistellung der Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren tatsächlich nicht abzuleiten.
Da die Beschwerdeführerin Einwendungen, die sich im Rahmen einer ihr nach § 102 Abs. 1 lit. d WRG 1959 zukommenden Parteistellung gehalten hätten, nicht erhoben hat, wurde sie durch die Zurückweisung ihrer Berufung im angefochtenen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Ein gesonderter Abspruch über den von der Beschwerdeführerin gestellten Antrag, ihrer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, erübrigte sich damit ebenso wie die Erlassung eines aus den Gründen des § 24 Abs. 1 VwGG und des § 28 Abs. 1 Z. 7 leg. cit. sonst gebotenen Mängelbehebungsauftrages nach § 34 Abs. 2 VwGG (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 532 f, wiedergegebenen Judikaturnachweise).
Schlagworte
Entscheidung über den AnspruchIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994070044.X00Im RIS seit
12.11.2001Zuletzt aktualisiert am
19.04.2011