TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/19 91/17/0165

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Veröffentlicht am 19.05.1994
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Index

L37134 Abfallabgabe Müllabgabe Sonderabfallabgabe Sondermüllabgabe
Müllabfuhrabgabe Oberösterreich;
L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L37164 Kanalabgabe Oberösterreich;
L37294 Wasserabgabe Oberösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
30/01 Finanzverfassung;

Norm

B-VG Art18 Abs2;
F-VG 1948 §8 Abs5;
InteressentenbeiträgeG OÖ 1958 §1 Abs1;
InteressentenbeiträgeG OÖ 1958 §1 Abs3 idF 1973/057;
InteressentenbeiträgeG OÖ 1958 §1 Abs3;
InteressentenbeiträgeG OÖ 1958 §2;
KanalgebührenO Waldhausen 1978 §1 Z4;
KanalgebührenO Waldhausen 1978;
VwRallg;
WassergebührenO Waldhausen 1976 §2 Abs4;
WassergebührenO Waldhausen 1976;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde 1. des WK,

2. der HK, beide in X, beide vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 12. September 1991, Zl. Gem-7316/6 - 1991 - Wa, betreffend ergänzende Kanal-Anschlußgebühr und Wasserleitungs-Anschlußgebühr (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Waldhausen im Strudengau, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 11.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 10. August 1989, Zl. Bau 713-6-1989, schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde Waldhausen im Strudengau den Beschwerdeführern "gemäß den Bestimmungen des § 1 der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Waldhausen im Strudengau vom 5. Dez. 1970 über die Abwasserbeseitigung (Kanalordnung) und § 1 der Verordnung des Gemeinderates vom 3. Mai 1978 (Kanalgebührenordnung) i.d.g.F., im Zusammenhang mit § 1 des Interessentenbeiträgegesetzes 1958, LGBl. Nr. 28/1958", für die "Erweiterung der Liegenschaft Waldhausen, X 17", auf der Basis einer festgestellten Verrechnungsfläche von 239,06 m2 eine Kanalanschlußgebühr einschließlich 10 % Mehrwertsteuer in der Höhe von S 26.296,60 vor.

Mit weiterem Bescheid vom selben Tage, Zl. Bau 725-3-1989, schrieb der Bürgermeister den Beschwerdeführern "gemäß den Bestimmungen des § 1 der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Waldhausen im Strudengau vom 5. März 1964 über den Anschluß an die Wasserversorgungsanlage der Marktgemeinde Waldhausen im Strudengau (Wasserleitungsordnung) und § 2 der Verordnung des Gemeinderates vom 29.1.1976 (Wassergebührenordnung) i.d.g.F., im Zusammenhang mit § 1 des Interessentenbeiträgegesetzes 1958, LGBl. Nr. 28/1958", aus demselben Anlaß eine Wasseranschlußgebühr einschließlich 10 % Mehrwertsteuer im Gesamtbetrag von S 21.037,28 vor.

In der gegen diese Bescheide gemeinsam erhobenen Berufung brachten die Beschwerdeführer im wesentlichen vor, da sich "ihre" bauliche Erweiterung ausschließlich gewerblich auf Verkaufsfläche und Lager beziehe und als einzige neue Wasserbezugsstelle ein WC ergebe, werde um Herabsetzung der Anschlußgebühr um 50 % ersucht.

Der Bürgermeister holte ein Gutachten des Amtssachverständigen Ing. E über die Berechnung des Liegenschaftswertes und die Feststellung des Nutzens aus dem Kanal- und Wasseranschluß ein und übermittelte dieses Gutachten den Beschwerdeführern mit Schreiben vom 15. Mai 1990 zwecks Abgabe einer Stellungnahme. In diesem Gutachten hatte der Sachverständige unter anderem den wertmäßigen Anteil des Neubaus am Gesamtwert der Liegenschaft mit 60 % angenommen und auf dieser Basis die auf den Neubau entfallenden fiktiven Errichtungskosten einer Abwasserbeseitigungsanlage mit S 105.360,-- sowie einer Brunnenanlage mit S 43.500,-- ermittelt.

In seiner Stellungnahme vom 18. Juni 1990 brachte der Erstbeschwerdeführer ergänzend im wesentlichen vor, es bestehe in eklatanter Weise ein wirtschaftlich ungerechtfertigtes Mißverhältnis zwischen der Gebühr und dem Wert der die Beitragspflicht begründenden Liegenschaft sowie zu dem für die Liegenschaft aus der Anlage oder Einrichtung entstehenden Nutzen. Der von ihm getätigte Zubau habe vom Wasser- bzw. Kanalanschluß, wenn überhaupt, nur einen minimalen Nutzen. Es befinde sich dort lediglich ein WC und ansonsten überhaupt keine Wasserentnahmestelle. Auch ein mittelbarer Nutzen liege "kaum" vor, die Hausbewohner seien dieselben geblieben, lediglich eine zusätzliche Dienstnehmerin sei aufgenommen worden. Sanitäre Einrichtungen für Kunden gebe es nicht.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 25. September 1990 wies der Bürgermeister die Berufung als unbegründet ab. Der Sachverständige habe in seinem Gutachten vom 20. Februar 1990 zum Ausdruck gebracht, daß auf Grund einer Kostengegenüberstellung der monetäre Nutzen aus dem Anschluß an das öffentliche Kanal- und Wasserversorgungsnetz "unbedingt" gegeben sei. Zur Feststellung des Nutzens aus dem Kanal- und Wasseranschluß lägen keine Richtlinien vor und es müsse aus diesem Grund von der Berechnung einer Ersatzmaßnahme, das heißt der Errichtung einer Senkgrube, von Sickerschächten und einer Brunnenanlage ausgegangen werden. Die "Errichtung dieser Anlagen" würde weit über den Anschlußkosten liegen.

In ihrem Vorlageantrag vom 17. Oktober 1990 führten die Beschwerdeführer im wesentlichen aus, sie bezweifelten nicht die Richtigkeit der Berechnung des Sachverständigen an sich, jedoch verkenne die Behörde die Rechtslage, wenn sie fiktive Kostenansätze ihrer Entscheidung zugrunde lege. Nur die konkreten Kosten der Gemeindeanlage sollten nämlich gerecht aufgeteilt werden.

Mit Bescheid vom 7. März 1991 wies sodann auch der Gemeinderat die Berufung als unbegründet ab. Er führte hiezu im wesentlichen aus, die Kanalgebührenordnung und die Wassergebührenordnung stellten ausschließlich auf die Änderung eines angeschlossenen Gebäudes durch Auf-, Zu-, Ein- oder Umbau ab. Die Widmung der angeschlossenen Baulichkeiten sei von sekundärer Bedeutung. Der Sachverständige komme in seinem Gutachten zu dem eindeutigen Ergebnis, daß der monetäre Nutzen gegeben sei. Diese Sachverständigenaussagen würden durch Zahlen entsprechend untermauert. Dem Verkehrswert der Liegenschaft in Höhe zwischen 4 und 5 Millionen Schilling stünden eine ergänzende Kanalanschlußgebühr in Höhe von S 26.296,60 und eine ergänzende Wasseranschlußgebühr in Höhe von S 21.037,28, beides inklusive Mehrwertsteuer, gegenüber. Von einem Mißverhältnis könne hier nicht die Rede sein. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer sei für die Beurteilung des mit dem Anschluß verbundenen Nutzens sehr wohl ein Vergleich mit den fiktiven Kosten einer geeigneten Alternativmaßnahme zulässig. Die Ersatzmaßnahme für einen fehlenden Kanalanschluß wäre eine Senkgrube in entsprechender Größe und die Errichtung von Sickerschächten, ebenfalls in entsprechender Größe. Die anteiligen Errichtungskosten für diese Maßnahmen beliefen sich auf S 105.360,-- (ohne Mehrwertsteuer). Dieser Zahlenvergleich ergebe die Gewißheit des Vorhandenseins eines entsprechenden Nutzens. Das gleiche gelte für die ergänzende Wasseranschlußgebühr. Die anteiligen Kosten eines Brunnens würden sich auf S 43.500,-- (ohne Mehrwertsteuer) belaufen. Auch dieser Zahlenvergleich ergebe die Gewißheit des Vorhandenseins eines entsprechenden Nutzens.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die Oberösterreichische Landesregierung die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet ab. Zur Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, erst dann, wenn die Höhe der vorgeschriebenen Gebühr im Einzelfall mit den Tatbestandsmerkmalen des § 1 Abs. 3 des Interessentenbeiträge-Gesetzes 1958 in Übereinstimmung gebracht werden könne, wenn also die Höhe der Gebühr, auf den Einzelfall bezogen, nicht in einem wirtschaftlich ungerechtfertigten Mißverhältnis zum Wert der die Beitragspflicht begründenden Liegenschaft sowie zu dem für die Liegenschaft aus der Anlage entstehenden Nutzen stehe, dürfe die nach dem Quadratmetersatz errechnete Gebühr bzw. Mindestgebühr zur Vorschreibung gelangen. In diesem Sinne habe die mitbeteiligte Marktgemeinde Erhebungen zum Wert der gebührengegenständlichen Liegenschaft sowie über den Nutzen, der der Liegenschaft aus der Anlage entstehe, durchgeführt und darauf aufbauend den in der Verordnung vorgesehenen Gebührensatz als gerechtfertigt erachtet. Im Rahmen des Vorstellungsverfahrens seien weitere Ermittlungen durchgeführt und hiebei festgestellt worden, daß lediglich die Hälfte des Zubaues für Geschäftszwecke diene und der Rest als Wohnraum genutzt werde. Ein Teil der bisher als Wohnraum genutzten Flächen sei bei der Ausführung des Zu- und Umbaues in Verkaufs- und Lagerräume umgewandelt worden und bei der Berechnung der ergänzenden Anschlußgebühr unberücksichtigt geblieben. Der Gesetzesauftrag des § 1 Abs. 3 zweiter Satz IBG sei von der mitbeteiligten Marktgemeinde entsprechend berücksichtigt worden, weshalb Rechte der Vorstellungswerber nicht verletzt worden seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach ihrem Vorbringen erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht, keine in einem wirtschaftlichen Mißverhältnis zum Wert ihrer Liegenschaft und vor allem zum Nutzen des Kanal- und Wasseranschlusses für ihre umgebaute Liegenschaft stehende ergänzende Kanal- und Wasseranschlußgebühr zahlen zu müssen, verletzt. Sie beantragen, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Marktgemeinde erstatteten jeweils eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die wesentlichen Bestimmungen des Interessentenbeiträge-Gesetzes 1958, LGBl. für Oberösterreich Nr. 28, idF. der Novellen LGBl. Nr. 55/1968 und LGBl. Nr. 57/1973 (IBG), lauten:

"§ 1.

(1) Die Gemeinden werden ermächtigt, auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung folgende Interessentenbeiträge von Grundstückseigentümern und Anrainern (derzeit § 13 Abs. 1 Z. 15 des Finanzausgleichsgesetzes 1973, BGBl. Nr. 445/1972) zu erheben:

a) den Beitrag zu den Kosten der Errichtung einer gemeindeeigenen Kanalisationsanlage - Kanal-Anschlußgebühr;

b) den Beitrag zu den Kosten der Errichtung einer gemeindeeigenen Wasserversorgungsanlage

- Wasserleitungs-Anschlußgebühr;

...

(2) Die Interessentenbeiträge sind auf die einzelnen leistungspflichtigen Grundstückseigentümer oder Anrainer jeweils nach einem einheitlichen objektiven Teilungsschlüssel aufzuteilen. Als Teilungsschlüssel kommen insbesondere in Betracht: der Einheitswert, die Grundstücksgröße, die Länge des anrainenden Grundstückes, der Anteil des Nutzens an der den Beitrag begründenden Gemeindeeinrichtung oder -anlage oder der Anteil des durch diese beseitigten Nachteils.

(3) An Interessentenbeiträgen darf jeweils nicht mehr erhoben werden, als den von der Gemeinde geleisteten oder voranschlagsmäßig zu leistenden Aufwendungen entspricht. Die Höhe der Interessentenbeiträge darf ferner nicht in einem wirtschaftlich ungerechtfertigten Mißverhältnis zum Wert der die Beitragspflicht begründenden Liegenschaft und überdies zu dem für die Liegenschaft aus der Anlage oder Einrichtung entstehenden Nutzen stehen.

(4) Die Interessentenbeiträge werden mit dem Anschluß an die gemeindeeigene Anlage (Einrichtung) gemäß Abs. 1 lit. a, b oder c fällig. "

Die Abs. 5 bis 7 des § 1 IBG enthalten Vorschriften über die Berechtigung der Gemeinde, unter bestimmten Voraussetzungen Vorauszahlungen für die Erweiterung einer gemeindeeigenen Anlage (Einrichtung) zu erheben.

Gemäß § 2 leg. cit. hat die Gemeindevertretung die näheren Bestimmungen in einer Beitragsordnung zu regeln, die gleichzeitig mit dem Beschluß gemäß § 1 Abs. 1 zu erlassen ist.

Auf Grund dieses Gesetzes sowie unter Berufung auf § 14 Abs. 3 lit. d des Finanzausgleichsgesetzes 1973 erließ der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde am 3. Mai 1978 eine Kanalgebührenordnung, deren wesentliche Bestimmungen idF. der Verordnung vom 23. Dezember 1983 wie folgt lauten:

"§ 1

Kanalanschlußgebühr

1.) Für jeden Anschluß eines Hauskanals an das öffentliche Kanalnetz ist zur teilweisen Deckung der Baukosten der Abwasserbeseitigungsanlage des Marktes Waldhausen im Strudengau, eine einmalige Kanalanschlußgebühr zu entrichten.

2) Die Kanalanschlußgebühr (Einmündungsgebühr) in den Hauptkanal beträgt für jeden Quadratmeter Verrechnungsfläche

S 100,-- (in Worten: einhundert Schilling), jedoch mindestens

S 16.000,--. Als Berechnungsgrundlage für die Verrechnungsfläche gilt, unter Berücksichtigung der im folgenden festgelegten Zuschläge, die bebaute Fläche des Gebäudes, vervielfacht mit der Anzahl der Geschoße. (Betriebs-Lager- und Wohnräume im Dach- und Kellergeschoß gehören zur Verrechnungsfläche).

Die bebaute Fläche wird aus der Gesamtgrundfläche, aller auf dem Grundstück befindlichen angeschlossenen bewohnbaren oder für gewerbliche Zwecke benützbaren Gebäude errechnet.

...

4.) Bei nachträglichen Abänderungen des angeschlossenen Grundstückes ist eine ergänzende Kanalanschlußgebühr zu entrichten, die im Sinne der obigen Bestimmungen mit folgender Maßgabe errechnet wird:

...

b) bei Änderung eines angeschlossenen Gebäudes durch Auf-, Zu-, Ein- oder Umbau ist die Kanalanschlußgebühr in dem Umfang zu entrichten, als gegenüber dem bisherigen Zustand eine Vergrößerung der Berechnungsgrundlage gemäß Abs. 2 gegeben ist.

..."

In gleicher Weise erließ der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde am 29. Jänner 1976 eine Wassergebührenordnung für die Ortswasserleitung der Gemeinde. Diese Verordnung hat in der Fassung der Verordnung vom 23. Dezember 1983 im wesentlichen folgenden Wortlaut:

"§ 1

Für den Anschluß von Grundstücken an die gemeinnützige öffentliche Wasserversorgungsanlage der Gemeinde Waldhausen im Strudengau (im folgenden Wasserversorgungsanlage genannt) wird eine Wasserleitungsanschlußgebühr erhoben. Gebührenpflichtig ist der Eigentümer der angeschlossenen Grundstücke.

§ 2

(1) Die Wasserleitungsanschlußgebühr beträgt für bebaute Grundstücke je Quadratmeter der Bemessungsgrundlage nach Abs. 2 S 80,--, mindestens aber S 12.000,--.

(2) Die Bemessungsgrundlage für bebaute Grundstücke bildet bei eingeschoßiger Bebauung die Quadratmeterzahl der bebauten Fläche, bei mehrgeschoßiger Bebauung die Summe der bebauten Fläche, der einzelnen Geschoße jener Bauwerke, die einen unmittelbaren oder mittelbaren Anschluß an die öffentliche Wasserversorgungsanlage aufweisen ...

...

(4) Bei nachträglichen Abänderungen der angeschlossenen Grundstücke ist eine ergänzende Wasserleitungs-Anschlußgebühr zu entrichten, die im Sinne der obigen Bestimmungen mit folgender Maßgabe errechnet wird:

...

b) bei Änderung eines angeschlossenen Gebäudes durch Auf-, Zu-, Ein- oder Umbau sowie bei Neubau nach Abbruch ist die Wasserleitungs-Anschlußgebühr in dem Umfang zu entrichten, als gegenüber dem bisherigen Zustand eine Vergrößerung der Berechnungsgrundlage gemäß Abs. 2 gegeben ist;

..."

Vorweg sei bemerkt, daß beim Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der zitierten Verordnungen hinsichtlich der ergänzenden Kanal-Anschlußgebühr bzw. Wasserleitungs-Anschlußgebühr entstanden sind. Gemäß § 8 Abs. 5 F-VG kann die Landesgesetzgebung Gemeinden ermächtigen, bestimmte Abgaben auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung zu erheben. Solche Landesgesetze müssen die wesentlichen Merkmale dieser Abgaben, insbesondere auch ihr zulässiges Höchstausmaß bestimmen. "Selbständige Verordnungen", wie sie die Kanalgebühren- und die Wassergebührenordnung der mitbeteiligten Gemeinde darstellen, bedürfen nicht der gesetzlichen Vorherbestimmung für eine solche Regelung, solange damit nicht gegen das die wesentlichen Merkmale dieser Abgaben regelnde IBG verstoßen, insbesondere nicht die landesgesetzliche Höchstbegrenzung nach § 1 Abs. 3 erster Satz IBG überschritten wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1992, Zl. 91/17/0104).

Wie die Beschwerdeführer zutreffend erkannt haben, handelt es sich bei der Vorschrift des § 1 Abs. 3 zweiter Satz IBG um einen Gesetzesbefehl. Er ist an die Abgabenbehörden gerichtet, die in Anwendung des in der Beitragsordnung (§ 2 IBG) des Gemeinderates festgelegten objektiven Teilungsschlüssels dafür zu sorgen haben, daß durch dessen Modifikation im Einzelfall die durch die unbestimmten Rechtsbegriffe "wirtschaftliches Mißverhältnis zum Wert der die Beitragspflicht begründenden Liegenschaft" einerseits und "aus der Anlage oder Einrichtung für die Liegenschaft entstehenden Nutzen" andererseits gezogenen Grenzen nicht überschritten werden (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 23. Mai 1986, Zl. 86/17/0028, und vom 20. Februar 1987, Zl. 85/17/0096, sowie die dort angeführte weitere Rechtsprechung).

Die Beschwerdeführer bringen in diesem Zusammenhang vor, weder die Gemeinde noch die belangte Behörde sei auf ihr Argument eingegangen, der Zu- bzw. Umbau habe - sehe man von 8 m2 zusätzlicher Wohnfläche ab - nur Lager- und Verkaufsflächen betroffen, für die der Anschlußnutzen wegen des dort äußerst niedrigen Wasserbedarfes gering sei. Die Beschwerdeführer hätten nach dem Umbau lediglich eine zusätzliche Dienstnehmerin aufgenommen und es sei auf Grund der fehlenden sanitären Einrichtungen weder möglich noch üblich, daß etwaige Kunden die Sanitäranlagen in nennenswertem Umfang benützten. Das einzige Argument der Gemeinde bestehe in der Behauptung, daß der Anschlußnutzen deswegen sehr groß sei, weil die Beschwerdeführer sonst einen Brunnen und eine Senkgrube hätten errichten müssen, die sehr teuer gewesen wären. "Fiktive Alternativkosten" könnten kein Kriterium für die Vollziehung des § 1 Abs. 3 zweiter Satz IBG sein.

Dem ist zunächst zu erwidern, daß - wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem bereits erwähnten, auch den Beschwerdeführern bekannten Erkenntnis vom 23. Mai 1986, Zl. 86/17/0028, dargetan hat - es bei Prüfung der durch § 1 Abs. 3 zweiter Satz IBG vorgesehenen Beschränkungen nicht darauf ankommt, in welcher Weise der Abgabepflichtige die Liegenschaft tatsächlich nutzt, sondern nur darauf, zu welcher Nutzung sich die Liegenschaft (das Gebäude) auf Grund ihrer (seiner) objektiven Beschaffenheit im Zeitpunkt der Entstehung der Abgabepflicht (Herstellung des Anschlusses, Abänderung des angeschlossenen Gebäudes) eignet. Ebenso wie im damals entschiedenen Beschwerdefall ist es daher auch diesmal nicht wesentlich, wie die Beschwerdeführer die Liegenschaft tatsächlich nutzen.

Davon abgesehen lassen die Beschwerdeführer jedoch außer acht, daß die mehrfach zitierte Gesetzesstelle auf den Wert der die Beitragspflicht begründenden LIEGENSCHAFT und auf den für die LIEGENSCHAFT aus der Anlage oder Einrichtung entstehenden Nutzen abstellt. Es kommt daher entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht etwa auf den Wert des im Beschwerdefall errichteten ZUBAUES oder auf den Nutzen an, den dieser Zubau aus der Anlage oder Einrichtung zieht. Aus diesem Grunde geht das Vorbringen der Beschwerdeführer in bezug auf die Eigenschaften dieses Zubaus ins Leere.

Anders als die Beschwerdeführer kann der Verwaltungsgerichtshof auch in der vom Sachverständigen angewandten Berechnungsmethode hinsichtlich der Ermittlung des so zu verstehenden "Nutzens" keine Rechtswidrigkeit erkennen. In seinem zur rechtsähnlichen Vorschrift des § 1 Abs. 1 letzter Satz des Burgenländischen Kanalanschlußgebührengesetzes, LGBl. Nr. 8/1967, ergangenen Erkenntnis vom 16. Juni 1980, Zlen. 3153, 3154/79, hat der Verwaltungsgerichtshof bemängelt, daß der Akteninhalt nicht ausreiche, einen Kosten-Nutzen-Vergleich mit einer anderen gesetzlich zulässigen Abwasserbeseitigungsart vorzunehmen, wenn man unterstelle, daß das Grundstück (noch) nicht der Anschlußpflicht unterläge. Eben diese (damit als rechtmäßig erkannte) Berechnungsmethode hat jedoch der Sachverständige auch im vorliegenden Fall angewendet, und zwar in durchaus schlüssiger und nachvollziehbarer Weise sowohl hinsichtlich der bei fehlendem Kanalanschluß notwendigen Errichtung einer Senkgrube und von Sickerschächten als auch hinsichtlich der Errichtung eines Brunnens bei fehlendem Wasseranschluß. Welche Schlüsse die Verwaltungsbehörden aus diesem Gutachten zogen, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung.

Wenn die Beschwerdeführer weiters Einwendungen gegen die Richtigkeit des Sachverständigengutachtens in tatsächlicher Hinsicht erheben, muß ihnen entgegengehalten werden, daß sie in ihrem Vorlageantrag vom 17. Oktober 1990 ausdrücklich vorgebracht haben, sie bezweifelten nicht die Richtigkeit der (ihnen zur Kenntnis gebrachten) Berechnung seitens des Sachverständigen. Auch in weiterer Folge haben die Beschwerdeführer Einwendungen gegen die Richtigkeit dieses Gutachtens nicht erhoben. Für die belangte Behörde bestand daher kein Anlaß, sich mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Gemäß § 41 Abs. 1 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof, soweit er nicht unter anderem Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes zu überprüfen. Ein solcher Fall liegt hier vor, weil - wie dargetan - der belangten Behörde diesbezüglich eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht unterlaufen ist.

Die Beschwerdeführer verweisen weiters darauf, daß der Bürgermeister in der Sitzung des Gemeinderates vom 22. Februar 1991, in der über die Berufung entschieden wurde, unmittelbar bevor er seinen Vorsitz abgetreten habe, sich für eine Abweisung der Berufung ausgesprochen und die Gemeinderäte an das abgelegte Gelöbnis erinnert habe.

Auch mit diesem Vorbringen zeigen die Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Unbestritten ist, daß sich der Bürgermeister gemäß § 53 Abs. 1 lit. d der Oberösterreichischen Landesabgabenordnung bei der Abstimmung seines Amtes enthalten und den Vorsitz dem Vizebürgermeister übergeben hat. Darin, daß er zuvor seine Rechtsansicht kundtat, kann ein Verstoß gegen die genannte Bestimmung nicht erblickt werden.

Ebenso ist es ohne jegliche Bedeutung, daß zu diesem Zeitpunkt bereits ein Bescheidentwurf (möglicherweise des Oberösterreichischen Gemeindebundes) zur Verfügung stand. Zutreffend verweist die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift darauf, daß die Entscheidung selbst dem hiefür zuständigen Gemeinderat zuzurechnen ist.

Anhaltspunkte dafür, daß die mitbeteiligte Gemeinde bei Erlassung der beiden Verordnungen gegen das in § 1 Abs. 3 erster Satz IBG verankerte Äquivalenzprinzip verstoßen hätte, sind im Verfahren nicht zutage getreten; sie wurden dort von den Beschwerdeführern entgegen ihrer Behauptung nicht aufgezeigt und sind auch dem Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar. Auch dieses Vorbringen geht daher ebenso wie die damit verbundene Verfahrensrüge ins Leere.

Dennoch erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig. Wie oben ausgeführt, stellt § 1 Abs. 3 zweiter Satz IBG ohne Ausnahme auf das Verhältnis zwischen der Höhe der Interessentenbeiträge einerseits, dem Wert der LIEGENSCHAFT sowie dem für die LIEGENSCHAFT aus der Anlage oder Einrichtung entstehenden Nutzen andererseits ab, ohne daß für den Fall eines auf die Errichtung eines Aus-, Zu-, Ein- oder Umbaues zurückzuführenden Ergänzungsbeitrages eine Ausnahme vorgesehen wäre. In einem so gelagerten Fall kann daher ein sachgerechtes Ergebnis nur erzielt werden, wenn SÄMTLICHE für eine bestimmte Liegenschaft bereits entrichteten bzw. zu entrichtenden Interessentenbeiträge einer Gattung (Kanal-Anschlußgebühren, Wasserleitungs-Anschlußgebühren) zusammengerechnet und dem nunmehrigen Wert der Liegenschaft bzw. dem oben definierten Nutzen gegenübergestellt werden. So wäre etwa durchaus der Fall denkbar, daß ein zunächst zu entrichtender Interessentenbeitrag noch in einem wirtschaftlich gerechtfertigten Verhältnis zum Wert der Liegenschaft und zum "Nutzen" steht, derselbe Interessentenbeitrag ZUZÜGLICH eines auf Grund der genannten Umstände fällig werdenden Ergänzungsbeitrages jedoch in ein wirtschaftlich ungerechtfertigtes Mißverhältnis zu den genannten Werten gerät.

In einem Fall wie dem vorliegenden ist es daher erforderlich, die Summe sämtlicher auf die Liegenschaft entfallenden Interessentenbeiträge dem Wert der Liegenschaft und dem wiederholt genannten "Nutzen", beides NACH Errichtung des Zubaues, gegenüberzustellen, um der Vorschrift des § 1 Abs. 3 zweiter Satz IBG Genüge zu tun. Hiebei wird rechnerisch der Betrag der in der Vergangenheit allenfalls geleisteten Interessenbeiträge durch entsprechende Valorisierung auf den Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches für den Zubau aufzuwerten und dieser Betrag dem nunmehrigen Wert der GESAMTEN Liegenschaft einerseits, den fiktiven Kosten der Errichtung eines Brunnens bzw. einer Abwasserbeseitigungsanlage andererseits für die GESAMTE Liegenschaft im selben Zeitpunkt gegenüberzustellen sein. Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. Vielmehr werden im Berufungsbescheid lediglich die ERGÄNZENDEN Anschlußgebühren einerseits, die auf den NEUBAU anteilig entfallenden fiktiven Errichtungskosten andererseits gegenübergestellt.

Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage diese Rechtswidrigkeit des Berufungsbescheides nicht aufgriff, hat sie ihrerseits ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Deshalb war ihr Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Dabei spielte es keine Rolle, daß sich die Beschwerdeführer in der Bezeichnung des Ersatzpflichtigen ("Bund" anstatt richtig Land Oberösterreich) vergriffen haben.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1991170165.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

28.12.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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