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L10014 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht GemeindehaushaltNorm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde der X-Ges.m.b.H., vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 14. September 1993, Zl. Gem - 7376/9 - 1993 - Keh, betreffend Kanalanschlußgebühr (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Kremsmünster, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in X), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.630,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 21. November 1991 setzte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde gegenüber der Beschwerdeführerin "auf Grund der §§ 1 und 2 der Kanalgebührenordnung für die Marktgemeinde Kremsmünster vom 22. Juli 1976 i.d.g.F." die Kanalanschlußgebühr für die Liegenschaft N-Straße xx mit insgesamt S 74.863,80 (einschließlich Umsatzsteuer) fest.
Mit Bescheid vom 28. April 1992 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin ab. In der Begründung dieses Bescheides wird im wesentlichen ausgeführt, der Anschluß der gegenständlichen Liegenschaft an das öffentliche Kanalnetz der Marktgemeinde Kremsmünster sei am 22. Mai 1991 hergestellt worden, wobei § 4 Abs. 2 der Kanalgebührenordnung der Marktgemeinde Kremsmünster bestimme, daß die Kanalanschlußgebühr mit dem Zeitpunkt des Anschlusses eines Grundstückes an das öffentliche Kanalnetz fällig sei.
Mit Bescheid vom 10. September 1992 gab die Oberösterreichische Landesregierung der dagegen erhobenen Vorstellung Folge, hob den Bescheid des Gemeinderates vom 28. April 1992 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Marktgemeinde Kremsmünster. Dies im wesentlichen mit der Begründung, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß die gegenständliche Liegenschaft am 22. Mai 1991 an das gemeindeeigene Kanalnetz der Marktgemeinde Kremsmünster angeschlossen worden sei. Der Abgabentatbestand sei somit dem Grunde nach erfüllt. Nicht die bescheidmäßige Vorschreibung der Anschlußpflicht, sondern die tatsächliche Herstellung eines Anschlusses begründe die Abgabepflicht. Hinsichtlich der Höhe der Kanalanschlußgebühr müsse jedoch gemäß § 1 Abs. 3 des Interessentenbeiträge-Gesetzes 1958, LGBl. Nr. 28 (IBG), in jedem Einzelfall ermittelt werden, ob die sich nach der Gebührenordnung ergebende Anschlußgebühr zum Wert der Liegenschaft sowie zu dem für die Liegenschaft "an" (richtig: aus) der Anlage entstehenden Nutzen nicht in einem wirtschaftlich ungerechtfertigten Mißverhältnis stehe. Solche Ermittlungen seien im Verfahren auf Gemeindeebene nicht ausreichend durchgeführt worden.
Mit Bescheid vom 24. Februar 1993 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde der Berufung gegen den Bescheid vom 21. November 1991 abermals nicht Folge. In der Begründung dieses Bescheides heißt es im wesentlichen, der Quadratmetersatz von S 171,-- nach § 2 der Kanalgebührenordnung sei ein Durchschnittssatz, der bei Anwendung auf Wohngebäude, vor allem Ein- und Zweifamilienwohnhäuser, jedes wirtschaftlich ungerechtfertigte Mißverhältnis zwischen dem Wert der Liegenschaft sowie dem für die Liegenschaft aus der Anlage entstehenden Nutzen gegenüber der Höhe der Gebühr ausschließe. Im gegenständlichen Fall sei ein Mißverhältnis umso mehr auszuschließen, als im angeschlossenen Gebäude Kleinwohnungen vorhanden seien, die aus Küche, WC, Bad und Schlafzimmer mit einer Gesamtfläche zwischen 31 und 47 m2 je Wohneinheit bestünden und mangels weiterer Nebenräume dazu geeignet seien, die Kanalanlage im höchstmöglichen Ausmaß zu benützen. Ebenso sei ein Mißverhältnis zwischen Wert der Liegenschaft und Gebührenhöhe völlig auszuschließen, wenn man bedenke, daß die gegenständlichen Mieten per m2 über S 60,-- in einer den ortsüblichen Durchschnitt bei weitem übersteigenden Höhe lägen und somit der Wert der Liegenschaft nicht als gering anzusehen sei.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin neuerlich Vorstellung und brachte darin im wesentlichen vor, der Gemeinderat habe keine bzw. nur unzulängliche Ermittlungen im Hinblick auf das vorliegende Mißverhältnis zwischen Anschlußgebühr und Wert der Liegenschaft bzw. dem für die Liegenschaft aus der Anlage entstehenden Nutzen durchgeführt. Die von der Gemeinde angenommene Miete pro m2 sei rein fiktiv und basiere nur auf Vermutungen. Im übrigen sei für den Nutzen der Liegenschaft aus der Anlage nicht die Intensität der Kanalbenützung maßgeblich, weil die Beschwerdeführerin über eine ausreichend dimensionierte Klärgrube verfügt habe und ihr insofern durch den Kanalanschluß überhaupt kein Vorteil erwachsen sei. Der Beschwerdeführerin sei auch nicht bekanntgegeben worden, wie die Miete von S 60,-- ermittelt worden sei.
Im Zuge des Vorstellungsverfahrens erstattete die mitbeteiligte Marktgemeinde am 16. April 1993 eine Stellungnahme, in der sie nähere Ausführungen tatsächlicher Natur machte.
In ihrer hiezu erstatteten Äußerung vom 15. Mai 1993 brachte die Beschwerdeführerin ergänzend vor, die Feststellungen der Gemeinde im Schreiben vom 16. April 1993 seien ihr völlig unbekannt. Maßgeblich sei der Wert der Liegenschaft und der Nutzen des Kanalanschlusses zum Zeitpunkt des Anschlusses, das heißt am 22. Mai 1991. Zu diesem Zeitpunkt habe sich das betreffende Gebäude in überaus desolatem Zustand befunden. Sanierungsmaßnahmen, die nach dem Anschlußzeitpunkt durchgeführt worden seien, könnten nicht in Anrechnung gebracht werden.
Darauf replizierte die mitbeteiligte Marktgemeinde mit Schriftsatz vom 2. September 1993. Darin brachte sie unter anderem vor, daß das gegenständliche Gebäude vor dem Umbau ein Betriebsgebäude gewesen sei, in welchem mehrere Beschäftigte ihre betriebliche Tätigkeit ausgeübt hätten. Das Bauansuchen betreffend den Umbau auf ein reines Wohngebäude sei mit 18. April 1991, also vor der tatsächlichen Kanalanschlußerstellung datiert; die Absicht, sieben Kleinwohnungen herzustellen, habe also schon damals konkret bestanden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die Oberösterreichische Landesregierung die Vorstellung als unbegründet ab. Sie begründete dies im wesentlichen damit, unbestritten sei geblieben, daß die gebührengegenständliche Liegenschaft an das Kanalnetz der Marktgemeinde Kremsmünster angeschlossen worden sei. Ebenso sei nicht in Streit gestellt worden, daß die Bemessungsgrundlage 398 m2 betrage und daß die Berechnung als solche rechnerisch richtig erfolgt sei. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin richte sich ausschließlich darauf, daß die Gebühr den Intentionen des § 1 Abs. 3 IBG nicht entspreche. Hiezu seien im Zuge des Vorstellungsverfahrens ergänzende Ermittlungen durchgeführt worden, die zu folgenden Feststellungen geführt hätten:
"1.
Zum Wert der die Beitragspflicht begründenden Liegenschaft:
Das an die Ortskanalisation angeschlossene zweigeschoßige Gebäude stellt ein reines Wohnhaus mit sieben Neubauwohnungen dar, wobei die Wohnungseinheiten zwischen 31,41 m2 und 47,83 m2 liegen und je aus einem kleinen Vorraum, Wohnküche, Bad, WC und Schlafraum bestehen. Die gesamte reine Wohnfläche beträgt 227,40 m2 und stellt bereits ohne nähere Berechnung einen Wert von rund S 5,000.000,-- dar. Daß es sich bei den gegenständlichen Wohnungen nicht um minderwertige, billige oder gar Substandardwohnungen handeln kann, ist aus der Höhe des Mietzinses von S 65,-- pro Quadratmeter Wohnfläche eindeutig ersichtlich (ortsüblich etwa S 30,-- bis S 35,--). Dieser Realwert bedarf keiner weiteren Erhebung und ist jederzeit nachvollziehbar, wenn man beispielsweise den umbauten Raum pro m3 mit S 4.000,-- (bei dieser Ausstattung ein mäßiger Schätzwert) bewertet oder die reine Wohnfläche (ohne Stiegenhaus und Foyer) mit S 18.000,-- pro m2 wie es bewährter Usus der Wohnbauförderungsabteilung beim Amt der OÖ Landesregierung ist, veranschlagt, wobei sich im ersteren Fall ein Betrag von S 5,704.000,-- und im letzteren Fall von S 4,993.200,-- also ebenfalls rund S 5,000.000,-- ergibt.
Dem steht ein Nettobetrag von lediglich S 68.058,-- (die Umsatzsteuer ist absetzbar) als Kanalanschlußgebühr gegenüber.
Desweiteren kann auf den Wert der Liegenschaft von der Mieteinnahme ein Schluß gezogen werden, die eine Jahresbruttoeinnahme (ohne Betriebskosten) von derzeit S 216.060,-- einbringt.
2.
Für die Liegenschaft aus der Anlage entstehender (bzw. entstandener) Nutzen:
Das gegenständliche Wohnhaus ist infolge von sieben Küchen, sieben WC-Anlagen, sieben Bädern sehr abwasserintensiv und ohne Kanalanschluß überhaupt nicht denkbar. Würde, aus welchen theoretischen Gründen immer, ein Kanalanschluß nicht getätigt worden sein, wäre eine andere Abwasserentsorgung (zB Senkgrube) wesentlich kostenaufwendiger, wenngleich eine andere Anlage seitens der Baubehörde, infolge der gegebenen Anschlußmöglichkeit an das öffentliche Kanalnetz, unter keinen Umständen zu genehmigen gewesen wäre.
Ein Nutzen aus der Liegenschaft in der derzeitigene Widmung wäre folglich ohne Kanalanschluß überhaupt nicht zu schöpfen gewesen; da eine Nutzung und Vermietung der bestehenden sieben Wohnungen ausnahmslos von der Tatsache des bestehenden Kanalanschlusses abhängig ist.
Es entsteht daher der Liegenschaft ein Nutzen aus der Kanalanlage, der eine theoretische Amortisation des Bauwerkes innerhalb von etwa 23 Jahren oder, anders betrachtet, eine Mieteinnahme von JÄHRLICH S 216.000,-- garantiert.
Dem steht ein einmaliger Nettobetrag in Höhe von S 68.058,-- als Kanalanschlußgebühr gegenüber."
Dieses Ergebnis der Ermittlungen sei der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 26. April 1993 in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht worden. Mit Schreiben vom 15. Mai 1993 seien diese Feststellungen in Frage gestellt worden, ohne daß dabei entsprechende Unterlagen beigebracht worden seien, welche die Richtigkeit der Feststellungen in Zweifel zu ziehen geeignet gewesen wären. Die Vorstellungsbehörde könne somit davon ausgehen, daß die seitens der Marktgemeinde Kremsmünster (gemeint: in ihrem Schriftsatz vom 16. April 1993) gemachten Feststellungen zutreffend seien. Angesichts dieser Fakten, wie sie im Schreiben der Marktgemeinde Kremsmünster vom 16. April 1993 ausgeführt worden seien, könne nicht gefunden werden, daß die vorgeschriebene Gebühr mit § 1 Abs. 3 IBG in Widerspruch stünde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach ihrem Vorbringen erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Zahlung der Kanalanschlußgebühr im gesetzlichen Ausmaß verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Marktgemeinde erstatteten jeweils eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die wesentlichen Bestimmungen des IBG idF. der Gesetze
LGBl. Nr. 55/1968 und 57/1973 lauten:
"§ 1.
(1) Die Gemeinden werden ermächtigt, auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung folgende Interessentenbeiträge von Grundstückseigentümern und Anrainern (derzeit § 13 Abs. 1 Z. 15 des Finanzausgleichsgesetzes 1973, BGBl. Nr. 445/1972) zu erheben:
a) den Beitrag zu den Kosten der Errichtung einer gemeindeeigenen Kanalisationsanlage - Kanal-Anschlußgebühr;
...
(3) An Interessentenbeiträgen darf jeweils nicht mehr erhoben werden, als den von der Gemeinde geleisteten oder voranschlagsmäßig zu leistenden Aufwendungen entspricht. Die Höhe der Interessentenbeiträge darf ferner nicht in einem wirtschaftlich ungerechtfertigten Mißverhältnis zum Wert der die Beitragspflicht begründenden Liegenschaft und überdies zu dem für die Liegenschaft aus der Anlage oder Einrichtung entstehenden Nutzen stehen.
...
§ 2.
Die näheren Bestimmungen hat die Gemeindevertretung in einer Beitragsordnung zu regeln, die gleichzeitig mit dem Beschluß gemäß § 1 Abs. 1 zu erlassen ist.
..."
Die gegenständliche Gebührenvorschreibung stützt sich auf die Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Kremsmünster vom 22. Juli 1976 (Kanalgebührenordnung) idF. der Verordnung vom 19. Juli 1990. Nach § 1 dieser Verordnung wird für den Anschluß von Grundstücken an das gemeindeeigene, öffentliche Kanalnetz eine Kanalanschlußgebühr erhoben. Gebührenpflichtig ist der Eigentümer des angeschlossenen Grundstückes, bei mehreren Eigentümern jeder Miteigentümer zur ungeteilten Hand. Nach § 2 Abs. 2 der Verordnung gilt als Bemessungsgrundlage die Quadratmeteranzahl der verbauten Grundfläche bzw. die Summe der verbauten Fläche der einzelnen Geschoße jener Bauwerke, die einen unmittelbaren oder mittelbaren Anschluß an das gemeindeeigene, öffentliche Kanalnetz aufweisen. Gemäß § 4 Abs. 2 dieser Verordnung ist die Kanalanschlußgebühr mit dem Zeitpunkt des Anschlusses eines Grundstückes an das öffentliche Kanalnetz fällig.
Zutreffend verweist die Beschwerdeführerin auf den Umstand, daß der Kanalanschluß am 22. Mai 1991 hergestellt und damit in diesem Zeitpunkt der Abgabentatbestand verwirklicht wurde (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 27. September 1985, Zl. 85/17/0036). Zwar ist gemäß § 3 Abs. 3 der OÖ LAO unter anderem der Zeitpunkt der Fälligkeit einer Abgabe ohne Einfluß auf die Entstehung des Abgabenanspruches; § 4 Abs. 2 der Kanalgebührenordnung spielt daher im gegebenen Zusammenhang - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - keine Rolle. Vielmehr entsteht nach Abs. 1 des § 3 LAO der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabepflicht knüpft. Darunter ist die Gesamtheit der in den materiellen Rechtsnormen enthaltenen abstrakten Voraussetzungen zu verstehen, bei deren Vorliegen bestimmte Rechtsfolgen eintreten sollen (vgl. das Erkenntnis vom 31. Jänner 1979, Zl. 1948/77). Dies ist nach § 1 der Kanalgebührenordnung mit dem Anschluß des Grundstückes an das gemeindeeigene, öffentliche Kanalnetz der Fall.
Der genannte Zeitpunkt, im Beschwerdefall der 22. Mai 1991, ist daher auch für die Anwendung des § 1 Abs. 3 zweiter Fall IBG entscheidend. Das heißt mit anderen Worten, daß es bei Entscheidung der Frage, ob die Höhe des Interessentenbeitrages in einem wirtschaftlich ungerechtfertigten Mißverhältnis zum Wert der die Beitragspflicht begründenden Liegenschaft und zu dem für die Liegenschaft aus der Anlage oder Einrichtung entstehenden Nutzen steht, der Wert der Liegenschaft und der näher definierte Nutzen im Zeitpunkt des Anschlusses an das Kanalnetz maßgebend sind. Spätere Änderungen der diesbezüglichen Verhältnisse haben außer Betracht zu bleiben.
Nun hat die Beschwerdeführerin im Vorstellungsverfahren mit Eingabe vom 15. Mai 1993 vorgebracht, daß sich das betreffende Gebäude am 22. Mai 1991 in überaus desolatem Zustand befunden habe. Aus dem mit den Verwaltungsakten vorgelegten Einreichplan betreffend die Errichtung von Wohnungen im gegenständlichen Gebäude N-Straße xx geht weiters hervor, daß dieser Einreichplan bei der Verhandlung vom 14. August 1991 vorgelegen und im Sinne des Bescheides vom 13. September 1991 genehmigt worden ist. Offenbar wurde also die Baubewilligung zum gegenständlichen Umbau erst am 13. September 1991 erteilt; auf das Datum des Bauansuchens kommt es im gegebenen Zusammenhang nicht an.
Obwohl sich also aus der Aktenlage hinreichend Anhaltspunkte dafür ergeben, daß sich die gegenständliche Liegenschaft im Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches nicht in dem von den Abgabenbehörden der Gemeinde angenommenen Zustand befunden hat, und obwohl auch nach den Vorschriften der Oberösterreichischen Gemeindeordnung im Vorstellungsverfahren kein Neuerungsverbot herrscht (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 5. April 1991, Zl. 86/17/0155, und vom 19. Februar 1993, Zl. 90/17/0309), hat die belangte Behörde keine Feststellungen über den Wert der Liegenschaft sowie über den für die Liegenschaft aus der Anlage oder Einrichtung entstehenden Nutzen im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches am 22. Mai 1991 getroffen; vielmehr beziehen sich die Feststellungen im angefochtenen Bescheid offenkundig auf einen späteren Zeitpunkt.
Entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung ist die Vorstellungsbehörde - abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Fall, daß hiedurch erst die Voraussetzungen für eine dem Gesetz entsprechende Ermessensentscheidung hergestellt werden - berechtigt, durch EIGENE Ermittlungen den Sachverhalt klarzustellen, wenn sie nicht den Gemeindebehörden die erforderlichen Sachverhaltsermittlungen auftragen will (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 23. Juni 1987, Slg. Nr. 12.492/A - verstärkter Senat -, vom 25. Juli 1990, Zl. 87/17/0304, vom 5. Dezember 1991, Zl. 89/17/0245, vom 11. Dezember 1992, Zl. 91/17/0104, und vom 28. Mai 1993, Zl. 93/17/0067, sowie die dort angegebene weitere Rechtsprechung).
Die belangte Behörde hätte daher den Wert der Liegenschaft und den ihr erwachsenden Nutzen zum Zeitpunkt des Kanalanschlusses selbst feststellen oder den Berufungsbescheid zur Klärung dieser Fragen aufheben müssen. Da sie dies in Verkennung der Rechtslage unterlassen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid solcherart mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Daß die mitbeteiligte Gemeinde, wie sie in ihrer Gegenschrift vermeint, die Möglichkeit gehabt hätte, bei nachträglichen Änderungen (Wohnungsausbau) des angeschlossenen Grundstückes eine ergänzende Kanalanschlußgebühr im Sinne des § 2 der Kanalgebührenordnung vorzuschreiben, vermag daran nichts zu ändern, weil es eben nur auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Entstehens der Abgabenschuld ankommt.
Letzteres gilt übrigens auch - und zwar vorrangig gegenüber der Beurteilung nach § 1 Abs. 3 zweiter Satz IBG - für die Frage der anzuwendenden Bemessungsgrundlage nach § 2 Abs. 2 der Kanalgebührenordnung. Sollte diese im Zeitpunkt des Kanalanschlusses eine andere als jene des fertiggestellten, der Bemessung zugrundegelegten Bauwerkes gewesen sein, so wäre sie der Abgabenvorschreibung zugrundezulegen.
Aus dem oben angegebenen Grunde war daher der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne daß auf das weitere Vorbringen der Streitteile einzugehen war. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf verwiesen, daß im Sinne des § 127 LAO auch die Ausführungen im Schriftsatz der mitbeteiligten Gemeinde vom 16. April 1993, die von der Beschwerdeführerin nicht konkret bestritten wurden, ein taugliches Beweismittel darstellten. Zur Berechnungsmethode hinsichtlich des im § 1 Abs. 3 zweiter Satz IBG genannten "Nutzens" sei auf die hg. Erkenntnisse vom 16. Juni 1980, Zlen. 3153,3154/79, sowie vom heutigen Tage, Zl. 91/17/0165, verwiesen.
Der Ausspruch über den Aufwandeersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers LGBl. Nr. 104/1991.
Schlagworte
Inhalt der Vorstellungsentscheidung Aufgaben und Befugnisse der Vorstellungsbehörde Sachverhalt Neuerungsverbot Besondere Rechtsgebiete Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtsmittelverfahren Vorstellung Verwaltungsgerichtsbarkeit (hinsichtlich der Säumnisbeschwerde siehe Verletzung der Entscheidungspflicht durch Gemeindebehörden und Vorstellungsbehörden) Diverses Vorstellung gemäß B-VG Art119a Abs5European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1994:1993170348.X00Im RIS seit
20.11.2000