TE Vwgh Erkenntnis 1994/5/19 94/19/0180

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Veröffentlicht am 19.05.1994
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1991 §1 Z1;
AsylG 1991 §16 Abs1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Stöberl, Dr. Holeschofsky und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des J in K, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. Juli 1993, Zl. 4.327/295/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Nigerias, hat am 18. November 1991 den Antrag gestellt, ihm Asyl zu gewähren. Anläßlich seiner Einvernahme durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich am 20. November 1991 gab er im wesentlichen an, nie Mitglied einer politischen Organisation gewesen zu sein; es sei ihm jedoch als Christ nicht möglich gewesen, seine Religion frei und ungehindert auszuüben. Er habe in Bauchi gelebt, wo die Mehrheit der Bevölkerung aus Moslems bestehe. Im Zuge von Auseinandersetzungen zwischen Christen und Moslems seien dort viele Christen getötet worden. Bereits im Jahre 1981 seien zwei der Brüder des Beschwerdeführers bei Kämpfen mit Moslems ums Leben gekommen. Am 15. März 1991 habe er beobachtet, wie fanatische bewaffnete Moslems von Haus zu Haus gegangen seien, um Christen zu töten. Aus Angst um sein Leben sei er in den Busch und anschließend zu einem Freund nach Lagos geflohen. Die Christen seien in Nigeria ohne Schutz, da es für sie keine fairen Gerichtsverfahren gebe, weil die Mitglieder der Gerichte Moslems seien. Am 3. November 1991 habe er Nigeria verlassen.

Mit Bescheid vom 4. Dezember 1991 stellte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich fest, daß der Beschwerdeführer nicht Flüchtling sei. In seiner Berufung dagegen verwies der Beschwerdeführer auf seine im Verfahren in erster Instanz erstatteten Angaben.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG die Berufung des Beschwerdeführers ab. Sollte es tatsächlich zur Bedrohung des Beschwerdeführers durch Moslems gekommen sein, so könne dies nicht als asylbegründende mittelbare staatliche Verfolgung gewertet werden. Jedenfalls habe der Beschwerdeführer keine konkreten, gegen ihn selbst gerichteten, dem Staat zurechenbaren Verfolgungshandlungen glaubhaft gemacht. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer nie behauptet, während seines Aufenthaltes in Lagos konkreter und individueller Verfolgung aus Konventionsgründen ausgesetzt gewesen zu sein, sodaß für ihn eine inländische Fluchtalternative bestanden habe.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 25 Abs. 2 Asylgesetz 1991 hatte die belangte Behörde dieses Gesetz anzuwenden, zumal das Berufungsverfahren im Dezember 1991 beim Bundesminister für Inneres anhängig wurde.

Gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 ist Flüchtling, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Eine derartige "wohlbegründete Furcht" liegt nur dann vor, wenn der Beschwerdeführer der Gefahr der Verfolgung durch seinen Heimatstaat aus den im Gesetz genannten Gründen ausgesetzt war. Eine Verfolgungsgefahr in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn der Flüchtling durch Dritte verfolgt wurde und die staatlichen Behörden seines Heimatlandes ihm einen Schutz vor dieser Verfolgung verwehrten.

Davon ausgehend hat die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht erkannt, daß der Beschwerdeführer eine asylrechtlich relevante Verfolgung nicht dargelegt hat. Es kann in diesem Zusammenhang davon abgesehen werden, ob den Angaben des Beschwerdeführers eine Verfolgung seiner Person als Christ durch "die Moslems" zu entnehmen ist, hat er doch nie behauptet, sich konkret an den Staat um Schutz gewandt und diesen nicht erhalten zu haben. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die Gerichte würden "den Christen" keinen Schutz gewähren, da die Richter Moslems seien, ist seinen Angaben nicht zu entnehmen, daß ihm etwa ein Gerichtsverfahren gedroht habe; daß ihm durch den Staat - etwa durch die Exekutive - überhaupt jeder zureichende Schutz versagt worden wäre, ergibt sich aus der Darstellung des Beschwerdeführers nicht.

Bei diesem Ergebnis muß auf die von der belangten Behörde herangezogene inländische Fluchtalternative nicht näher eingegangen werden. Den Ausführungen des Beschwerdeführers ist in diesem Zusammenhang nur entgegenzuhalten, daß er nach seinen eigenen Angaben immerhin fast ein halbes Jahr nach den von ihm geschilderten Vorfällen im Busch und in Lagos verbracht hat.

Auch auf die Ausführungen des Beschwerdeführers zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (Verletzung des Parteiengehörs) muß nicht weiter eingegangen werden, da - ausgehend von den Angaben des Beschwerdeführers - ein relevanter Verfahrensmangel nicht erkennbar ist; die belangte Behörde hätte - selbst bei Vermeidung des geltend gemachten Verfahrensmangels - zu keinem anderen Ergebnis kommen können (§ 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG).

Die unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1994:1994190180.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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