TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/19 94/19/1018

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Veröffentlicht am 19.05.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §5 Abs1 Z3;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth, die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Stöberl, Dr. Holeschofsky und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des V in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Februar 1994, Zl. 4.153.716/2-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird - soweit sie sich gegen den Ausspruch über die Asylgewährung richtet (Punkt 1 des Spruches der belangten Behörde) - als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Inhalt der Beschwerde und der damit vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Vietnams, mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 30. Juli 1980 als Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes (1968) anerkannt.

Im Jahre 1993 wurde vom Bundesasylamt ein Verfahren gemäß § 5 AsylG 1991 eingeleitet. Aufgrund von sechs rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilungen in Österreich, jeweils (zumindest auch) wegen des Vergehens nach § 83 Abs. 1 StGB sowie des Umstandes, daß neuerlich Anzeigen gegen den Beschwerdeführer erstattet worden seien und er sich deshalb in Untersuchungshaft befände, kam das Bundesasylamt zu dem Schluß, daß der Beschwerdeführer eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich bilde.

In seiner Berufung dagegen führte der Beschwerdeführer aus, daß er Nordvietnam im Jahre 1973 verlassen habe, da er einen Einberufungsbefehl erhalten habe, er aber "von Grund auf gegen Waffengewalt" sei. Er sei kein gewalttätiger Mensch, sondern habe sich nur gegen Provokationen und Angriffe von Südvietnamesen verteidigt. Gleichzeitig erklärte der Beschwerdeführer, "nie wieder straffällig zu werden".

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid stellte die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Z. 3 AsylG 1991 fest, daß hinsichtlich des Beschwerdeführers die im Art. 1 Abschnitt C Z. 1 und 5 sowie in Art. 33 Abs. 2 erster Fall der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Tatbestände eingetreten seien (Spruchpunkt 1) sowie, daß gemäß § 37 Abs. 5 FremdenG der Beschwerdeführer aus gewichtigen Gründen eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich im Sinne des Abs. 4 der zitierten Bestimmung darstelle (Spruchpunkt 2). Am 14. Jänner 1994 sei bei der Staatsanwaltschaft Linz gegen den Beschwerdeführer eine Strafanzeige wegen des Verdachts der erpresserischen Entführung (§ 102 StGB) der gefährlichen Drohung (§ 107 StGB) und der Körperverletzung (§ 83 StGB) erstattet worden. Anläßlich einer diese Vorwürfe betreffenden niederschriftlichen Einvernahme habe der Beschwerdeführer (unter anderem) auch angegeben, Ende November 1993 nach Vietnam geflogen zu sein. Dort habe er sich bei seinen Eltern in Hai Phong aufgehalten und sei dann am 8. Jänner 1994 nach Saigon geflogen. Des weiteren habe der Beschwerdeführer angegeben, nach seiner Ansicht die vietnamesische Staatsbürgerschaft verloren zu haben, sodaß er sich nicht "länger" dort aufhalten könnte. Die Unterschrift unter das über diese Einvernahme angefertigte Protokoll habe der Beschwerdeführer deshalb verweigert, da die vernehmenden Beamten seinem Ersuchen, einige den Vorwurf der Körperverletzung betreffende Angaben aus der Niederschrift zu streichen, nicht nachgekommen seien.

In rechtlicher Hinsicht teilte die belangte Behörde die Ansicht des Bundesasylamtes, der Beschwerdeführer bilde eine Gefahr für die Sicherheit seines Aufenthaltslandes wegen der zahlreichen strafrechtlichen Verurteilungen, die auf der selben schädlichen Neigung beruhten. Darüber hinaus aber habe der Beschwerdeführer durch sein Verhalten den Aberkennungstatbestand des Art. 1 Abschn. C Z. 1 und 5 der Genfer Flüchtlingskonvention verwirklicht.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Gegenstand dieses Erkenntnisses ist nur der die Asylgewährung betreffende Ausspruch (Spruchpunkt 1) des bekämpften Bescheides. Hinsichtlich der auf das Fremdengesetz gestützten Entscheidung (Spruchpunkt 2) ergeht die Entscheidung über die Beschwerde durch einen anderen - aufgrund der Geschäftsverteilung des Verwaltungsgerichtshofes hiefür zuständigen - Senat mit gesonderter Entscheidung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 AsylG 1991 verliert ein Flüchtling Asyl, wenn festgestellt wird, daß hinsichtlich seiner Person einer der in Art. 1 Abschnitt C oder F lit. a oder c oder Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Tatbestände eingetreten ist. Gemäß Art. 1 Abschnitt C Z. 1 wird die Genfer Flüchtlingskonvention auf eine Person nicht mehr angewendet, wenn sie sich freiwillig wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt hat. Gemäß Z. 5 der zitierten Bestimmung wird die Konvention auf eine Person nicht mehr angewendet, wenn die Umstände, aufgrund deren sie als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen und sie es daher nicht weiterhin ablehnen kann, sich unter den Schutz ihres Heimatlandes zu stellen. Die Bestimmungen der Z. 5 sind jedoch nicht auf die in Z. 1 des Abschnittes A dieses Artikels genannten Flüchtlinge anzuwenden, wenn sie die Inanspruchnahme des Schutzes durch ihr Heimatland aus triftigen Gründen, die auf frühere Verfolgung zurückgehen, ablehnen.

Der Beschwerdeführer hat nun weder in seiner Rüge wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts noch wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften die Ansicht der belangten Behörde bekämpft, er habe einen der hier genannten Tatbestände verwirklicht.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Ansicht der belangten Behörde, wonach im Fall des Beschwerdeführers zumindest die Umstände, aufgrund deren er als Flüchtling anerkannt worden ist, nicht mehr bestehen. Auf die weiteren Ausführungen zum Tatbestand des Art. 33 Abs. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention war daher nicht weiter einzugehen. Daß der Beschwerdeführer eine Verfolgung durch Vietnam zu befürchten habe, kann aufgrund seiner ungehinderten Reise durch mehrere Wochen in diesem Land ausgeschlossen werden. Da der Beschwerdeführer in seiner Heimat keiner Verfolgung mehr ausgesetzt ist und auf triftige Gründe, die auf frühere Verfolgung zurückgehen, nicht verwiesen hat, ist die belangte Behörde zutreffend vom Tatbestand des § 5 Abs. 1 Z. 3 AsylG 1991 ausgegangen; daß der Beschwerdeführer nach seinen Behauptungen möglicherweise nicht mehr Staatsbürger Vietnams ist, ändert daran nichts, stellt doch Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Konvention hinsichtlich der Fluchtgründe Staatenlosen den anderen Flüchtlingen gleich. Sollten die Angaben des Beschwerdeführers zutreffen, hinderte dies jedenfalls den Verlust des Asyls - gegebenenfalls nach Art. 1 Abschnitt C Z. 6 der Genfer Flüchtlingskonvention iVm § 5 Abs. 1 Z. 3 AsylG 1991 - nicht.

Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich auch eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994191018.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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