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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AuslBG §15 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des P in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 10. Februar 1994, Zl. SD 49/94, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 18 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z. 1 FrG ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von 5 Jahren erlassen. Begründend führte die belangte Behörde aus, daß der Beschwerdeführer wegen schweren Betruges zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten, unter Gewährung der bedingten Strafnachsicht, rechtskräftig verurteilt worden sei. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG und auch die des § 18 Abs. 1 leg. cit. seien gegeben. Der Umstand, daß die Verurteilung 1 Jahr zurückliege und die Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen worden sei, könne daran nichts ändern. Der Beschwerdeführer sei Anfang 1991 ohne Sichtvermerk nach Österreich gekommen, um hier zu arbeiten. Die Einreise und sein Aufenthalt seien zunächst jedenfalls illegal gewesen. Im März 1991 habe er eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet. Bei der Vernehmung habe er ausdrücklich zugegeben, daß es sich um eine Scheinehe gehandelt habe, die er deshalb eingegangen sei, um einen Befreiungsschein des Arbeitsamtes zu bekommen. Er habe mit der Gattin nie zusammen gewohnt und habe nicht einmal ihre Adresse gekannt. Den Befreiungsschein habe er antragsgemäß im April 1991 erhalten. Im Mai 1991 habe er unter Hinweis auf die Ehe und den Befreiungsschein einen Sichtvermerk beantragt und auch erhalten. Im Jahre 1992 habe er mit einer falschen Lohnbestätigung einen Kredit erschwindelt, der zur genannten Verurteilung geführt habe. Der aufrechten Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin komme angesichts der Tatsache, daß der Beschwerdeführer mit ihr lediglich eine Scheinehe eingegangen sei, nicht die geringste Bedeutung zu. Der Beschwerdeführer habe es unterlassen, ein konkretes Vorbringen zu der in der Berufung aufgestellten Behauptung, die Lebensgefährtin und zwei seiner leiblichen eigenen Kinder sowie sein Bruder und seine Schwägerin lebten in Österreich, zu erstatten. Selbst wenn ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers vorliege, sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer illegal nach Österreich gekommen sei und hier lediglich aufgrund einer Scheinehe einen Befreiungsschein und einen Sichtvermerk erhalten habe, zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (hier: zur Verteidigung der Ordnung, aber auch zum Schutz der Rechte Dritter) dringend geboten. Die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes wögen jedenfalls schwerer als die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Angehörigen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
In der Beschwerde wird die von der belangten Behörde als maßgeblicher Sachverhalt angenommene rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers wegen schweren Betruges zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten bedingt, nicht in Abrede gestellt; ebensowenig wird die rechtliche Beurteilung, daß durch diese Verurteilung der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht worden sei, bekämpft. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt weder gegen die maßgebliche Sachverhaltsfeststellung noch gegen die Subsumtion Bedenken.
Die rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde, es sei die Annahme des § 18 Abs. 1 FrG gerechtfertigt, ist ebenfalls zutreffend. Der genannten Verurteilung wegen des schweren Betruges kommt unter dem Gesichtspunkt der Gefährdung öffentlicher Interessen schon für sich gesehen derart erhebliches Gewicht zu, daß sie die in § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme rechtfertigt. Daran vermag die Gewährung der bedingten Nachsicht der verhängten Freiheitsstrafe nichts zu ändern, weil die mit der Vollziehung des Fremdengesetzes betrauten Behörden die Berechtigung der Annahme im Sinne des § 18 Abs. 1 FrG eigenständig zu beurteilen haben. Auch der Hinweis des Beschwerdeführers, daß das strafbare Verhalten "nun doch über zwei Jahre zurückliege", führt zu keinem anderen Ergebnis.
Der Beschwerdeführer bezeichnet die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, daß der bestehenden aufrechten Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin angesichts der Tatsache, daß es sich um eine Scheinehe handle, nicht die geringste Bedeutung zukomme, als unzutreffend. Eine Scheinehe könne erst dann vorliegen, wenn dies von einem dafür zuständigen Gericht rechtskräftig festgestellt worden sei. Die diesbezügliche, wenn auch begründete Vermutung könne wohl keine nachhaltigen Wirkungen haben.
Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde - hinreichend erkennbar - von einer - in der Beschwerde nicht bestrittenen - rechtsmißbräuchlichen Eingehung einer Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin ausging. Diese rechtliche Beurteilung begegnet keinen Bedenken. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt die Eingehung einer Ehe nur zu dem Zweck - wie von der belangten Behörde als erwiesen angenommen und in der Beschwerde nicht bestritten - der Beschaffung einer Aufenthaltsberechtigung und eines Befreiungsscheines einen evidenten Rechtsmißbrauch dar (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. Mai 1993, Zl. 93/18/0167 mit weiteren Nachweisen). Dieser Mißbrauch stellt ein Verhalten dar, das als gravierende Beeinträchtigung des geordneten menschlichen Zusammenlebens und solcherart als Gefährdung der öffentlichen Ordnung zu werten ist. Im Hinblick auf die als erwiesen angenommene rechtsmißbräuchliche Eingehung der Ehe durch den Beschwerdeführer ist es diesem verwehrt, sich unter dem Gesichtspunkt des Schutzes des Privat- oder Familienlebens im Sinn des § 19 FrG auf das Bestehen dieser Ehe zu berufen. Die belangte Behörde hat zutreffend darauf hingewiesen, daß selbst unter der Annahme eines relevanten Eingriffes in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers, falls seine Lebensgefährtin und zwei Kinder in Österreich lebten, die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes dringend geboten sei. Der Verurteilung wegen des schweren Betruges kommt unter dem Gesichtspunkt der Gefährdung öffentlicher Interessen derart erhebliches Gewicht zu, daß sie das Aufenthaltsverbot im Grunde des § 19 FrG zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen, nämlich zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Rechte anderer, dringend geboten erscheinen läßt.
Die damit gegebene Beeinträchtigung wesentlicher öffentlicher Interessen ließ die belangte Behörde im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG auch zutreffend zum Ergebnis gelangen, daß die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes schwerer wögen als die Auswirkungen desselben auf die Lebensverhältnisse des Beschwerdeführers und seiner Familie.
Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1994180220.X00Im RIS seit
11.07.2001